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Exposition des Hauptsatzes hin, die nach einem zweiten Bläserruf mit dem schwungvoll-hinreißenden Hauptthema in den Celli eröffnet wird. Anfangs noch zögernd, gewinnt es im Verlauf an Festigkeit, bis es im glanzvollen Bläser- Hymnus kraftvoll und entschlossen vor uns steht. Zwei weitere Themenkomplexe, ein mehr lyrischer und ein aufbegehrender mit rhythmisch synkopierter Motivik, schließen die Exposition ab. Mit der leicht modifizierten Wiederholung der Adagio-Introduktion setzt die Durchführung ein. Durch das plötzlich ertönende Hauptthema wird das musikalische Geschehen aktiv vorangetrieben. Alle Motive und Themen werden in ihrer Ganzheit entfaltet, miteinander verbunden und gesteigert. Jedoch wird dieses Miteinander und Nebeneinander nie zur dialekti schen Auseinandersetzung im Sinne der klassischen Sinfonie. Die Coda des Satzes ist allein dem Hauptthema Vorbehalten. Im strettahaft-stürmischen Aus klang wird es im Blech-Fortissimo hinreißend zum Hymnus gesteigert. Das nachfolgende Adagio, einer der merkwürdigsten Sätze Anton Bruckners, fällt allerdings in Resignation, ja Trostlosigkeit zurück, über den spröden Picci- cato-Akkorden der Streicher trägt die Oboe eine schmerzliche, fast weltverlorene Melodie vor. Ein zweiter Themenkomplex, vom Streicherchor dargeboten, hat dagegen etwas Tröstliches, kann aber die schwermütige Haltung des Satzes nicht grundsätzlich aufhellen. Erst ganz am Schluß des Adagios — in der Um wandlung des tiefernsten Oboenthemas nach Dur — werden Gedanken der Hoffnung und Zuversicht zum Ausdruck gbracht. Im Scherzo wird Bruckners Beziehung zur österreichischen Volksmusik recht deut lich. Der lebendigen Musizierfreudigkeit sind hier keine Grenzen gesetzt. Ein behagliches Ländlerthema und das dahinpendelnde Trio geben dem Satz freundliche Züge, wenn auch durchaus dramatische Akzente durch das dahin stürmende Hauptthema gesetzt werden. Interessant ist, daß der Komponist das Scherzo aus dem Themenmaterial des Adagios aufgebaut hat. Krönung und Höhepunkt der Sinfonie bildet das Finale. Wie im Schlußsatz der 9. Sinfonie Beethovens wird an vorangegangene Themen erinnert. Noch einmal klingt die Introduktion des 1. Satzes an. Sie wird jedoch plötzlich von einem Oktavthema der Klarinette unterbrochen. Auch das ernste Adagiothema kommt nicht zur Entfaltung. Erneut fällt das kühne Oktavthema ein und gewinnt in einer groß angelegten Fugenexposition an Entschlossenheit. Ein zweiter Themenkom plex mit ländlerischer Motivik bringt im weiteren Verlauf schwärmerische Züge. Kerngedanke des Finales bildet das Choralthema. Bruckner verarbeitet es in der Durchführung kombiniert mit dem Oktavthema zu einer monumentalen Doppel fuge — Mittelpunkt und Epilog des Schlußsatzes. Aber auch hier stehen unver einbare Gegensätze nebeneinander, Zuversicht und Zweifel. Den absoluten Höhe punkt bildet die Coda. Bruckner gestaltet hier Steigerungen, wie vor ihm noch kein Meister. „Choral bis zum Ende im fff", schrieb der Komponist in die Partitur. Der machtvolle Bläser-Choral bildet mit dem kämpferisch-entschlossenen Haupt thema des 1. Satzes musikalisch und inhaltlich eine Synthese. Im Glanz der Trompeten und Posaunen findet das Finale einen hymnischen Abschluß, ein Finale übrigens, das an Ausdehnung und klanglichen Dimensionen seinerzeit alles bisherige übertraf. llllllllllllllllllllllllllillllllllllllillllllllillllllllllllllllllllllllillllllllillllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllill VORANKÜNDIGUNGEN: Sonnabend, den 2., und Sonntag, den 3. September 1972, jeweils 20.00 Uhr, Kulturpalast 1. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: Günther Herbig Solisten: Anna Tomowa-Sintow, Berlin, Sopran Annelies Burmeister, Berlin, Alt Eberhard Büchner, Berlin, Tenor Karl-Heinz Stryczek, Dresden, Bariton Chor: Philharmonischer Chor Dresden Einstudierung Wolfgang Berger Ludwig van Beethoven: Sinfonie Nr. 9 d-Moll Freier Kartenverkauf Freitag, den 22., und Sonnabend, 23. September 1972, jeweils 20.00 Uhr, Kulturpalast 2. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: Lothar Seyfarth Solist: Igor Oistrach, Sowjetunion, Violine Werke von Zimmermann, Bruch und Schostakowitsch Freier Kartenverkauf Mittwoch, den 27., und Donnerstag, den 28. September 1972, jeweils 20.00 Uhr, Kulturpalast 2. PHILHARMONISCHES KONZERT Dirigent: Hans Swarowsky, Österreich Solist: Walter Hartwich, Dresden, Violine Werke von Reger, Szymanowski und Strauss Anrecht A Programmblätter der Dresdner Philharmonie — Spielzeit 1972/73 — Chefdirigent: Günther Herbig Redaktion: Dr. habil. Dieter Hartwig Die Einführung in die 5. Sinfonie von Anton Bruckner schrieb unser Praktikant Andreas Glöckner vom Fachbereich Musikwissenschaft der Karl-Marx-Universität Leipzig Druck: veb polydruck, Werk 3 Pirna - 111-25-12 3 ItG 009-77-72 (•hilharnnoni 1. PHILHARMONISCHES KONZERT 1972/73