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ZchönbuM Tageblatt Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Annahme von Inseraten für die nächster- scheinende Nummer bis nachmittags 2 Uhr. Der Abonnementspreis beträgt vierteliähr- lich 1 Mk. SS Pf. Inserate pro Zeil« 10 Pf., Einges. 20 Pf. Expedition: Waldenburg, Kirchgasse 255. und aldenburger Anzeiger. Amtsblatt für den Stadtrath M Waldenburg. Filialen: in Altstadtwaldenburg bei Herrn Kaufmann Beruh. Schupps; in Penig bei Herrn Kaufmann Rob. Härtig, Mandelgafse; in Rochsburg bei Herrn Buchhalter Fauth; in Lunzenau bei Hrn. Auchhdlr. C. Dietze, in Wechselburg bei Herrn Schmied Weber; in Lichtenstein b. Hrn.Buchh. I. Wehrmann. Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lunzenau, Lichtenftein-Callnberg und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Altstadt-Waldenburg, Braunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursoorf, Langen leuba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Obergräfenhain, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rüßdorf, Schlagwitz, Schwaben, Steinbach, Wechselburg, Wiederau, Wolkenburg und Ziegelheim. 243. Mittwoch, den 19. October 1887. Wtttcruugsausfichten f ir den 19. October: Veränderliches, später aufllärendes Wetter. Temperatur unverändert. Barometerstand am 18. October, nachmittags 3 Uhr: 768 mm. Bekanntmachung. Nach 8 17 der Revidirten Städte-Ordnung vom 24. April 1873 sind zum Erwerbe des Bürgerrechts berechtigt alle Gemeindemitglieder, welche 1 ., die Sächsische Staatsangehörigkeit besitzen, 2 ., das fünfundzwanzigste Lebensjahr erfüllt haben, 3 ., öffentliche Armenunterstützung weder beziehen, noch im Laufe der letzten zwei Jahre bezogen haben, 4 ., unbescholten sind, 5 ., eine directe Staatssteuer von mindestens drei Mark entrichten, 6 ., auf die letzten zwei Jahre ihre Staatssteuer und Gemeindeabgaben, Armen- und Schulanlagen am Orte ihres bisherigen Aufenthaltes vollständig berichtigt haben, 7 ., entweder u) im Gemeindebezirk ansässig sind, oder b) daselbst seit wenigstens zwei Jahren ihren wesentlichen Wohnsitz haben, öder o) in einer anderen Stadtgemeinde des Königreichs Sachsen bis zur Aufgabe ihres bisherigen Wohnsitzes stimmberechtigte Bürger waren. Diejenigen hiesigen Einwohner, welche von dieser Berechtigung Gebrauch machen wollen, haben sich zu diesem Behufe bis zum 29. dieses Monats in hiesiger Rathsexpedition anzumelden. Waldenburg, am 17. October 1887. Der Stadtrat h. Kretzschmar, B. Rchtr. II. "Waldenburg, 18. October 1887. Was das Freundschaftsgefühl des russischen Kaisers für Deutschland nicht zu Stande bringen konnte, das scheint die tolle Weinlaune des Großfürsten Nikolaus, des Belters des Czaren, bewirken zu wollen, nämlich eine Begegnung der beiden Monarchen, auf der Rück reise Alexander's III. von Kopenhagen nach Petersburg, in einem deutschen Ostseehafen. Man spricht von Warnemünde. Der Ort liegt für beide Kaiser sicher am günstigsten. Von Berlin sind es nur wenige Stunden, und von Kopenhagen ist der Umweg auch nicht bedeutend, welchen Alexander III. auf der Reise nach Petersburg machen müßte. Kaiser Wilhelm könnte ganz bequem die Begrüßung eines kaiserlichen Groß neffen in einem Tage erledigen. Aber rechnen wir noch nicht zu sicher darauf, daß die Kaiserbegegnung wirklich in Kurzem stattfinden wird. Am russischen Hofe machen sich oft gar sehr widerstrebende Strö^ mungen geltend, und was heute fest gemacht erscheint, ist morgen schon wieder verworfen. Wir können also nur mit Möglichkeiten rechnen. Als der Kaiser in Stettin war, galt ein Besuch durch den Czaren schon als ganz gewiß, und es ist auch nicht in Abrede zu stellen, daß er thatsächlich ins Auge gefaßt war. Dann besann sich Kaiser Alexander wieder. Er protegirt momentan in der auswärtigen russischen Politik eine Politik der Selbstständigkeit, die keinem anderen Staate gegenüber Verpflichtungen ein gehen will. Weshalb das geschieht, ist freilich nicht recht klar, denn Rußlands gegenwärtige isolirte Stellung ist recht traurig. Das mächtige Czarenreich hat in der bulgarischen Frage mit seiner selbstständigen Poli tik auch nicht den allergeringsten Vortheil davon getra gen: es ist vielmehr in dem ganzen diplomatischen Feldzuge von den bulgarischen Regenten total auf's Haupt geschlagen. Wäre Rußland, wie zur Zeit von Skierniewice, Arm in Arm mit Deutschland und Oester reich gegangen, das Maß von Blamage, welches es jetzt erlitten, wäre ihm sicherlich erspart geblieben. Aber die Panslawisten haben so laut das hohe Lied von der nationalen russischen Politik gesungen, daß der Czar am Ende daran geglaubt hat. Er hat deshalb auch geglaubt, ein Besuch bei seinem kaiserlichen Groß oheim in Stettin könne als Verzicht auf diese russische Selbstständigkeitspoktik ausgelegt werden, und darum blieb er gerade in dem Momente fort, als alle Welt sein Eintreffen zuversichtlich erwartete. Wäre er ge kommen, hätte er natürlich nicht als erklärter Deutschen feind kommen können. Im Uebrigen wäre gewiß nichts von ihm verlangt, und selbst einem Kaiser macht es Ehre, dem Höflichkeit und Achtung zu bezeugen, der sie wirklich verdient. Allein die leidige politische Rück- . sicht verdarb den verwandtschaftlichen Besuch. Wenn man glaubt, die Begegnung von Friedrichs- ! ruhe zwischen Fürst Bismarck und Minister Crispi ' hätte den Czaren aufgeheitert, so ist das ein Jrrthum. ° Auf keinen modernen Staatsmann ist der gute Russe erboster, als auf diesen Crispi, der am alleroffensten für die bulgarische Unabhängigkeit eintritt. Aber diese Stimmung wechselte, als Alexander III. von dem prachtvollen Toast seines Vetters in Dünkirchen ver nahm. Der Czar ist, das muß man ihm zum Lobe nachsagen, in Wahrheit ein gerader, ehrlicher Mann, oer solche Hintertreppenpolitik durchaus nicht vertragen kann. Er macht keinen Hehl aus seinem Haß, aber er duldet nicht, daß bestehende erträgliche Beziehungen zu anderen Staaten von irgend einem Mitglied seiner Familie verschlechtert werden. Der Großfürst Nikolaus ist deshalb auch von dem Kaiser für sein weinseliges Schwatzen ganz gehörig abgekanzelt und wird wohl an die Lection denken. Seitdem ist beim Czaren von Neuem der Gedanke aufgetaucht, seinem greisen Groß oheim einen verwandtschaftlichen Höflichkeitsbesuch abzu statten, der abers mit der Politik absolut nichts zu thun haben soll. Alexander III. will Kaiser Wilhelm seine Hochachtung bezeugen und damit zugleich, daß nur er es ist, welcher über Krieg und Frieden in Rußland entscheidet. Ob diese guten Gedanken zur That werden, das ist freilich eine ganz andere Sache. Wir haben auch nur kurz skizziren wollen, wie die Dinge heute liegen. Käme der Czar nach Warnemünde, er würde sicher freudig begrüßt werden, bliebe er fort, nun, so müßten wir es auch tragen. Eine einzige politische Bedeutung, freilich auch eine sehr hervorragende, würde nur die Begegnung haben, denn sie würde sa gen: Erneuert auch der Czar das Freundschaftsbünd- niß mit dem deutschen Reiche nicht, so denkt er doch erst recht nicht an eine Allianz mit Frankreich! Und allerdings, wenn etwas geeignet ist, dem russischen Kaiser solche Ideen aus dem Sinn zu bringen, so sind das die zahlreichen Skandale der letzten Zeit in Paris. Nichts kann dem russischen Selbstherrscher so zuwider sein, als das zügellose Treiben, welches gegen wärtig in Frankreich herrscht. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Kaiser Wilhelm muß in Baden-Baden in Folge des eingetretenen naßkalten Wetters mehr als bisher das Zimmer hüten, befindet sich aber sonst vollkommen wohl. Heute Dienstag wird am kaiserlichen Hoflager der Geburtstag des Kronprinzen gefeiert. Die Prin ¬ zen Wilhelm und Heinrich von Preußen sind am Mon tag bei ihrem Vater in Baveno eingetroffen. Aus Kopenhagen wird erneut gemeldet, Kaiser Alexander werde den deutschen Kaiser Ende d. M. besuchen und dann die Rückreise zu Lande machen. Ueber den Zusammenkunftsort fehlen alle genaueren Angaben. Zur Krankheit des Kronprinzen wird der „Nat.-Ztg." von medicinischer Seite u. A. geschrieben: Die Berichte über das Befinden des hohen Herrn sol len beruhigend wirken, und doch geht aus denselben hevor, daß es sich beim Kronprinzen um eine aus nahmsweise schwere und überaus seltene Form einer sonst gutartigen Krankheit, als welche doch ein chroni scher Katarrh allgemein gilt, handeln müsse. Durch halbverschleierte Andeutungen wird dem Gedanken Raum gegeben, daß außer dem, was in den Bulletins aus gesprochen wird, noch etwas vorliege, was entweder noch nicht gedeutet werden kann oder was absichtlich verschwiegen wird. Diese kritischen Bemerkungen be deuten keine Stellungnahme gegen vr. Mackenzie. Zu einer solchen haben wir zunächst keinen Grund. Be denken mußte nur der Mißgriff der Wahl Toblach's als Herbstaufenthaltsort erregen. Auf alle Fälle aber erscheint der Wunsch berechtigt, daß der deutsche Reichs anzeiger häufiger in der Lage sein möchte, authentisch über den Zustand des Kronprinzen zu berichten. Or. Mackenzie hat einem Vertreter der „Kreuzztg." Fol gendes persönlich mitgetheilt: Richtig ist allerdings, daß der Kronprinz in Toblach eine starke Erkältung davontrug, welche eine Entzündung des Kehlkopfes zur Folge hatte und den Aerzten große Besorgniß einflößte. Zu keiner Zeit aber waren diese Symptome sehr be unruhigend; vielmehr fiel es den Aerzten Or. Schra der und Or. Hovell leicht, die Entzündung zu beseiti gen. Der Kronprinz ist jetzt vollständig genesen von der Wirkung des starken Katarrhs, welcher dazu nöthigte, das etwas ungeeignete Klima von Toblach mit der milden Luft von Baveno zu vertauschen. Es ist vollständig gelungen, die Entwicklung des Halslei dens zu hemmen und durchaus ohne Grundlage sind jene Angaben, die glauben machen wollen, daß die Bil dungen an der Kehle in einer bedenklichen oder anderen Form wiedergekehrt seien. Obgleich die Genesung nicht so schnell vorschreitet, als wünschenswerth ist, so ist doch aller Grund zu der Hoffnung vorhanden, daß, bei einiger Vorsicht, der Kronprinz seine volle Gesund heit wieder erlangen wird. Se. K. Hoheit ist das Muster eines Patienten und würde noch größere Fort schritte in der Genesung erzielt haben, wenn der Ge brauch der Stimme beschränkter wäre. Sir Macken-