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Dresdner Journal : 05.12.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-12-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189012059
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18901205
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18901205
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1890
-
Monat
1890-12
- Tag 1890-12-05
-
Monat
1890-12
-
Jahr
1890
- Titel
- Dresdner Journal : 05.12.1890
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W 282. 1880 Freitag, den 5. Dezember, abends. »b»u«oprets r Vcvoäe» vi«rt«MkrIiot» 2 bl. öv H., b« üe» ävotoeboo ko»t»o,b»It«» viortol- »SLrlied S Kl.; Liwsorllslk äs» äouttcbvv kuict»«» tritt kost- unä 8tswp«Iru»«KI»<s llivrii. Lioooloe Iluwwsrn: 10 kk. L»Ili>nälpll08»r«düdr«»» k'ür ävo k»»w vülsr evspsNsveu Leit« Kleiner 8oi»rikt 20 kL Ilntor „Lro^vsswät" äi« 2«ils KO kk. voi l'skslleu- uoä Xits«i-»»!»tt «atopr. XirLwüll^. Lr»ek«l«s»r wit Xuimzbw« äsr 8om» o. k'eisrt»^ »dsuä». k'srvsprsok-^QseMu»»: Ur. 1LVK. __/! ' > ' i'" Dresdner Journal. Für öi« Gesamtlettuns veranttvorllichr Hofrat Dtto Banck, j)rofeffor der Lttteratur« und Kunstgeschichte. «»» Toküoäkx»»^«» -<> Lranärtettrr, kowrniiwiovür äs« vrssäosr Journsl«; LomboiA LsrU» Vi»a I^lp»>U L»»«l >r»»I»v ersntlort ». M.: //aaLrnLtrin cs i'oA?rrL«rU» Vi»» H»»b»«U- er»^ Lstsiib KEü»ek«o: /tAä. k»rt» L»QL<m >«rltn ersattart » N.-St»U^»r1; O<»N-« 0c> , U«rU»: /nroirät^äa-t, Ir«»I»«: H »1 Xu^atK,' lK»»«v«r: O LcüünZer, L»U« ». S.: /. Larct <K L.Ä. A«r»ll»xrl»er: Xvsixl. klrpeäitiov äs» vresäoer 0ourv«ä». Disiäen, Aviugerstr. 20. kerv»prsetl-^o»et»iu»«! Ur. 1LUL. Amtlicher Teil. Dresden, 4. December. Se. Majestät der König haben den bisherigen außerordentlichen Professor an der hiesigen Technischen Hochschule Friedrich Hugo Robert Fischer vom 1. December 1890 an zum ordentlichen Professor für allgemeine Maschinenlehre, mechanische Technologie, Eisenbahnmaschinenbau und für technischer Zeichnen an genannter Hochschule Aller- gnädigst zu ernennen geruht. Nichtamtlicher Teil. Telegraphische Wach richten. London, 4. Dezember. (W. T B.) Ja der Lersammlung der irischen Abgeordneten wurde ein Komitee ernannt, welches mit Gladstone und anderen liberalen Führern einen Meinungsaustausch darüber pflegen soll, ob in der künftigen Homerule- Vorlage einem irischen Parlamente die Kontrolle der irischen Polizei und die Lösung der Boden- frage eingeräumt wurde. Man glaubt, wenn die Ansichten GladstoneS von der Mehrheit gebilligt würden, werke Parnell vor Beginn der morgigen Diskussion zurücktreten. London, 4. Dezember. (W. T. B.) Tas Unter baus nahm nach vierstündiger Debatte den Kredit zur Abhilfe des Notstandes in West-Irland an. Bukarest, 4.Dezember. (W.T.B.) Deputiertcu- kammer LaScar Catargi verlas eine Erklärung wonach daS fernere Verbleiben des Kabinetts nach dem Zwischenfalle im Senate unmöglich sei. Ler Ministerpräsident entgegnete, Catargi könne nur namcuS einiger persönlicher Freunde, aber nicht im Namen der konservativen Partei eine solche Er klärung abgeben. Nachdem auch Carp gegen Lernrkeo (oppositionell) gesprochen, wurde der Schluß der Debatte mit 74 gegen 48z Stimmen angenommen. Dresden, 5. Dezember. Die französische Kriegsflotte. Wie seinerzeit berichtet worden, wurde bei der Beratung des Marineetats von der französischen Ab geordnetenkammer der Beschluß gefaßt, einen ständigen Ausschuß einzusctzen, welcher beauftragt wird, alle Amtshandlungen des Marineministers zu kontrollieren, alle Verfügungen desselben, bevor sie erlassen werden, zu prüfen, der also kurz gesagt, in der Marinever waltung das entscheidende Wort zu sprechen hat. Das System dieser direkten Parlamcntsregierung hat schon einmal, zur Zeit der ersten Revolution, gründlich Schiffbruch gelitten; aber es ist nun einmal das Ideal der radikalen Partei nnd vorläufig wird es die fran zösische Marine eine Zeitlang mit einem Dreiund- dreißiger Ausschüsse statt 4nit einem Minister als Oberhaupt zu versuchen haben. Wer aus den, neuen System Vorteile ziehen wird, Frankreich oder dessen Gegner, kann natürlich erst die Zukunft lehren; an Warnungsrufen aus den» Schoße der Kammer hat es nicht gefehlt, alle Mahnungen aber blieben wirkungslos. Der Dreiunddreißiger - Ausschuß wurde gewählt und er hat seine Arbeiten bereits ausgenommen Im übri gen ließen die Verhandlungen der Kammer keinen Zweifel darüber, daß der Zustand der französischen Flotte durchaus kein glänzender ist. Es ging aus denselben hervor, daß in den letzten Jahren gewaltige Summen verschleudert worden sind und daß die fran zösische Seemacht in ihrer Weiterentwickelung nicht nur mit der Armee nicht Schritt gehalten hat, sondern daß sie seit l87l direkt zurückgegangen ist. Ein Pariser Mitarbeiter der Münchener „Allg. Ztg." entwirft an Kunst und Wissenschaft. Besiegter Ehrgeiz. Erzählung von Woldemar Urban. 2« (Fortsetzung.) „Liebes Kind! ES wäre ein großer Leichtsinn, die Welt und das Leben für einen Spaß nehmen oder geben zu wollen; im Gegenteil ist eS bitterer Ernst, wenn unser Wei maraner Weltweiser sagt: „Mensch sein, heißt Kampfer sein" Deshalb kann ich Dir nnr gratulieren, liebe Hertha, wenn Du Dir vorgenommeu hast, Deinen, Lebenskämpfe ernst ins Gesicht zu sehen und nur mit den besten Waffen zu kämpfen Wir können nicht alle Sieger sein, aber wir sollten alle ehrliche Kämpfer sein, damit aus einer Niederlage nicht immer auch eine Katastrophe wird. Ich will Dir nichts mehr vvrenthalten, denn Du mußt in, Leben fiststehen lernen wider den Sturm, wie Deine wetterharten Felsen der Bretagne, denn es kommt der Tag, wo ich Dich allein lassen muß. Vom Grafen Florin heute nur kurz folgendes: Bald nach seinem Amtsantritt, dem, wie Du ja schon weißt, ziemlich rasch seine Vermählung mit Frau v. Treßnitz folgte, begann seine eigentliche Partei mit den stärksten Forderungen hervorzutreten. Sie glaubte nun endlich das Ruder in der Hand zu haben und diese Gelegenheit in jeder nur denkbaren Weise auSbeutcn zu können. Aber Graf Florin kann natür lich auch nicht hexen und mußte die zum Teil ganz der Hand der letzten Kammerverhandlungen das nach stehende Bild von dem gegenwärtigen Zustande der französischen Kriegsflotte: Bis zum Jahre 1895, also uach der Durchführung der verschiedenen, jetzt zu Recht bestehenden Flotten- gründungs, beziehungsweise Flottenergänzungspläne, wird Frankreich verfügen über 299 seetüchtige KriegS- fahrzeuge, der Dreibund über 556, England über 408; Frankreich wird also hinter den Zentralmächten, und selbst mit Rußland vereint, hinter diesen >m Bunde mit England immer um mehr als die Hälfte der Kampfesstärke rurückbleiben. Und zwar wird Frank reich 1895 verfügen über 20 Einheiten von Panzer schiffen bis zu 10000 Tonnen, der Dreibuno über 30, England über 32; an gepanzerten Küstenfahr zeugen und gepanzerten Kanonenbooten wird Frankreich 1895 haben 22, gegen 29 des Dreibundes und 15 Englands; Panzerkreuzer erster Klasse, d. h. solche von mehr als 4000 Tonnen: Frankreich 11, der Dreibund 13, England 31; Kreuzer zweiter Klasse, von 2000 bis 4000 Tonnen: Frankreich 5, der Dreibund 17, England 51; AvisoS rc.: Frankreich 13, der Dreibund 18, England 36; größere Torpedoboote, Torpedo jäger rc: Frankreich 13, der Dreibund 39, England 41; Torpedoboote: Frankreich (zum Teil sehr gering wertige) 187, der Dreibund (fast durchweg sehr gute, allerbeste Klasse) 372, England 156; außerdem wird der Dreibund noch verfügen über 7, England über 3 größere Fahrzeuge zu Torpedozwecken, Frankreich über keines, und endlich wird Frankreich noch haben 16, der Dreibund 24 und England 15 alte, aber noch kriegstüchtige Kreuzer. DaS einst auf seine See macht so stolze Frankreich, welches ans den Kämpfen von 1870/71 mit einem Bestände von 405 KriegS- fahrzeugen (alles, auch Transportschiffe und sonstige für den Kampf nicht direkt verwendbare Schiffe, mit- gerechnct) herauskam, während diejenigen Staaten, welche heute den Dreibund bilden, damals nur über 190 Kriegsfahrzeuge (gleichfalls zahlreiches, im Ernst fälle nicht mit m Rechnung kommendes Material mit gerechnet) verfügten, wird also vom Dreibund jetzt um 21 große Panzerschiffe, um 14 Kreuzer, um 5 Avisos, 26 Torpedojäger, 185 Torpedoboote, 7 Spezialschiffe für den Torpedodienst und um 8 Kreuzer älterer Typen übertroffen. Nicht besser stellt sich für Frankreich das Verhält nis unter dem Gesichtspunkte der Schnelligkeit d^. einzelnen Schiffe und Schifisklasscn; die Republik wird 1895, vorausgesetzt, daß bis dahin nicht Neubauten beschlossen werden, über kein einziges größeres Panzer schiff verfügen, welches im stände sein wird, 17 Kno ten zu laufen; Italien wird deren 7 haben, Deutsch land 4; Frankreich wird kein Kanonenboot besitzen mit einer Fahrgeschwindigkeit von 18 Knoten, Deutschland deren 10; Frankreich rechnet nur mit einem Kreuzer, der 20 Knoten zurücklegen wird, Deutschland wird deren oder verwandter Klassen 15 haben; und noch weit ungünstiger ist, was Schnelligkeit und gleichzeitig was die Seetüchtigkeit überhaupt anlangt, das Ver hältnis bei den Torpedobooten, Torpedodivisionsbooten u. s. w., von denen bekanntlich die auf deutschen Ree den hergestellteu, waS hier auch in Fachkreisen aner kannt wird, die besten sind. Dieses bei der Budgetdebatte entrollte Bild, welches der Minister als der Wirklichkeit durchaus entsprechend bezeichnete, mag für die Flotten des Dreibundes etwas optimistisch gefärbt sein, aber dafür ist es, soweit die französische Marine in Frage kommt, immerhin noch rosig angehaucht. Diese Rojcusarbe kam auch bei den weiteren Verhandlungen wiederholt zum Vorschein, denn selbst der herbste Kritiker der bestehenden Zu stände, der Admiral Vallon, tröstete sich und dir Kammer schließlich damit, daß Frankreich zwar seinen „Gegnern" numerisch bedeutend und was die Qualität maßlosen Wünsche seiner Partei zurückweiscn. Daher kamen die ersten Verstimmungen. Andere folgten; Graf Florin ist von den besten Absichten beseelt, seine politischen Ideale zieren ihn als Mann und als Eka raktcr, aber nicht als Staatsmann, denn sie erweisen sich nicht als praktisch durchführbar und, wenn auch dies, als nicht ersprießlich. Die Politik fordert nun einmal Zugeständnisse und so mußte auch Graf Florin seine Ideale schwinden sehen und zur Bedeckung der Staatsbedürfnisse zu Quellen greisen, wie er sie eben fand. Ich hielt und halte ihn noch für einen ehr Uchen Charakter, der nicht nur Phrasen machte, wenn er von Volksbeglückung, und wie die Schlagwörter alle heißen, sprach, um so schwerer aber mag ihm jetzt innerlich der Abschied von all den schönen Idealen werden. Er droht in seiner politischen Car- riöre das zu werden, was der Volksmund ebenso treffend wie drastisch einen „abgebrochenen Riesen" nennt. Indessen kann man nicht anders sagen, als daß Florin als Minister sich wie ein ganzer Mann ge schlagen hat. Seine Persönlichkeit, seine Beredsamkeit siegen immer und immer wieder, wenn die auseinan dergehenden Interessen der Parteien ihn zu verschlin gen drohen. Aber wie so vielen Politikern, und be sonders wie den größeren unter ihnen, droht auch ihm die Ironie des Schicksals, das Verhängnis des eigenen Widerspruchs. Es hat sich nämlich herausgestellt, daß das berühmte Kohlengesetz eine staatliche Notwendig keit geworden ist. Wenn man nun auch noch Zeit zu gewinnen sucht, so wird Florin doch eines schönen Tage« vor dem Lande als Minister beantragen und verteidigen müssen, was er als Abgeordneter mit Er seines Schiffsmaterials anlangt, kaum weniger unter legen sei, daß aber der französische „Elan" und die „Nnübertrefflichkeit deS Personals" auSreichen werden, daS fehlende Gewicht zu seinen Gunsten in die KrieaS- wage zu werfen: das alte Lied nach der alten Melodie gepfiffen und mit dem alten Beifall ausgenommen. Auch sei e-, so führten alle Redner aus, gar nicht zu verwundern, daß der Dreibund in seiner Gesamtheit Flotten aufzustellen vermöge, welche der französischen überlegen seien; aber erstaunlich und betrübend bleibe eS, daß trotzdem Frankreich zu Beginn der Periode 1871/89 vor dem Dreibunde einen großen Borsprung gehabt (405 Schiffe gegen 190) und in dieser Zeit 4'/, Milliarden verausgabt habe, während der Drei bund nur 3H Milliarden aufwandte, und daß trotz dem heute Frankreich alles in allem, wieder die Trans portdampfer rc. eingerechnet, zur Stunde nur über 431 Fahrzeuge verfüge, während Deutschland 288, Österreich 126, Italien 271 Schiffe besitze, daß dort also mit weit weniger Mitteln ganz ungleich mehr geleistet werde. Nach allem nun, was bei den letzten Marine budgetdebatten verhandelt worden ist, nach der Art, wie verhandelt wurde, wie daS Gesagte von der Presse wiedergegeben wird, und wie Publikum und politische Kreise es aufnehmen, ist mit Sicherheit zu erwarten, daß schon die allernächste Zeit, ganz unzweifelhaft die nächsten Jahre, eine sehr bedeutende Vermehrung und Verbesserung der französischen Flotte bringen wird. Es ist dies umso natürlicher, als man in Frankreich sichtlich anfängt, die Aimee langweilig zu finde«. Eine zwanzigjährige treue Liebe ist etwas Unerhörtes, nie Dagewesenes; sie hätte auch so lange gar nicht ge dauert, wenn sie nicht, so sonderbar daS klingen mag, so teuer gewesen wäre. Nun nian glaubt, annehmcn zu dürfen, daß daS lange Jahre gehegte und gepflegte Lieblingskind endgiltig versorgt ist, nun nian die Armee nicht weiter vermehren will, die ewigen Neu organisationen und Umbildungen satt hat, und daS Landheer außerdem die persönliche Dienstableistung fordert, wenden sich Jnteresfe, Liebe und nicht zuletzt die Eitelkeit wieder mehr der lange zum Stiefkind ge wordenen Flotte zu. Ein weiterer Umstand, der zu diesem sich immer augenscheinlicher vollziehenden Mei- nungswechsel nicht wenig beigetragen hat und noch beiträgt, ist der, daß der vor wenigen Jahren noch bitter gehaßte, jetzt mit jedem Tage, man kann ge radezu sagen, immer populärer werdende junge deutsche Kaiser, von dem man vor allen Dingen anerkennt, daß er ein seltenes Verständnis für die Bedürfnisse seiner Zeit habe, sein Interesse in so hohem Maße allem zuwendet, was mit der Marine irgendwie in Verbindung steht. Die Armee hört in Frankreich auf, Mode zu sein, die Flotte wird wieder Mode; das kann lener werden, wird schließlich aber immer noch billiger sein, als die Soldatenspielerei gewesen ist. Tagesgeschichte. Dresden, 5. Dezember. Das heute hier eingc- gangenr 33. Stück des Neichsgesetzblattes enthält als einzigen Gegenstand: Nr. 1922) Verordnung vom 1 Dezember 1890, betreffend das Verfahren vor den auf Grund des JnvaliditätS- und Altersversicherungs - gesetzes errichteten Schiedsgerichten. * Berlin, 4. Dezember. Se. Majestät der Kaiser kam heute vormittag von Potsdam nach Berlin und erledigte im König! Schloß militärische Angelegen heiten Später wohnte Se. Majestät der Eröffnung der Schulkonferenz bei und entsprach darauf einer Einladung des Kultusministers v. Goßler zum Früh stück. Morgen früh soll der Aufbruch zur Jagd nach der Göhrde erfolgen. folg bekämpfte und besiegte. Wird seine Popularität auch diesen Stoß überdauern? Möglich wäre es schon und auch wünschenswert. Man ist überall voller Au erkcnnung seiner persönlichen Fähigkeiten sowohl, wie seines CharakierS; er leistet unserem Staatswesen wirk lich Wunderbares und als Politiker und Staatsmann hat er meine unbedingte Hochachtung und Verehrung Trotzdem kann ihn» die Tragik des eigenen Wider spruchs nicht erspart werden. Über seine privaten Verhältnisse weiß ich nichts Sicheres. Man munkelt allerlei, aber man weiß nichts. Die Amtswohnung, die er mit seiner jungen Frau bezogen hat, ist eine der glänzendsten in der Stadt. Beiliegend ein Brief für Fräulein Tit; ein junger Mann, NamenS Fritz Bählamm brachte ihn. Der junge Mann mit dem eigentümlichen Namen — ein gutmütiger Bursche — bat mich mit Thräneu im Auge, ihm Deine Adresse zu geben, ich mußte ihm aber seine Bitte infolge Deiner Anweisung abschlagen, umsomehr, da er Diener oder doch eine Art Faktotum bei Graf Florin ist. Er wollte aber seine Stellung bei Florin aufgeben, wie er mir erzählte, weil ihm dessen neue Verhältnisse unerträglich seien. Er will durchaus zu Dir und läßt Dir seine Dienste sogar — denke Dir — umsonst anbieten! Ich teile Dir das mit, weil mich der junge Mann in wirklich rühren der Weise um eine Antwort von Dir ersucht Hit Du kannst ja thun, was Du willst Ich bin wie immer Dein Vater Alexander, Gras Kronau D 3. August 188. -Ul Nun hat Herr v. Goncourt trotz alledem und alledem doch nm Deine Hand in aller Form an- — Die Konferenz zur Beratung von Fragen, das höhere Schulwesen betreffend, wurde in Gegen wart Sr. Majestät des Kaisers heute vormittag 11 Uhr im großen Sitzungssaale des Ministeriums der geistlichen rc. Angelegenheiten eröffnet Der Kul tusminister v. Goßler leitete die Sitzung mit einer längeren Ansprache ei«, auf welche Se. Majestät der Kaiser folgendes zu erwidern geruhte: Meine Herren! Ich begrüße Sie von ganzem Herzen hier und Ich danke dem Hrn Minister, daß er persönlich trotz des ÜberladenscinS mit Arbeiten aller Art eS übernommen hat, den Borsitz in dieser Brrsammlnng zu führen. Ich bin der festen Überzeugung, daß kein Mensch mehr dazu angethan ist und geschickter dazu angelegt ist, eine solche Frage richtig zu leiten und zu ihrer Lösung beizutragen, wie unser Hr. Kultusminister, von dem Ich ganz bestimmt und ohne Überhcbuna sagen kann, daß der deutsche Staat und das König reich Preußen seit langen Jahren keinen so tapseren, hingeben- den und hervorragenden Kultusminister gehabt haben, wie ihn. Ich Hosse, daß eS gelingen wird, das Werk mit Ihrer Hilse nicht nur zu sördern, sondern auch zum Abschluß zu bringen. Nach dem Eintritt in die Verhandlungen ergriffen Se Majestät nochmals das Wort zu einer längeren Rede, welche etwa folgenden Wortlaut hatte:. Meine Herren! Ich habe Mir zuerst auSgebeten, ein paar Worte zu Ihnen zu reden, weil Mir daran liegt, daß die Herren von vornherein wißen, wie Ich über die Sache denke. Es wird entschieden sehr viele- zur Diskussion kommen, ohne entschieden werden zu können, und Ich glaube, daß auch manche Punkte nebelhaft im Dunkel bleiben werden; deshalb habe Ich eS für gut gehalten, die Herren nicht im Zweifel darüber zu lassen, w-lches Meine Ansichten darüber sind Zunächst möchte Ich bemerken, daß es sich hier vor allen Dingen nicht um eine politische Schulsrage handelt, sondern lediglich um technische und pädagogische Maßnahmen, die wir zu ergreifen haben, um unfere heranwachfende Jugend den jetzigen Anforderungen, der Weitstellung unseres Vaterlandes und auch unseres Lebens entsprechend heranzubilden Und da möchte Ich gleich eines bemerken. Ich würde Mich sehr gesreut haben, wenn wir diese Prüf ungen, diese Verhandlungen nicht mit einem französischen Wort: „Schulenquete", sondern mit dem deutschen Wort „Schulsrage" benannt Hütten. „Frage" ist das alte deutsche Wort für Vor untersuchung, und Ich muß sagen, daß ist auch mehr oder weni ger eine Voruntersuchung Nennen wir die Sache doch kurzweg „Schulsrage". Ich habe die 14 Punkte durchgrleseu und finde, daß die selben leicht dazu versichren könnten, die Sache zu schematisiere». DaS würde Ich im höchsten Grade bedauern Die Hauptsache ist, daß der Geist der Sache erfaßt wird und nicht die bloße Form. Und da habe Ich Meinerseits einige Fragen ausgestellt — Ich werde sie zirkulieren lasten —, von denen Ich hoste, daß sie auch Berücksichtigung finden werde». Zunächst „Schulhygiene außer Turnen" — eine Sache di« sehr genau erwogen werden muß —; sodann „Verminderung des Lehrstoffs" (Erwägung des Auszuscholdeuden); ferner die „Lehr Pläne für di« einzelnen Fächer", sodann die „Lehrmethode für die Organisation" - eS find bereits die Hauptpunkt« vor- geschlagen worden —; sechsten-: „Ist der Hauptballast aus den Examina beseitigt" und siebentens „die Überbürdung in Zukunft vermieden?" achten-: , Wie denkt man sich die Kontrolle —, wenn das Werk zustande gekommen ist?" neuntens: „regel mäßige und außerordentliche Revisionen durch verschiedene Oberbehörden-" Ich lege hier die Fragen aus den Tisch des HauseS, wer sie sich ansehen will, kann sich darüber weiter informieren. Die ganze Frage, meine Herren, hat^sich allmählich voll kommen von selber entwickelt: Eie stehen hier einer Sache gegen über, von der Ich fest überzeugt bin, daß Sie durch die Vollen dung, die Sie ihr geben werden, durch die Form, die Sie ihr ausprägen werden, dieselbe wie eine reife Frucht der Station überreichen werden Dieser Kabinetlsordre, die der Hr Minister vorhin zu er wähnen die Güte Halle, hätte cs vielleicht nicht bedurft, wenn die Schule auf dem Standpunkte gestanden hätte, auf welchem sie hätte stehen wüsten. Ich möchte im voraus bemerken, wenn Ich etwas scharf werden sollte, so bezieht sich das auf keinen Menschen persönlich, sondern aus das System, aus die ganze Lage. - Wenn die Schule das gethan hätte, was von ihr zu verlangen ist, — und Ich kann zu Ihnen als Eingeweih'or sprechen, denn Ich habe auch auf dem Gymnasium gefesten und weiß, wie es da zugeht, — jo hätte sie von vornherein von felber das Gesecht gegen die Sozialdemokratie übernehmen müssen Die Lehrerkollegien hätten alle miteinander die Sache fest ergreifen und die Heranwachsende Generation so instruieren wüsten, daß diejenigen jungen Leute, die mit Mir etwa gleichaltrig sind, also von etwa 80 Jahren, von selbst bereits das Material bilden würden, mit dem Ich im Staate arbeiten könnte, um der Veweauna scbnelle- He r zu werden. gehalten. Ich konnte es nicht verhindern Was soll ich thun?" „An Fräulein Mathilde Redlich in .. . Hochgeehrter Fräulein Tit! Es geht nicht mehr! WaS soll ich noch weiter schreiben? Es geht durchaus nicht mehr! — Gestern abend habe ich wieder von dreiviertel sieben bis halb neun Uhr am Flusse gestanden, wo er so schwarz aussieht, kleine Strudel macht und unheimlich gurgelnd und hastig vorbeifließt. Zu meiner Rettung fiel mir Graf Kronau ein Zu ihm will ich diesen Bries tragen, er muß ihn au Sie vermitteln — aus Menschenliebe, aus Barmherzigkeit, denn so geht eS durchaus nicht mehr. Ich bin unglücklich — mein Herr ist unglücklich — cs ist zum Verzweifeln. Mein Herr — oh Fräulein Tit — mein Herr! Er arbeitet beinahe Tag und Nacht, sieht blaß auS, ist oft sehr traurig und seufzt, daß cs einen Stein erbarmen könnte Ich sagte es ihm, daß ich fort wolle, da sah er mich lange an und sagte endlich: „Wie, Fritz? Du willst mich auch noch verlassen, die ein zige treue Seele?" Dann war er wieder still und ich mußte auch still sein. Denken Sie sich Fräulein Tit, solch' ein großer Herr, wie mein Herr geworden ist, nennt mich, den Fritz Bählamm, „die einzige treue Seele/' — — Na, wie gesagt, cs geht nicht mehr, Fräulein Tit, es geht durchaus nicht mehr. Haben Sie also ein Einsehen mit Ihrem armen Fritz und sprechen Sie ein gutes Wort mit Ihrer gnädigsten Herrschaft. Wenn Ihnen mein Leben lieb ist, so ant worten Sie bald Ihrem ewig treuen Fritz Bählamm. d. 30. Juli 188 ."
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