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Sonnabend, den 23.Ianuar 1932 -lummer 19 — 31. Zahrganq M «« »inzeminnmo. ,«» C.'mmdc..d 'o. <?'ouul^n.m'mm-, 2.» Z. M U M D, M D M M M M M W «I- SEmm v"«' "l"^' °"'s'o">» v oiksseUung tSe'«ba1tSsiette. Dru » n. ^ee »; ?r i»»i » ,ür Heri^ailttd vc ickere . runl.» Sre)I?u. Oc?S>e «-"l.l Poueritra^e 17. r-rnci ?IU'. Uot'bkk.rn^ OreZde« ?7»i ^i,sfo'sn Sradtb»»' Dr ^e» 7k 111' Flir christliche Politik und Kultur ^e«u««,v» »„ Nt»lt«z«ilun» «liSden-euiImd! l -eoUerNca^c 17. "»rnrii M>> mW >1012. Die Finanzlage des Reiches! Unter dem Druck der Reparationszahlungen Schwierigkeiten der Länder Vorschläge des Reichsrales Berlin, 22. Januar. Im Reichsrat erstattet« gestern abend der General- reierent sür Eiatssrngen, der preußische MinisNrnstdireklor Dr. B r e ch t, den 'Bericht über die 'N endern n g e n , die der Reichsetat für t!>31 durch die letzten Notverordnungen erfahren hat. Dr. Brecht hob zunächst die autzerordentlicl)e Einschränkung der Nusgaben hervor. Die (Gesamtsumme der NeUoausgaben ist gegenuoei dem urspriinglicchen Boranjchlag um 1,4 Milliarden gegenüber den tatsächlichen Nusgaben von 1030 um 2,7 Milliarden Hera'." gesetzt. Da hierin, namentlich bei den Nusgabeu infolge der Erwerbslosigkeit, anch Erhöhnngen enthalten sind, so sind um die »ngegel>eue Gesamtverbe'serung zu erzielen, iatsäci>!ich mehr als 2.1 Milliarden, im tBergleich mit 1030 fast 3 MiNiar den abgesetzt ivorden. Unter den einzelnen Posten, so fuhr Dr. Brecht fort, hat es neuerdings internationale Aufmerksamkeit erregt, dntz Deutschlands normaler innerer Schuldendienst nur 000 Millionen Reichsmark beträgt gegen etwa 2 Milliarden Reichsmark in Frankreich und, nach altem Kurs, ti Milliarden Reichsmark (300 Millionen Pfund Sterlings in Enaland. 'Man Hal es als Borteil für Deutschland baraestellt, daß Deutschlands geo mte innere Staatsschuld jetzt nur 10 Milliarden Re'chswark gegen 4<t Milliarden Reichsmark in Frankreich und 180 Mil liarden Reichsmark (8^ 'Milliarden Psund Sterlings in Eng land l>eträgt. Aber man hat r>ergessen. hinzuzusügen, das; Deutschlands innere Schuld infolge der eigenen Kriegskosten ursprünglich mehr als 130 Milliarden Goldmark betrng, und das; wir gezwnngen waren, diese Schuld bis auf 10 Milliarden Reichsmark deshalb zu streichen, weil wir, im Gegensatz zu England und Frankreich, nicht in der Lage waren, aus Stenern jährlich li Milliarden oder 3 Milliarden Reichsmark unseren inneren Gläubigern zur Berfügung zu stellen. Die Folge ist eine furchtbare Berarmung, Kapllalnot und damit Entwertung aller Anlagen. Von den ossentlichen Abgaben fliesst in Eng land mehr als ein Fünftel, in Frankreich mehr als ein Viertel an die eigenen inneren Gläubiger zuriich. Deutsch'and dagegen hat in den letzten zehn Jahren an Aegaratlonen ans Ausland allein In barem Geld« sechs- bis achtmal soviel gezahlt wie an seine Inneren Kriegsglüubiger und viermal soviel wie sür den gesamten stnallictn'n normale« Schuldendienst im Innern, einschlietzlich der Nnchkriegs- schnlden. Dr. Brecht wies dann daraus hin, das; die verschiedenen Sleuererhohungen im Zusammenhang mit dem Rückgang des Auskommens bei anderen Stenern die Wirkung gehabt Hoven, das; die Länder und Gemeinden starke Ausfälle erleiden, während das Reich einigermatzen konstante Einnahmen erzielt, und folgerte hieraus, das; jur 1032 eine andere gemeinschast liche Disposition nötig sei Der Einnahmeanssall belaste die Länder und Gemeinden !!>!l mit dreiviertel 'Milliarden im Vergleich mit dem 'Borjahr * Die Ausschüsse des Reichsrals Haven im Einklang mit dem Referat Dr. Brechts eine E n l s ch l i e tz u u g gefasst, die die finanzpolitischen Konseguenzen für Reich. Länder und Gemein den aus diesem Tatbestand zieht. Die Resolution verweist dar aus. das; sich trotz starker Einschränkungen bei den Ländern grotze Fehlbeträge ergeben t>» Prentzen sür >031 170 Millia nens, während das Reich sür 1032 eine von 420 aus 870 'Mil lionen erhöhte Tilgung schivebender Schulden vorgesehen habe Dazu komme, das; die Gemeinden nunmehr etwa 3">t> Prozent der Arbeitslosen in der Wohlfahrt-: sürsorgc und 32.7 Prozent (mit einem Anteils in der Krisenfursorgs zu unterstützen hist ten, so das; auch von dieser Seite die kommunalen Hau Halle mit Fehlbeträgen belastet würden. Die Resolution schliefst mit folgenden Fordern» g e n : „ Der Reichsral ersucht die Reichsregierung, an Stelle der sur 10:12 sür das Reich allein vorgesehenen erhöhten Schul dentilgung in den Reichshaushalt von 1032 sur das Reich nur die bereits sehr hohe gesetzliche aus;erordeutliä>e Schulden tilgung von zusätzlich 120 Millionen Reichsmark elnzustellen und die darüber hinnusgehenden 'Beträge den L indern und Ge meinden zur Vermeidung oder Deckung von Schulden zuzn- iveisen, um zu verhindern, das; Länder oder Gemeinden zusam menbrechen, oder das; eine wirtschastlich untragbare und im Gegensätze zur Preissenkungspolitik stet,ende Anspannung wei terer Steuern in Ländern und Gemeinden erforderlich wird, noch bevor sich der Erfolg der bisherigen Aktionen auswirken kann." Kerriok, -er Schrittmacher Lavals Die französische Kammeröe-att« über die Reparaiionesrag« Weiler Kalaslrophenpolillk Paris, 22. Januar. In der bisherigen kammerdebatte haben nach der etwas verworrenen Rede des Abgeordneten Marin und den nicht mehr ganz neuen Reparationsvorschlägen Blums und Far ge st s die Ausführungen Hcrriots Vie grösste Aufmerksam- leil gefunden. Hcrriot hatsich in der Rcparationssrage ans den gleichen Standpunkt gestellt, wie ihn die französisch« Regierung ins jetzt in allen ihren Verhandlungen eingenommen hat. Es besteht kaum «in Unterschied zwischen seiner Haltung und der eines Angehörigen einer Rechtspartei, es sei denn, in der Ton art, in der die Stellungnahme vorgebrocht wird. So konnte es zor nicht wundcrnehmen, das; Herriot am Schlüsse seiner Aus führungen die einstimmige, geradezu begeisterte Zustimmung der Regierungsmehrheit gesunden hat. Herriot erklärte unter Hinweis auf die Erklärungen des Reichskanzlers, das; Deutschland leine Reparationen mehr zah- V» rönne, dieser Standpunkt sei sür alle unannehmbar, die di« "stcrnatirnalen Abkommen respektierten. Er erinnere an die Bestimmung des Poungplanes. das; Deutschland, falls cs den 'K'uuqplan nicht einhallen sollte, den Schiedsspruch des Haager Lchiedsgerichtboies aiinchmen würde. Gewi» leide Deutsch- md augenblirtlich. und es wii.de 'Mangel au internationalem Geist beweisen, wollte man diese Leiden in Abrede stellen. Aber roch dem Bericht der Baseler Sachverständigen werde Deutsch iond in gewisser Zeit wieder hergesteltr sei». Herriot bedau erte. das; die Bereinialeu Staaten nicht den Garantiepnkt un- tcljchriel'cn haben. Das sei die Ursache des ganzen Elends. Die grohe Lösung würde in dem Eintritt der Bereinigten Staa ten in den Völkerbund bestehen. Die Rede Herriols hat Laval, seine heutige Ausgabe, den Tmndpuntl der sranzösischcn Regierung klarzulegc», wesentlich erleichtert. Es kann gar keinem Zweifel unterliege», das; die Mehrheit, die der französischen Regierung da« Vertrauen aus- wlicht. dicsclb« sein wird, die das gleiche Kabinett vor seiner Drmisjton bei großen Abstimmungen gesund«» hat, und «s ist anch sehr wahrsthetnlich. daß sich Vie R«vn«k« der Abstimmung enthalten, um die Stellung der Regierunq Laval bei den zu künftigen internationalen Verhandlungen ;u stärken. Der Malm macht Vorschläge flir wirtschaftliche und finan zielle Druckmittel, die Frankreich «»wenden müsse, wenn Deutschland di« Reparationszahlungen cinslelle. Erstens müsse die Bant von Frankreich sich weigern, den Ansang Februar sät tigen 2!>-Millionen-Dollarkredit an die Rriibsbank zu erneuern. Was gel>« Frankreich künftig das Schicksal der deutschen Mart an? Zweitens müsse Frankreich sofort den deutsch-sranzösischen Handelsvertrag vom Jahr« 1027 kündigen. Frankreich könne und müsse Deutschland gegenüber, das sich weigere, seine Ver trage «inzuhalte», Verfahren «inschlaoen, wie sie in allen Län dern die Gläubiger gegenüber böswilligen Bankrotieuren an wenden. In den gegenwärtigen Zeiten könne dieses Druck mittel seine Wirkung nicht verfehlen. Anarchiftenunruhen in Spanten Madrid, 22. Januar Zwischen Manresa und Berga in der Provinz Barcelona sind Unruhen misgebrochen Die Regie rung hat ein starkes Gendormerieaufgebol ans Saragossa au den Schauplatz der Tumult« entsandt. Außerdem haben zwei Iägerbataillone, eine Eskadron Kavallerie und Ariillerietrup pen 'Marschbefehl nach Manresa erhallen. Der Minijl-rrai ist unter dem Vorsitz des Präsidenten Alcala Zamora zusammen ;zelreten, um sich mit diesen Geschehnissen zu besahen. Nach Schluß der 'Beratungen erklärt« der Arbeilsminisie», die Re gierung sei fest entschlossen, die Unruhen mit grösster Energie zu unterdrtlckien. Der Innenminister macht« folgende Mstteiluugcn: Zwr schen 'Manresa und Berga ist ein revolutionärer Generalstreik apsg«brock>eii. Die Aufrührer haben «ine Eisenbahnlinie be setzt und sich der Telephonleitnngen einschließlich der Telephon zentrale in Navascues sowie eines Pulver- und Dynamsttagers bemächtlgt. Der Ministerpräsident glaubt, daß dt« Urheber der Bewegung unter den Anarchisten zu suchen sind. Zwei Fronlen? lBoii unserer Berliner S ck r i 1 t t e t l u n aZ IV. li. Seitdem die Behandlung der Reparationsfrag« von dem Baseler Ausschuß wirtschaftlicher Sachverständiger in die Hände der Politiker übergegangen ist. sind die ent scheidenden Tatsachen so verwirrt und mißachtet worden, daß schwerste Gefahren herausbeschworcn werden müssen. Die Negierungskonserenz. die den Beratungen dieses Ans chusses folgen und ans seinen Darlegungen die notwendigen Schlüsse ziehen sollte, liegt noch in weiter Sicht. Die klaren Feststellungen der Sachverständigen sind mittlerweile in den ibleit Dunst der politischen Atmosphäre gerückt, sind dort eesormiert und mit Dingen belastet worden, mit denen sie nichts zu tun haben. Die Politik steht wieder einmal, wie -chon so ost, in der Entwicklung der Rcparationssrage der kesseren wirtschaftlichen Erkenntnis im Wege. Mit alten längst verl canchlcii Formeln, die leinen Inhalt und leine Gültigkeit mehr besitzen, sucht man einer Entscheidung aus- nuveichen, die mit nnansweichUchem Zwange von der Wirt lichleit vorgeschrieben ist. Man staunt, wenn man heute wieder im Baseler Belicht blättert, wieso die Mahnungen, die dort mit äußerster Dringlichkeit an die Negierungen ge richtet sind, nach Wochen noch unbeachtet bleiben konnten. Mit aller Osienheit ist dort — cs ist gut, noch cinmal daran zu erinnern — das ausgesprochen, was jedermann fühlt, und was anch sür die beteiligten Negierungen Antrieb zu raschen und weitgehenden Entschlüssen sein sollte. Die Baseler Sachverständigen stellen ausdrücklich fest, das; das deutsche Problem ein gemeinsames Handeln erfordere, das nur von den Negierungen ansgehen könne. Sie fordern, das; sofort gehandelt werden müsse, und sagen voraus, das; die gegenwärtigen Schwierigkeitei;, wenn nichts ge- ichehe, die Vorboten w e i t e r e r K a t a st r o p h e n sein würden. Sie verurteilen die p o l i t i s ch e n Gedanken gänge. die wiederholt auf die Behandlung wirtschaftlicher Probleme durch die Negierungen Einfluß genommen hätten und erheben deshalb die Forderung, da» die vielen, für dieses verwickelte Problem bedeutsamen Tatsachen, nur nach wirtschaftlichen Gesetzen behandelt werden dürsten Zum Schlüsse richten sie an die Negierungen, aus denen die Verantwortung zum Handeln ruhe, den Appell, ohne V e r z u g zu Ent j ch e i d u n g e n zu io in m e n. Dies» Feststellungen und Forderungen sind jo klar und eindeutig, daß man bereits heute angesichts der Handlungsweise der französischen Negierung von einer gröblichen Mißachtung des Baseler Gntachlens sprechen muß. Allein die Tatsache, daß es bis heute noch nicht gelungen ist, eine Einigung über die mit so großer Dringlichkeit geforderte Negierungskon seren; zustande zu bringen, zeigt, in welchem '.Naße bereits in diesem allerersten Stadium politische Gesichtspunkte in den Vordergrund getreten sind. Darüber hinaus lässt die seltsame Regierungserklärung Lavals erkennen, daß in Frankreich auch nach der sachlichen Seite hin mit allen Mitteln daran gearbeitet wird, die von den Baseler Sach verständigen verlangte wirtschaftliche Entscheidung in ganz unerträglicher Weife zu politisieren. Dies alles wird die deutsche Regierung nicht daran hin dern, ruhig und fe st aus d e m z u beharren, was der Baseler Ausschuß mit zwingender Beweiskraft zur Lösung der Weltkrise als notwendig bezeichnet und von den Regierungen gefordert hat. Der Baseler Bericht hat den engen Zusammenhang zwischen der deutschen Reparations last und der Krise der Welt anerkannt. Er hat offen zuge standen, daß sich die Voraussetzungen, die zu dem Poung- plane geführt haben, grundlegend verändert haben. Er gibt zu. daß Deutschland unfähig ist. die ihm auserlegten poli tischen Zahlungen zu leisten. Die Richtlinien, die hier sür die Lösung des großen Problems gegeben werden, an dem di« 'Wohlfahrt der Völker zugrunde zu gehen droht, sind klar und verlangen ein« ebenso klare Befolgung. Jeder Ver such, so sühne Reichskanzler Dr. Brüning in seinem be kannten Interview treffend aus. das System solcher poli tischer Zahlungen aufrecht zu erhalten, muß zum Unheil führen, nicht nur sür Deutschland, sondern für die ganze Welt. Diese Gesichtspunkte insgesamt bestimmen die Hal tung Deutschlands, das gemeinsam mit den Baseler Sach verständigen und unter Znirimmnng saft der gesamten Weit die 'Anerkennung der wirtschastlich« n Realität e n verlangt und nur in ihrem Bereich eine ge rechte und vernünftige Lösung sür gegeben sieht. Wenn Ministerpräsident Laval im Hinblick ans diese nur noch in Frankreich bekämpste These vvn „doktrinärer Einbildungs rast" spricht, jo bezieht fickt diese Kennzeichnung haargenau aus den französischen Versuch, in die leere Lust hinein Lösungen zn tonstruieren, die an der Wirklichkeit keinerlei Hall finden tonnen. Diese Wirklichkeit hat sich mittlerweile für alte, die sehen cv o l l e n, so erschreckend enthüllt, daß sie keine Verschleierungen, keine Scheinlösungen und keine irrealen Kompromi se mehr vertragt. Um den Sieg dieser Erkenntnis, von der die Haltung Deutschlands voll und ganz bestimmt ist, Hal die 'Reichs, regierung gegenwärtig einen geschichtlichen Kamps zu führen. Sie weiß, daß sie sich hierbei auf die liberwalti« «ende Mehrheit de» deutlchen Volke» stützen kann, und da»