Suche löschen...
Dresdner Journal : 07.12.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-12-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189612073
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18961207
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18961207
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-12
- Tag 1896-12-07
-
Monat
1896-12
-
Jahr
1896
- Titel
- Dresdner Journal : 07.12.1896
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
veius-pret«: Für Dresden vierteljährlich: 2 Mark SV Ps, bei den Kaiser lich deutschen Postanstallen vierteljährlich »Mark; außer halb de» Deutschen Reiche» Poft» und Stempelzuschlaa. Einzelne Nummern: 10 Pf. Erscheint»: Täglich mit Ausnahme der Soun- und Feiertage abend». Fernspr Anschluß: Nr12-ä Dresdner Jourml. Anlüudlgungsgebühre»: Für den Raum einer gespal tenen Zeile kleiner Schrift 20 Ps. Unter „Eingesandt" die Zeile SV Ps. Bei Tabellen- und Ziffernsatz entsprechender Ausschlag. Heransgeber: Königliche Expedition de» Dresdner Journals Dresden, Zwingerstr. 20. Fernspr.-Anschluß: Nr. 12-5. 1896. M284. Montag, den 7. Dezember, abends. s Ankündigungen für die Weihnachtszeit finden im „Dresdner Journal" die geeignetste Verbreitung. Hierbei versäumen wir nicht, darauf aufmerksam zu machen, daß aus Anlaß des Weihnachtsfestes Handel- und Gewerb- treibendeu bei Ankündigungen mit mehrmaliger Wiederholung austerordentliche Vergünstigungen gewährt werden. Lönigl. Expedition des Dresdner Zomnats. Amtlicher Teil. Dresden, 7. Dezember. Ihre Kaiserl. und Königs. Hoheit die Frau Erzherzog in Alix, Groß Herzogin von Toskana, ist heute vormittag 9 Uhr 55 Min. hier eingetroffen lind hat im Königs. Palais am Taschenberge Wohnung genommen. Werorönung, die Benachrichtigung der Justizbehörden über das Ableben vorbestrafter Personen betreffend. Um einer Ueberfüllung der bei den Amtsgerichten geführten Strafregister vorzubeugen, erscheint es ge boten, daß die Amtsgerichte über das Ableben der in diesen Registern mrzeichneten Personen thunlichst Nachricht erhalten. Es wird daher, bez. im Einverständnisse mit dem Justizministerium, hiermit Folgendes angeordnet: 1. Die Standesämter haben halbjährlich und zwar bis 15. Januar und 15. Juli jeden Jahres Listen sämmtlicher in den einzelnen Ortschaften des Standesamtsbezirks während des vorhergcgangenen Kalenderhalbjahres — 1 Juli bis 31. Dezember, bez. 1. Januar bis 30. Juni — verstorbener Personen, welche zur Zeit des Todes das 12. Lebensjahr über schritten hatten, an die Ortspolizeibehörde — Stadt räte, Bürgermeister, Gemeindevorstände — der einzelnen Orte de- Standesamtsbezirks zu übersenden. Diese Listen haben sich zugleich auf die zu diesen Orten gehörigen selbstständigen Gutsbezirke mit zu erstrecken und müssen enthalten: n) den Vor- und Familiennamen, bei Frauen den Geburtsnamen und den Namen des Ehemannes, 1>) die Vor- und Familiennamen der Eltern, den Geburtsort, 6) das Lebensalter (Tag und Jahr der Geburt), e) den Monat und Tag des Todes. 2. Die Ortspolizeibehörden haben, und zwar zugleich für die in den Fluren ihrer Gemeinde ge legenen selbstständigen Gutsbezirke — 8 7 der Re vidirten Städteordnung, 8 87 der Revidirten Land gemeindeordnung — durch Vergleichung der über sandten Listen mit den ihnen von den Justizbehörden zugestellten Mittheilungen über rechtskräftige Be strafungen halbjährlich festzustellen, ob und welche der in ihren Orten wohnenden, bestraften Personen während des verflossenen Kalenderhalbjahres verstorben sind. Die Verstorbenen sind in eine Nachweisung einzu tragen, welche über jede Person die oben unter Nr. 1 bezeichneten Angaben und die letzte Bestrafung enthalten soll. Außerdem sind in diese Nachweisung auch diejenigen bestraften Personen mit aufzunehmcn, welche aus dem betreffenden Orte in Anstalten untergebracht waren und deren Ableben der Orts polizeibehörde bekannt geworden ist; bei diesen Per ¬ sonen ist die Anstalt, in welcher das Ableben er» folgte, mit zu bezeichnen. Die Nachweisung ist sodann bis zum 1 August, bez. bis zum 1. Februar jeden Jahres an das Amts gericht, zu dessen Bezirk der betreffende Ort gehört, einzureichen. Ist während des betreffenden Halbjahres keine der fraglichen Personen mit Tode abgegangen, so ist an das Amtsgericht eine Fehlanzeige zu erstatten. 3. Wo die Functionen der Ortspolizeibehörde und deS Standesamtes in einer Stelle vereinigt sind und zu dem Standesamtsbezirke nicht mehrere Orte ge hören, bedarf es der Anfertigung besonderer Listen seiten des Standesbeamten nicht, vielmehr kann solchen falls die Nachweisung durch directe Vergleichung mit dem Sterberegister aufgestellt werden. 4. Die vorgedachte Einrichtung tritt mit dem 1. Januar 1897 dergestalt ins Leben, daß die Listen und Nachweisungen zum ersten Male für das Halb jahr vom 1. Juli bis 31. Dezember 1896 aufzu stellen sind. 5. Formulare zu den Listen und Nachweisungen sind von den Amtsgerichten unentgeltlich zu beziehen. 6. Gegenwärtige Verordnung ist in den Amts blättern der Amtshauptmannschaften noch besonders zum Abdruck zu bringen. Dresden, am 2. Dezember 1896. Ministerium des Innern. Für den Minister: v. Charpentier. Gebhardt. Nekanntrnachung. Der geschästsführende Vorstand der Sterbekasse für das deutsche Forstpersonal zu Tübingen, eingetragene Genossenschaft mit beschränkter Haftpflicht, hat den für das Königreich Sachsen erwählten Sitz von Morgenröthe nach Schmiedeberg verlegt. Dresden, am 3. Dezember 1896. Ministerium des Innern, Abtheilung für Ackerbau, Gewerbe und Handel. ,0484 Vodel. Edelmann. Nichtamtlicher Teil. Tie ägyptische Frage, die durch den für England ungünstigen Spruch des gemischten Gerichtshofes in Alexandria wieder mehr in Fluß kommen zu sollen scheint, beweist von neuem die starke Gegensätzlichkeit der russischen und englischen Politik auf der einen, die völlige Überein stimmung Rußlands und Frankreichs auf der anderen Seite Die letztere insbesondere zeigt sich auf das Deutlichste auch in der politischen Presse beider Länder. An der Seine wie an der Newa faßt man den Urleilssprnch deS gemischten Gerichtshofes zu Alexandria in Angelegenheit der Kostenbedeckungsfrage im Don golafeldzuge als ein höchst erfreuliches und hoch wichtiges Tagesereignis auf, von dcm man sich ver schiedene wohlthuende Folgewirkungen verspricht. Ins besondere giebt man in beiden Ländern feiner Freude darüber Ausdruck, daß der englischen Regierung, welche nun wohl oder übel die Kosten der Expedition gegen den Sudan den englischen Steuerträgern werde auferlegen müssen, im Parlament der Protest gegen diese Zahlungen nicht erspart bleiben werde. „Dieser Urteilsspruch" — sagt weiter z. B. das „Nowoje Wrcmja" — „bestätigt indirekt den unbedingt internationalen Charakter der Frage und erkennt die Kompetenz Rußlands und Frankreichs an, sich einer Maßregel zu widersetzen, welche gegen den Wunsch ihrer Negier ungen auf Verlangen Englands und mit Zustimmung der Dreibundmächte zu stände gekommen ist." Sehr befriedigt sist das russische Blatt auch darüber, daß der Zwischenfall mit der Entlehnung des Geldes ans der ägyptischen Staatsschuldenkasse den Anlaß zu einer neuen und fruchtbaren Offenbarung des vollen Ein vernehmens gegeben habe, in welchem Rußland und Frankreich in Fragen internationalen Charakters jetzt vorgingen. Äußerst gelegen kommt diese Offen barung den Russen offenbar gerade im jetzigen Augenblicke, wo hier und da Gerüchte von angeblichen, wegen der „finanziellen Sanierung" der Türkei entstandenen Meinungsverschiedenheiten zwischen St. Petersburg undParis verbreitet worden waren. Mit Energie weisen die russischen Blätter darauf hin, daß das Zusammengehen Rußlands und Frankreichs in der ägyptischen Frage beweisen werde, daß Meinungsverschiedenheiten nicht bestünden und nicht bestanden hätten, und daß die ausgesprengtcn Gerüchte höchstens dadurch veranlaßt worden seien, weil einige Zeit erforderlich gewesen sei, nm die An schaumigen über einige Einzelheiten jener türkischen Finanzfrage „klarzustellen". „Wenn die Stunde kommt" — sagt das genannte einflußreiche russische Blatt—, „wo die energische Einwirkung der europäischen Diplomatie auf die Pforte eneuert wird, so wird es sich schon auf die überzeugendste Weise bestätigen, daß das volle Einvernehmen zwischen Rußland und Frankreich, welches in Ägypten zu so erfreulichen Resultaten ge führt hat, auch in der orientalischen Frage der Fels ist, an welchem alle Jntriguen zerschellen. Europa wird, wie wir glauben, nicht mehr lange hierauf zu warten haben." In hohem Grade interessant ist übrigens auch die Thatsache, daß man neuerdings auch in Italien den Versuch macht, von England etwas ab zurücken. So bringt, wie aus Rom gemeldet wild, plötzlich die offiziöse „Italic", für die bisher die Freundschaft mit England der vornehmste Punkt ihres Programms war, in Anknüpfung an einen etwas hochtönenden Artikel des „Standard"einesehrgereizteAus- lassung gegen England. Wir entnehmen ihm folgende Ab sätze : „Im Grunde giebt es in ganz Europa keine Nation die soviel für England gethan hat, wie Italien und keine kann ihm so wertvolle Dienste in Zukunft leisten. Ohne Italien würde sich England in der pein lichsten Vereinsamung befinden, und das bleibt selbst für eine so mächtige Nation immer ein großer Nachteil und oft eine nicht wieder gut zu machende Schwächung. Die englischen Minister und Diplo maten wissen sehr gut, daß sie, als sie uns vor 1<> Jahren dazu veranlaßten, Masfaua zu besetzen, sehr geschickt eine Gruppierung der Mächte hintertrieben, die vielleicht die Räumung von Egypten unvermeidlich gemacht hätte. Sie wissen auch, daß, als sie uuS mit Kassala „beschenkten", wir Eng land darin unterstützten, wieder die Sudankampagne zn unternehmen. Wir boten so den Vorwand für den Krieg, den es seit elf Monaten vorbereitet hat. End lich wissen die Minister der Königin auch, was der „Standard" nicht wissen will, daß nämlich Ita lien für seine bewunderungswürdige Uneigenützigkeit von England niemals einen Entgelt verlangt hat, ab gesehen höchstens von einer Freundschaft, die schließlich doch nur einen moralischen Wert hat. Solche Artikel, wie der deS „Standard", sind ein Unglück, weil sie zum Nachdenken anregen, und eS erscheint nicht wünschenswert, daß man in Italien allzu genau über diese Freundschaft nachdenkt, die immer viel kostet ohne etwas einzubringen, selbst nicht einmal eine so unbedeu tende Konzession wie den Durchmarsch durch Zeila. Wahrlich, der Moment, sich neue Antipathien in Europa zu schaffen, ist schlecht gewählt, selbst für England." Da die „Jtalie" bekanntermaßen gute Beziehungen zu dem Ministerium des Auswärtigen unterhält, ist Ker Aufsatz zweifellos nicht ohne Bedeutung. Tages geschichte. Dresden, 7. Dezember. Ihre Majestäten der König und die Königin sowie die Prinzen und Prinzessinnen des Königl. Hauses, Königl. Hoheiten, wohnten am gestrigen Sonntage dem Vormiltagsgottesdienste in der katholischen Hofkirche bei. Nach dem Kirchenbesuche erteilten Beide Maje stätcu im Residenzschlosse Audienzen. Se. Majestät der König empfingen hierbei: Se. Excellenz den Herzoglich Sachsen - Altenburgschen Staatsminister v. Helldorff, den Präsidenten des Landesmedizinal' kollegiums Geh. Rat vr. Günther, den Senats Präsidenten beim Oberlandesgerichte Hardraht, den Landgerichtspräsidenten l)r. Müller, den geh. Medi zinalrat Ur. Lehmann, den Landgerichtsdirektor Ur. Wulfert, den Oberforstmeister Klette und den Realschuldirektor Professor l)r. Scheibner. Nachmittags um 5 Uhr nahmen Beide Majestäten an der Familientafel bei Sr. Königl Hoheit dem Prinzen Friedrich August im Palais am Taschen berge teil und abends besuchten Se Majestät der König die Vorstellung des Märchens „Schneewittchen" im Neustädter Hoftheater. — Heute vormittag kamen Se. Majestät der König von Villa Strehlen ins Residenzschloß und nahmen die Vorträge der Herren Staatsminister und Departe mentschefs der Königl. Hofstaaten fowie militärische Meldungen entgegen. Nachmittags verfügten Se Maje- stär Sich wieder nach Strehlen. — Ihre Kaiserl. und Königl. Hoheit die Frau Großherzogin von Toscana ist heu^e vormittag 9 Uhr 55 Min. zum Besuche des Königl. Hofes in Dresden eingetroffcn. Die Durchlauchtigste Frau Großherzogin wurde auf dem Böhmischen Bahn hofe von Ihrer Majestät der Königin sowie von Sr. Königl. Hoheit dem Prinzen Friedrich August und Höchstdesfen Durchlauchtigsten Kindern be grüßt. Ferner waren noch zum Empfange erschienen der Kaiserl. und Königl. Österreichisch-Ungarische außerordentliche Gesandte und bevollmächtigte Mi nister rc. Graf v Lützow und der Prinzliche Hof marschall Frhr. v. Reitzenstein. Im Königl. Palais am Taschenberge, wo die Frau Großherzogin Wohnung genommen hat, wurde Höchstdieselbe vom König!. Hofmarschall v. Carlowitz-Hartitzsch empfangen. Im Gefolge Ihrer Kaiserl. und Königl. Hoheit be finden sich: die Hofdame Frau Gräfin Dürckheim- Montmartin und der Oberhofmeister Altgraf zu Salm-Reifferscheid-Raitz, Excellenz. Deutsches Reich. * Berlin. Se. Majestät der Kaiser kehrten am Sonn abend von der Jagd nach Schloß Springe zurück. Gestern Kunst und Wissenschaft. K. Hofthcater. — Altstadt — Am 5. d. Mts.: „Rienzi, der letzte der Tribunen". Große tragische Oper in fünf Akten von Richard Wagner. N8 Die vorgestrige Vorstellung erfolgte zum Besten des Pensionsfonds für die Mitglieder des Hoftheater-Singe chores. Die aus diesein Anlaß getroffene Wahl der Wagnerschcn Oper war insofern eine sehr glückliche, als der Chor seine große Rolle darin bekanntermaßen mit außerordentlichem Gelingen auSführt und somit an diesem Abend auch künstlerisch in den Vordergrund treten konnte. Letzteres geschah denn auch ganz in dem erwarteten Grade, die großen Schlußsätze und namentlich der Kirchenchor kamen zu klangvollem und höchst lebendigem Vortrag In der Titelrolle wirkte Hr. Kammersänger Heinrich Vogl als Gast mit. Der allgemeine große Ruf dieses Künst lers besteht seit Jahrzehnten und ist vorzugsweise im Dienste der Wagnerschcn Muse erworben worden. Indem wir das als geschichtliche Thatsache verzeichnen, enthalten wir uns eines genaueren Eingehens auf Hrn Vogls vor gestrige Leistung, wobei wir die große Einfachheit und Wirkung seines Spiels, (in dem er durch seine äußeren Mittel keineswegs gut unterstützt ist) und die geistige Schärte seines Vortrags gewiß voll anerkennen, gleich zeitig aber auch seine vielfach manieristische Phrasierung und die übermäßige, für die schwungvollen Ansprachen RicnziS unangebrachte Verwendung des reinen SprechtonS in der Deklamation, letztere vielleicht die Deckung der stimmlichen Lücken, ablehnen müßten. — Das Haus war Put besucht Das Publikum zeichnete neben dem Gaste insonderheit und nach Gebühr Frl. v. Chavanne, die ungewöhnlich tüchtige Darstellerin des Adriano, durch leb haftesten Beifall auS P. K. Hoftheater. — Neustadt. — Am 5. Dezember: „Schneewittchen." Märchen mit Musik und Tanz in zwölf Bildern bearbeitet von C G. Görner. Musik von C Riccius. (Neu cinstudiert.) Wie im vorigen hat man auch in diesem Jahre aus eines der früher gespielten Weihnachtsmärchen C. G Gör ners zurüagegriffen, ein Beweis, daß die überreiche drama tische Produktion an Harmlosigkeiten und an Spielen, die der kindlichen Phantasie entaegenkommen, sehr arm ist Man kann nicht sagen, daß die theatralische Bearbeitung des tiefpoetischen und unverwüstlichen Märchens von „Schneewittchen" durch Görner besonders glücklich und geistvoll wäre, doch immernhin läßt sie den Kern des Märchens, die alt und jung fest eingeprägte Überliefer ung unangetastet, zeigt sich mäßig in der Zuthat von karikierenden Gestalten und Szenen und kommt den Wünschen des Regisseurs und Balletmeisters für eine reiche und mannigfaltig abwechselnde Ausstattung eine« Weihnachtsstückes tausend Schritte entgegen. Mit der Wiederauferstehung des „Schneewittchen" ist auch die sehr hübsche und zum Teil selbst feine Musik von C Riccius mit auserweckt worden, die die Hauptbilder des Märchens stimmungsvoll begleitet und rhythmisch belebt. Alles in allem wäre e» ja freilich vorzuziehen, wenn frische Ge staltungskraft einmal in den großen deutschen Märchen schatz griffe und ei» paar neue der hier zahlreich vor handenen köstlichen Motive theatralisch verwertete, in zwischen muß man schon zufrieden sein, daß wenigstens eines der anziehendsten alten Märchen gewählt worden ist „Schneewittchen" würde selbst ohne die Pracht der Aus stattung das jugendliche Publikum, auf das hierbei ge rechnet ist, weit mehr entzücken als „Prinz Honigschnabel". Daß diese Ausstattung und die Umwandlung des Märchens in eine glänzende und strahlende Feerie einen Widerspruch einschließt, braucht nicht erst betont zu werden Ist'« doch eben der Widerspruch, der den schlichten Tannen- schößling zu Weihnachten mit goldschimmernden Früchten und tausend bunten Flittern behängt! Und in den Bil dern aus dem Häuschen mit den sieben Zwergen ist gerade noch genug von der Märchentraulichkeit zurückgeblieben, um die Kinder^hantasie auch nach dieser Seite zu be friedigen Sonst strotzt das neucinstudierte „Schneewittchen" vüü Aufzügen und von Tänzen, in denen Hr Ballet- meister Thieme viel Phantasie bewährt hat. Der Kinder tanz der Pierrcttcn, Colombinen, Pierrots und Arleguins im dritten, das Waldfest mit seinem Tierorchester und seinem Reigen von Fröschen, Libellen, Leuchtkäfern, Vögeln und Waldgeistcrn im siebenten, der Latcrnentanz im neunten Bild und das große Schlußballet (in dessen 6« ckeux sich Frl. Gobini und Hr Köller sehr auSzeichncten) riesen großes Entzücken nicht bloß der jugendlichen Zuschauer hervor. Auch Prospekte und Maschinen sind nicht geschont, einige der Dekorationen von frischestem Reiz, eine Fülle farbiger Beleuchtungszauber ergießt sich über die Szenen, kurz, der Theaterdirektor aus dem Prolog zum „Faust" hat offenbar so etwas wie „Schneewittchen" mit elektrischem Licht geahnt, als er ausruft: Gebraucht das groß und kleine Himmelslicht. Tie Sterne dürfet ihr verschwenden; An Wasser, Feuer, Felsenwändcn, An Tier und Bögeln fehlt es nicht! Die böse, schöne Königin wurde von Frl. Diacono, das Schneewittchen von Frl Gasny mit natürlicher An mut und so viel poetischem Reiz dargestellt, als aus dem Märchen übriggeblieben ist, die Herren Dettmer (der Prinz von Gojdland), Swoboda (Minister Montacilla) und Bauer (Zeremonienmeister Nasadani) spielten ihre Rollen mit dem leicht humoristischen Anstrich, ohne den sie gar zu absurd würden, die kindlichen Darsteller der sieben Zwerge machten ihre Sache sehr hübsch, alles wirkte zu allgemeiner Befriedigung. Wären die jungen Zuschauer ebenso stimmfähig, als sie offenbar entzückt und belustigt waren, sie hätten den waldhornblasenden Hirsch und den geigenden Affen aus der Waldfestszene sowie das elektrische Licht beim Schlußbild ebenso herauSgcrusen, wie die Hauptdarsteller. Ad. Stern. Ncffdenztheater. Am 6. Dezember: „Die Wunder blume oder „Multersegen und Kinderglück". Ori ginal-Weihnachtsmärchen mit Gesang und Tanz von Gustav Starcke. Musik von Rudolf Dellinger Auch das Residenztheatcr hat mit der gestrigen Sonn- iag-Nachmittagsvorstellung sein Weihnachtsmärchen erhalten, dessen Grundgedanke und Behandlung den Weihnachts- geschichten von Charles Dickens soweit verwandt ist, daß ganz realistische Bilder mit den phantastischen verbunden sind und die Märchenwelt der Heinzelmännchen, der im verschneiten Walve blühenden Wunderblume, des Prinzen Fortunatus, singender und sprechender Tiere in die graue und harte Wirklichkeit einer Dresdner Dachstube und der fleißigen und gutherzigen Dürftigkeit hineinragt Schier noch märchenhafter als der Bär im Wald hinter Klotzsche, die Waldgeister und Engel oder die tanzenden Nußknacker vom Altmarkt sind edle Wohlthäterinnen, die auf vem Weihnachtsmarkt hundert Mark an arme Kinder verschenken sind Gerichtsvollzieher und Stadtsoldaten im roten Rock des vorigen Jahrhunderts, ist der Bediente Kakadu, der wohl ein Verwandter des gleichnamigen Schneiders aus Wenzel Müllers „Schwestern von Prag" sein mag und das gnädige Fräulein Paprika Pumpernickel, die zwar nach einem Prinzen schreit, aber im Grunde nur einen Mann will Die Verbindung so disparater Elemente ist auf den Brettern etwas schwieriger als in der Erzählung, Musik und Humor müssen hier ihr Bestes thun, und insofern möchte man wünschen, daß die sentimentalen Teile der Dichtung, namentlich die himmlischen Wundererscheinungen, die Gebete an die heilige Jungfrau rc, nicht so breit in den Vordergrund träten Es fehlt dem Gedicht nicht an sonnigen Einzelheiten und hübschen Szenen, gleich die Einleitung, in der die alte, dann zur Weihnachtsfee ent puppte Bettlerin das Märchen von der Wunderblume er zählt und zahlreiche andere kleine Züge sind nicht ohne Reiz und von hübschen Versen getragen Aber zu einem Ganzen will sich die bunte Szenensolge doch nicht runden, die phantastischen und die realistischen Teile der Handlung
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite