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Sonnabend. Nr. 358. 4. September L852. Leipzig. Di« Zeitung erschein! nm Anönabme dcS Montags täglich und wird Nachmittags -1 Uhr auS- gegeben. Preis für das Viertel jahr I/, Thlr.; jede ein zelne Nummer 2 Ngr. Deutsche Allgemeine Zeitung. »Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!« Zu beziehen durch alle Postämter des In- und Auslandes, sowie durch die Ejpctltion i» Leipzig tQuerstraße Nr. 8). Ansertionsgebühr für den Naum einer Zeile 2 Ngr. Die Zollvcreinsconferenzen in Berlin. X Berlin, 2. Sept. Es dürfte sich wol der Mühe verlohnen, einen Blick auf die wichtigste Neuerung in der preußischen Erklärung, die Annahme des wiener Conferenzentwurfs und die specificirten Ausnah men und Streichungen, die in jenem Entwurf vorgenommcn sind, zu wer fen. Gewiß wird Niemand verkennen, daß der Vertrag ein sehr weit gehender Handelsvertrag ist; so weit gehend, wie derselbe unter den gegen wärtigen verschiedenartigen Verhältnissen des Zollvereins und Oesterreichs nur möglich ist, weshalb cs denn auch nur allgemein gebilligt werden kann, daß alle diejenigen Bestimmungen entfernt sind, die sich auf die Zolleinigung beziehen oder die Zollvcrhältnisse in Verbindung mit dem Bundestage zu bringen geeignet sind. Im Art. 1 fällt deshalb der Sah aus, daß „der Vertrag die Vorbereitung der gleichzeitig in ihren Grundsätzen festgestellten gänzlichen Zoll- und Handelscinigung" bezweckt. Im Art. 4 fällt das 1. Alinea weg: „Nach Abschluß des Vertrages erfodern Aendcrungen in dem Tarif des einen Zollgebietes, insofern sie nicht Annäherungen an die Tarif sätze des andern Zollgebietes sind, das Einverständniß der Staaten der letz tem"; und Separatartikel 1, welcher eine Ausnahme hiervon nur bei Thcue- rungszeiten fcststellt. Ferner der Art. 23, welcher bestimmt, daß im Jahre 1856 Commissäre beim Deutschen Bunde zusammentrctcn sollen, um die Zolleinignng ins Leben zu ruscn, die Tariffrage zu besprechen und auch die sonstigen Fragen der Handelspolitik dort unter Vorbehalt der Ratification zu erledigen. Art. 25 seht die Dauer des Vertrags bis Ende 1858 fest, nach welcher Zeit die Zolleinigung ins Leben treten soll. Die übrigen spe- eisicirten Punkte werden einer nähern Erwägung Vorbehalten, sie sind des halb nicht unbedingt ausgeschlossen und von geringerer Bedeutung. — Der Wortlaut der Beitrittserklärung von Hannover zu der preußischen Erklärung vom 30. Ang. ist folgender: Nach Inhalt der Erklärungen, welche von Balern, Sachsen, Württemberg, Baden, Kurhcssen, Großhcrzogthum Hessen und Nassau am 2l. Aug. und von Preußen am heutigen Tage abgegeben worden, und durch welche die bisher ststt- gehabtcn Meinungsverschiedenheiten als beseitigt anzuschen sind, ist die hannover sche Negierung der festen Zuversicht, daß eine Krisis nunmehr ihrem Ende entgc- gcngehe, durch welche die Kraft und das Ansehen Deutschlands, die Eintracht und das Vertrauen zwischen deutschen Staaten und der Wohlstand, der Gewerbflnß und die Zufriedenheit ihrer Angehörigen so tief bedroht werden. Um, so vjel an ihr ist, die möglichste Beschleunigung des Abschlusses zu fördern, nimmt die hanno versche Regierung nicht Anstand, es sofort auszusprcchcn, daß sie nicht nur der Erklärung Preußens über Form und Inhalt des mit Oesterreich abzuschließendcn Handelsvertrags, sondern auch der von Preußen am 7. Mai 1851 zu Wiesbaden abgegebenen Erklärung beitritt. Dagegen setzt Hannover vcrtrauungsvoll voraus, daß die Regierungen von Baiern, Sachsen, Württemberg, Baden, beiden Hessen und Nassau, nachdem in Beziehung auf den Zoll- und Handelsvertrag mit Oester reich ihren in der Collectiverklärung vom 21. Aug. ausgesprochenen Wünschen nach der Auffassung Hannovers Genüge geschehen ist, nicht die Absicht hegen, den bin denden Abschluß des Vertrags über Erneuerung des Zollvereins bis zur Erledigung aller oder auch nur einzelner der bei der hiesigen Zollconferenz angebrachten oder noch anzubringenden Anträge aussetzen zu wollen. Denn die völlige Erledigung jener Anträge wird noch eine sehr geraume Zeit erfodern, und cs möchte unter denselben sich keiner be finden, welcher nicht entweder auch nach Reconstiluirung des Zollvereins aufbefricdigende Erledigung Aussicht hätte, oder, falls dies etwa zweifelhaft wäre, als wichtig genug betrachtet werden dürfte, um nicht durch die von einer Verlängerung der jetzigen Ungewißheit unzertrennlichen Uebel und Gefahren weit überwogen zu werden. End lich glaubt auch die hannoversche Regierung, unter Hinblick auf die durch den Art. 14 des SeptcmbcrvertragS ihren Entschließungen vorgezeichnete Grenze, nicht mit der Erklärung zurückhalten zu dürfen, daß sie sich nicht in der Lage finden würde, die bei den Verhandlungen bisher als zweifellos vorausgesetzte Basis einer zwölfjährigen Dauer des über die Erneuerung des Zollvereins abzuschließenden Ver trags zu verlassen. Eine Abkürzung deS zwölfjährigen Zeitraums würde nach ihrer Ansicht für die gewerblichen Zustände verderblich und einem fcrnern gedeih lichen Zusammenleben der Zollvereinsgenossen in hohem Grade hinderlich sein. Han nover hält cs durch die Beibehaltung der bisherigen Basis nicht für ausgeschlos sen, auch im Laufe des zwölfjährigen Zeitraums über weitere commerziclle Annä herungen, und sobald die Hindernisse geschwunden sind, über eine Vereinigung der beiden Zollgebiete mit Oesterreich zu verhandeln, und wünscht aufrichtig, daß der Zeitpunkt, wo die« mit Aussicht auf Erfolg geschehen kann, nicht zu entfernt scin möge. Daran knüpft sich jedoch die Ueberzcugung, die Erreichung des vorerwähn ten Zieles werde um so leichter sein, je mehr man diese so tief in die finanziellen Verhältnisse und volkswirthschaftlichcn Zustände der einzelnen Staaten eingrei fende Angelegenheit ihrer finanziellen Entwickelung überläßt. — Ueber die Stellung Hannovers gegenüber den Differenzen unter den Staaten, welche bisher den Zollverein bildeten, verlautet dem Corre- spondcnz-Burcau zufolge biejetzt nur Günstiges. Man will wissen, daß die Hinweisung der Erklärung vom 30. Aug. auf die im Septcmbervcrtrage vorbchaltenen Verabredungen ausdrücklich auf den Wunsch des Hrn. v. Schele in die Erklärung ausgenommen ist. WaS den speciell hervorgehobcnen Vor behalt des Separatartikcls 11 anlangt, so muß daran erinnert werden, daß diese wichtige Bestimmung des Vertrags Hannover die Verpflichtung auf legt, für eine Reihe der wichtigsten Artikel vom 1. März k. I. ab den gc-" meinschaftlichen Tarif cinzuführen. Bekanntlich ward diese Stipulation bci den Erörterungen, welche vor der Unterbrechung der Zollconferenz über den Septembcrvertrag statthatten, nicht ohne Widerspruch ausgenommen, weil durch dieselbe die von einigen Seiten gcfoderte Nachversteuerung, wie sie bei dem Anschlusse Sachsens stattfand, ausgeschlossen wird. Jener Wider spruch wurde indessen im Laufe der Erörterungen aufgegcben, und bildeten demnach die Bestimmungen des Art. 13 und des Separatartikcls 11, welche den in Rede stehenden Gegenstand einander ergänzend behandeln, keine der jenigen Modisicationen, welche der Septembervertrag eventuell zu erwarten hat. — Die Oesterreichischc Korrespondenz ist mit der preußischen Schluß erklärung, deren Summarium ihr auf telegraphischem Wege zugegangen, nickst zufrieden. Sie sagt, daß selbst nach dieser in kurzen Umrissen ent worfenen Mitkhcilung doch so viel sestzustchen scheine, daß das wahrhaft loyale und entgegenkommende Benehmen der unter sich und mit Oesterreich zu Darmstadt verbündeten Negierungen nicht die entsprechende Würdigung und Vergeltung von Seiten der königlich preußischen Negierung gefunden habe. — In dem Preußischen Wocheublatte war ein Angriff auf das Verfah ren des Hrn. v. Bismark-Schönhausen in der Zollfrage enthalten. Die Neue Preußische Zeitung kann den dort aufgestellten Behauptungen be stimmt widersprechen und versichern, daß Hr. v. Bismark von Anfang an und in jedem Augenblicke ein Nachgcbcn Preußens für eine politische Un möglichkeit erklärt hat. Deutschland. Berlin, 1. Sept. Die Preußische Zeitung meldet: Morgen Vor mittag wird der König in Bellevue ein Ministerconseil abhaltcn. — Der hannooersche Ministerpräsident v. Schele ist heute zur königlichen Tafel gezogen worden. Derselbe hat sich gleich von Potsdam aus zurück nach Hannover begeben. — Der Zustand des Prinzen von Preußen ist in fortschreitender Besserung. Da indeß die Kopfaffcction, welche sich in Druck und Schwere in Stirn und Schläfen zeigt, noch nicht völlig ge wichen, so haben sich bisjetzt die Aerzte gegen die Abreise von Stettin aus gesprochen. * Potsdam, 1. Sept. Die Eröffnung der Provinzialständevcrsamm- lung für die Kur- und Neumark Brandenburg und das Markgrafthum Nieder lausitz ist auf den 12. Sept, festgesetzt, und der Geheime Staatsminister a. D. Graf v. Arnim auf Boitzenburg zum Landtagsmarschall, der Standesherr Graf zu Solms-Baruth zum Stellvertreter desselben, und der Oberpräsident der Provinz Brandenburg Flottwell zum Landtagscommissarius ernannt. * Königsberg, 30. Aug. Die Eröffnung der provinzialständischen Versammlung der Provinz Preußen wird hier am 12. Sept, stattsindcn. Zum königlichen Landtagscommissarius ist der Oberpräsident der Provinz Preußen Eichmann, zum Landtagsmarschall der Kammcrhcrr Graf zu Dohna-Lauck, zum Stellvertreter des LandtagsmarschaUs der Präsident der Negierung zu Marienwerder, Kammerherr Graf zu Eulenburg-Wicken, er nannt worden. Stettin, 1- Sept. Ueber die an einem Gardclandwehrmann began gene Mordthat, deren wir Erwähnung thaten, theilt die Norddeutsche Zei tung noch Näheres mit, wonach ein Mord wahrscheinlich und derselbe erst nach heftiger Gegenwehr erfolgt ist. Die Verbrecher schleppten den Gemor deten in eine Hütte, welche sie hierauf in Brand steckten. Köln, 30. Aug. Nach der Rhein- und Ruhr-Zeitung wären die Bischöfe unverrichteter Sache wieder abgcrcist. Ein nicht unbedeutendes Unwohlsein hinderte nämlich den Cardinal-Erzbischof, den beabsichtigten Con- ferenzen vorzusitzen. — Der breslaucr Handelskammer ist ein Promemoria schlesischer Gewerbetreibender zugegangen, in welchem dieselben darüber sich beklagen, daß ihre Fabrikate bei der Ausfuhr nach Oesterreich seitens der dortigen Grenzzollämter einem höher« Tarifsätze unterzogen würden, als dieselben nach den klaren Bestimmungen dcö Tarifs zu tragen hätten. Die Kammer beschloß, vorbehaltlich weiterer Schritte zunächst das nicht ganz klar vorlie gende Sachverhältniß näher zu untersuchen. — Ueber den Rücktritt der christkatholischcn Gemeinde in Brom berg (Nr. 356) zur evangelischen Kirche berichtet die Posener Zeitung fol gendes Nähere aus Bromberg vom 20. Aug.: Mil dem heutigen Tage hat die hiesige deutsch- oder christkatholische Gemeinde aufgchört zu cxistircn. Ihre Bereitwilligkeit zur Auflösung sowie ihren Ucbcrtrilr zur evangeli schen Kirche hatte sie, ihren Prediger Schloßmann an der Spitze, bereits am 25. Aug. vor dem versammelten Kirchencollcgium zu Protokoll erklärt, und cs wurde beschlossen, den Act des UebcrluctS am heutigen Sonntage