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Wenauer Ameiger und Zeitung für Keifersdorf, Groß- und Kleinölsa, Obcrnanndors, Hainsberg, Eckersdorf, Coßmannsdors, Lübau, Borlas, Spechtritz etc. Dümmer 79. So»nabcnd, den 5. Juli 1895. 8. Jahrgangs Der hochgeehrten Einwohnerschaft von Rabenau und Umgegend mache ich die ergebene Mittheilung, daß der Besitz der bisher dem Herrn Weißer gehörigen Buchdruckerei und zugleich damit Leitung, Druck und Verlag des „Rabenauer Anzeiger" durch Kauf an mich übergegangen sind. Es wird meine höchste Aufgabe sein, Allen, die mich mit ihrer werthen Kundschaft beehren, sei es als Leser des „Rabenauer Anzeiger", sei es als Besteller von Drucksachen und Inseraten nach besten Kräften gerecht zu werden. Der „Rabenauer Anzeiger" wird daher wie bisher eine unparteiische Dichtung verfolgen, aus allen Theilen des Reichs, namentlich aber aus der näheren Umgebung von Rabenau schnelle, wahrheitsgetreue Berichte von allem Wissenswertheil liefern. Die mir übertragenen Druckarbeiten werde ich mit größter Sorgfalt und zu billigsten Preisen ausführen. Langjährige Thätigkeit in ersten Druckereien und als Leiter einer eigenen Druckerei bieten die Garantie, daß ich meinen oben gemachten Ver sprechungen in vollem Maaße nachkommen werde. Ich bitte daher die geehrten Bewohner von Rabenau uud Umgegend, mir mit durch Rath und That gütigst zu unterstützen. Nabenau, den 4. Juli 1895. vollem Vertrauen entgegenzukommen und mein Unternehmen Hochachtungsvoll Joh. Fleck. Mekanntmachung. Das Verzeichnis; der zur land- und forstwirthschaft- Uchen Berufsgenvssenschaft gehörigen, hierselbst wohnhaften Vetriebsunternehmer sowie Heberolle der für das Jahr 1894 festgesetzten Beiträge (2 Pfennige für die Steuer einheit) liegt in hiesiger Nathsexpeditio» in der Dauer bon zwei Wochen und zwar von Sonnabend, den 6. bis mit Sonnabend, den 30. Juli 1895 »Ur Einsichtnahme der Vetheiligten aus. Irgend welche Einsprüche gegen die Richtigkeit des ausliegcnden Verzeichnisses und der Heberolle können binnen einer weiteren Frist von zwei Wochen bei dein Gcnossen- schaftsvorstande (Dresden, Wienerstr. 13H) angebracht werden. Die auf 2 Pfennige Pro Einheit festgesetzten Beitrüge sind ungeachtet etwaiger Einsprüche zu entrichten und werden in den nächsten Tagen von dem Stadtwachtmeister Pietzsch einkassirt werden. Nabenau, am 4. Juli 1895. Der Bürgermeister, billig. Die bulgarisch-macedouische Gefahr. Wieder einmal steht die orientalische Frage auf dem Punkte, „brennend" zu werden. In Makedonien ist eine Bewegung entstanden, deren Bedeutung sich zwar noch nicht ganz übersehen läßt, die aber so viel Zündstoff in sich birgt, daß ein Funke genügt, um die Explosion herbei zuführen. Die Sache ist ernst genug, und selbst, wenn die Gefahr auch jetzt noch einmal vorüberzieht, so bleibt sie doch latent und wird bei jeder Gelegenheit wieder in den Vordergrund treten. Ler französische Kriegsminister General Zurlinden hat am Sonnabend im Heeresausschuß der französischen Kammer als Grund gegen die Einführung der zweijährigen Dienstzeit geltend gemacht, daß jeden Augenblick ein Weltkrieg ausbrechen könne. Wenn nun auch zugegeben werden soll, daß er diese Aeußerung im Interesse des von ihm verfochtenen Standpunktes etwas stark pointirt hat, so kann andererseits doch nicht in Ab rede gestellt werden, daß das Aufrollen der orientalischen Frage jedesmal Europa vor die Möglichkeit eines Welt brandes stellt. Schuld daran trägt das Verhalten der Pforte zu den Bestimmungen des Berliner Vertrages von 1878, und die Scheu der Mächte, an diesen Dingen zu rütteln und ihrerseits entschiedene Schritte zu thun, um die Pforte zur Vertragserfüllung zu drängen. In Artikel 23 des Berliner Vertrages hat sich die Pforte zur Ein führung von Verwaltungsrefvrmen in der europäischen Türkei verpflichtet, während sie im Artikel 61 Reformen in Armenien zusagte. Makedonien hat mithin gleiche Ansprüche, wie Armenien, und es ist begreiflich, daß, seit die armenische Frage wieder in Fluß gekommen ist, auch Makedonien sich rührt, seinerseits eine Verbesserung seiner Lage herbeizusühren, da die Pforte garnicht daran denkt, den Berliner Vertrag auch thatsächlich zu erfüllen. In Bulgarien aber wird diesen Bestrebungen Make doniens nach Kräften Vorschub geleistet, da man hofft, sich seiner, wie vor einem Jahrzehnt Ostrumcliens, bemäch tigen zu können, um aus ihm eine neue Provinz West- rumelicn zu schaffen. Zwar ergeht sich die bulgarische Regierung in Unschuldsbetheuerungen und versichert, stets eine durchaus korrekte Haltung beobachtet zu haben und der neuesten Bewegung in Makedonien, die bereits zu blutige» Zusammenstößen geführt hat, vollkommen fern zu stehe» ; gleichwohl erweist sie dieser Bewegung ein unver kennbares Wohlwollen und ist mindestens von dem Vor wurfe einer zweiseitigen Haltung nicht freizusprechen. So wird halbamtlich mitgetheilt, daß die von der Pforte ver langte Auflösung der in Bulgarien bestehenden sogenannten makedonischen Comitees von der bulgarischen Regierung abgelehnt worden sei, unter der Begründung, daß es an gesetzliche» Handhaben hierzu fehle, da die Comitees nur das Ziel hätten, auf die Durchführung des Berliner Ver trages in Makedonien hinzuwirken, mit legalen Mitteln arbeiteten und ihre Thätigkeit nicht aus Bulgarien nach Makedonien hinübergreife. Es ist aber durchaus nicht unwahrscheinlich, daß die Comitees den Anschluß Bul gariens an Makedonien zum Ziele haben. Auch äußerte das bulgarische Regierungsorgan „Mir": „Die bulgarische Regierung muß der Türkei und den Mächten gegenüber ihre loyale Haltung fortsetzen. Den Bulgaren in Make donien bleibt es überlassen, durch ihre Opfer die Sym pathien und das Mitleid Europas zu erwerben. Je weniger die Regierung sich in die Bewegung einmischt, desto wirksamer wird diese sein." Hierin liegt ein Aus druck wohlwollenden Gewährenlassens, der die Pforte wenig befriedigen wird. Diese soll denn auch beschlossen haben, dem Marschall Fuad Pascha das Commandv an der Grenze zu übertragen, jedenfalls ein Beweis dafür, wie ernst sie die Sache auffaßt. Fürst Ferdinand aber befindet sich im Falle des Aus bruchs eines offenen Aufstandes in Makedonien in einer gewissen Zwangslage. Will er sich auf dem Throne er halte», da»» bleibt ihm garnichts anderes übrig, als eine großbulgarische Politik zu verfolge». Durch seine offen zur Schau getragene Russenfreundlichkeit, sowie die römisch- katholische Familienpolitik seiner bourbonischen Gemahlin hat seine Stellung bereits eine nicht unbedenkliche Er schütterung erfahren; durch Förderung der großbulgarischen Bestrebungen könnte es ihm gelingen, diese wieder zu be festigen. Es ist ein gewagtes Spiel; aber es steht kaum zu bezweifeln, daß er es wagen wird, zumal da seine Mutter ebenso wie seine Gemahlin ihn nach Kräften dazu drängen werden. Darin aber liegt eben die Gefahr; denn ein kriegerischer Zusammenstoß zwischen Bulgarien und der Türkei könnte leicht den Weltkrieg entfesseln, da hier durch die Parteinahme der Mächte herausgefordert würde. Noch zeigt keine der Großmächte Lust, sich in die Sache zu mischen, und selbst Rußland steht abseits und hat sein Hauptaugenmerk auf Central- und Ostasien gerichtet; allein wer kann wissen, was geschieht, wenn das Nachbarland Bulgariens, Serbien, in Mitleidenschaft gezogen würde! Schon wurde von diplomatischen Schritten berichtet, welche die serbische Negierung aus Anlaß der Vorgänge in Macedonien unternommen haben sollte, doch werden diese jetzt durch eine Meldung der „Pol. Correspondenz" aus Belgrad in Abrede gestellt. Man folge, so heißt es, „aller dings in serbischen Regierungskreisen den Bemühungen der makedonischen Comitees in Bulgarien, eine organisirte Bewegung in Makedonien ins Leben zu rufen, mit großer Aufmerksamkeit und beschäftige sich ebensosehr mit der Frage, ob die bulgarische Regierung den Willen und die Kraft haben werde, der makedonischen Strömung in Bul garien auf die Dauer erfolgreichen Widerstand zu leisten, wie auch mit der weiteren Frage, welche Cvncessionen seitens der Pforte die bulgarische Regierung als Preis für eine abwehrende Haltung der makedonischen Propaganda gegenüber beanspruchen und erlangen dürfte; allein darüber hinaus bestehe bei dem heutigen Stande der Dinge für die serbische Regierung zu besonderen Schritten zunächst kein Anlaß." Zunächst freilich nicht; aber später? Wir hoffen allerdings, daß die von Kaiser Wilhelm itt Hamburg und Kiel gesprochenen Friedensworte auch heute noch gelten; allein dieses plötzliche Wiederaufrollen der orientalischen Frage, das ihr ein bösartiges acutes Aussehen verleiht, setzt der Freudigkeit der Friedenszuver- sicht doch einen starken Dämpfer auf; denn sie läßt erkennen, daß der vornehmste Factor zur Erhaltung des Friedens das Bewußtsein der furchtbaren Verantwortlichkeit ist, die den trifft, durch dessen Verschulden der Friede gestört worden würde, und daß sobald noch keine Aussicht vor handen ist, aus dem Zustande des bewaffneten Friedens mit seinem sich steigernden Aufwande und seinen Lasten herauszukommen. Aus unserer Gegend. — Diesen Sonntag findet in Rabenau Kirchen visitationstatt, die erste welche Herr Consistorialrath Benz abhält. Dieser steht bekanntlich einer der ersten Kanzel redner Dresdens. Es ist deßhalb eine sehr volle Kirche zu erwarten. Diese Andeutung möge Jeden veranlassen, hübsch zeitig für einen Platz in der Kirche bedacht zu sein. Der Gottesdienst beginnt mn 9 Uhr. IV. — Die Menschheit lebt gegenwärtig in dem Zeichen der Vogelschießen und allerorts hat man Gelegenheit, gute uud mittelmäßige Schützen ihre Geschosse nach dem hoch thronenden bunten Vogel senden zu sehen. Auch im Amtshof fand am letzten Donnerstag ein solches Fest statt. Lustig flog unter den rythmischen Tönen der Concertmusik der Bolzen nach dein dem Verderben geweihte» Vogel körper, bis ein Tusch den Fall des Restes und damit dm Airtritt der Königswürde, welche auf Herrn Brauerei besitzer Völkner fiel, der harrenden Menge verkündete. Mit eintretender Dunkelheit begann sich der Garten durch bunte Lampions zu erhellen und ein Kanonschlag bildete die Eröffnung eines Feuerwerkes, bei welchem die aufsprühenden Feuerräder, Kaskaden, Feuergarben, Raketen und Leuchtkugeln das in und außerhalb des Gartens schauende Publikum in freudige Bewegung versetzte. Ein auf der Bildfläche erscheinendes Königsbier trug zur Ge- müthlichkeit nicht wenig bei und noch lange blieben die Theilnehmer in traulicher Harmonie beisammen. — Seifersdorf. Nächsten Sonntag beabsichtigt das Turnhallenbaukomitee des hiesigen Turnvereins in den herrlichen Garten- bez. Parkanlagen des Herrn Berger- 'schen Restaurants ein Sommerfest zum Besten seines Turn hallenbaufouds zu veranstalten. Die Beliebtheit, welcher sich derartige Veranstaltungen erfreuen, sowie der unge- mein herrliche Aufenthalt in den prächtigen Parkanlagen wie die vorzügliche Küche und Keller, mit welcher der Wirth seine Gäste bewirthet, ebenso auch die Rührigkeit mit welcher die Mitglieder an die Vorbereitungen zur Unterhaltung der Besucher gehen, lassen hoffen und wünschen, daß das Fest ein wohlgelungcnes werden möge und ein recht zahlreicher Besuch von hier und auswärts die Veranstalter und Mitwirkenden erfreuen möge. Wünschen wir, daß der Himmel auch ein recht heiteres Gesicht zeigen möge und dem Fond ein Ansehnliches zugewiesen werden könnte. Gut Heil!