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Wchnitz-ZÄmz 59. Jahrgang Sonnabend, dm 7. Januar 1893 Nr. 3. (Schluß folgt.) für Geht das so fort, so werden die verhängnißvollen Folgen nicht ausbleiben, auch wenn die Gefahr im Augenblicke noch keine brennende ist. Gerade das steht man aus der Ferne deutlicher als daheim, wo der Blick sich leichter in die näherstehenden Einzelheiten verliert. In Frankreich hat man volles Bewußtsein von der materiellen Ueberlegenheit, die allmählich auS der Wirkung des neuen Wehrgeseyes herauswachsen muß. Das steigert nicht nur die Kriegslust, sondern naturgemäß auch das Vertrauen auf den Erfolg, und dieses setzt sich im Kriege in Kraft um. Warum sollte nicht, wenn die französische Armee dereinst um eine halbe Million oder gar noch mehr gedienter Soldaten stärker als Deutschland ist, ein Moltke an der Seme das Urtheil fällen: „Deutschland ist uns nicht mehr gewachsen" und damit dieselbe Zuversicht im Heere erzeugen, wie sie 1870 in unseren Reihen herrschte. ein greifbares Moment unserer Ueberlegenheit über andere Armeen; es wird noch eine Zeit lang forl- bestehen und kann viel thun jedoch nicht Alles. Sodann wird viel von der besseren Führung im Großen gesprochen, wodurch wir künftighin die Ueber- zahl unserer muthmaßlichen Gegner ausgleichen sollen. Auch das klingt gut, aber es kann zu gefährlichen Selbsttäuschungen führen. Auch der größte Feldherr bedarf außerdem der kinreichenden Mittel, um sich geltend machen zu können. Nur in der geschickten Ausnützung dieser Mittel, nicht in der Ausführung von überraschenden Zauberkunst stücken kann sich sein Genie bethätigen. Bekannt ist, welche Bedeutung Napoleon dem Werth der Truppen zahl beimaß. Näher steht uns Fekbmarschall Moltke und un willkürlich greift die Hand nach der Denkschrift von 1868, in welcher er die bedeutungsschweren Worte niederschrieb: „Frankreich ist dem norddeutschen Bunde nicht gewachsen." Worauf war die Ueberzeugung ge gründet ? Etwa auf die Meinung, daß unsre Truppen tapferer und geschickter, die Führung bester sein werde als die deS Feindes? Keineswegs! Die Abhandlung beginnt mit einer Berechnung der Truppenzahl, welche Frankreich zunächst aufbieten könnte, und derjenigen, welche wir ihm gegenüber-ustsllen vermöchte«. Diese Berechnung schließt mit dem Fazit ab, daß Frankreich zum Beginn des Krieges 230,000 Mann, wir aber 330,000 haben würden. Dann folgen die Worte: „Es leuchtet ein, wie wichtig es ist, die Ueberlegenheit auszunützen, welche wir gleich Anfangs allein schon in den norddeutschen Krästen besitzen." Darauf baut sich der Entwurf auf. — Eine Ueber legenheit von 80,000 Mann erschien dem Feldmarschall also wichtig genug, um sie zum Ausgangspunkte seines Planes zu machen — und heute soll ein Uebergewicht Frankreichs um mehr als eine halbe Million nichts oder nicht viel zu bedeuten haben! Wie nun aber, wenn wir einmal gezwungen sein sollten, einen Krieg an zwei Grenzen zugleich zu führen? Wir trauen unserer Diplomatie zwar die Geschicklichkeit zu, daß sie das Eintreten eines solchen Falles zu verhüten misten wird. Aber mit sorgloser Sicherheit darauf bestimmt zu rechnen, wäre eine schwere Versündigung. Der Fall eines EntscheivungSkampfes mit zwei großen Mächten muß ins Auge gefaßt werden. Es wird nun vielfach mit dem Hinweis darauf abgethan, daß sich Deutschland zwischen jenen, d. h., militärisch ausgedrückt, auf der inneren Linie befände und seine Schläge mit der schnell versammlten Kraft bald rechts, bald links austheilen könne. ES liegt dem ein richtiger Gedanke zu Grunde. Derjenige, welcher zwischen zwei Feinden steht, die gemeinsam stärker sind als er, findet oft noch darin seine Rettung, daß er von seinen Streitkräften einen doppelten Ge brauch macht und sich erst auf den einen Feind wirst, um ihn abzuthun, und sich dann dem andern zuwendet. Aber dies Gesetz erleidet die einschränkende Bedingung, daß man dabet jedem Einzelnen der beiden Feinde entschieden überlegen sein muß. — Wenn aber der erste Gegner schon, auf den wir stoßen, uns an Truppenzahl überlegen ist, so wird die Entscheidung, selbst wenn wir uns größere Tüchtigkeit unserer Truppen und bessere Führung vindiziren, nimmermehr schnell genug fallen, um dem anderen Gegner die Zeit zu bedenklichem Fortschrrtte zu rauben. Es ist begreiflich, daß eS in den ersten Jahren nach dem großen Kriege nicht zu einer allgemeinen Umgestaltung des Heeres kam. Der Entschluß, das Werkzeug zu ändern, das sich eben noch so glänzend bewährte, wäre kaum zu fasten gewesen. Die Noth- wendigkeit der Reform sprang nicht so in die Augen wie heute. DaS liegt nun anders. Wir haben uns überholen lasten und zwar um ein Bedeutendes. Verantwortlicher Redacteur: Paul Jehnr in Dippoldiswalde. Mit achtsiitigkm „Auslrirten lliiterhaltuiigrblstt". -k Mit humoristischer wochcllbriIs8e ,Mknb!chn". » Mit iand- und hruswirthschostlicher^Lou-Mtil-ze. Zur Militärvorlage. DaS „Dresdner Journal" bringt in Nr. 3 vom 4. d. M. folgenden Artikel: Wie wir in unserer Nr. oom 2. d. M. bereits mitgetheilt Haden, ist der Kgl. Preußische Generalmajor z. D. und Kaiserlich oltoma- nische Generallieutenant Frhr. v. d. Goltz, der Vcr- faffer des Werkes „Das Volk in Waffen", in dem Januarhefte der „Deutschen Rundschau^ für die Mi- titärvorlage eingetreten. Wir geben diesen Aussatz „Deutschland am Scheidewege" im nachfolgenden mit einigen unwesentlichen Kürzungen wieder: Frankreich besitzt 38 Mill. Einwohner, Deutschland 49; dennoch unterhält Frankreich ein an Offizieren, Mannschaften, Pferden und Geschützen durchweg nicht unerhebliches stärkeres Heer im Frieden. Es bildet jährlich 42,000 Mann mehr zu Soldaten aus und wird, wenn das jetzige Wehrgesetz hinreichend lange gewirkt hat, Deutschland um mehr als eine halbe Million gedienter Soldaten überlegen sein. Frankreich, das an sich schwächere, hat also im Augenblick Deutschland hinsichtlich seiner Wehrversaffung überflügelt. Obschon eS mit der allgemeinen Wehr pflicht mehr als eia halbes Jahrhundert später begann als Preußen, so hat es in dem seither verflossenen kurzen Zeitraum Deutschland in der Entwickelung dieser wichtigsten aller Einrichtungen deS modernen Staates vom ersten Platze verdräng! und darin die Führung übernommen. Das ist es, was man in der Fremde ganz richtig heraussühlt, und woran man auf der uns unfreundlich gesinnten Seile die stille Hoffnung knüpft, Deutschland iverde beim nächsten Waffengange unterliegen. Man verfolge nur die ängstliche Sorgfalt, mit welcher die ausländische Presse in Ost unv West die Stimmen sammelt, welche jetzt daheim gegen die Regierungs vorlage laut werden, um sich zu überzeugen. Daß Frankreich uns mit seiner Wehrversaffung heute voraus ist, kann nicht bespülten werden. Das Entscheidende dabei bleibt die Zahl der jährlich aus gebildeten Mannschaften, und diese Zahl steht, wie wir gesehen haben, auf Frankreichs Sette. Es kann dagegen nur angeführt werden, daß das numerische Gewicht bedeutungslos sei, und tatsächlich hören wir dies von den Gegnern der Mililäroorlage aussprechen. Der Satz, daß eine kleinere, aber vor züglich gerüstete und ausgebildete Truppe mehr werth sei, als eine zahlreiche, aber schlechte, klingt ganz vor trefflich und verfehlt seinen Eindruck nie. Aber eS handelt sich gar nicht darum, eine tüchtige Minderzahl mit einer untauglichen Ueberzahl zu vergleichen, son dern vielmehr gleichwerthige oder doch annähernd gleich- werthige Größen gegenüberzustellen. Wer sagt unS, daß die französischen Truppen von heute schlechter seien, als die deutschen. Als gute Patrioten dürfen wir in der Stille unserer Herzen davon überzeugt sein, ganz ebenso, wie die Franzosen sicherlich das Gcgentheil glauben. Aber positive Beweisgründe lasten sich nicht beibringen. In Frankreich ist seit 20 Jahren viel gearbeitet worden; nicht zum Mindesten hat sich das wiffenschaft- liche Leben der französischen Armee gehoben. Die Mittel, die uns zugänglich find, stehen auch den Fran zosen zur Verfügung; die Beschaffenheit der Bewaff nung ist gleich. Der französische Soldat mag physisch etwa» schwächer als der deutsche erscheinen. Ausdauer und Marschleistungen sind aber nach allen Berichten vortresslich. Vergeblich sieht man sich nach dem positiven Grunde um, welcher den Organisator und Staatsmann oder die Regierung des Landes berechtigte, die Ueberlegen heit an Qualität für unsere Truppen als einen be stimmten Faktor ohne Weiteres in Rechnung zu bringen. Die größere Gleichmäßigkeit unseres OsfizierkorpS in Zusammensetzung und Berufsausbildung ist freilich Amtsblatt für die Königliche Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Inserate, welche bei ve, bedeutenden Auflage del Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg. di« Epaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Gpaltenzril« 20 Pfg. Die „Weißeritz. Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. Ä> Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Bei der am heutigen Freitag (Hohen NeujahrStag) stattgesundenen Kirchenvor standsmahl machten von 169 angemeldeten Paro- chianen überhaupt 130 von ihrem Wahlrechte Ge brauch. Als gewählt gingen aus der Urne hervor: für hiesige Stadt: Hr. StadtgulSbes. Müller mit 89 Stimmen, „ Bürgermeister Voigt mit 86 Stimmen, Postmeister Franke mit 73 Stimmen, Kantor Hellriegel mit 67 Stimmen, Berreuth: Hr. WirthschaftSbes. Büttig mit 6 Stimmen und für Reinberg und Reinholdshain: Hr. Gem.-Vorst. Reichert mit 17 Stimmen. Es wurden dabei für die Stadt abgegeben 94, für Berreuth 8, für Reinberg und Reinholdshain 2S Stimmen. — Im Monat Dezember war im Vorschubverein eine Einnahme von 28,451.39 M. und zwar 1189.92 Mark Slammeinlagen, 8174 M. Spareinlagen, 436.75 Mark Darlehne, 117.50 M. Zinsen, 17328 M. zurück gezahlte Vorschüsse, 1205.22 M. Provision und Zinsen; dagegen eine Ausgabe von 26,890.09 M. und zwar 13840.25 M. Vorschüsse, 282 M. Darlehne, 12,308.40 Mark zurückgezahlte Spareinlagen, 164.59 M. Zinsen, 34 Mk. zurückgezahlten Stammeinlagen und 260.85 M. Regie-Auswand zu verzeichnen. — In dem Referate über die letzte Stadtverord netensitzung ist leider ein höchst sinnentstellender Fehler unterlaufen, den wir hiermit berichtigen. Der Schluß satz des Protokolls muß lauten: „Die Feststellung der letzteren (Gemeindeanlagen) wird die städtischen Ver tretungen demnächst beschäftigen und wird hierüber weitere Berichterstattung erfolgen." — Sobald der erste Schnee gefallen ist, begegnet man in vielen Blättern der Aufforderung: „Gedenket der armen hungernden Vögel!" So wohlgemeint diese Mahnung zum Futterstreuen auch ist, und so sehr dieselbe, wenn andauernd tiefer Schnee liegt, er verdient, beachtet und befolgt zu werden, so wirb unS doch jeder aufmerksame Beobachter der Vogelwelt bei stimmen, wenn wir behaupten: nicht Schneefälle sind es, die den Vögeln die größte Gefahr bringen, sondern der scharfe andauernde Frost. Auch bei tiefem Schnee wissen unsere Vögel sich immer noch Nahrung zu be schaffen und finden zur Noth in den Knospen der Ge sträuche und Bäume so viel Nahrung, daß sie den Hunger stillen können. Aber der quälende Durst ist eS, der ihnen zu schaffen macht, sobald nicht nur die stehenden, sondern auch die fließenden Gewässer völlig mit Eis überzogen sind und ihnen kein Wasser mehr zugänglich ist. Dann sind sie der Gefahr deS Ver schmachten» ausgesetzt und erliegen ihr leicht. Wer