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Erscheinen: Dienötag, Donnerstag und Sonnabend mit Ausschluß der Feiertage. Abonnement: Vierteljährlich 10 Ngr. Großenhainer UMH Mngs M AnZchMM. Amtsblatt des Königlichen Gerichtsamts und Stadtraths zu Großenhain. Inseratenannahme: Bis Tags vorher spätestens früh 9 Uhr. Insertionsbeträge von auswärts find in Post marken beizufügen oder werden durch Postvorschuß erhoben. Redaction, Druck und Verlag von Herrmann Starke in Großenhain. M 4L. Dienstag, den 21. April L8S4. Vas Rönigl. Anter-Stenrramt k Stempelimpost-Einnahme befindet sich vom 18. April an im Hause des Herrn Sattlermeister Heilfurth, Frauenmarkt Nr. 28V. Von dem unterzeichneten Königlichen Gerichtsamte soll den L. Juli 1874 das der verehel. Brauer Eleonore Amalie Steiger geb. Gerlach in Blattersleben zuge hörige Brauerei-Grundstück Nr. 16. des Katasters, Fol. 60 des Grund- und Hhpotheken- buchs für Blattersleben, welches Grundstück am 22. December vorigen Jahres ohne Berücksichtigung der Oblasten auf 5500 Thlr. von den dasigen Ortsgerichten gewürdert worden ist, nothwendiger Weise versteigert werden, was unter Bezugnahme auf den an hiesiger Gerichtsstelle und in der Schänke zu Blattersleben aushängenden Anschlag hier durch bekannt gemacht wird. Großenhain, am 7. April 1874. Das Königliche Gerichtsamt. Pechmann. Gldr. Politische Weltschau. Der Rückblick auf die vorwöchentlichen Verhandlungen des deutschen Reichstages über das neue Militärges etz ist nicht ohne bitteren Beigeschmack. Nicht, als ob uns die siebenjährige Dauer der Friedenspräsenz verstimmte, im Gegentheil sind wir damit einverstanden. Unsere Leser wissen, daß wir von Anfang an nur gegen die Zumuthung Einspruch erhoben, den beanspruchten Präsenzstand auf immer zu bewilligen; als aber die Regierung dem Anträge des Abg. v. Bennigsen beitrat und ihre Forderung auf eine bestimmte Zeit beschränkte, entfiel für uns jeder Grund zur Opposition. Ja, selbst wenn man sich über einen noch längeren Zeitraum als sieben Jahre geeinigt hätte, so würden wir einem solchen Compromiß unsere Zustimmung nicht versagt haben, da eine grundsätzliche Wahrung des Budget rechts der Volksvertretung auch in diesem Falle aufrecht erhalten bliebe, denn nur die Bewilligung „für immer" war es, die dieses Recht für immer hätte vernichten müssen. Das also verstimmt uns nicht, wohl aber die Haltung, welche die Fortschrittspartei dem Compromiß gegenüber eingenommen hat und noch fortdauernd einnimmt. Bislang verschlossen wir uns der Hoffnung nicht, die Trennung der liberalen Fractionen werde einer schließlichen Vereinigung derselben weichen. Nach den neuesten Erfahrungen erscheint uns diese Hoffnung als Utopie. Wir wollen nicht herb sein und an gesichts der Thatsache, daß die Männer der Fortschrittspartei bei fast allen wichtigen Abstimmungen Hand in Hand mit Elericalen, Socialdemokraten und Polen gehen, an das Wort erinnern: „Sage mir, mit wem Du umgehst, und ich will Dir sagen, wer Du bist"; aber den Vorwurf können wir der Partei nicht ersparen, daß sie aus purer Principienreiterei der liberalen Sache mehr schadet, als nützet. Von jeher hat sie es geliebt, eine kritische und abwehrende Haltung da einzunehmen, wo in keinem anderen Lande der Welt die liberale Partei es sich hätte nehmen lassen, ihren patriotischen Empfindungen entsprechenden Ausdruck zu geben. Das Be streben, für den freiheitlichen Ausbau im Innern zu sorgen, und die Pflicht, die Regierung im Kampfe gegen auswärtige Feinde zu unterstützen, collidiren niemals mit einander. Man wird jenem Bestreben nicht untreu, weun man diese Pflicht mit Hingebung erfüllt. Aber man gefährdet den Erfolg jenes Strebens, wenn man zu dieser Pflicht sich nur zögernd oder gar nicht bekennt. Und was ist's, das diese Partei und ihre Organe noch fortwährend in Opposition gegen das Compromiß erhält? Zunächst die Behauptung, es seien durch die siebenjährige Präsenz des Budgetrechts geopfert. Die Uebertreibung liegt auf der Hand. Nach sieben Jahren wird der Reichstag wieder genau ein solches Budgetrecht haben, als heute. Wenn man einen unzerstörbaren Gegen- stano auf sieben Jahre verborgt, opfert man doch nicht dieses Gegenstandes! So unstatthaft es wäre, wenn der Reichstag auf ein Recht der Volksvertretung ganz und gar verzichtete, ebenso sehr ist er in seinem unzweifelhaften Rechte, wenn er beschließt, eine Angelegenheit für einen gewissen Zeitraum von der Tagesordnung mit dem Vorbehalte abzu setzen, daß diese Angelegenheit nach Ablauf der festgesetzten Frist wieder vor den Reichstag gebracht und mit ihm geregelt und erledigt werden soll. Hierin irgend etwas Bedenkliches zu finden, das den Rechten des Volkes Eintrag thun könnte, ist lediglich Einbildung, die wir nicht zu theilen vermögen. Mit der Beendigung der zweiten Lesnng hat der Reichs tag in voriger Woche die wichtigste Arbeit dieser Session hinter sich gebracht; die dritte Lesung sinkt zu einer bloßen Form herunter, weil in dem amendirten Gesetz nicht ein einziger Punkt streitig ist. Nur 8 42, der von der Com- munalsteuerfreiheit der Militärpersonen handelt, wurde in folge des Compromisses gestrichen, sowohl in der Fassung der Commission, als in der der Regierungsvorlage. Diese Angelegenheit soll durch ein besonderes Gesetz geregelt wer den. Bis zum Zustandekommen desselben bleiben die in den einzelnen Bundesstaaten geltenden gesetzlichen Bestim mungen in Kraft. Der 13. April wird Hinfort als Gedenktag für das moderne Oesterreich glänzen. An jenem Tage erhielten die confessionellen Gesetze auch die Zustimmung des Herren hauses. Die Debatten waren reich an charakteristischen Momenten, obgleich die Aufregung nicht den Grad er reichte, wie im Jahre 1868, wo die liberale Partei in Oesterreich das Herrenhaus eigentlich noch gar nicht kannte und wo die Zwingburg des Concordats noch für uneinnehm bar galt. Dieses Mal bewegten fick die Vorkämpfer der Hierarchie in Allgemeinheiten, hielten sich vom Besonderen möglichst fern, um ihre Hauptangriffe auf die Basis der neuen Gesetze zu richten. Sehr treffend rief der Bericht erstatter Hasner den Kirchenfürsten zu: „Lassen Sie uns in Frieden mit dem Volke und wir werden auch im Frieden leben." Nach ihm erklärte der Cultusminister: „Sollte sich Widerstand gegen die neuen Gesetze erheben, so wird die Regierung ihrer Pflicht gemäß denselben nicht dulden." Mit kräftigen Worten wies der Ministerpräsident die Be hauptung zurück, daß die Vorlage die Monarchie und das Herrenhaus gefährde: das Band treuer Liebe, welches die Völker Oesterreichs mit dem Kaiser verbinde, bilde die sicherste Gewähr für den Fortbestand des Reiches. Aus Italien ist wenig zu berichten. Die Venetianischen, lombardischen und piemontesischen Bischöfe petitioniren gegen das Gesetz über Einführung der Civilehe. Sie behaupten, daß die Staatsgewalt mit demselben in das kirchliche Gebiet eingreife — eine Behauptung, die jeder Berechtigung ent behrt. In Frankreich dauert das Wühlen gegen das Mac Mahon'sche Septennat nach allen Seiten fort, so daß die Regierung sich genöthigt sieht, jede weiteren Angriffe mit Gesängnißstrafe von drei Monaten bis fünf Jahren zu be drohen. Trotzdem fahren die Legitimisten mit der Behauptung fort, daß der Monarchie die Thüre offen stehe und ein Wirken für ihre Einführung kein feindlicher Act gegen das Septennat sei. Mac Mahon denkt jedoch anders. Er will den lahmen Gaul, auf den ihn die Nationalversammlung gesetzt, nun auch wirklich volle sieben Jahre reiten. Nebenbei überbieten sich die katholischen Vereine, um den religiösen Fanatismus noch mehr zu entflammen und die Wunder und Wallfahrten auf noch breiterer Grundlage zu entfalten. Es ist mit einem Worte ein wüstes Treiben dort hinter den Vogesen. In den spanischen Kriegslagern durchschwirren Ge rüchte anstatt Kugeln die Luft. Serrano soll Unterhandlungen wegen einer Nebereinknnft mit Don Carlos angeknüpft haben. Der Prätendent, sagen seine Anhänger, hat jedoch im Ver trauen auf die Gerechtigkeit seiner Sache und auf den end lichen Sieg derselben alle Anerbietungen zurückgewiesen. Das wäre allerdings auch für Serrano zu wünschen, denn mit einem derartigen Vertrage würde er dem Lande nur Unheil zugefügt haben. Die Carlisten müssen besiegt und militärisch vernichtet, nicht durch Verhandlungen vorläufig beschwichtigt werden. Zugleich wurde behauptet, daß ein alfcnfistisches Pronunciamiento der Nordarmee bevorstehe; bis jetzt hat sich die Nachricht nicht bewahrheitet und To- pete'ö Rückkehr zur Armee deutet schwerlich die Errichtung eines Thrones für Don Alfonso an. Tagesnachrichten. Großenhain. In der Nacht vom 17. zum 18. April ist im hiesigen städtischen Krankenhause der Fleischermeister Carl Riebel, welcher, wie seiner Zeit ausführlich berichtet wurde, am 2. d. M. erst seine Frau und dann sich selbst erschießen wollte, an den sich bei jener Gelegenheit bei gebrachten vier Schußwunden gestorben. Riebel, welcher während seines 15 tägigen Krankenlagers stets zwei Wächter hatte und überdies noch an die eiserne Bettstelle gefesselt war, soll sich besonders in den ersten Tagen oft von seinem heftigen Temperament haben Hinreißen lassen; auch soll er noch einen Selbstmordversuch dadurch begangen haben, daß er den Saum vom Betttuch gerissen und gebissen hat und sich damit zu erdrosseln begann, an der weiteren Ausführung aber von den Wächtern gehindert worden ist. später ist Riebel religiösen Zusprechungen geneigt geworden, und hat der Geistliche öfterer am Todeslager des Verbrechers ver kehren können. Das Befinden der nunmehr verwitweten Frau Riebel soll eine baldige völlige Herstellung hoffen lassen. Sachsen. Durch eine Bekanntmachung des Gesammt- ministeriums wird die gegenwärtig vertagte Ständeversamm- luug auf Montag den 27. April wieder einberufen. In Aue stürzte am 15. April Mittags ein bei einem 'Neubau in Angriff genommener Brunnen, wahrscheinlich wegen ungenügender Aussteifung, zusammen, wodurch zwei darin befindliche Arbeiter verschüttet wurden. Es gelang, einen derselben noch lebend wieder herauszuziehen, obwohl derselbe so schwere Verletzungen davongetragen hat, daß an seinem Aufkommen zu zweifeln ist. Der zweite hat allem Anscheine nach sofort seinen Tod gefunden. Am 15. April ertrank in der Elbe das Kind des Ziegel meisters zu Gohlis bei Riesa; dasselbe war seinem Vater auf einem Laufbrete, welches zu einem Kahne führte, nach geeilt und heruntergestürzt. In Jägersgrün bei Auerbach stürzte am 11. April ein 3jähriger Knabe in die Mulde, an deren Ufer er ohne Aussicht gespielt hatte, und ertrank. Auf Hinterhermsdorfer Revier wurde am 14. April ein Waldarbeiter beim Holzfällen von einem Baume erschlagen. In Obercunewalde brannte, wie man dem „Dr. I." aus Löbau meldet, am 30. März ein Wohnhaus nebst Scheunengebäude nieder und die Einwohner vermochten von ihren unversicherten Habseligkeiten so gut wie Nichts zu retten. Der Verdacht der Brandstiftung lenkte sich auf eine in dem Hause dienende Webermagd, und es hat diese denn auch ihre Schuld eingeräumt. Um sich dafür zu rächen, daß man ihr nicht 3 Thlr. borgte, worum sie gebeten hatte, brannte sie das Haus an. Preußen. Die preußischen Domcapitel haben, wie es scheint aus gemeinsame Uebereinkunft,. eine Verwahrung gegen den Gesetzentwurf über die Verwaltung erledigter Bisthümer bei dem Abgeordnetenhause eingereicht. Entgegen den Nachrichten, welche den Capitän zur See Werner bald wegen Ueberschreitung seiner Instruction ver- urtheilt, bald vom Kriegsgericht freigesprochen sein lassen, bemerkt die „ N. Pr. Z.", daß ein Spruch des Kriegsgerichts überhaupt noch nicht erfolgt ist. In allen Kreisen der Bevölkerung von Münster erregt folgender Unglücksfoll große Theilnahme. Vor Kurzem wurde bei einer Section im Militärlazareth der Oberstabsarzt Wei gel an der Hand verwundet, infolge dessen eine Blutvergif tung eintrat. Gefährlich erkrankt, ward er vom Oberstabsarzt Kruse operirt und gerettet. Leider aber zog sich dieser selbst durch eine leise Schlitzung des Fingers das verderbliche Gist zu und starb nach schweren Leiden. In Königsberg dauerte der Strike der Getreideträger am 15. April noch fort zum Schaden des Handels, aber zum noch größeren der Strikenden. Bis zum 13. wurden fünf Rädelsführer verhaftet. Die Kaufmannschaft wird nicht nachgeben. Oesterreich. Das Abgeordnetenhaus des Reichsraths hat am 16. April die Generaldebatte über die dritte con- sessionelle Gesetzvorlage, welche die gesetzliche Anerkennung der Neligionsg' sellschaften betrifft, zu Ende geführt und die Gesetzvorlage mit großer Majorität angenommen. Prin- cipielle Bedenken wurden von keiner Seite erhoben. Am 17. April wurde sodann der Gesetzentwurf in zweiter und dritter Lesung nach den Anträgen des Ausschusses unver ändert genehmigt. Die Berathung des Klostergesetzes ist auf nächsten Donnerstag festgesetzt. Schweiz. In Genf hat am 13. April ein bedeutender Arbeitercrawall stattgefunden. Mehrere Hunderte strikende Maurer und Steinarbeiter wollten nicht feiernde Kameraden an der Arbeit verhindern. Als diese der an sie ergangenen Aufforderung, die Arbeit einzustellen, nicht nachgaben, wurde das Gebäude, an welchem sie arbeiteten, mit einem Stein hagel angegriffen, so daß sie sich zur Flucht in die Keller räume genöthigt sahen. Leider traf die Gendarmerie erst auf dem Platze ein, nachdem die Unternehmer des Gaues und eine Anzahl Arbeiter mehr oder weniger schwer ver wundet worden waren. Bis zum Abend wurden 50 bis 60 der Unruhestifter in Haft gesetzt. Der Staatsrath hat eine Proclamation erlassen, welche versichert, daß bei aller Achtung vor dem Vereinsrecht die nothwendigen Maßregeln getroffen seien, die Wiederholung derartiger Gewaltthaten, welche eines der heiligsten, von der Verfassung garantirten Rechte verletzen, zu verhindern. Italien. Nach dem Beispiele der lombardischen und venetianischen Bischöfe haben nun auch die piemontesischen eine Petition gegen den Gesetzentwurf unterzeichnet, nach welchem die Civilehe der kirchlichen Trauung vorangehen muß. In ihrer nicht an den König, sondern an die De- putirtenkammer gerichteten Petition erklären sie, daß sie sich nur Liebeswerken hingeben und allem Streite aus dem Wege gehen wollen, daß sie aber nicht ruhig zusehen dürften, wenn die Staatsgewalt in das kirchliche Gebiet eingreife.