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Dresdner Journal : 08.08.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-08-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189908081
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18990808
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18990808
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-08
- Tag 1899-08-08
-
Monat
1899-08
-
Jahr
1899
- Titel
- Dresdner Journal : 08.08.1899
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vezug-prei»: Für Dresden vierteljährlich: 2 Mark üv Pf., bei den Kaiser lich deutsckcn Postanstalten vierteljährlich 3 Mark; außer- halb des Deutschen Reiche» Post- und Stempelzufchlaa. Einzelne Nummern: 10 Pf. Erscheinen: Täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage abend». Fcrnspr.-Anfchtuß: Nr. 1295. Anküutzigungsgebühren: Für den Raum einer gespal tenen Zeile kleiner Schrift 20 Pf. Unter „Eingesandt" die Zeile so Pf. Bei Tabellen- und Zissernsatz entsprechender Ausschlag. Herausgeber. Königliche Expedition de» Dresdner Journal» DreSden, Zwingerstr. so. Fernspr.-Anschluß: Nr. 12I» 18SS Dienstag, den 8. August abends. ^182 Amtlicher Teil. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der BahnhosSinsvektor I. Klasse Eichler in Dresden den von Sr. Majestät dem Deutschen Kaiser und König von Preußen ihm ver liehenen Rothen Adler-Orden 4. Klasse annehme und trage. Bekanntmachung. Mit Rücksicht auf die bisherige verschiedenartige Schreibweise der Nomen der ländlichen Ortschaften Beiersdorf im Bezirke der Amtshauptmannschaft Löbau und Nößige im Bezirke der Amtshauptmann- schaft Meißen, wird hiermit bestimmt, daß die vor stehende Schreibweise künftighin allgemein anzu- wenden ist. Dresden, am 1. August 1899. Ministerium des Innern. Für den Minister: vr. Bodel. Paulig. Erveuuungex, Versetzavge« re. tm öffentlichen Dienste. s« «eschifttteret»« »e» «tutftert»»» de» Kalt»« «n» »ffentltchen Unterricht». Erledigt: die dritte Lehrer- Pelle in ErbiSdorf. Kollator: die oberste Schulbehörde. Ein kommen: 1200 M. Grundgehalt, 72 M sttr Fortbildung-- und 38 M für Turnunterricht und sreie Wohnung mit Garten. Gesuche sind bis zum SS. August an den Königl. Bezirksschulinspektor Schulrat De. Winkler in Freiberg einzureichen. — Zu besetzen: die drille ständige Lehrerslelle an der Schule zu Hohnstädt. Kollator: die oberste Schulbehörde. Einkommen außer freier Wohnung im 3. Schulhause und Gartengenuß 1200 M. Be werbungsgesuche sind unler Anschluß sämtlicher Unterlagen bis in die neueste Zeit bi» zum 21. August beim Königl. Bezirks schulinspektor in Grimma einzureichen. Nichtamtlicher Leit. Die Bedeutung der Linienschiffe für den Schntz unserer Kolonien. ES ist eine weitverbreitete Meinung, daß zum Schutze unserer Kolonien, der ja in erster Linie unserer Kriegsflotte zufällt, die Stationierung eine- oder mehrerer Kreuzer in den wichtigsten Kolonial gebieten genüge. Jetzt erheben sich jedoch Stimmen gegen eine solche Anschauung. Wohl mag in Friedens zeiten, wenn es sich nur um Aufrechterhaltung der inneren Ordnung in den Schutzgebieten und um Durch führung von Polizeimaßregeln gegen widerspenstige Eingeborene handelt, zur Heranziehung großer Schlachtschiffe kein Bedürfnis vorliegen; bei örtlichen Unruhen in den Kolonien haben unsere Kreuzer bis her stets allen Anforderungen genügt; sie haben bei der Niederwerfung des Araberaufstandes in Ostasrika eine wesentliche Rolle mitgespielt und auch in Kamerun und auf Guinea oft thätig eingegriffen. Aber schon in Friedenszeiten können Umstände und Verhältnisse eintreten, die in überseeischen Gebieten eine Macht entfaltung notwendig machen, wie sie durch Kreuzer allein, seien es auch die größten und modernsten, nicht erreicht werden kann. Wo andere Mächte mit stolzen Panzerschiffen ihr nationales Prestige zu wahren bestrebt sind, da ist auch für Deutschland die Heranziehung eines größeren Bestandteils seiner Wehr kraft zur See wünschenswert, ja unerläßlich. Eine solche Machtentfaltung an richtiger Stelle sichert erst den ruhigen Besitz des schon Erworbenen und bedeutet ein „Hände weg!" für begehrliche Nachbarn. Kunst und Wissenschaft. Die Welt als That. Mit den Worten Friedrichs des Großen al« Motto "Ich suche nur die Wahrheit; ich achte sie überall, wo ich sie finde, und ich unterwerfe mich ihr, wo man sie mir zeigt" hat der Professor der Botanik an der Universität Kiel vr. I. Reinke unter dem Titel „Die Welt als That" (Berlin, Verlag von Gebrüder Partei, 1899) die Umriffe einer Weltansicht auf naturwissenschaftlicher Grund lage erscheinen lassen, deren innere Bedeutung und Eigen art in ihren Anfangssätzen und Schlußsätzen mit ent- scheivender Klarheit und Deutlichkeit hervortritt. Am Ende eines Jahrhunderts, das vorzugsweise da« natur wissenschaftliche genannt wird und sich al« solche« preisen läßt, ist es dem Verfasser Bedürfnis geworden, die leitenden Ideen zu bekennen, zu denen er nach und nach, im Laufe dreißigjähriger Mitarbeit auf dem Gebiete der Natur forschung durchzedrungen ist. Sie wurzeln in einem unabhängigen Wahrheitsdrange, de? an die funda mentalen Probleme der Biologie: die Fragen nach der ersten Entstehung der Organismen und nach ihrer Zweckmäßigkeit herantritt, weil jede Weltanschauung sich mit diesen Fragen auseinandersetzen muß. Sie gipfeln in dem Eingeständnis de« Naturforschers: „daß alle sogenannten wissenschaftlichen Erklärungsversuche der Fort pflanzung und Vererbung in ihrer Hilflosigkeit nur zu beweisen scheinen, daß wir hier einem für absehbare Zeit unlösbaren Probleme geqenüberstehen, welche« wir hin nehmen müssen, wie di« Entstehung der Urzellen Richtiger al« willkürliche Hypothesen au» der Luft zu greifen, um die Fortpflanzung „molekularphysikalisch" zu erklären, scheint nur der bescheidene Standpunkt de« großen Linns zu sein, wenn er sagt: „vsu.-n rsmpitvrnum, l-omniseium, omnipotvvtam a torgo traosvuntem vicki Wie gesagt, bilden Kreuzer allein eine solche Macht nicht. Sie haben halbzivilisierten Staaten gegenüber ihre Bedeutung, obgleich e» wohl zu be achten ist, daß heute schon manche überseeische Kleinmacht (z. B. verschiedene südamerikanische Re publiken) über moderne und kriegstüchtige Schiffe verfügt. Aber modernen Linienschiffen gegenüber bleiben die Kreuzer immer ein minderwertige» Kampfmittel, wie die Seeschlachten bei Santiago und am Naluflusse deutlich bewiesen haben. Wo also koloniale und überseeische Lebensinteressen in Frage kommen, dürfte man auch auf deutscher Seite in nicht zu ferner Zeit schon zn Friedenszeiten die Verwendung von Linienschiffen in- Auge fassen müssen. Die Kreuzer sollen durchaus nicht al» ent behrlich hingestellt werden, aber durch die Beigabe eines oder mehrerer Linienschiffe wird ein Kreuzer geschwader erst ein Rückgrat erhallen, und ein solcher Stärkezuwachs wird den Wert einer AuSlandSdivision in völlig verändertem Lichte erscheinen lassen. Andere Gesichtspunkte kommen, wie die „D. Kol- Ztg." in einem längeren Aufsatz ausführt, in betracht, wenn es sich um den Schuk des gesamten Kolonial besitzes während de» Kampfes mit einer Großmacht handelt. Da» Schicksal der einzelnen Kolonien wird, wie ja in der Begründung de» Flottenaesetze» auS- geführt wird, nicht durch die Scharmützel auf fernen Meeren entschieden, sondern durch den Ausfall de» Kampfes auf dem Hauptkriegsschauplatz. Die See- kriegSgeschichte bietet uns Beispiele genug für die Richtigkeit dieser Auffassung. ES soll hiermit keines wegs behauptet werden, daß Kriegserfolge, die im Auslande durch kleine Teile der Flotte erfochten werden, nie Einfluß auf da» Schicksal einer Kolonie gewinnen werden. Aber wo in den letzten Jahr hunderten um wertvolle koloniale Interessen gekämpft wurde, da wurde die Entscheidung nicht durch die kleinen Stationsschiffe oder Kaperfahrzeuge herbeigeführt, sondern durch den Kampf zwischen den Linienschiffs- flotten. Bei einem Kriege um koloniale und über seeische Interessen muß zudem beachtet werden, daß es nur in seltenen Fällen möglich sein wird, die Kraft des Landheeres einzusetzrn. Wie machtlos mußte doch im vorigen Jahre die keineswegs zu unterschätzende spanische Landarmee die Vernichtung ihrer Geschwader bei Manila und Santiago durch die überlegenen Panzerschiffe der Amerikaner mit ansehen! Bei der Schlachtflotte, bei den Linien schiffen liegt also die Entscheidung; Panzerschutz und Artillerie geben den Ausschlag. Die Kreuzer bilden das nützliche, meist sogar unentbehrliche Beiwerk; sie helfen den Linienschiffen den Kamps um die Herrschaft zur See vorbereiten, im Kampfe selber aber treten sie in den Hintergrund. Mit Recht betonte daher unser Flottcngesetz nach drücklich die Notwendigkeit eines starken Linienschiffs geschwaders für Deutschland. Mit allen Kräften muß darauf hingearbeitet werden, daß im deutschen Volke und hauptsächlich in den Kreisen, die für die Erhaltung und Entwickelung unserer Kolonien Interesse und für ihren Wert Einsicht besitzen, sich die Ueberzeugung Bahn bricht, daß der beste Schutz sür Kolonien und alle überfeeischen Interessen im Krieg und Frieden in einer Flotte moderner, kampf geeigneter, geschütz- und panzerkräftiger Linienschiffe zu suchen ist. Das neue belgische Kabinett ist endlich zu stände gekommen. Seine Mitglieder liste ist unsern Lesern schon bekannt. Die Bildung des Ministeriums hat, wie man weiß, einige Mühe gekostet Die öffentliche Meinung dürste deshalb auch mit dem von Hrn. de Smet de Nayer erzielten Er ¬ gebnisse, so manches eS im einzelnen zu wünschen lassen mag, doch im allgemeinen leidlich zufrieden sein und für den Augenblick keinen anderen Wunsch haben als den, daß die Kammer dem Ministerium eine mög lichst ausgiebige Schonzeit bewillige. Dem bisherigen Conseilspräsidenten Vandcnpeereboom werden wegen seiner persönlichen Eigenschaften als Mensch und amt licher Vorgesetzter nachträglich viele Anerkennungen zu teil, die der Politiker sich nicht erwerben konnte. Dieser Staatsmann ist zweifellos ein sehr tüchtiger und geschickter VerwaltungSbeamler; als Effcnbahnminister hat er sich vorzüglich bewährt. Dagegen ist ihm der Erfolg nicht treu geblieben bei seinem Versuche, die Seele des politischen Systems seiner Partei zu sein — eine Rolle, zu deren Durchführung ihm die vollen Mittel fehlten. Was die Aussichten des neuen Kabinetts be trifft, so gelten sie vorläufig nicht als schlecht. Wenigstens suchen hervorragende liberale Preßorgane ihm nach Kräften den Weg zu ebnen. Mit dem von Hrn. de Smet de Nayer geplanten Proportional wahlsystem erklärt sich die öffentliche Meinung im wesentlichen einverstanden, und wenn eS nur erst der Kammer unterbreitet sein wird, so dürfte ihm die Unter stützung seitens de» liberalen Bundes und des fortschritt lichen Kongresses ziemlich gewiß sein. Die belgischen Liberalen entsinnen sich zur rechten Zeit der Aktion vom Jahre 1894, und sie werden jetzt nicht mehr das Gute im Stich lassen, um in einer fruchtlosen Jagd auf das Bessere ihre Kräfte zu vergeuden. Auf die weitere Entwickelung der Lage wird endlich auch das im Lager der belgischen Sozialdemokraten entstandene Zerwürfnis von Einfluß sein. Wenngleich die Kammer- Mialdemokra'.en eS sich nicht nehmen lassen werden, «n Antrag auf Revision des Art. 47 der Ver- Mung zu stellen, zum Zweck der Abschaffung des Duralsystems und feiner Ersetzung durch das all gemeine gleiche Wahlrecht, so werden sie doch mit diesem Anträge schwerlich ihr Glück machen, da der Hreit zwischen den wallonischen und den vlämischen Hnossen immer schärfer wird. Erstere, mit Hrn. Dtfuisseaux als Führer, wollen die Obstruktion ^outraoce, worauf sich die Vlamen nicht einlassen. Mlange dieser Zwiespalt nicht beseitigt ist, bleibt die Aktionsfähigkeit des belgischen ParlamentSfozialiSmuS aiff ein Geringes beschränkt. , - - M - Tngesgrfchichie. Dresden, 8. August. Heute nachmittag hat sich die Hofdame Ihrer Majestät der Königin, Gräfin Reuttner v. Weyl, nach Rehefeld begeben, um während der Anwesenheit Ihrer Königlichen Majestäten daselbst in der Allerhöchsten Umgebung zu verweilen. Deutsches Reich. * Berlin Se. Majestät der Kaiser nahmen gestern vormittag im Schloff« zu Wilhelmthöhe den Vortrag de« Vertreters de» Chef» de« Zivilkabiuett«, geh ReqierungöratS v Valentini und denjenigen de« Vizepräsidenten des StaatSministeriumS, Staattministerü I)r. v Miquel ent gegen. — Nach einem aus WilhelmShöhe in Dortmund eingetroffenen Telegramm kommen Se Majestät der Kaiser am Freitag, den 11. August nach Dortmund zur Hafen- Einweihung. — Die vom ReichS-VersicherungSamte in Angriff genommene Statistik der entschädigungspflichtigen Unfälle für das Jahr 1897, deren Kosten durch einen besonder« im Etat vorgesehenen Posten gedeckt werden, ist soweit gefördert, daß mit der Drucklegung der Tabellen und Ergebnisse hat begonnen werden können. Die umfangreiche Arbeit wird im Laufe dieses und des nächsten Jahres erscheinen. Bekanntlich hat da« Reichs- Versicherungiamt eine ähnliche Statistik schon für da« Jahr 1887 angefertigt. E« wird von Interesse sein, die Ergebnisse beider Statistiken miteinander in Vergleich zu stellen. et obstupui! Vezi aliquot ejus vestigia per oreata rsrum, in quibus omnibus, etiam ruiniwis, ut toro nuUis, quas vis, quanta sapisotia quam inertrieabilis perksetio!" Ich sah den ewigen, allwissenden und allmächtigen Gott flüchtig und von weitem vorübergehen und staunte. Ich fand manche seiner Spuren in den Schöpfungen der Dinge, in denen allen, auch den unscheinbarsten: welche Gewalt, welche Weisheit, welche unentwirrbare Voll kommenheit! Mehr al« ein Jahrhundert der gewaltigsten Fortschritte im Naturerkennen ist seit jenen Worten Linn^S vergangen Unbeirrt fahren wir fort mit An spannung aller Kräfte weiter zu forschen und einen Schacht der Erkenntnis nach dem anderen in die Tiefe der Natur zu treiben; doch die Weisheit jener Worte bleibt dadurch ganz unberührt, sie ist „asrv psronnius". Reinke läßt schon in seiner Einleitung seine Leser nicht im Zweifel, wie er zu dem eigentümlich bedeu tenden Buche gekommen ist, das sich an alle geistig Ringenden, nach Einklang ihrer religiösen, ethischen und ihrer wissenschaftlichen Anschauung Dürstenden wendet. In dreißig Jahren sind dem Verfasser mancherlei Gestalten begegnet, zum Teil recht wunderliche. „Ich fand Naturforscher, die da sagten: was kümmern uns die Prinzipien? Wir sind zufrieden, wenn wir hundert, zweihundert oder gar fünfhundert dünne Plättchen au» einem Pflanzenstengel mit dem Rasiermesser herau«- geschnitten, jeden einzelnen Schnitt unter dem Mikroskop betrachtet und abgezeichnet haben. Dann wissen wir genau, wie e« in dem Stengel aussieht, und das genügt uns vollständig Ich beglückwünschte sie im Stillen und be neidete fast ihre Zufriedenheit. — Ich sah fröhliche Theo logen, welche riefen: Wir brauchen euch nicht, ihr armen Naturforscher, ihr seid doch nur Holzhacker, und wenn ihr einmal Schlüsse ziehen wollt au« dem, wa« ihr herauS- geklaubt, so tauchen die alle nicht«, wir können damit anfangen Wir stehen auf eigenen Füßen und wissen, wa« Wahrheit ist, oder wir wissen sie doch allein zu finden." Und oaneben regte sich em atheiftrsches Pfaffentum, unduldsamer al« jede« andere, da« alle, die ihm nicht unbedingt folgten, für Schwachköpfe oder Heuchler erklärte. „Ich traf auf Leute, die an alle« glaubten, wa« sie wünschten, und die den Kopf in einen Busch steckten, wenn e« ihnen nicht nach Wunsch erging. Nicht selten war die aus der menschlichen Eitelkeit erklär liche Meinung, daß der kleine Souverain dieser Welt über den höchsten Grad möglicher Intelligenz verfüge und daß eine Höhere Intelligenz al« die seinige undenkbar sei. Am zahlreichsten waren die Banausen, die nicht aßen und tranken, um zu leben, sondern lebten, um zu essen und zu trinken. Jede« Nachdenken über den Zusammenhang der Dinge, jede Frage nach einer höheren Wahrheit schien ihnen thöricht; sie fühlten sich behaglich, ja glücklich in ihrer Selbstzufriedenheit." Welcher klarblickende und denkende Mensch der Gegen wart hätte nicht die gleichen Eindrücke erfahren, ja er führe sie, um sich blickend, nicht jeden Tag noch selbst? Aber je entschlossener sich der einzelne gegen die ungeheure Zahl der Einseitigkeiten setzen will, die von allen Seiten auf ihn herandrängen, um so eindringlicher erfährt er auch, wie schwer e« geworden ist, sich inmitten der Uebersülle der Einzelstudien, der Einzelerkenntniffe zu einer alle« bewältigenden oder wenigsten« alle« ordnenden Anschauung durchzuarbeitcn. Und doch ist da« innerste Bedürfnis dazu für Tausende vorhanden. Da muß denn ein Werk wie „Die Welt al« That" von Reinke mit seinen fünf großen Hauptabschnitten „Subjekt und Objekt der Natursorschung", „Die Weltbühne", „Vom Wesen de« Leben«", „Der Darwinismus" und „Die Naturwissenschaft und der GotteSbegrifs" im höchsten Maße willkommen sein, insofern r«, die Thatsachen der naturwissenschaftlichen Erkenntnis zusammen - fassend und von den Hypothesen scharf trennend, die Grenzen genau zu bestimmen weiß, jenseits deren da« Reich de« Glauben», der Gottr«erkenntniS beginnt. — Es war behauptet worden, daß die Konservative» in Bayern versucht hätten, mit den Sozialdemokraten im Fürther Wahlkreise ein Kompromiß abzuschließen An dieser Nachricht ist, nach einer Mitteilung de« Hrn. Friedrich Beckh, Landtag«abgeordneten und 1. Vorsitzenden de« Wahl verein« der bayerischen Konservativen, an die „Frkf Ztg", nur soviel wahr, al« dieSozialdemokraten bereit waren, darauf einzugehen, daß aber die konservativen Bauern jede« Zu sammengehen abgelehnt haben. Hr. Beckh betont auch noch in einer Zuschrift an die „D. Tage«ztg ", daß weder die Parteileitung der bayerischen Konservativen noch di« kon servativen Wahlmänner im Wahlkreise Fürth-Erlangen irgendwelche Verhandlungen mit den Sozialdemokraten gepflogen haben. — Der dieijährige Katholikentag, der Ende d. Mt«. zu Neisse abgehalten werden soll, hat bereit» in der Zentrumspreffe vielen Staub aufgewirbelt, da die Polen daran Anstoß nehmen, daß in der überwiegend au« Deutschen bestehenden und in einer deutschen Stadt tagenden Versammlung deutsch und nicht polnisch ver handelt werden soll. Die ZentrumSpreffe aber hat bereit» abgewiegelt und mehrsprachige Verhandlungen in Aussicht gestellt. Die Polen werden also auf dem deutschen Katholikentage polnische Reden zu hören bekommen. Nach der „Germania" wird namentlich .der „Arbeitertag", der sich an die Generalversammlung anschließen soll, sehr „imposant" werden, da die Bergleute „in vollem Wichs möglichst mit ihren Musikkapellen" erscheinen werden. ES ist angeordnet, daß die Vereine — also die vom Zentrum organisierten Arbeiter — vom Bahnhofe au« in ge schloffenem Zuge in die Kirche, darauf in da« Versamm lungslokal und später wieder nach dem Bahnhose „marschieren" sollen. Predigten und Reden werden haupt sächlich in polnischer Sprache gehalten Die „Germania" erwartet von diesen Veranstaltungen, daß die „Industrie- bezirkler" „zweifellos voll befriedigt und sehr erbaut sein werden von dem, was sie gesehen und gehört haben". — Auf dem 7. internationalen Tierärztlichen Kongreß, der zur Zeit in Baden-Baden tagt, verhandelt- vorgestern mittag die Sektion zur Beratung der Schutze maßregeln gegen die Verbreitung d«r Tier seuchen im Gefolge des internationalen Vieh- verkehr« unter Vorsitz von Geheimrat Köhler-Berlin. Zu diesem Gegenstände liegen dem Kongreß gedruckte Referate der Herren Brändle-St. Gallen, Cope-London, Prof. Hutyra-Pest, Leblanc-PariS und vr. LotheS-Köln a Nh vor. Die Sektionssitzung bezweckte die Ver ständigung unter den Referenten zur Ausstellung «iner ge meinsamen Resolution, welche dem Kongreß in der erst«» Hauptsitzung unterbreitet werden soll. Einleitend führte Geheimrat Lydtin-Baden Baden au», daß die Beschlüsse der Kongresse in Hamburg, Wien und Zürich die größte Beachtung gefunden und die Grundlage der Gesetz gebung in den europäischen Staaten und in Nordamerika ge bildet hätten Dagegen seien die Beschlüsse der letzten Kongresse in Brüssel, Pari- und Bern wenig gewürdigt worden. Ein Staat habe die Ausführung immer dem anderen zuschirben wollen. Der Kongreß habe die Pflicht, die Frage, betreffend die Schutzmaßregcln gegen die Verbreitung von Tierseuchen im Gesolge de» internationalen ViehverkehrS endlich zu einem ge deihlichen Abschluß zu bringen und man müsse deshalb die Ursache der ablehnenden Haltung der StaatSregierungen be seitigen Er glaube, diese Ursache sei darin zu suchen, daß die letzten Kongresse über den Rahmen de» rein Wissenschaftlichen zu sehr hinauSgewachscn seien und sich auch mit Fragen be- schäsrigt hätten, die in da» Gebiet der Handelspolitik und der Verwaltung gehören. Der siebente Kongreß möge deshalb dem diplomatischen Boden fernbleiben und sich lediglich mit der wissenschaftlichen Seite der Frag« befassen. Er empfehlt de-halb folgenden, von den Geheimräten Domann-Hannover und Dicckerhofs - Berlin ausgearbeiteten Antrag: „Der Vll. Internationale Tierärztliche Kongreß in Baden Baden erachtet eine wirksame Bekämpfung der Tierseuchen durch gleichmäßige Anwendung der von der Wissenschast anerkannten Grundsätze sowie durch zweck entsprechende Regelung des VeterinärwesenS, de» Seuchen - nachrichtendienstes und des internationalen ViehverkehrS im Interesse sowohl der einzelnen Staaten, al» auch des all gemeinen wirtschaftlichen Wohles nach wie vor für nützlich und wünschenswert. Er hält indes den gegenwärtigen Zeit punkt mit Rücksicht aus die Verschiedenheit der wirtschaftlichen Entwickelung und der VerkehrSverhältnisse sowie aus die Un gleichheit der Betcrinärorganisation in den einzelnen Ländern zur Ausstellung bestimmter Grundsätze für eine internationale Vereinbarung nicht sür geeignet". „Die Naturwissenschaft vermag nur zu erkennen, daß Gotte« Intelligenz und seine Macht größer sind als die des Menschen; denn kein Mensch kann eine Trüffel, eine Rose oder einen Sperling, nicht einmal eine Zelle au« ihren Bestandteilen bilden." Im Gegensatz zu tausend anderen Naturforschern bescheidet sich Reinke, freilich längst nicht mehr alleinstehend, sondern von verwandten Erkenntnissen unterstützt (ist doch selbst im Lager der Dar winisten A R. Wallace schließlich zu dem Ergebnis ge langt, daß der Mensch physisch und geistig unabhängig von der Naturzüchtung entstanden sei und nur der unmittelbaren Einwirkung eines höheren Willens sein Dasein verdanken könne), dem Unerforschlichen, Ewigen, den zunächst unlösbaren Problemen, dem Wunder seine Bedeutung zu lassen und sich cinzugestehen, daß „der Umfang der W«ltforschung weit über den Rahmen der Naturforschung hinausgreift". Ruhig sagt der Verfasser sich und seinen Lesern: „Ein roher Wunder begriff, der sich über die Naturgesetze hinwegsetzt, ist zu bekämpfen. Im wirklichen Wunder tritt uns nur eine be wundernswerte Verwendung der Naturgesetze entgegen, die wir nicht zu durchschauen vermögen " Von diesem Standpunkte aus, dieser Resultate gewiß darf sich der Leser dem kundigen Führer vertrauen, der ihn zunächst über Dinge und Vorstellungen, Zeit und Raum, über „Erkennen, Begreifen, Erklären", über Kausalität, Zufall, Intelligenz und Zweckbegriff, über Wahrheit, Dichtung und Weltanschauung zu verständigen sucht. „Bei allem Stückwerk unseres Wissens, bei dem provi sorischen Charakter der gefundenen Wahrheiten spricht man so viel von Weltanschauung. Ein gefährliches Wort, ge fährlich besonders darum, weil jedermann überzeugt ist, eine richtige Weltanschauung zu besitzen, und daher diejenige de» Nächsten für verkehrt hält. So viel Geister, so viel Weltanschauungen. Und wa« kennen wir von der Welt: doch nur den kleinen Aus schnitt, den unsere Sinne und unser Verstand un»
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