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Dresdner Journal. Verantwortlicher Redaeteur: I. G. Hartmann. 0166. ltrschetut mit Au.nahme der Sonn, und Festtage täglich Abend« und tst durch alle Postanstalten zu beziehen. Tonnabend, den tS. Juli. Pret» für da« Äterteljahr 1'4 Lhalrr. Insertion«.Gebühren für den Raum einer gespaltenen Zeile I Neugroschen. 1856. Amtlicher Theil. Dresden, 17. Juli. Se. Majestät der König haben M vormaligen GerichtSschöffer zu Strehla Carl Immanuel Zchreck das Ritterkreuz AUerhöchstihres Albrechtordens al» Inznädigst zu verleihen geruhet. Dresden, 18. Juli. Se. Königl. Hoheit der Prinz Gustav von Wasa ist heute früh von Prag hier einge- troffen und im Hotel de Taxe abgetreten. Nichtamtlicher Theil. Hcbcrsicht. lagesgeschichte. Dresden. Zur Beurtheilung des Cours,S der Conventionswährung. DaS Privilegium der Chem nitzer Stadtbank verlängert. — Leipzig: Die kommende Michaelismess, b,tr,ff,nd. — Wien: Befinden der Kai serin. Geschenke Ihrer Majestäten. Der Herzog von Braunschweig nach Braunschweig. Der Justizminister in Urlaub. Vermischtes. — Verona: Die Herzogin von Parma durchgereist. — Berlin: Den Notenwechsel mit Dänemark betr. — Stettin: Die verw. Großherzogin von Weimar nach Swinemünde. — Koblenz: Bevor stehende Verhandlungen wegen Anlage der Eisenbahn und stehenden Rkeinbrücke. — Hannover: Aus den Kam mern. — Von der Bergstraße: Conflict zwischen Hei delberger Studenten und Einwohnern von Ladenburg. — Mannheim: Ruhestörungen in Heidelberg, Truppen re» quirirt, Maßregeln des Senats, Aufhebung der CorpS. — Ko- burg: Die 12. Versammlung thüringischer Landwirthe.— Detmold: Der Bundestag vom Landtagsausschuss« angerufen. — Paris: Postgesetz. Orden an Englän der. Gaben für die Ucberschwemmten. Die neuen rus sischen Gesandten; Herr v. Kissel,ff für Paris ernannt. Militärconflicte in Versailles. — Parma: Lord Nor- manby wieder abgereist. — Neapel: Gaff,nauflauf. — — Madrid: Die Straßenkämpfe und deren Beendigung. — London: Seeunfall. — St. Petersburg: Ehren wort statt Dorumenten. Fürst Dolgorucki. — Donau- fürstenthümer: Erlasse des ErhospodarM Stirb,y und deS Fürsten von Serbien. — Athen: Verbalnote der westmächtlichen Gesandten bezüglich der Okkupation und Beantwortung derselben. — Konstantinopel: Neueste evantische Post. Socal- und Provinzialangelegenbeiten. Dresden: Erweiterung des LocaldiensteS der Dampfschifffahrt. Be richtigung hinsichtlich der Jahresrechnung des Frauenver- eins. Die LotalgewerbeaussteUung. — Chemnitz: Das Privilegium der Stadtbank verlängert. — Schandau: Kirchenvisitation. Feuilleton. Inserate. TageSkalender. Börsennachrichten. Tagesgeschichte. Dresden. In einigen Zeitschriften (z. B. in Nr. 27 der „Sächs. Dorfztg.") ist kürzlich berichtet worden, daß neuerdings in Preußen der bisherige Gebrauch, die Erthei- lung der Paßkarten von der politischen Gesinnung abhängig zu machen, aufgehoben worden sei, so daß künftig dieses be queme Legitimation-mittel auch Denen ertheilt werde, wel chen es trotz ihres^sonstigen ehrenwerthen Charakter- bisher ihrer liberalen Gesinnung halber versirgt geblieben sei Wir glauben aus guter Quelle versichern zu können, daß obige Nachricht völlig unbegründet ist. Dresden, 18. Juli. In einem Artikel der „Deutschen Allgem. Zeitung" Nr. 164 vom 16. Juli, die Münzreform in Oesterreich überschrieben, welcher die Reduktion der Cou pons österreichischer Papiere bei Gelegenheit der Aenderung deö Münzfußes aus Gründen vertheidigt, welche Manche- für sich haben, findet sich unter Andern rin Beweis von der Leichtfertigkeit, mit welcher die Pudliristen nicht selten heut zu Tage materielle Fragen besprechen, und welcher, weil er besonder- in dir Augen fällt, als einer für viele hervor- gehoben zu werden verdient. Es heißt da: „Wohl werden die österreichischen Banknoten gegenwärtig in Leipzig mit 101L notirt, während da- Silberagio in Wien noch immer 3 Pro- kent beträgt. Die österreichische Valuta wird also in Leipzig mit circa 4L Procent besser bezahltes in Wien u. s. w." Dieser Passus gründet sich offenbar «,f die Voraussetzung, daß der Leipziger z»i»ri-Cours für Banknoten — 100 Tklr. für 150 fl. sei, und daß, wenn die Banknoten in Wien 3 Procent gegen Silber verlieren, die- eben so gut sei, als wenn sie in Leipzig 97 stehen. Dabei Hal aber der Verfas ser, wunderbar genug, allerdings in einem Artikel, der von der Aenderung des Münzfußes in Oesterreich spricht, über sehen, daß Oesterreich den 20 Guldensuß hat. Nun sind aber Z5O fl. im 20 Guldenfuße gesetzlich genau — IOZ Thlr. im 14 Thalerfuße, und wenn daher in Wien das Silberagio — 0 ist, müßten di, Banknoten in Leipzig mit 105 notirt sein. Der Leipziger Cours von 101H entspricht also noch einem Silberagio von 3'4, ist demnach in dem gewählten Beispiele nicht um 4 )> Procent besser, sondern um '4 Pro cent schlechter als der Wiener. Selbst wenn man den Mittlern reellen Werth der umlaufenden Zwanziger, welcher wenigstens 2 Procent unter z>»ri ist, zu Grunde legen wollte, würde an Banknoten gegen Silber in Leipzig erst dann nichts verloren werden, wenn die Banknoten mit 103 notirt sind. — Das Privilegium der Chemnitzer Stadtbank, welches mit Ende diese- JahreS erloschen sein würde, ist bis zum 12. März 1859 verlängert worden. (S. LocaleS.) Leipzig, 18. Juli. Die bevorstehende diesjährige „Leip ziger Michaelismeffe" beginnt amtlicher Bekanntmachung zu folge .am 29. September und endig« mit dem 18. October diese- JahreS. LLien, 17. Juli. Das neueste Bulletin lautet: Der Gesundheitszustand Ihrer Majestät der Kaiserin ist vollkom men befriedigend, der Verlauf deS Wochenbettes normal; Allerhöchstdieselben hatten eine sehr ruhige Nacht. Die neu- geborne Erzherzogin befindet Sich wohl. Laxenburg, den 16. Juli 1856, 7 Uhr Früh. — Der Kaiser hat, wie die „W. Z." meldet, aus Anlaß der glücklichen Entbindung Ihrer Majestät der Kaiserin dem Bezirksvorsteher von Mödling den Bettag von 1000 fl. mit dem Befehle übergeben lassen, daß hiervon würdige Arme deS Bezirkes und die im Frühjahre durch Feuer beschädigten Be wohner deS Markte« Mödling betheilt werden. — Die Kai serin hat den zu Wien und in der nächsten Umgebung be stehenden Kinderbewahr-Anstalten den Betrag von 400 fl., ferner dem St. Anna-Kinderspital 100 fl., dem St. Joscph- Kinderspital 100 fl., dann den in Wien bestehenden Krippen 400 fl., zusammen 1000 fl., sowie den Wiener Frauen-Wohl- thätigkcitsvereinen den Betrag von 1600 fl. bewilligt. — (W. Bl.) Der Herzog von Braunschweig ist beute früh nach Braunschweig abqereist. — Der Finanzminister Baron v. Bruck wird die Badecur in Baden gebrauchen und ehestens sich dahin begeben. Die Leitung deS Ministeriums bleibt in den Händen de- Baron« v. Bruck, da derselbe von Baden täglich nach Wien kommen wird. — Der Justizminister Frei herr v. Krauß hat heute früh mittelst Nordbahn eine mehr wöchentliche Urlaubsreise angetreten und wird Belgien, Frank reich und vielleicht auch England besuchen. — Bei den neuen BriefsammlungSkästen sind Controltafeln angebracht, aus welchen zu ersehen, wenn die Postboten di, Briefe nicht zur gehörigen Zeit aus den BriefsammlungSkästen abholen. — Infolge der Hagelschläge, welche in einigen Gegenden Ungarn- stattfanden, hat auch da- Wild wesentlichen Scha den gelitten. Bei Eisenstadt z. B. sind viele Tausende von Rebhühnern und Hasen auf den Feldern durch den Hagel erschlagen gefunden worden, so zwar, daß dort Heuer gar keine Rebhühner-Jagden stattfinden können. — Im Ofner Ber- waltungsg,biete allein befinden sich derzeit schon 91 Pußta» schulen mit einer Schülerzahl von 6000 Köpfen. Unter der vormärzlichen Schulorganisation in Ungarn hätten diese Schüler jeden Unterricht entbehren müssen. Verona, 16. Juli. (T. D. d. österr. Corresp.) Die Herzogin von Modena ist hier nach Tirol durchgereist. Berlin, 17. Juli. Die „Zeit" schreibt: Nach dem „Schw. Mercur" soll die Denkschrift, durch welche Däne mark die von ihm gegen die Herzogthümer unternommenen Schritte vertheidigen will, schon im Laufe der nächsten Zeit in Wien und Berlin eintreffen. Zu gleicher Zeit vernimmt man, daß von Seiten de« dänischen CabinelS ein besonderer Bevollmächtigter, als welcher der geheime StaatSrath Graf Sponneck genannt wird, nach Berlin und Wien abgesendet werden wird, um durch mündliche Auseinandersetzungen die in der erwähnten Denkschrift enthaltenen Angaben zu er gänzen und die beiden deutschen Großmächte für die An schauungen deS dänischen HofeS zu gewinnen. In der ersten nach Kopenhagen abgegangenen österreichischen Note, in wel cher e- ausdrücklich heißen soll, „daß daS Versprechen, die 1834 vom Bunde garantirten Verfassungen Holsteins und Lauenburg« zu respectiren, ihnen das Petitionsrecht hinzu zufügen und den Ständen beider Herzogthümer, sowie der jenigen Schleswig- statt der konsultativen eine beschließende Befugniß zu verleihen, die Basis d,S Frieden« bilde, welchen Dänemark 1850 mit dem Bunde abschloß. Eine Verletzung dieser übernommenen Verpflichtungen würde nothwendiger- weise die Intervention deS Bundes zur Folge haben, welche sich auf die Dauer hin nicht aws da- diplomische Gebiet allein beschränken würde." Die letzt« nach -Kopenhagen abgegan- gene österreichische Note soll aber, nach derselben Quelle, noch ernster lauten und insbesondere darauf Hinweisen, daß die be stehenden provinzialständischen Institutionen der Herzogthü mer unter Art. 56 der Wiener Schlußakte von 1820 stehen, welcher Auffassung sich Dänemark in seiner Depesche vom 29. Januar 1852 angeschloffcn habe, nachdem eS Tag- vor her in dem Besitzergreifungsstatut die Gesetzgebung und Ver waltung der Domänen als den verschiedenen Landestheilen zustehend ausdrücklich bezeichnet hatte. Stettin, 16. Juli. (N.Pr.Z.) Ihre kais. Hoheit di, Groß- Herzogin-Großfürstin von Sachsen-Weimar setzte heute Vor mittag auf dem von dem Dampfschiffe „Victor" geschleppten Paffagierschiffe „Borussia" di, Reis, nach Swinemünd, fort, um von dort mit dem bereit stehenden russischen Kriegsschiffe sich nach St. Petersburg zu begeben. Koblenz, 15. Juli. (K Z.) Heut, Abend treffen Hier selbst die Mitglieder der Direktion der rheinischen Eisenbahn ein, um mit den hiesigen Militärbehörden eine Conferenz wegen der Anlage des Bahnhofes in hiesiger Stadt und der Richtung der Eisenbahn durch Koblenz abzuhalten. Heute ist man sehr thätig damit beschäftigt, den Uebergang der Bahn über den Rhein vom Clcmensplatze aus zum Anschlüsse an Feuilleton. Dresden. Raphael's Madonna — so schreibt man von hier der „Allq. Ztg." unter dem 13. Juli —, seit einigen Nochen den Blicken entzogen, ist heute in ihrem für sie allein Wmmten Zimmer deS neuen Museum« dem Publicum wieder zugänglich. Dir Veränderung, die sie in dieser kurzen Zwischen zeit und durch die neue Aufstellung erfahren, ist unglaublich, und nun erst, kann man sagen, tritt die wunderbare Gewalt dieser einzigen Kunstschöpfung in ihr volle« Recht. Ein Pracht« und geschmackvoller Rahmen im Raphael'schen Style, mit einem altarähnlichen Borbau; Beleuchtung von der linken Seite und Schutz de« Auge« der Beschauer gegen da« einfallende Licht — alle« Die« würde schon die Wirkung de« Bilde« ausnehmend verstärken. Run hat man aber die Leinwand hinter dem Gemälde mit Copaivabalsam getränkt und damit den nahebei vertrockneten Farben so viel Nahrung gegeben, daß sie in ursprünglicher Frische und Kraft prangen und da« Bild in der That ohne Hinzulritt einer wiederholten, leider immer gefährlichen Retouche ganz neue« Leben erhalten hat. Da« leidige Gla«, da« man hier über so viele Bilder gedeckt, ist — wenigsten« für Diejenigen, di, da« Werk vom Sopha au« betrachten können und wollen — ohne Rachtheil, da vom Dunkel der gegenüberliegenden Wand keine Spiegelung zu fürchten steht. Nur freilich die vor dem Bilde Stehenden oder Gehenden find unvermeidliche Gäste in den Falten de» heiligen Sirtu« und der heiligen Barbara und vn« wirren den andächtigen Aufblick der himmlischen Engrlknaben. Literatur. „Gedichte von Karl Siedel. Leipzig bei Otto Wigand.*) 1856." — Man trifft in dieser Sammlung auf so manche Gabe, die entweder durch Neuheit de« Stoffe« oder mindesten« doch durch eigenthümliche Behandlung ihre Existenz- berechtigung documenlirt. Auch geht durch viele Dichtungen der ersten Abtheilung ein Hauch der Versöhnung, dem man sonst bei jungen Lyrikern weniger zu begegnen pflegt, indem dieselben in ihren Liedern gewöhnlich mehr Wunden schlagen, al« heilen. Gedichte, wie in der vorliegenden Sammlung „DaS unglückliche Kind " „Großmütterlein", „Ein Witwer", „Ein einsam Kämmer lein", find in der Gegenwart selten genug, al« daß fie nicht mit freudiger Zustimmung begrüßt werden sollten. Hin und wieder läßt die Form freilich noch Manche« zu wünschen übrig, wie sich denn auch gereifte Leser mit der Leben«, und Weltanschauung, wie sich solche namentlich in der Rubrik „Beschauliche«" auS- spricht, nicht durchgängig befreunden werden,— abgesehen da von, daß dieselbe überhaupt viele« Schwache und Unbedeutende bietet. Ein« der bessern Gedichte Siedel'« möge nachstehend Platz finden: Pi, zweitc /rau. „„Er hat geweint! Er hat geklagt! Unheilbar schien sein tiefer Schmerz!"" — So haben fie zu mir gesagt. „O Gott! wie ist mir weh' um « Herz! Weiß selbst und kann'« vergessen nimmer — Ich sah die Thräne ja genau, Al- er mich sühne in sein Zlmmrr, Mir zeigt' da« Bild der ersten Frau." — *) vrreden, Araold'sch« Buchhandlung. Da« Nähqeräth' — e« ruht schon lang', Fiel unbemerkt zur Erde hin. Sie stiert c« an und seufzet bang': „Und doch könnt' nie ich lassen ihn!" Dann mild fich ihre Blicke heben: „Du thöricht Herz! warum so trüb'? Mög' er dein Zweifeln dir vergeben — Ich weiß! ich weiß! er hat dich lieb!" „Still! hört' ich nicht« ?" Sie schaut umher. Halb offen ist de« Zimmer- Tbür. „ES war sein Schritt! Wo bleibet er? Sonst kam er immer gleich zu mir, Sank an daS Herz mir liebetrunken!" — Sie stehet auf. Zur Thüre schau'! Ihn steht fie, wie er still versunken Steh« vor dem Bild der ersten Frau. Er steht fie nicht. Er merkt fie nicht. Ihr Auge starrt. Ihr Herz ist schwer Und leichenblaß ihr Angesicht. Stumm zu dem Bilde blicket er. Sie schleicht zurück. Sie setz« fickt nieder: „O Gott! er liebt fie mehr wie dich! Zu ihr hin treibt'S ihn immer wieder! Unglücklich er! Unglücklich ich! Sie schreckt empor. Die Dielt kracht. Sir stiert ihn an, so kalt, so hohl. — „WaS hat dich denn so bleich gemacht, Mein liebes Weib? Dir ist nicht wohl! Mein liebe« Kind, wa« macht Dtt Schmerzen?"