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VsigtlänWtr Anzeiger. e W I Amtsblatt ' I für das Königliche Be^irlsgericht zu Plauen, sowie für die Königlichen Gerichtsämter und Stadträthe zu Plauen, Pausa, Elsterberg, Schöneck und Mühltroff. > I Zweirindsiebenziaster Fahrgang. n M Verantwortliche Redaction, Druck und Verlag von Moritz Wieprecht in Plauen. I Dieses Blatt erscheint wöchentlich dreimal, und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. Jährlicher Abonnementspreis, welcher ppü-iw»»i-,»cko zu entrichte« M ist, auch bei Beziehung durch die Post, 1 Thlr. 10 Ngr. — Annoncen, die bis Vormittags 11 Uhr eingehen, werden in die Tag« darauf erscheinende Nummer ausgenommen, M später emgehende Annoncen finden in der nächstfolgenden Nummer Aufnahme. — Inserate werden mit 1 Ngr. für die gespaltene LorpuS-Zeile berechnet. Einzeilige mit 2 Ngr. — ' W Für die auswärtigen Königl. Gerichtsämter und Ätadträthe, für welche der Voigtländische Anzeiger Amtsblatt tst, bestehen die Geschäftsstellen in Pansa bei Herrn Bürgermeister Leh mann, in Elsterberg bei Herrn L. A. Diezel, in Schöneck bei Herrn Eduard Meyer, in Mühltroff bei Herrn Ehauffeegelder-Eiuuehmer Holzmüller. I Donnerstag. MOI» 29. August 1861. suchen hat, erkenne an, daß Jeder, welcher eine öffentliche Wirksamkeit übernimmt, in Bezug auf diese der öffentlichen Kritik verfällt. Man mag demnach die Berichte, Reden und Beschlüsse der Kammern und der einzelnen Abgeordneten scharf und heftig angreifen, denselben mit Gründen entgegentreten oder mit Sophistik oder Witz bekämpfen, sie können nur antworten und verlangen, daß man sie höre, beklagen dürfen sie sich nicht. Wenn jedoch Abgeordnete das Recht ausüben, treu und unparteiisch ausüben, auf welchem hauptsächlich ihre Mission beruht, das Recht und die Pflicht, die Vorlagen der Regierung zu prüfen und man ihnen, ohne den geringsten positiven Grund oder Beweis anzuführen, nur weil sie dem einer Stadt oder Partei zusagenden Re gierungsprojekte nicht ohne weiteres und unbedingt beistimmen, sondern gründ lichere Erörterungen und Vorarbeiten verlangen, theils eigennützige Absichten, theils, wie in Nr. 98 d. Bl. erklärt ist, schwachköpfige Nachgiebigkeit gegen Leute, welche „aus philisterhaftem örtlichen Neide nicht fasten können, noch wollen," daß die Verbindungsbahn nur durch Berührung — Contagion — mit Plauen einen internationalen Charakter erhalte, nachsagen, können dieselben doch wohl mit Grund und Recht Worte der Entrüstung aussprechen, wie die Ab geordneten Oehmichen und Hertel in der zweiten Kammer der letzten Stände versammlung einigen Artikeln des Voigtl. Anz. und des Boten aus dem Voigtl. gegenüber gethan. Daß übrigens dergleichen Auslastungen, wie sie diese Blätter gebracht, einem Projekte mehr Freunde nicht zu erwerben «vermögen, als der innere Werth des betreffenden Planes selbst heranzieht und fesselt, darüber wird, auch abgesehen von den Worten jener Abgeordneten, wohl bei ruhiger Ueber- legung Niemand sich täuschen. Zur Bahnfrage selbst noch wenige Worte für diejenigen, welche, so wie wir, bestrebt sind, sich ein unparteiisches Urtheil zu schaffen: Für die Rentabi litätsberechnung resp. für die Rathlichkeit des Baues einer sächsischen Staats bahn sind besonders vier Faktoren zu prüfen und nach Befinden in Ansatz zu bringen: 1. der Durchgangs- oder Weltverkehr; 2. der Lokalverkehr; 3. der indirekte nationalökonomische Nutzen aus Erweckung und Erleichterung des Han dels und der Industrie, resp. erhöhter Steuerfähigkeit der Staatsangehörigen; 4. die directe Erhöhung der Erträge aus den Staatsforsten und Staatsbetriebs anstalten. Jede rentirende Bahn der Erde hat mindestens zwei dieser Faktoren im günstigsten Verhältnisse aufzuweisen und kein größerer Bahnbau, außer Rußland, wo Kaiser Nicola einen geraden Strich auf der Landkarte von Pe tersburg nach Moskau machte, mit welcher — ganz den Principien der geehr ten Revaktion des Voigtl. Anzeigers entsprechend — ohne Rücksickt auf Lokal verkehr u. s. f., die große Staatsbahu, natürlich ohne allen Werth für die Entwickelung in nationalökonomischer Beziehung und ohne Aussicht auf Rente, gebaut worden ist, ist ohne Aussicht auf mehrseitigen Nutzen in Angriff genom men worden. Den Kammern wurde in der letzten Zeit ihres Zusammenseins das Pro jekt einer Linie Plauen-Oelsnitz-Asch-Eger vorgelegt, welches die Eile und Un reife der Vorarbeiten und Erörterungen sogleich erkennen ließ: 1. Waren die Verhandlungen mit der baierischen Ostbahngesellschaft noch nicht zu einem kla ren Resultate geführt und eS ist zu hoffen, daß die Gesellschaft, welche schon ein Stück vor Eger im Oesterreichischen zu bauen sich Vorbehalten, auch noch bis an die sächsische Grenze die Bahn fortzuführen sich entschließen werde, da r I Erklärungen zum Leitartikel in Atr. S8 d. Bl. * I „Der Staat, die Gesammtheit soll nur im Interesse der Gesammt- > D heit, nicht für Kirchthurmsinteressen Eisenbahnen bauen." Voigtl. Anzeiger Nr. 76. Als vor etwa 50 Jahren die ersten Kunststraßen im Voigtlande gebaut wurden, um die Kreisstadt Plauen in zeitgemäße Verbindung mit den Nachbar- D städten, dem Auslande und dem Weltverkehre zu bringen, da stritten die Besitzer , D der Rittergüter mit allem ihren Einflüsse dafür, resp. gegen einander, daß die- : D selben durch ihre Dorfschaften geführt würden, und so kam es, daß z. B. die , U Landstraße von Reichenbach nach Plauen den steilen Höhen über Pöhl und l D Helmsgrün entnommen und über die für den Perkehr nicht minder lästigen : I Hänge bei Thoßfell und Neuensalz gelegt wurde und bei diesem, so wie bei ! I vielen der älteren Straßenbaue der Einfluß nicht ganz unbegründet beklagt wird, welchen Lokal- und Privatinteresse, vereint mit Mangel an praktischer Erfahrung ! und Kenntniß, auf die Lage und Ausführung derselben gehabt haben. „Das I Stückchen, welches vor 50 Jahren in Bezug auf die Kunststraßen gespielt wurde, versucht man gegenwärtig in Eisenbahnangelegenheiten wieder aufzuführen," nur ! mit Personaländerung: an die Stelle der Rittergutsbesitzer sind Städte getreten. Das Vorzüglichste in dieser Richtung leistet Plauen, im Besonderen der Voigtl. Anzeiger für Plauen, welcher Letzterer nicht ein Mal die unparteiische, gründ liche Prüfung der verschiedenen Projekte für eine Verbindungslinie zwischen der Sächs.-Baierschen und Baierschen Ostbahn durch die Kammern dulden will und schon die ausgesprochene Vermuthung, daß eine andere Verbindungslinie nach Asch als durch das Elsterthal gefunden werden könne, für „Mangel an uneigennützigem, lebendigen Interesse am Wohl des ganzen Vaterlandes" und „Vertretung des Privat-Jnteresses einzelner Landstände" erklärt. (Nr. 78 und 81 d. Bl.) In Nr. 82 spricht die Redaktion d. Bl. aus, daß das Gutachten der II. Dep. der II. Kammer über das Voigtl. Bahnprojekt deshalb so „wun derlich" ausgefallen sei, d. h. deshalb sich nicht unbedingt für die Regierungs vorlage und somit für Plauen-Oelsnitz-Asch-Eger und sofortigen Bau aus gesprochen habe, weil die Deputation nicht einig, und dieselbe nicht einig, weil die Mitglieder theils durch eigenes Privatinteresse bestimmt, theils durch die Vorstellungen anderer eigennütziger und unverständiger Leute, welche nicht ein sehen, wie nur durch die Berührung mit Plauen und im Elsterthale fortgeführt diese Verbindungsbahn zur Weltbahn werden könne, irregeführt worden seien. So hätten nun Plauens Feinde gesiegt nach dem alten Erfahrungssatze „äiviäe vt imperu," es werde aber nun gar keine Bahn gebaut werden, da, wie die Redaktion wisse, (Nr. 83 d. Bl.) das Stück von Eger bis Grün oder Asch die baiersche Gesellschaft nicht bauen könne, jedoch — hört! hört! — nun werde die baiersche Ostbahngesellschaft — die eben Eger-Grün nicht bauen kann? — sogleich Eger-Hof bauen! (S. 410 d. Bl.) Ich liebe eine ungeschminkte freie Aussprache der Meinungen, erkenne das Recht der Presse voll an, ihre Spalten der rückhaltlosesten Kritik zu öffnen, besonders so lange sie auch dem Angegriffenen — was der Voigtl. Anzeiger, wie ich dankbar bemerke, stets geübt — das Wort vergönnt; erkenne an, daß das constitutionelle Leben in freier frischer Presse, freier Meinungsäußerung und der daraus entspringenden Volksbildung und Erweckung der Theilnahme des Volks für seine öffentlichen Angelegenheiten, eine kräftige Stütze und Wurzel zu