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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Pränumeration» - Preis 224 Silbergr. (j Ldlr.) vierteljährlich, Z Thlr. jur da» ganze Jahr, ohne Erhöhung, in allen Theilen der Preußische» Monarchie. Magazin für die Pränumerationen werden von jeder Buchhandlung (in Berlin bei Veit u. Cvmp., Jäger,braße Nr. 25), so wie von allen König!. Post-Aenucrn, angenommen. Literatur des Auslandes. »G' 23. Berlin, Donnerstag den 22. Februar 1844. Java. Tjap Gom«. Erinnerungen eines Deutschen aus Batavia. Der chinesische National-Charakter ist lärmend, rauschend, beweglich. Er legt sich bei ihren nationalen Festen durch ausgelassene Freude an den Tag. Der Chinese kennt keinen Sonntag und arbeitet fortwährend, bis eines seiner Feste ihn aus dem Geleise seines gewöhnlichen Lebens reißt und in einen Strudel von Vergnügen wirft, woraus ihn vor der bestimmten Zeit Niemand wecken kann. Man biete ihm zehnfachen Lohn in diesen Festtagen; selten oder nie wirb sich einer von ihnen dazu verstehen, dafür zu arbeiten. Eines ihrer größten und prächtigsten Feste ist das sogenannte Tjap Gomö oder Lampenfest. Gegen V Uhr Abends fängt cs an, sich seinem Glanzpunkte zu nähern, bis gegen Mitternacht der Lärm und die rauschende Fröhlichkeit ihren höchsten Punkt erreicht und wieder ganz allmälig abnimmt, bis es mit der anbrechenden Morgendämmerung gänzlich erstirbt. — Schon vor dem An fänge des chinesischen Kamps sso heißt nämlich das auf Batavia außschließend dieser Nation eingeräumte Viertel der Stadt) erheben sich zu beiden Seiten des Weges von Bambusrohr zusammcngcstcllte Gerüste, Triumphbögen mit frischgrünen Kokusblättern ausgeschmückt, Fayadcn und kleine Tempel, die mit einer Menge kleiner Oellämpchen und durchsichtiger Feuerkugeln in Gestalt von Fischen, Seeungeheuern, Drachen u. s. w. festlich erleuchtet find. Tausende von Menschen in allen Farben, vom weißen Europäer bis zum pechschwarzen Neger von der Küste von Guinea, drängen sich in wogender Masse dem Schau platze des Festes zu. Eine wildgellende Musik tönt von Zeit zu Zeit aus der Ferne herüber, aufstcigende Raketen und bleiche Leuchtkugeln erhellen aus Augenblicke die Scene, Equipagen und Kabriolets drängen sich im langsamen Schritt durch die Menge, das gellende Gekreisch der an beiden Seiten des Weges postirten Malayen, die ihre Waaren ausschrcien, Schimpfreden und Flüche in allen europäischen und asiatischen Sprachen, Gelächter, Geschrei, Gezänk betäuben die Sinne. Unwillkürlich wird man von dem Strudel fort- gerissen, um einem noch größeren Chaos entgegen zu treiben. Ich langte endlich mit heiler Haut vor dem Hause des chinesischen Majors an. Dies ist nämlich der Titel der höchsten obrigkeitlichen chinesischen Person auf Batavia. Er wird von den angesehensten Chinesen gewählt und von der holländischen Regierung bestätigt und steht hinsichtlich seiner Würde auf keine Weise mit China in Verbindung... Ich postirte mich hart gegen eine Mauer, um nicht von der beständig hin und her wogenden Menschenmasse wieder sortgerissen zu werden, und übersah von hier aus die verschiedenartigen Prozessionen, welche den Hauptgegenstand meiner Neugierde ausmachtcn. Zuerst erblickte ich eine riesengroße glühende Schlange, die sich in langen Krümmungen näherte. Die Thiere und Ungeheuer, deren ich noch erwähnen werde, verstehen die Chinesen nämlich sehr künstlich durch Flor und in Oel ge tränktes Papier nachzuahmen. Diese Schlange z. B. bestand aus geöltem Papier, angemalt mit den grellsten Farben. Inwendig angebrachte Bambus- reifen, worüber, wie schon erwähnt, Papier und Flor ausgespannt sind, bringen die nöthige Dicke sehr täuschend hervor. — Die ganze Figur wird durch innen befestigte Lichte erhellt, die durch den rothen Schein, welchen sie durch das geölte Papier werfen, dem Ganzen ein glühendes Ansehen geben. Der ganze Körper war auf langen Bambusstäben befestigt, welche durch Malayen und Chinesen getragen wurden und wodurch, sc nachdem jeder Ein zelne seinen Stab höher oder niedriger bewegt, die vorerwähnten Krümmun gen einer Schlange täuschend nachgeahmt werden können. Der Kopf war aus die abenteuerlichste Art gebildet und mit den schreiendsten Farben bemalt. Vor dem Hause deS chinesischen Majors angeiangt, begann sie plötzlich aus dem Rachen einen ungeheuren Feucrstrahl zu werfen, der durch inwendig an gebrachtes Feuerwerk sehr künstlich hervorgebracht ward. Man denke sich die Scene, die beständig von einer in den kreischendsten Mißtönen lärmenden chinesischen Musik und von dem Knallen und Zischen des Feuerwerks nach allen Richtungen begleitet wird; die in den verschiedenartig sten Trachten bunt durch einander wogende Menge mit einer in der Ferne auf Augenblicke durch aufstcigende Leuchtkugeln hell erleuchteten Kokusgruppe; überall Lärmen und Geschrei, Leben und Bewegung. Dieser ersten Figur folgte eine mit Blumen, Kokusblättern, Bändern, Gold- und Silberpapier bunt verzierte Pyramide von ungefähr 20—25 Fuß Höhe, auf deren höchster Spitze zwei allerliebste chinesische Kinder von 5 oder « Jahren in festlichen Gewändern standen und wie Wesen aus höheren Re- gionen lächelnd aus das bunte Gewühl unten herniederblickten. Sie scheinen gleichsam in der Luft zu schweben, da man keinen festen Punkt entdeckt, wor auf sie sichen konnten, werden aber durch eiserne Stangen und andere Vor richtungen, die durch die Kleider verdeckt werden, sicher und bequem getragen. Eines trug einen Büschel Reisähren und blühendes Zuckerrohr in der Hand, als Symbol des Ackerbaus, das andere eine große Muschel mit wohlriechendem Wasser gefüllt, wovon es von Zeit zu Zeit einige Tropfen auf die Menschen menge sprengte. Das ganze Gebäude war gleichfalls prächtig mit Lampen in rothem, grünem, blauem und weißem Feuer in den verschiedenartigsten Ge staltungen erleuchtet. Im inneren Raum der Pyramide erblickt man auf einer Art Altar ein Götzenbild, umgeben und hell bestrahlt von einer doppelten Reihe kolossaler Wachskerzen. Das Ganze steht auf einem sehr niedrigen Wagen ungefähr einen Fuß über der Erde und wird durch phantastisch ge- kleidete Chinesen und Malayen gezogen. Diesem folgte eine lange Reihe ähn- licher Dinge, kleine Tempel, künstlich nachgeahmte Frlscngrottcn, Schiffe u. s. w-, alle wetteifernd durch Pracht und Schönheit. Nur eines verdient hier noch einer näheren Erwähnung. Dies war ein Gebäude mit vielen kleinen Thürmchen und wehenden Fähnchen. Das Dach ruht auf vier mit duntbrcnncndcn Laternen umwundenen Säulen, die aus einer großen Flamme zu bestehen scheinen. Im inneren Naum erblickt man eine Reihe Götzenbilder von Wachskerzen erleuchtet. Bor ihnen hocken auf orientalische Art zwei ehr würdige Greise, deren schneeweißer Bart bis auf die Brust herabwallt. Aus ihren Schultern ruht ein von feinem Rohr geflochtener Korb mit Blumen und grünendem Blätterschmuck umwunden, worin halb versteckt zwei aller liebste kleine Kinder fitzen und lächelnd Blumen unter das Volk werfen. — Diesem folgten wieder eine Menge abenteuerlicher Gestalten und Ungeheuer, feuerrothc riesengroße Hähne mit zwerghaften Reitern in Narrentracht, die rechts und links Schwärmer und kleine Feuerfrösche um sich werfen, bunt be- malte Seefische und Schildkröten mit Tritonen auf dem Rücken, Schiffe mit schwellenden Segeln, welche aus drei Batterieen eine fortwährende Kanonade unterhalten und endlich prasselnd und knallend in die Luft fliegen, Drachen und feuerspeiende Ungeheuer u. s. w. u. s. w. Während dieser ganzen Prozession, welche beinahe eine Stunde währte, erschallt von allen Seiten die greulichste Musik, begleitet von dem Zischen und Knallen dcS Feuerwerks. Dazu das Geschrei und der Spektakel vieler Tausende Chinesen und Eingeborner. Kurz, cs ist ein Toben und Lärmen, als wenn Himmel und Erde vergehen sollten. — Dies und der Pulverdamps, der sich jetzt wie eine dicke Wolke aus die Scene legte und Alles in einen grauen Nebel hüllte, bewog mich endlich, das Weite zu suchen. Obgleich ich mich förmlich durchschlagen mußte, gelang eS mir, und freier schöpfte ich Athem, als ich mich wieder in frischer Lust befand. — Uebrigens sey hier erwähnt, daß nicht in jedem Jahr das Tjap Gom« so prächtig gefeiert wird. Das hier beschriebene war es in einem außergewöhnlich hohen Grade, da so wohl der Gouverneur von holländisch Indien als auch der damals für kurze Zeit auf Batavia anwesende Prinz Heinrich der Niederlande sich zur Beiwoh nung dieser Festivität bei dem Major der Chinesen angemeldct hatten, der auf diese Art die HonncurS seiner Nation recht festlich zu machen suchte. Um den Abend auf eigcnthümlichc Art zu Ende zu bringen, beschloß ich, mit einigen Freunden bei einem chinesischen Restaurant zu Abend zu essen. Wir durcheilten verschiedene schmale, winkelige Gäßchen und langten auf dem Basar an. Dies ist ein großer viereckiger Platz, wo zu jeder Tageszeit Markt gehalten wird. An den vier Seiten befinden sich die Läden der chine- fischen Detailhändlcr in Schnittwaaren u. dgl., verschiedene öffentliche Spiel häuser, Opium-Herbergen, chinesische Theater (ws^nnxs) oder Restaurationen. Der andere Theil des ziemlich großen Platzes, der durch zwei kleine Flüsse beinahe in vier gleiche Theile getheilt wird, welche durch verschiedene Bam- busbrückcn mit einander in Verbindung stehen, wird durch Hunderte von Malayen angefüllt, die dort Früchte, Gemüse, Backwerk, Fische und andere Dinge zum Verkauf ausbreiten. Fußhoch aufgestapeltc Pyramiden von Ananas, Apfelsinen und anderen indischen Früchten verbergen beinahe den Eigenthümer, der, hinter seinen Waaren auf einem kleinen Schemel mit untergeschlagenen Beinen hockend und von zwei großen dunkelroth brennenden Theerfackeln be leuchtet, den Vorübergehenden mit widerlicher Stimme seine Waaren anbictet. Der ganze Markt wird auf diese Art grell erhellt und bietet mit seinen vielen Hundert braunen halbnackten Figuren in den abenteuerlichsten Trachten ein recht eigenthümlich charakteristisches Bild. Einige helllodcrnde Feuer mit einem halben Dutzend halbnackter darum beschäftigter Chinesen zeigten uns den Weg zu unserem nouper « I« ckinoise,