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Schönburger Tageblatt und Waldenburger Anzeiger. Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Sonntags eine Gratisbeilage „Der Erzähler". Preis vierteljährlich 1 Mk. 50 Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Bestellungen an. Jnssrtionsgebühren pro kleingespaltene Zeile für Abonnenten 7 Pf., für Nicht abonnenten 10 Pf. Jnseraten-Annahme für die nächsterscheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. 1878. Waldenburg, Sonnabend, den 14. December Von dem unterzeichneten Gerichtsamte sollen die zum Schuldenwesen des Handelsmanns Ernst Hübner in Waldenburg gehörigen Schnitt- waaren den 17. December 1878 von Vormittags 10 Uhr ab und an dem darauf folgenden Tage auf dem hiesigen Nathskellersaale gegen sofortige baare Bezahlung an die Meist bietenden öffentlich versteigert werden. Ein Verzeichniß der zu versteigernden Gegenstände ist dem Anschläge auf dem hiesigen Nathskeller und am Eingänge des hiesigen Amtshauses beigefügt. Waldenburg, den 7. December 1878. Königliches G e r i ch t s a m t. Martini. S. Von dem unterzeichneten Königlichen Gerichtsamte sollen Sonnabend, den 28. December 1878 verschiedene Gegenstände, darunter 2 Schreibtische, 4 gewöhnliche Tische, mehrere Actenregale mit verschließbaren Thüren und das vorhandene Brennmaterial, an den Meistbietenden gegen sofortige baare Bezahlung versteigert werden, wozu Erstehungslustige eingeladen werden, sich gedach ten Tages Nachmittags 1 Uhr an hiesiger Amtsstelle einzusinden. Remse, am 11. December 1878. Das Königliche Gerichtsamt. In Jnterimsverwaltung: Gaudlitz, Assessor.' Zur Bequemlichkeit des Publikums haben wir bis jetzt an folgenden Stellen Listen zur Ein zeichnung von Abonnements auslegen lassen: u) in Altstadt Waldenburg bei Herrn Kaufmann Max Liebezeit, „ Restaurateur Friedemann, „ „ Althanns; b) in Altwaldenburg bei Herrn Restaurateur Lein; e) in Callenberg bei Herrn Restaurateur Fritzsche, „ „ Böhme, „ „ Harnisch; st) in Oberwiera bei Herrn Restaurateur Martin, ,, „ Hcitzsch. Weitere Auslegestellen werden noch errichtet. Expedition des Schönburger Tageblattes. politische Rundschau. * Waldenburg, 13. December 1878. Der Kaiser hat in einem Handschreiben an den Kronprinzen seinen Dank für die Leitung der Regierungsgeschäfte ausgesprochen. Die rück haltlose Anerkennung, welche in demselben aus gedrückt ist, hat längst im ganzen Volke Wieder hall gefunden und auch wir sprachen uns bereits in Nr. 70 in derselben Weise aus. Das Schreiben lautet: Mein freundlich geliebter Sohn! Als im Laufe des Jahres die verbrecherische That eines zu argem Entschlusse gelangten Ver irrten mir die Nothwend'gkcit auferlegte, einst weilen auf die Ausübung meines fürstlichen Be rufes zu verzichten, übertrug ich Euer kaiserlichen und königlichen Hoheit mit Hinblick auf die Be reitwilligkeit, welche ich bei Ihnen kenne, wenn es gilt, dem Vaterlande zu dienen, an meiner Statt die Leitung der Regierungsgeschäfte. Es ist mir Herzensbedürfniß, Ihnen für die mit roller Hingebung und mit sorgsamer Beachtung meiner Grundsätze erfolgreich geführte Vertretung meinen innigen Dank auszusprechen. Die Gewißheit, daß die schwierigen Aufgaben der Regierung in dieser tief bewegten Zeit von Euer kaiserlichen und königlichen Hoheit mit fester Hand zum Heile des Volkes wahrgenommen werden würden, hat mich nicht getäuscht; denn es war mir vergönnt, wit wachsender Befriedigung den Gang der Re- gierungsgeschüfte während dieser Zeit zu be obachten. Der mir dadurch gewordenen Ruhe und Zuversicht verdanke ich es wesentlich, daß meine Genesung so rasch vorgeschritten ist. Jetzt, wo ich mit demttthigem Dank gegen die göttliche Vorsehung es preise, durch deren Gnade es mir vergömit ist, wieder mit eigener Kraft und Hand die Pflichten meines fürstlichen Berufes zu er- fiillen, wiederhole ich Ihnen meinen väterlichen Dank und verbinde damit als Kaiser und König meine vollste Anerkennung für Ihre treu geübte Wirksamkeit in dem Bewußtsein, daß das deutsche und preußische Volk von gleicher Gesinnung der Erkenntlichkeit für Sie durchdrungen sein wird. Ich verbleibe mit aufrichtiger Freundschaft Euer kaiserlichen und königlichen Hoheit freundwilliger und liebender Vater Wilhelm. Berlin, den 5. Dezember 1878. An den Kronprinzen des deutschen Reiches und den Kronprinzen von Preußen kaiserliche und königliche Hoheit. Wie die Prov.-Corr. hervorhebt, führt der Kaiser die Regierungsgeschäfte wieder in alter strenger Regelmäßigkeit mit einer körperlichen und geistigen Frische, welche Allen, die ihm nahen, zur größten ! Freude und Genugthuung gereicht. ! Die neuesten Berichte über die Ausdehnung der jüngst ausgebrochene» Rinderpest-Epidemie in ! der Provinz Brandenburg lauten leider sehr un- ; günstig. Es sind bereits nicht weniger als 26 Ortschaften in den Regierungsbezirken Frankfurt und Potsdam verseucht und der durch die noth- wendig gewordene Tödtung ganzer Viehbestände entstehende Schaden ist bereits jetzt auf 500,000 Mark zu veranschlagen. Durch die rasch getrof fenen und sehr energischen Maßregeln glaubt man eine Verbreitung der Krankheit nach dem west lichen Deutschland mit Sicherheit verhindert zu sehen. Most und Fritzsche, die beiden aus Berlin ausgewiesenen socialistischen Reichstagsabgeordne ten, haben sich nach London begeben und sind dort bereits eingetroffen. Das nahende neue Jahr dürfte für Frankreich doch mehr Neues bringen, als man erwarten zu dürfen glaubte. Nach den am fünften Januar stattfindenden Senatswahlen scheint eine Umwand lung im französischen Ministerium in Aussicht genommen zu sein, und soll kein Geringerer als Gambetta selbst niit einem hervorragenden Mi nisterposten bekleidet werden. Gambetta habe zwar noch die Meinung, daß er noch nicht in das Ministerinm eintreten dürfe, doch wird Gambetta's dominirende parlamentarische Stellung schließlich diese Nothwendigkeit herbeiführcn. — Trotz hefti ger Opposition der Monarchisten hat die franzö sische Deputirtenkammer die beanstandete Wahl des früheren Ministers, Herzog Decazes, in einer ihren letzten Sitzungen für ungültig erklärt. Im schweizerischen Ständerathe ist am 12. d. von Freuler aus Schaffhausen ein Antrag auf Aufhebung des Artikels 65 der Bundesverfassung, durch welchen die Todes- und Körperstrafe ab geschafft worden war, eingebracht worden. Das italienische Cabinet hat nach einer Meldung des „Popolo romano" am 11. Decem ber beschlossen, seine Entlassung zu erbitten. Der Entschluß des Königs ist noch unbekannt. Zu den großen Bank-Fallissements, welche England jetzt heimsuchen, gesellen sich ausge dehnte gewerbliche Stockungen, so daß die bri tische Nation in schlimmster Weise über schlechte Zeiten zu klagen hat. Die Seldenwaaren-Maiul- factur ist sehr gedrückt. In Congloten sind die Löhne herabgesetzt worden und von allen Fabriken arbeiten nur drei. Viele Familien verhungern im buchstäblichen Sinne des Wortes. In Barnley und Merthin ist der Arbeitslohn der Kohlenarbeiter ebenfalls wieder herabgesetzt. Die Eisenindustrie im Barnley-Districte liegt fast ganz darnieder; so z. B. hat die bedeutende Eisen schmelze Elsecar ihre Arbeiter wissen lasten, daß vom nächsten Sonnabend ab dieselbe geschloffen werde. An vielen anderen Orten sind Baum wollspinnereien entweder ganz geschlossen worden oder arbeiten nur 2 bis 3 Tage in der Woche. Die Leinwandfabrikanten in Belfast haben den Beschluß gefaßt, die Löhne ihrer Arbeiter sofort uni 10 Procent herabzusetzen. Auch aus anderen Branchen ließen sich ähnliche Beispiele für die furchtbar gedrückte Lage derselben aufführen. Rußland wird auf der Bahn der Zugeständ nisse immer weiter geschoben. Wie dieser Tage im englischen Parlament mitgetheilt wurde, hat der russische Botschafter Lord Salisbury misten lassen, daß die russische Gesandtschaft bereits aus Kabul abgereist und nach Europa zurttckgekehrt sei. Mag nun auch der officiöse Verkehr Ruß lands mit Schir Ali deshalb nicht aufgehört haben, so wird die Abreise der russischen Gesandt schaft aus Afghanistan in ganz Centralasien und Indien darum doch als Abbruch der officiellen Beziehungen, d. h. in diesem Falle als ein Zu rückweichen des Petersburger Cabinets vor dem Londoner angesehen werden. Schon damit ist der ! diplomatische Kampf zwischen den beiden Neichen aber zu Gunsten Englands entschieden, und zu gleich, wenn nicht ganz unberechenbare Ereignisse dazwischen treten, die endgiltige Niederlage Schir Ali's. In Petersburg sammelten sich vor dem Palais des russischen Thronfolgers einige Hundert junge Leute, um eine Bittschrift zu überreichen. Die Ansammlung erregte Aufmerksamkeit. Der Stadthauptmann erschien bald auf dem Platze, wobei sich herausstellte, daß die jungen Leute Studenten waren, welche in einer Studenten- Angelegenheit die Protection des Thronfolgers erbitten wollten. Der Thronfolger befand sich in Zarskoje-Selo. Der Stadthauptmann nahm ihnen die Petition ab, worauf die Bittsteller sich zurückzogen. Eine vom 10. d., Abends, datirte Depesche aus Constantinopel meldet die Verbannung einer Anzahl einflußreicher Personen. Mahmud Damat Pascha wurde in der Nacht zum 10. d. zum Sultan in das Palais berufen und zum Gou verneur von Tripolis ernannt. Derselbe ist so fort auf seinen Posten abcegangen. Der ehe-