Volltext Seite (XML)
Dresdner Munal Nr. 37 MO. Amtlicher Teil. 930 und (Behördliche Bekanntmachungen erscheinen auch im Inseratenteil. Nichtamtlicher Teil auf die Am Handelsminister Sydow. gebäudes angeschlagen. Chemnitz, am 14. Februar 1910. Der Kreishauptmann. öffentlichen Unterricht». Gesucht für sofortigen Antritt ein Vikar. Bewerbungen mit Zeugnissen an den K. Bezirksschnl- Inspektor in Kameny —Zu besetzen: Eine ständige Lehrerstelle in Niederwürschnitz mit gesetzlichem Einkommen. Koll.: der Gemeinderat. Bewerbungen bis 24. Fcbr. an den Kollator. BezugSpreir: Beim Bezüge durch die Expedition, Grosse Zwingerstraße 16, sowie durch die deutschen Postanstalten 3 Mark vierteljährlich. Einzelne Nummern 10 Pf. erscheint: Werktag» nachmittag». — Fernsprecher: Expedition Nr. 1295, Redaktion Nr. 4574. Ankündigungen: Die Zeilekl.Schristder6malgespalt.AttIündigung»seite25Ps.,die Zeile größere: Schrift od. deren Raum aus 3mal gesp. Textseite im amtl. Teile 60 Pf., unter dem Redaktionsstrich (Eingesandt) 75 Pf. Preisermäßigg. aus Geschäftsanzeigen. — Schluß der Annahnu vorm. 1l Uhr. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem Mitgliede des Disziplinarhofs, Cenatspräsidenten Vieweg, die Stellvertretung des Vorsitzenden zu über tragen und den Senatspräsidenten Ohnsorge zum Mitgliede des genannten Gerichtshofs auf die Zeit von fünf Jahren zu ernennen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, den Oberamtsrichter vr. Weltz auf weitere fünf Jahre zum Mitgliede der Disziplinarkammer zu ernennen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu ge nehmigen geruht, daß der Sekretär und Mufikalien- Jnfpektor in der Generaldircktion der Königl. musika- lifchen Kapelle und der Hoftheater Kanzleirat Frenzel die von Sr. Hoheit dem Herzog von Anhalt ihm ver liehenen Ritter-Jnfignien 2. Klasse des Herzog!. An- haltifchen HausordenS Albrechts des Bären annehme und trage. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu ge nehmigen geruht, daß der Wildwärter Angermann in Ullersdorf die von Sr. Hoheit dem Herzog von Sachfen-Altenburg ihm verliehene silberne Verdienst medaille des Sachfen-Ernestinischen Hausordens annehme und trage. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu ge nehmigen geruht, daß der VerlagSbuchhändler Horst Weber in Leipzig das ihm von Sr. Majestät dem Kaiser von Österreich, König von Ungarn verliehene Ritterkreuz des Franz Joseph-Ordens annehme und trage. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu ge nehmigen geruht, daß der Oberbürgermeister vr. Dittrich in Leipzig das ihm von Sr. Majestät dem Könige von Rumänien verliehene Großoffizierskreuz des Ordens der Krone von Rumänien annehme und trage. Öffentliche Sitzung des Kreisausfchusses findet Donnerstag, den 24. Febrnar 1910, nachmittags 1 Uhr inr Sitzungssaals der Königlichen Kreishauptmann- schaft statt. Die Tagesordnung ist in der Hausflur des Regierungs- Ernermurlgen, Versetzungen re. im öffentlichen Dienste. Im Geschäftsbereiche de» Ministerium» de» Kult«» Tlsnigli^ Sächsischer Staatsanzeiger. Verordnungsblatt der Ministerien nnd der Ober- nnd Mittelbehörden. —> Beauftragt mit der verantwortliche« Leitung: Hofrat Doenges in Dresden. <r Dienstag, 15. Febrnar Deutsches Reich. Drutscher Reichstag. Sitzung vom 14. Februar 1910. Bunde»rat»tische: Landwirtschaft-minister v. Arnim, egen, um der Presse eine eingehende Kritik zu gestatten. Dieser Zeitraum ist mit einem außerordentlichen Aufwand von Heiden- chaftlichkeit au»genutzt (vorden, um die Stimmung gegen die Vorlage der Regierung zu beeinflussen und das Urteil gegen ihre Vorschläge festzuleaen. Aus den Erörterungen der Presse konnte >er oberflächliche Betrachter den Eindruck gewinnen, als sei das Verdikt bereits abgegeben, ehe noch der Landtag, geschweige >enn die Regierung gesprochen Hütte. Die dreitägigen Ber- ;andlungen des Abgeordnetenhauses haben diesen Eindruck denn >och erheblich modifiziert. Das wird auch von ehrlichen Gegnern der Vorlage bereits zugegeben. Das Abgeordnetenhaus ist. wie uns scheint, nicht bereit, sich die Marschroute von den Wort- ührern in der demokratisch gerichteten Presse vorschreiben zu lassen. Eine große Mehrheit des Hauses betrachtet vielmehr die Aufgabe der Kommission, an welche die Vorlage nunmehr ge gangen ist, darin, im Verein mit den Vertretern der Regierung sorgfältig zu prüfen, ob sich auf den gegebenen Grundlagen eine Verständigung über die Gesamtheit der Einzelfrageu finden lassen wird. Die Wahlrechtsvorlage bot dem Ministerpräsidenten zum erstenmal Gelegenheit, seine grundsätzlichen Anschauungen über Probleme der preußischen Politik zu entwickeln. Bon dieser Ge legenheit hat der Ministerpräsident Gebrauch gemacht, obwohl die zutage getretene Leidenschaftlichkeit erwarten ließ, daß längere sachliche und ruhige Darlegungen gerade in dieser Frage gegen über der suggestiven und das Nachdenken keineswegs fördernden Kraft der Phrase nur schwer würden durchdringen können. Tie Schlagworte von Reaktion, Junkerregiment und Junkerparlament sind durch Wiederholung allmählich zu undiskutierbaren Wahr heiten geworden. Ter Ministerpräsident war sich denn auch, wie aus mehreren Stellen der Rede deutlich hervorgeht, der Undank barkeit desjenigen Teils seiner Aufgabe wohl bewußt, welcher der Widerlegung jener Schlagworte galt. Aber wer noch Vertrauen zu der geistigen Kultur Deutschlands hat, wird zum mindesten hosten dürfen, daß das gebildete, nicht «»s eine Parteischablone cingeschworene Bürgertum zn einer richtigen Würdigung de- Gedankeninhalts der Rede gelangen wird. Einweilen freilich ist zu beobachten, daß an den Darlegungen des Hrn. v. Bethmann sehr viel vorbeigeschricben und auch vorbeigeredet worden ist. Da übersah man zunächst ganz, daß sich ein großer Teil der Rede gegen die Forderung einer radikalen Abänderung des Wahl- systems richtete, und behauptete, sie richte sich gegen eine Reform überhaupt und sei eine Verherrlichung des Stillstandes. Man überhörte die bündige Erklärung, daß die Staatsregierung ebenso, wie die frühere Thronrede cS sagte, eine organische Fortbildung des Wahlsystems für notwendig erachte. Einige Redner haben seiner die Parlamente und insbesondere den Reichstag in Schutz nehmen zu müssen geglaubt gegen eine Kritik, die in der Rede enthalten sein soll. Wir haben eine solche Kritik nicht entdecken können. Der Ministerpräsident hat sich ausdrücklich dagegen verwahrt, die Arbeit der Parlamente kritisieren zu wollen. Es ist doch noch ein Unterschied, ob man die Tätigkeit der Parlamente angreist, oder ob man die Tatsache konstatiert, daß mit der Entwickelung der Autonomie die politische Erziehung des Volkes viel mehr von den Körpern der Selbst verwaltung als von den Parlamenten ausgeht. So kann man auch der Darlegung des Ministerpräsidenten, daß die Angriffe gegen die agrarische Gesetzgebung doch das Dreiklassenwahlrecht nicht träfen, da die „agrarische" Gesetzgebung im Reiche ge macht werde, nicht die ersprießlichen und nicht angezweiselten Leistungen des Reichstages auf verschiedenen Gebieten entgegen- haltcn. Obgleich der Ministerpräsident den Anteil, den man im übrigen Reich an dieser formell rein preußischen Angelegenheit nimmt, als wohlbercchtigt anerkannt hat, tut doch ein an gesehenes süddeutsches Blatt so, als ob er gegen diesen Anteil Verwahrung eingelegt habe. In der demokratischen Presse vollends begegnet man nicht nur einem Mangel an Verständnis, sondern auch illoyalen Entstellungen. Ein Organ der Berliner Demokratie z. B. macht sich lustig darüber, daß Hr. v. Bethmann ein Loblied auf die „gottergebene" Abhängigkeit angestimmt habe In Wirklichkeit hatte er gegen die Fiktion, daß die geheime Wahl eine völlig unabhängige Überzeugung des Wählers verbürge, an die natürlichen Abhängigkeitsvcrhältnisse, die Bismarck einmal „gottgegcbene" nannte, erinnert. Einzelne solcher Erscheinungen legen in der Tat den Ge danken nahe, als wäre man bestrebt gewesen, die Befürchtung des Ministerpräsidenten von einer drohenden kulturellen Stag nation so schnell als möglich als begründet zu erweisen. Sach liche Kritik, die an der Wahlrechtsvorlage selbst geübt worden ist, läßt sich mit sachlichen Gründen bekämpfen. Eine unsachliche Kritik aber, die entstellen muß, um zu kritisieren, kann man nur prinzipiell zurückweisen. Es ist noch zu allen Zeiten ein Zeichen kulturellen Stillstandes gewesen, wenn in dem öffentlichen Leben Das Haus begann mit der ersten Lesung des Kali- gesetzcS. Handclsminister Sydow: Die Umstände, welche die Ver anlassung zur Einbringung der Vorlage gegeben haben, sind neu und ungewöhnlich. Mit dem zunehmenden Absätze und den sehr günstigen Einnahmen der Kaliindustrie wuchs die Zahl der neuen Werke ganz außerordentlich, und sie wird sich voraussichtlich in den nächsten Jahren auf etwa 100 steigern. Die Beteiligung der einzelnen Werke des Kalisyndikats ist infolgedessen mit der Zeit geringer geworden, und es ist ein Herabgehen der Ren tabilität eingetreten, da» besonders die guten und starken Werke getroffen hat. Die Folge war, daß diese Werke sich in dem Syndikat nicht mehr wohl fühlten, da» sie in ihrer Leistungsfähigkeit beschränkte, und daß die Er neuerung des Syndikats im Juni v. I. daran scheiterte, daß die Verhandlungen nicht rechtzeitig abgeschlossen werden konnten. Zwei der kräftigsten Werke haben darauf kurz ent schlossen nach Amerika hin Abschlüsse gemacht, die mehr als ein Drittel des gesamten Ausltmdsverkehrs ausmachten, und zwar zu erheblich niedrigeren Preise», da die Vermehrung ihres Ab satzes ihnen eine billigere Produktion ermöglichte. Das neue Syndikat, das von den anderen Werken nach langwierigen Ver handlungen abgeschlossen wurde, steht nur auf dem Papier; denn es beruht auf der Klausel einer sechswöchentlichen Kündigung. Bricht das Syndikat zusammen, so entsteht ein Krieg aller gegen alle md eine Reihe von kleineren Werken muß eingehen. Das Aus- and wird sich sofort Einfluß bei einer Reihe von Werken sichern, um damit den Auslandsbedarf zu decken. Dann könnte nicht mehr, wie es dem alten Syndikat möglich war, der Inlandspreis unter dem Auslandspreis gehalten werden und die Inlandspreise würden zum Schaden der deutschen Landwirtschast gesteigert. Darum hielt die Regierung ein gesetzliches Einschreiten für nötig. Bei der Regelung der Angelegenheit stehen an der Spitze drei Gesichtspunkte, einmal, die Kaliindustrie soll in erster Linie dem Inlandsbedarf dienen, zweitens, die Inlandspreise sollen niedrig gehalten werden, dritten», die AuS'andspreise dürfen nicht niedriger sein als die Inlandspreise. Die Unmöglichkeit, diese drei Gesichtspunkte durch eine Kontrolle jedes einzelnen Unter nehmens durchzusetzen, hat dazu geführt, sämtliche Produzenten zu einer Bcrkaufsgcmeinschaft zusammcnzuschließen. ES ist das alte Syndikat in neuer Fassung mit dem wichtigen Unterschied, daß nicht mehr einseitige vielleicht nicht berechtigte Förderin gen einzelner Mitglieder den Fortbestand des Syndikats gefährden können. Tie Vertricbsgemeinschaft ist in ihrer Wirkung durch die Mitwirkung des Bundesrats bei der Preisbestimmung und bei der Festsetzung der Beteiligungsziffer soweit beschränkt, wie es zur Erreichung ihrer Zwecke nötig ist. Ihre Bewegungsfreiheit in kaufmännischem Sinne ist nach keiner Richtung eingeschränkt. Ich bitte, an den Grundlagen des Entwurfs festzuhalten, über die Einzelheiten läßt sich in der Kommission reden. Würde das Gesetz nicht zustande kommen, so würde unberechenbarer Schaden entstehen für die gesamte deutsche Volkswirtschaft und nicht zum mindesten für die deutsche Landwirtschast. Abg. vr. Heim (Z.): Auch andere große Erwerbszweige verkaufen ständig billiger ans Ausland, während sie im Jmlande die Preise hoch halten, so Der StahlwerkSverband und das Kohlen syndikat. Warum hat man hier nicht längst eine Veranlassung zu gleichen Maßnahmen gesehen? Gewiß ist eine Wirtschafts politik, welche die Konkurrenzfähigkeit des Auslands gegenüber Deutschland stärkt, zu verurteilen. Aber der Entwurf, der das Bestreben hat, die Kaliindustrie gesund zu machen, ist inkonsequent, denn er bietet in 8 26 einen ganz ungesunden Anreiz zu Neu gründungen. Tie Kommission muß gründlich untersuchen, ob nicht ein Kaliausfuhrzoll die Schwierigkeit viel besser und gründ licher aus dem Wege räumen würde, gegebenenfalls wäre an Stelle der Betriebsgemcinschast eine Gemeinschaft für die Re gulierung der Kaliausfuhr unter Ausschluß jeder Einflußnahme auf das Jnlandgeschäst zu setzen. Die Landwirtschaft ist nicht dazu da, einer ungesund entwickelten Industrie die Prämie für ihre weitere ungesunde Entwickelung ^u liefern. Ich werde des halb alles unterstützen, was die Verhinderung einer unnötigen Verteuerung dieser Bodenschätze zum Endziel hat, aber keinerlei Maßnahme, die auf Kosten der inländischen Abnehmer geht. Damit wird jede Partei einverstanden sein, daß wir unser Kali monopol dem Ausland gegenüber ausnutzen. Abg. v. Gamp (Rpt.): Ich bin in Sorge, daß das vor- geschlagene Mittel den Zusammenbruch der Kaliindustrie geradezu beschleunigen wird. Allerdings muß es namentlich die deutsche Landwirtschast mit banger Sorge erfüllen, wenn die Amerikaner das Kali erheblich billiger bekommen und so die Konkurrenz fähigkeit der deutschen Landwirtschaft beeinträchtigt wird. Warum ist man aber nicht dem naheliegenden und schon erwogenen Ge danken eines Kaliausfuhrzolles nähergetreten? Wenn mich etwas mit dem Gesetzentwürfe aussöhnt, so ist es die Bestimmung, daß die nach Amerika verkauften Kalimengen auf das Kontingent ange rechnet werden sollen. Eine» genügenden Schuh der Konsu menten gegen ungebührlich hohe Preise finde ich m dem Gesetz entwürfe nicht. Abg. Gothein (frs. Bgg): Die schwere Krisis der Kali« indistrie ist in jcrster Linie die Schuld der preußischen Bergver waltung, die im Kalisyndikat immer für die hohen Preise eintrat, die den Spekulanten das Handwerk erleichterten. Die vom Schmidtmann-Konzern Amerika konzedierten Preise sind nur 37 Prozent geringer als die normalen, also keine Schleuderpreise. Schließlich ist die Gesetzgebung doch nicht dazu da, die Dummen zu schützen. Wer schneller ist und klüger, macht eben das Ge schäft. Ein so kolossalles Unglück ist eS doch nicht, wenn ein paar Gruben in amerikanischem Besitz sind; wie viel amerikanische Werte sind nicht in deutschem Besitz? Der Gesetzentwurf ist landwirtschaft-feindlich, denn die Landwirtschaft braucht billige Preise. Wer e» mit der Kaliindustrie gut meint, muß auch gegen , da- Gesetz sein, denn die massenhafte Gründung neuer Werke be günstigt die Spekulation. Zeitungsschau. Zu der Kritik, welche die preußische Wahl rechtsvorlage und die Rede des preußischen Hrn. Ministerpräsidenten, mit der er die Vorlage im Ab geordnetenhause vertrat, in der Presse gefunden hat, nimmt die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" in folgenden Ausführungen Stellung: Zwischen der Veröffentlichung der Wahlrecht-Vorlage und ihrer ersten Lesung im Abgeordnetenhaufe hat Zeit genug ge« Vom Königlichen Hofe. Dresden, 15. Februar. Bei Ihrer Königl. Hoheit der Prinzessin Mathilde fand gestern ein größerer Nachmittagstee statt, zu dem Einladungen an mehrere Damen der Hofgesellschaft ergangen waren. einer Nation Schlagworte die Oberhand über Gedanken erhalten. Dem deutschen Wesen entspricht das nicht. Es ist in diesem Zu sammenhang kein erfreuliches Zeichen der Zeit, wenn ein Mann, der die Dinge sachlich behandelt und der schematischer Phrase zu Leibe geht, als weltfremder Philosoph, Träumer, Doktrinär, Romantiker abaestempelt wird. Der Borwurf, der in solchen Bezeichnungen liegen kann, trifft nicht den Mann, der gegen eine schematische Aburteilung der preußischen Verhältnisse protestiert, sondern die Leute, die über der traditionellen Phrase und über rein schematischen Forderungen ein tiefere» Eingehen tatsächlichen praktischen Verhältnisse verschmähen.