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SächsischeSlaalszckung den Freistaat Sachsen Staatsaryeiger für ErscheintWerktagS nachmittags mit dem Datum des Erscheinungstages. Bezugspreis: Monatl.3M. (durch die Post 4M.). (Einzelne Nr». 15Pf. Fernsprecher: Geschäftsstelle Nr. 21295 — Schriftleitung Nr. 14 574. Postscheckkonto Dresden Nr. 2486. — Ctadtgirokontv Dresden Nr. 140. Ankündigungen: Die 32 mm breite Grundzeit« oder deren Raum 30 Pf , die 66 mm breite Grundzeile oder deren Raum iin amtlichen Teile 60 Pf., unter Ein gesandt 90 Pf. Ermäßigung auf Geschästsanzeigen, Familiennachrichten u. Stellen gesuche. — Schluß der Annahme vormittags 10 Uhr. Zeitweise Nebenblätter: Landtags-Beilage, Ziehungslisten der Verwaltung dec Staatsschulden und der Landeskulturrentenbank, Jahresbericht und Rechnungsabschluß der Landes.Brandversicherungsanstalt, Berkaufsliste von Holzpflanzen auf den Ztaatsforstremeren. Verantwortlich für die Redaktion: Hauptschriftleiter Bernhard Zolles in Dresden. 1924 Dresden, Dienstag, 11. März Nr. 6V Lossows Aussagen im Hochverratöprozeß. Gegen Hitler und Ludendorff. München, 10. März. Die Vernehmung Lossows verzögerte sich um etwa eine halbe Stunde infolge ver schiedener Erklärungen der Verteidigung und des Gericht». Darunter ist auch ein Schreiben des Reichsjustizministeriums, betreffend die Richtigstellung der Angaben des Angeklagten Wagner über den „Vizefeldwebel" Ebert. Zn einer Art Rückschau auf daS bisherige Prozeß- ergebnis stellt dann Rechtsanwalt Gademann fest, daß der Tatbestand des Hochverrats auch gegen die Herren Kahr, Lossow und Seisser vollständig erbracht sei und deshalb die Vernehmung dieser drei Herren als Zeugen unmöglich sei. Sie könnten nur als Mittäter und Angeklagte hier er scheinen. Dieser Auffassung widerspricht der Rechtsanwalt Roder insofern, als die Ange- klagten das größte Interesse am Zcugeneid dieser drei Herren hätten. Allerdings dürften sie nur unbeeidigt vernommen werden. Ter Staals- anwalt widerspricht mit der Erklärung, die drei Herren sollen nickt als Zeugen gegen die An geklagten austreten, sondern um die Wahr heit ans Licht zu bringen. Lossow erscheint im schwarzen Iakett, schlank und hochan(gerichtet. Allgemeine Spannung liegt über dem Ver handlungsraum. Nach kurzen Belehrungen durch den Vorsitzenden beginnt Lossow unbeeidigt, an der Hand von Aufzeichnungen, seinen Vor trag. Er spricht mit starker Kommandostimme, langsam und in allem verständlich, zunächst über seine politische Einstellung seit dem Sommer 1923. Im Sommer 1923 war ich von befreunde ter Seite ans Norddcutschland wiederholt orientiert worden, daß man die Rettung der immer unmöglicher werdenden Verhält nisse erhoffte von einem rechts ein gestellten, rein nationalen Direk torium mit diktatorischen Vollmach ten, das unabhängig sein sollte von parla mentarischen Einflüssen und Hemmungen. Das Direktorium, nur aus vollkommen homogen eingestellten Männern bestehend, sollte nicht durch einen Putsch htrbrigesüh« werben, sondern aus «rund des Art. 48 der Verfassung. Das Programm war in Kürze folgendes: An der Spitze sollte ein Mann sein, der einen Namen nicht mir in Deutschland, sondern auch im Ausland hätte. Sine erste Autorität sollte dir Finanzen und die Währung sa niere», eine andere für die Ernährung sorgen, eine dritte die Staatsbetriebe (Post, Eisenbahn und Bergwerkes in Lrdnung bringen, eine vierte Autorität endlich den gesamten Staats apparat sanieren, Beamtenadban also in dem Sinne, daß das Revoluttousge- winnlertnm aus dem Veamtenkörper rest los entfernt wurde. Endlich waren vorgesehen wirtschaftliche Maßnahmen, wir Briritigung deS schematischen Achtstundentag,» und die der beratenden Einslüjse der Drost» und der «ewrrhchaften. Ein kleiner Dril des Programms ist ja in den letzten Monaten unter dem Ausuahmezustaud, also unter einer Art von Diktatur, auch durchgeführt worden. Ich war mit der Idee des Direktoriums und de« Programm in jeder Beziehung eiuver- staunen, und e» war mir vollkommen klar, daß wir, statt der impotenten, eine stetige Negierung brauchten. Als das Geue ral- ftaatskommtsariat geschaffen wurde, bei de« ich infolge «einer dienstlichen Stellung über viele Dinge mitznsprechen hatte, wurde über diese Dinge ebenfalls gesprochen. Es stellte sich aGbald die vollkommene Uederei»stimmung in der «»ffaffung zwischen Kahr, Seiffer «,d mir heraus. Der letzte, wenn «och nötige Drink zur Errichtting eines Direktorin«» sollte nd- hängig gemacht werde» von der Erfüll»»! der twtwendtgen Vorbedingungen. Auf diese vor- dediugungen, drei an der Zahl, habe ich in den Besprechungen, die ich gehabt habe, immer wieder hingewiesen. Sie waren: 1. die geeigneten Männer für das Direktorium, die Autoritäten in ihrem Fache sei« mußten, mußten gebunden und willig sein, diese schwierige« Ämter zu über- nehmen; 2. das Programm für diese» Direkto rium mußte nicht nur i« nebelhaften Umrissen, sondern gründlich dnrchgearbettet, be- stehen; 3. mußten die Persönlichkeiten, die hierfür in Betracht komme«, die absolute Garantie haben, daß die Kräfte der Reichswehr und der Polizei geschlossen hinter diesem Direktorium stehen. So war unsere politische Einstellung, und für dieses Programm und seine baldige Ausführung setzten wir und mit allem Nachdruck ein im Verein mit der gesamten nationalen Bewegung in Bayern und in Norddeutschland. In dieser Richtung bewegten sich alle Besprechungen, die Kahr, Seisser und ich mit vielen Leuten, die-uns aus dem Norden besuchten, hatte«. Wir haben diese Leute niemals ge rufen, sondern sie sind stets freiwillig zu «us gekommen. Aus diesem Programm habe» nun inzwischen Leute, die in Versammlungen den Mund nicht weit genug ausreißen können, um ihren nationalen Aktivismus zu beweisen, Lente, d«e da- nüchterne Denken verlernt haben, und deren Triebe politischer Ehrgeiz war, das Schlagwort von dem „Marsch nach Berlin" gemacht. Dieses Schlagwort hatte für mich etwas Kindische-, aus ihm sprach Mangel an Urteil für das Erreichbare. Ich persönlich mochte hierzu zum Ausdruck bringen, daß ich heule noch der Ansicht bin, daß das Direktorium das Richtige für unser heutiges Deutschland ist. Ich muß nun zu meinem Bedauern einige Worte sprechen über den Konflikt zwischen der bayerischen und der Reichsregierung, der später, unter dem Scklagwort, „Ter Fall Losiow" viel Lärm mackte: Zn der Rachi des 27. September, nur wenige Stunden, nachdem in Banern Kahr Generalstaatskommissar wurde, ist Politische Hochspannung in Paris. Ter Feldzug gegen Poincar^. Herves Vorschläge. Paris, 10. Marz. Die im Zusammenhang mit dem rapiden Frankensturz und dem Konflikt Poincar^s mit dem Senat wegen des Finanzermächtigungsgesetzes er zeugte hochgradige Nervosität aller politischen Kreise ist durch das Ergebnis der gestrigen Be ratungen kaum gemildert, viel weniger noch be seitigt worden. Tie Drohung Poincarss mit dem Rücktritt des Gesamtkabinetts für den Fall, daß der Senat weiter die dringen den Forderungen der Regierung unbeachtet läßt, wird durchaus ernst genommen und in poli tischen Kreisen rechnet man vielfach mit einem Kabinettswechsel schon in den nächsten Tagen. Tie Möglichkeit einer Kabinettsum bildung, wobei der Finanzminister de La- steyrie ausscheiden würde, wird ebenso eifrig erwogen. Wie unklar die Situation heute noch ist, geht auch aus der Verbreitung eines Gertt chts hervor, dessen Urheber dem Elnsee nahe zu stehen scheinen und das dahin geht, das Millerand sich mit dem Gedanken trägt, das Mandat der Kam mer um zwei bis drei Monate zu verlängern, um im Falle eines Konflikts mit dem Senat .der Regierung eine sichere Mehrheit zu erhallen. Unter dem Ein druck des neuen Franlensturzes hat die Kam pagne gegen Poincars einen Umfang an- genommen, der selbst bei einem weiteren Ver- bleiben im Amt zum mindesten einen starken Prestigeverlust Poincarbs zur Folge haben wird. Hervö, der al» Bermittler Miltenind» gilt tritt entschiede« für eine Ersetzn « gder Negierung Poturarös d « rch e i« e « i ll e ra n d sch e Wohlfahrtsdikt«t«r ei«. Daneve« schägt ßer eine Reihe einsch«etdt«der Wirtschasts- maßnuhmcu vor, die bei der Einstellung des französischen Publikums de« größten Sturm Hervorruf,« werden: veschlag»ah«e des gesamte« Brotgetreides ««d Ei». s»hru«g der vrotkarte, »i«f»hr««g der Zuckerkarte u»d Beschlagnahme aller Vorräte, An»f«hrahgabe, Be steuerung der Ausländer, Devlse»- ankaufsvrrbot, Einschränknng der Rohftosfeinkäuse, vorübergehend« Ein- ftellnng deSWiederaufdan» und Auf- hebnng des «chtstnndentagtz. Tcntsche sabotiernugdks Kranke». Berlin, 10. März. Zu der neuerlichen Entwertung des Franken schreibt der „Malin": Alle Depeschen, die man aus dem Aus lände erhalten habe, seien einig darin, daß die Bewegung einem Manöver eines international,« Syndikats, das seinen Litz in Amsterdam habe, zuznschreiben sei; nach einer „Dimes^-Meldung verkauf, seit zwei Dagen plötzlich auch New ?sork Franken. Diese Manöver seit« durch ein mächtig,« Syndikat eingrlritet, a» dtsfrn Spitze deutsch, Großindustrielle ständrn. Dies,- Svndikal verfolge einen hauptsächlich polmschen Zweck und scheine entschlossen, das Unternehmen bis zum Ende durchzusühren, selbst wenn die Lperalion in rein finanzieller Hinsicht für das Svndikat verbängnisvoll werden soll:,. Es wäre inleresiant, vom „Motin" die Namen dieser „Großindustriellen" zn erfahren, die über da:- Schicksal eines ganzen Volke; zn entscheiden vermöge:!. Tie Ursachen des Frankensturzes liegen so klar zutage, daß kein vernünftiger Rensch an die vom „Malin" behaupteten geheimnisvollen Manöver glauben wird. Tie Gründe sind, wie im übrigen auch aus rat lreichcn Erklärungen sran- zösiscker nnd ausländischer Sachverständiger zu vieler Frage hervorgeh', darin zn suchen, daß Inland und Ausland das Vertrauen rur Pariser Finanzwirtschaft verloren haben, daß Frankreich zu seinem eigenen Swaden seinen Hauptschuld»«! ruiniert hat und Europa unter dem T rucke eines bewaffneten Friedens hall, der dieWieder- kehr normalen wirtschaftlichen Ledens verhindert. * Gerächt von einer amerikanischen Anleihe an Frankreich. London, 11. März Reuter meldet aus Ne« York: Die Firma Morgan u. Go. lehnt es ab, die Gerüchte, wonach sie tm Begrifs sei, mit der französischen Regierung über eine Anleihe z« »erhandel«, zn bestSttge» oder zu deme«tiere«. Anf jede« Fall ist ma« ader der M,m»ng, daß i« der Sache keine Ent scheid«»! Möglich sei, bedor »icht der Be dicht de» General» Dawes erstattet worbe» ist auch der Ausnahmezustand im Reich ange ordnet worden. Tieses rasche Nachhinken hat mir schon damals den Eindruck einer kleinlichen Eisersucht gemacht. Später habe ich gehört, daß für diesen Reicksausnahmezustand schon längere Zeit Vorbereitungen getroffen waren. Anderen Reicks- w e h rko mm and eur en war davon Mitteilung gemacht worden, ich aber hatte kein Wort davon erfahren, ebenso auch nicht die bayerische Re gierung. Schon am frühen Morgen des 27. Sep tember begann ein lebhaftes Telephonieren von Berlin: Lossow solle Kahr an die Wand drücke«, Kahr muß sich ihm «uter- stellen, Verantwortung liege allei« bet Lossow. Man drückte dauernd. Es war ei« verhängnisvoller Fehler von Berlin, daß man damals diese rein poli tische Frage durch d,a brutalen Zwang der militärischen Kommandoge walt lösen wollte. Der Horizont, «»ter dem dies geschah, «ar der, nntrr welchem ein Feldwebel mit einem Unter offizier umgeht. Ter Anlaß, dreien militäriscken Zwang ans zuüben, war das bekannte Verbot des „Völki schen Beobackter". Ich wollte und konnte das nicht und habe daher nach Berlin gemeldet: dieser Befehl ist unausführbar, die Versuche, die Sache politisch zu regeln, sind völlig miß lungen. Tie Entscheidung lag übrigens in keinem Moment bei mir, sondern immer bei der Regierung. Ick war jederzeit bereit, zurück- zulrelen. Ich habe niemals in meinem Leben den Wunsch gebabt, mich politisch zu betätigen. Ick bin ausschließlich, infolge der Verhältnisse und gegen meinen Willen, plötzlick in den Vorder grund der Politik geschoben worden. Ich habe nie die -sork-Spielerei mit- machen wolle«, für mich war der ganze Konflikt ein Martyrium, dessen Ende ich von Dog zn Dag erhoffte. Tie baye- rifihk Regierung hat mein Avgehen aber nicht jngelassen. Für sie war der Fall n«r Prestigefrage. Tie Berliner Haltung war nusta atsmäßig, kurz sichtig und un loyal. Die entstandenen Folgen sind bekannt, die baue- riscke Regierung dal, bis zur Wiederherstellung des Einverständnisses zwischen Boyern und Reich, die 7. Tivision in Pfückl genommen und meine Belastung im Amt verfügt. Tiefe Verpflichtung war keine Vereidigung. Ich betone ausdrücklich, daß d ese Verpflichtung keine Aufbebung der bis herigen Verpfl cktungen bedeutete. Es ist falsch und unbillig, die Inpllichinahme als Meuterei oder Nebelliou zu bezeichnen. Vor Tisch las man das, gerade in den nationalen und völkischen Zeitungen, anders. Ra» ist jetzt, ie>tum, zu der neuen Auffassung gekommen. Es Et falsch und unbillig, heule den Lsnüeren und den Truppen der 7. Tivision Vorwürfe zu machen. Tie Tivision besteht nicht aus chinesischen oder sonstige» ausländischen Kulis, die vom Reiche bezahlt werden, sic besteht aus bäuerischen Landeskind ern, die ein Herz hoben für ihr Heimatland. Berlin hat den verhängnisvollen Fehler gemacht, dafür nickt da« genügende Verständnis aufzubringen. Für mich war klar, daß sich, sobald dieser Konflikt gereinigt ist, das militärische Harakiri an mir voll- zieben würde. Lossow gibt hieran anschließend eine Dar stellung, wie die I nfan t eriesck ule zu diesem Konflikt stand und klärt auch seinen Anschlag betr. Einführung der schwarz-weiß-rotenKokarde auf. Seine Darstellung klingt ganz anders als die von den Angeklagten gegebene. Dann beschäftigt er sich mit Hitler. Ach lernte itz« a« 2s. -»«»ar l»22 kenne». Es bestaub ö««al, et« leichter Ko«flikt »wische« Herr» Hitler «»s her Stunt «»»torttät. D««« suchte «lch Hitler iu zwei «ekle» uus; erste Wett«