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Feuilleton vrm. liche Herr Pre- tbel- ihre Augen von vielem Weinen geröthet. Ich begegnete ihr mit Achtung und Schonung; ihre Aussage entsprach vollkommen den Antworten, welche sie unmittelbar nach der Entdeckung der Vergiftung dem Arzte auf dessen forschende Fragen ertheilt hatte und blieb hinsichtlich des in ihrem Koffer vorgefundenen Fläschchens bei der Versicherung, datz sie von dessen Vorhandensein nicht- gewußt. Sie gab zu, daß die;er ihr unerklärliche Zu stand allerdings verdächtigend sei, behauptete aber dennoch, daß insofern ein Jrrthum oder eine Täuschung hinsichtlich der Todesursache ihres Vaters vorliegen müsse, da sie niemals an ein solches Verbrechen gedacht und eS auch keinem Andern möglich gewesen sei, auch nur einen Tropfen Cyankali oder irgend etwa- andere- Schädliches oder Unschädliches dem von ihr sür ihren Vater bereiteten Tranke beizumischen. ?ie bestritt also, daß der Tod ihre- Vaters durch Gift herbergeführt worden. lenst r selbe. Uhr T orm. feier, »nig. »eu", »end- mer. Uh» bach. Herr »hl«- )NU« tte«. dem Inquirenten beantragt ward — wobei dieser selbst hin als hübsch bezeichnen. Jetzt war sie sehr blaß und den Beweis der Schuldlosigkeit der Angeklagten zu führen i hatte — konnte nur auf eine außerordentliche d. h. auf j einen geringeren Grad der gesetzlichen Strafe oder auf Entbindung von der Instanz erkannt werden. In letzterem Falle wurde der Angeklagte, ohne freigesprochen zu sein, außer gerichtlicher Verfolgung gesetzt, die zu jeder Zeit wieder ausgenommen werden konnte, wenn sich neue Schuldbeweise vorfanden. Unter solchen Umständen war es erklärlich, daß eine Untersuchung gegen einen Verbrecher, an dessen Schuld Niemand zweifeln konnte und gegen den aus diesem Grunde der Inquirent die volle gesetzliche Strafe extrahiren wollte und sollte, mehrere Jahre hindurch währen konnte, ohne dennoch zu jenem Ziele zu führen, wenn der Angeklagte nicht endlich mürbe ward, sondern hartnäckig beim Leugnen beharrte und, wie es zumeist der Fall, völlig unwiderlegbare Schuldbeweise, d. h. im juristischen Sinne, nicht beizubringen waren. Man ersieht auS dieser kurzen Darlegung, daß der AuSgang eines solchen Kriminalprocesses fast allein von dxr Geschicklichkeit, der Einsicht und dem Eifer de- In quirenten, also in dem vorliegenden Falle von mir abhina. Als ich am Tage nach meiner Ankunft auf der Domäne G. mir Elisabeth Werner zum Verhöre vor. führen ließ, sah ich diese zum ersten Male. Sie war zweiundzwanzig Jahre alt, blond, von Mittelgröße, ein wenig hager, hatte blaue Augen und ungemein zarte Hände und Füße. Daß ich dieses „Signalement" hier gebe, wird der Verlauf der Erzählung rechtfertigen. Sie war keine Schönheit, doch konnte man sie immer« Theodor Werner, den ich schon früher persönlich kennen gelernt, aber dessen Umgang ich vermieden hatte, well er auf mich einen Eindruck gemacht, daß ich dem llrthelle der wackeren Christine beistimmen konnte — welches, wie schon aus den seiner Reise nach B. zu seinem schwerkranken Vater ihm untergelezten Motiven hervoraing, dasjenige aller ihn näher kennenden Leute war — Theodor Werner also schlug im Verhöre e?" aAreS Verfahren als da- von seiner Schwester beobachtete em, mdem er die Vergiftung seine- Bater- des ihm von Elisabeth bereiteten Getränkes al» k .betrachtete. Er versicherte jedoch, überzeugt zu sein, daß das Unglück nur durch ein Versehen feiner Der Gerichtsthurm. Kriminal-Erzählung von L. Gothe. (8 Fortsetzung.) In demjenigen Theile Deutschlands, in welchem die untere Grafschaft Z. gelegen, war damals in Kriminalfällen noch das geheime und schriftliche Ver fahren in alleiniger Anwendung. Dieses nun in Ver- bindung mit den eigenthümlichen Verhältnissen des ehe mals reichsunmittelbaren Ländchens, theilte mir die zwei fache Rolle des Anklägers und zugleich VertheidigerS des Angeklagten zu. Ich hatte als Inquirent die Unter, suchung zu führen, nach deren Schluß, wenn ein Kapitalverbrechen vorlag, die Akten an das zuständige preußische Obergericht zu senden und entweder die Frei- sprechung oder die Verurtheilung des Angeklagten zu beantragen. Die urtheilsprechenden Richter bekamen jene nicht zu Gesicht; sie hatten sich lediglich aus den Akten zu informiren und Beides, Verurtheilung oder Freisprechung, nur auf deren Inhalt zu begründen. War die Schuld der Angeklagten nicht notorisch, waren die Verbrecher nicht auf frischer That ergriffen worden und gelang eS dem Inquirenten nicht, völlig unwiderlegbare Schuldbeweise beizubringen, so war ein unumwundenes Geständniß der Angeklagten erforderlich, um auf die volle gesetzliche Strafe zu erkennen; im anderen Falle und wenn nicht die Freisprechung von Viol, flufi- Viark )bt« »aare Her, >eud- Uhr idiak. I)r. l-tN. Sers, loch- der- sstsch- uud weiß i Pf- stau- > Pf. ' Pf- Itter- ! M Sch fische DocheiluG 55. Jahrgang Dienstag, den 21. Ieöruar 1893 werden bi- Montag, Mittwoch u. Freitag Mittag angenommen und kosten: dielspalt.ZeilelSPfg. Unter Eingesandt: SOPsg. Politische Weltschau. Deutsche- Reich. Die ReichitagSsitzung am Freitag brachte eine nicht geringe Ueberraschung, indem der Reichskanzler Graf v. Caprivi das Tischtuch zwischen der Regierung und den Agrariern durchschnitt. Er be gründete die- in einer längeren Rede, der wir Nach stehendes entnehmen. „Ich würde mich nicht" — so begann der Reichskanzler — „zum Worte gemeldet haben, wenn ich nicht den Wunsch h?gte, mich, ehe die Debatte über die innere Lage des Reiches zu Ende geht, noch einmal auSzusprechrn. Die Reden, die in den letzten Tagen hier gehalten wurden, sind nach meinem Dafür, halten von ungewöhnlicher Tragweite — nicht sowohl wegen ihres Inhaltes, als wegen der sie begleitenden Umstände. Es ist eine auffallende Erscheinung, daß im preußischen Abgcordnetenhause und im Reichstage gleichzeitig eine Debatte über die Landwirthschaft statt findet und daß morgen hier in Berlin zahlreiche Land- wirthe zusammentreten, um eine neue Vereinigung zu gründen. Bemerkeniwerth scheint mir auch der Ton zu sein, den man in diesem Hause angeschlagen hat; den schärfsten Angriffen ist die Regierung ausgesetzt ge. wesen. Ich mutz mir unwillkürlich die Frage nahe legen, woher kommt das und wohin soll es führen? ES ist in den letzten Tagen so viel Mißtrauen gegen die Regierung ausgesprochen worden, daß ich mich der Ansicht nicht verschließen kann: die Agrarier bezweckten mit dieser Debatte nichts Geringeres als den Sturz der Reichrregierung. Die Bewegung, die im Lande und in beiden Häusern sich geltend macht, ist eine sehr tief gehende und deshalb nehme ich sie auch srhr ernst. Immer und immer wieder erhebt man den Vorwurf: die Regierung und der Reichskanzler kümmerten sich nicht um die Landwirthschaft. Ich möchte, ehe Sie in die morgige Versammlung gehen, diesen Vorwurf auf daS allerbestimmteste zurückweisen. Man hat ferner speciell den preußischen LandwirthschaftSminister heftig angegriffen. Dieser Herr ist nun aber selbst Grund besitzer und auS den Reihen der Konservativen, die jetzt die Opposition gegen die Regierung auSmachen, her vorgegangen. (Hört! hört! links.) Ich verstehe nicht, wie man dem Herrn, der die Einrichtung der Renten güter ins Leben gerufen hat, vorwerfen kann, er habe kein Interesse an der Landwirthschaft. Aber auch die preußische Regierung als solche verdient diesen Vorwurf nicht. Sehen Sie sich doch an, was wir auf dem Ge biete der Steuerreform gethan haben; Sie werden nicht behaupten können, daß diese Reform zu Ungunsten der Landwirthschast in Scene gesetzt sei. (Sehr richtig! links.) Aber damit sind die Agrarier nicht zufrieden; sie wünschen u. A. auch die Einführung des Bime- Ein unterhaltendes Blatt für den Bürger und Landmann. Amtsblatt für die kgl. Amtshauptmannschaften Dresden-Altstadt und Dresden-Neusta , für die Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter Dresden, Tharandt und Moritzburg. Verantwortlicher Redakteur uud Verleger Kerrmauu Müsse»- in Dresden. Inseraten- Annahmestelle«: Die Arnoldisch« Buchhandluna, Jnvalidendank, Haascnstcin LBoglei^ Rudolf Mosse, E L. Daube « E». in Dresden, Leipzig, Frankfurt a/M., V. Kohl, SessetSdors u. s. w. ie„rr wollten, dann möchte er eine Welle „agrarisch Zeit würden wir un» ,d«kllr» J»>e sl » wnlhlchaslliche Lebe» die 1° »ehr M -- di- Pflicht der S.--tWr»°a, die ideelle» Jnl-r-fl-» mit Smichiede»- vertreten Wir müssen jeden schützen, den «rundbeüder w^ den Industriellen, den Christen wie ^n Iud n Di- »»tis-mwch- B-w-gu»g Wik fi- I-St sich m D.°tlchla»d b-»->lb»r macht, ub-rsch-nt-t vwl. 'ach "ch°», wi- mir Ich-'"«, d» d" du-ch dl- Riickiicht o»s dar Staotiwohl gezogen swd. (Höri, böri '> S» werde» S-ift-- wachg-ms-», d-°e» m°» nicht weih, °d man im Siande i-,n wird, st- wieder,» bamen. Welche s°,<>».i. b'-.-n die an st-mmichen Agitatoren dasür, daß der Strom, von dem st- vor. wär» g-tri-b-n werd-», nicht !chl"k>'ch mit and MN Strömen zusammenflr-dt, dl- stch g-S-" d-n Be ch und die staatliche Ordnung richten. Man be^ch^rt über unser Vaterland Gefahren herauf, weAe dre Wenigsten in ihrer ganzen Größe erkennen. Wenn ich mir er- laude, eine Warnung an diejenigen Herren zu richten, die mit diesen Dingen zu thun Haben, so möchte ich mich doch um nichts in der Welt dem Borwurfe auSsetzen, daß ich auS persönlichen Rücksichten handele; davon kann keine Rede sein. Ueberhaupt sind persönliche Rück sichten für mich nicht maaßgebend. Die Bürde de- Amtes, das auf mir liegt, ist W schwer, daß ich den Zeitpunkt segnen werde, wo man eS mir einmal abneh- men wird; bis dahin gedenke ich aber auf meinem Posten auszuharren in der alten preußischen Weise, in der ich erzogen bin und meine verfluchte Pflicht und Schuldigkeit zu thun, nicht um meinet-, sondern um deS Kaiser- und des Reiches willen. Ich bin der Ueberzeugung, daß wir schweren Zeiten entgegengehen; jeder Wechsel in der Person der leitenden Staatsmannes ist mit einer Er schütterung verbunden. Ich werde also auSharren, doch wünsche ich dringend, daß die Herren, die daS agra rische Interesse vertreten, einmal m sich gehen und reif, lich erwägen mögen, ob die Wege, die sie einschlagen, wirklich mit den StaatSinter-ffen dauernd zu vereinigen sind. Meine persönlichen Ansichten kommen hierbei gar nicht in Betracht. Was ist ein Mann über Bord, wenn das Schiff nur weiter geht! Um daS Schiff nur han delt es Hch, auf dem die deutsche Flagge weht." (Leb hafter Beifall links.) Die obige Rede des Reichskanzlers rief — wie man von parlamentarischer Seite schreibt — im ganzen Hause Erheb. «. Redaktion Ore»de«-Ne»fta»t v. Methner »affe 4. Die Zeitung erscheint Dte«ftag, »»««erste, und «»naadend früh. Uh»««e«v«t»- Preis: lerteljLhrl. M. 1,50. 8« beziehen durch hie kaiserlichen Post- «statten und durch unsere Boten. Bei steter Lieferung ins paus erhebt die kost noch eine Ge- Ühr von 25 Pfg. taüi-muS, müssen jedoch zugeben, daß die Zustimmung Englands die Voraussetzung hierfür ist. Ich kann nun aber doch England nicht zwingen, diese seine Zustimmung zu geben. Trotzdem kehrt der Vorwurf immer wieder: Warum führt Ihr nicht den BimetalliSmuS ein! Habe ich denn die Macht, den Weltmarkt auS der Welt zu schaffen? Nein, der ist einmal da und et wirkt mit elementarer Gewalt auf die Verhältnisse unserer Landwirthschaft ein? Bon der Regierung fordern, daß sie dies ändern soll, heißt eine Un, Möglichkeit verlangen. Kann ich ferner die arbeitenden Klassen zwingen, daß sie Beschäftigung in der Landwirth schaft suchen? Nein, dazu hat die Regierung keine Macht. Wenn Sie meinen, daß uns der Wille oder die Fähig keit fehlt, der Landwirthschaft aus ihrer Noth zu helfen, so stellen Sie doch Anträge, formuliren Sie Ihre Wünsche; dann wird es unfere Pflicht sein, uns damit zu befassen. Ich halte die fortgesetzten Angriffe auf die Regierung für im höchsten Grade schädlich, nicht so wohl der Regierung als des Landes wegen. Ich bin ein durch und durch konservativer Mensch; es fragt sich nur, was man unter konfervativ versteht. Ich glaube, es ist heut' zu Tage eine Ricktung aufgekommen, welche die Grundlagen dieses Begriffe- nicht mehr klar erken. nen läßt, weil die wirlhschaftlichen Interessen den poli tischen konservativen Grundgedanken überwuchern. Ich bin der Meinung, daß der Konservatismus der Ausfluß einer bestimmten Welt- und Lebensanschauung ist, die in der Ansicht gipfelt, daß das Historische eine Berech tigung hat, die nur aushört, sofern zwingende Gründe zur Aenderung vorliegen. So konservativ meine Gesin nung in dieser Hinsicht ist, so wenig bin ich Agrarier^ Ich besitze keinen Ar, keinen Strohhalm und wüßte nicht, wie ich dazu kommen sollte, ein Agrarier zu werden. Der Abgeordnete v. Kardorff hat ein schönes Bild mit Bezug auf die Landwirthschaft gebraucht, in dem er sie mit einem Baume verglich, dessen Wurzeln mit guter Erde bedeckt werden müssen. ES fragt sich nur, woher diese gute Erde nehmen und auf wessen Kosten. Derselbe Abgeordnete hat früher einmal die Aeußerung gethan: es wäre gut, wenn es dahin käme, daß nur angesessene Landwirthe zu Ministern ernannt würden. Ich bedaure nun, für meine Person dieser Anforderung nicht genügen zu können; ich glaube aber auch, es ist gut, daß ich nicht Gutsbesitzer bin. Die Landwirthschaft ist heut' zu Tage ein so schwieriges Gewerbe, daß, wenn wir zu gleicher Zeit Minister rind Landwirth sein wollten, darunter entweder der Minister oder der Landwirth leiden müßte. Auf keinen Fall darf aber der Reichskanzler Agrarier sein, denn je mehr unser Paiteileben von wirthschaftlichm Interessen be herrscht wird, um so mehr muß die Regierung sich einen freien Blick zu erhalten suchen. Wenn wir den Staat