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Adorker Wochenblatt. Mittheiluugen über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. Siebenter Jahrgang. Preis für den Jahrgang bei Bestellung von der Post 21 Neugroschcn, bei Beziehung deS Blatter durch Botcngelegenhe 15 Reugroschen. 4. Erscheint jede Mittwoche. 26. Jan. 1842. Veber die Verbesserung unseres Wahlgesezes. Ein gutes Wahlgesez, nach dessen Bestimmungen in einem konstituzivnellen jStaate die Wahlen zum Landtage erfolgen, ist, wie wir Alle wissen, fast ttren so lnöthig, als die Konstituzion selbst. Denn was hilft eine Bolksvrrtretung, wenn das Wahlgesez so beschränkende Bestimmungen enthält, dass entweder gar keine oder doch nur wenige Tüchtige in die Volkskammer gelangen können? Unterstüzt dann nicht der Zufall das Bestreben des Volkes, so wird es sel ten eine Kammer geben, welche in der That und Wahrheit die Interessen des Volkes vertritt. Das dasjenige Wahlgesez, welches bei uns in Sachsen die leitenden Normen für die Landtagswahlen aufstellt, unter die besten eben nicht gehört, ist manniglich be kannt. Es sind daher auch schon an mehren Landta gen Versuche gemacht worden, die nöthigen Verbesse rungen in dieser Hinsicht herbeizuführen, bis jezt aber ohne Erfolg. Noch am porigen Landtage hat der Abg. T. einen besondern Antrag deshalb bei der II. Kammer eingereicht. Da jedoch derselbe erst 3 Mo nate vor dem Schlüsse des Landtags eingebracht ward, so kam — wenigstens muss dieser Umstand als Grund der Zurüklegung angenommen werden — der Gegenstand öffentlich weiter nicht zur Sprache und harrt also noch immer seiner Erledigung. Hoffentlich wird ihm diese am nächsthdvorstehendcn Landtage endlich zu Theil werden. Wichtig genug ist derselbe, um die Aufmerksamkeit der Stände in Anspruch zu nehmen. Der vorige Antragsteller wird daher auch, wenn ihm der Himmel seinen alten Plaz in der Kammer verleiht, nicht säumen, die Sache sogleich bei dem Beginn des Landtages in Anregung zu brin gen. Da jedoch der vorige Antrag, wie gesagt, gar nicht zur Oeffentlichkeil gelangt ist, so giebl man ihm diese Oeffentlichkeil hier und jezt. Es ist wünschens- werth, dass sich das Volk über das, was es in dieser Beziehung erwartet und verlangt, ausspreche. Viel leicht ist die Mitthcilung des an die vorige zweite Kammer gebrachten Antrags eine Veranlassung dazu. Wir tragen daher kein Bedenken, die nächstfolgenden Spalten unseres Blattes auszufüllen, durch den Antrag des Abgeordneten T., die Revision des Wahlgesezes betr. Dass unser Wahlgesez sehr mangelhaft ist und Be stimmungen enthält, die mit einer wahrhaften Volks vertretung unverträglich sind, darüber ist eines Theils sowohl in, als ausserhalb der Kammer schon vielfache Klage geführt worden; das braucht aber andern Theils auch nicht aufzufallen, da die Berathung dieses Ge- sezes in eine Zeit fällt, wo Sachsen noch der Kon stituzion entbehrte und die Legislazion unter Mitwir kung von Ständen erfolgte, die den Gesammtwillen des Volkes zu repräsentiren nicht geeignet waren. Zwar soll damit keineswegs behauptet werden, als ob alle aus jener Zeit herrührenden Geseze schlecht und unzwekmäsig wären, da das Gcgentheil vielmehr durch Beispiele erwiesen werden kann. Allein aus das Wahlgesez mag dies um so weniger Anwendung lei den, als ein organisches Gcsez dieser Art, wenn es auf einer volksthümlichen Basis beruhen soll, auch durch volksthümlichen Beirath zu Stande gebracht sein muss. Wollte man dies aber auch nicht zugeste hen, so kommt doch bei unserem Wahlverfahren noch hinzu, dass seine Aufstellung in die Uebergangsperiode aus der Feudalzeit in den Konstituzionalismus fällt» zudem mit einer gewissen Eile in's Leben gerufen werden musste und alle Erfahrung darüber noch ab ging. Dass die damaligen Stände dies selbst gefühlt haben, beweist der Umstand, dass sie selbst an vielen Orten andeuten, wie sie nur etwas Provisorisches zu gründen im Begriffe stünden, und spätere Erfahrun gen erst etwas Tüchtiges aufzustellen geeignet sein würden. Um aber den Beweis über die Mangelhaf tigkeit unseres Wahlgesezes auf den Grund seiner Entstehung Ku vervollständigen, brauche ich nur noch darauf Beziehung zu nehmen, wie die vormaligen Stande in Bezug auf manche Grundsäze dieses Ge- ezcs, z.B. dass die Wahlberechtigung in aktiver und rassiver Hinsicht an Grundbesiz gebunden ist, selbst