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18. April 185« Ideen ihren Ausdruck und ihre Befriedigung finden. der SY. Pret» für da« Vierteljahr l V, Dhlr.; jede einzelne Nummer 3 Ng«. Zu beziehen durch alle Postämter de« In- und ?lus!a»des, sowie durch du- ^rpedition in Leipzig (Querstraße Nr. 8). ZnsertionSgebühr für den Raum einer Zelle 2 Ngr. Deutschland. Preußen. /^Berlin, 16. April. Einer hier eingetroffcnen Mel dung zufolge wird der Ministerpräsident Frhr. v. Manteuffel übermor gen Abend von Paris hier wieder eintreffcn. Da bekanntlich erst heute die Schlußsitzung der dortigen Diplomatenconferenz stattfindct, so dürfte sich dem nach die Angabe, Frhr. v. Manteuffel werde die Rückreise über Frankfurt nehmen, „um sich daselbst mit Hrn. v. Bismark zu besprechen", als irr» thümlich erweisen.— Unter den Anordnungen, welche zur Hieduction dcS Heeres auf den Friedcnsctat getroffen werden, befindet sich auch die Wie deraufhebung- der, gelegentlich der vor etwa zwei Jahren einlretenden krie gerischen Rüstungen gebildeten fünften 6-pfündigen Batterien bei den neun preußischen Artilleneregimcntcrn. Bei Errichtung dieser Ergänzungscvm- pagnien hatte die Meinung vielfach platzgegriffcn und namentlich im Militär fast allgemein Geltung gewonnen, dieser Zuwachs zur preußischen Wehr- kraft solle ein bleibender sein. Der Aufhcbungsbefehl, dessen Erlaß in wenigen Tagen bcvorstehen soll, wird daher wol an manchen Orten über raschen.— Wir hören, daß aus Petersburg die Nachricht hicrhergc- langt ist, der Kaiser von Rußland beabsichtige von Warschau aus, wo man denselben Anfangs Mai erwartet, seine Mutter, die Kaiserin- Witwe hierhcrzugelciten. In der Lha^werdyn in Sanssouci Vorbereitun gen zum Empfang zahlreicher fürstlicher Gifte getroffen, und in der Stadt erzählt man sich sogar, auch der Kaiser der Franzosen und der Kaiser von . dem Kampfe zuschauten, und zwar nicht ohne einen Schein pon Recht. Es kann ätsch nicht verschwiegen bleiben, wie die Passivität Oesterreichs die Energie FrgnkrMS gelähmt und welche Zugeständnisse man einer Zauder- Politik gemacht'hat, die zu besiegen dennoch nicht gelang. Neben der mili tärischen und politischen Eitelkeit ist es die materielle Genußsucht, welche die meisten Schichten der französischen Gesellschaft, vor allem die tonange- bende Hauptstadt beherrscht. Seit dem Sturze Napoleon's I. ist diese ma terielle Dichtung des französischen Volkscharakters zu solcher Stärke angc- wachsen, daß sie jetzt fast mehr noch als jene ideellen Leidenschaften die ^Ration beherrscht. Cs mag daher auch wol richtig sein, daß unter dem Einfluß dieses Factors Frankreich im Augenblick de- Kriegs müde und dem Frieden zugeneigt war, und daß der Kaiser, mit seinem bekannten Fein gefühl für die Stimmungen des Volks, diesem Verlangen nachzugebcn sich .veranlaßt fand. Daß inzwischen die Befriedigung und Förderung der ma- ^tersellen Interessen nicht ausreiche, um das französische Volk apf die Dauer zusrieden^und im ungestörten Einklänge mit der bestehenden Gewalt zu er halten, hat das Beispiel Ludwig Philipp's gezeigt. Wenn diesem qllcr- dings mit Recht der Vorwurf gemacht ward, daß er der Politik der ma- ' teriellen Interessen und des Friedens um jeden Preis die Ehre und Macht- .stellung Frankreichs in mehr als einer Beziehung zum Opfer gebracht, daß ^er aus diesem Grunde die Oesterreicher in Italien habe Fuß fassen und ^die Npssen den letzten Rest der polnischen Unabhängigkeit vernichten lassen, Ho scheint die Frage nicht überflüssig, ob der französische Stolz und der an- ,gewöhnte Jnstinct der Nation, den generösen Protector unterdrückter Nativ- *nalitä'ten zu spielen, dem gegenwärtigen.Regiment es nicht ebenso übel ver- merken werde, daß es die Oesterreicher in Italien gelassen und für die Wie derherstellung Polens nichts gethan habe, da doch zu Beidem die Gelegen heit mindestens viel günstiger war als unter Ludwig Philipp? Eine große Gefahr droht endlich noch, wie uns scheint, der Ruhe Frankreichs und dem Bestände der gegenwärtigen Ordnung aus der durch den vorzeitigen Friedensabschluß neuerdings entfesselten und furchtbar ge steigerten Speculations- und Genußsucht der Franzosen. Jene moralische Fäulniß, welche in den letzten Jahren der Regierung Ludwig Philipp's einen Theil der vornehmsten und der Mittelklassen ergriffen hatte und in Skandalen, wie der Proceß Teste, zutage kam, wird auch jetzt nur zu leicht die Folge einer Versumpfung des Volks in materiellen Genüssen sein, welche nicht mehr durch den frischen Luftzug großer nationaler Ideen und Em- psindungcn, wie sic ein tüchtig geführter Krieg erzeugt, unterbrochen wird. Welche Folgen dies aber für die politischen Zustände und ganz besonders für die Stimmung des vierten Standes — dieses in dem Staatswesen der Gegenwart so bedeutenden Factors — äußere, hat die Julidynastie zu ihrem eigenen und zu Frankreichs Schaden erfahren. Und damals bildeten we nigstens die idcellcrn Mächte des öffentlichen Lebens, die Bewegungen der pärlamentarischen Verhandlungen und die noch leiblich unabhängige Presse einigermaßen gegen diese Auswüchse des Materialismus ein Gegengewicht, welches heutzutage fehlt, wo höchstens in den versteckten Andeutungen einer akademischen Rede der unbesiegbare Widerwille der unabhängigen Intelligenz gegen das herrschende Regiment und die Lust des Volks an dem Kampfe DtilWc Mgemint Zeitung -Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» Die Abrechnung. IV. -mLeipzis, *7. April. Ob da- französische Volk den abgeschlossenen Fried«« mit oben hex GmpMpung betracht« wieftin Oberhaupt, und ob dj« Hoffnung H«seS Letzter«, durch denselben feine Macht nicht bloS nach außDN, sondern auchim Innern von neuem und dauernder als je befestigt zu Hatzen, -ein« avahldsgründete sei: diese.Fragen .darf man nicht nach den Stimmen d« von oben inspirirtey oder doch beeinflußten Presse, nicht nach dem Jubel der pariser Bevöltenmg, de^n unverwüstlicher Leichtsinn durch die Militärschauspiele de- Mar-feldes, hie Prunkfeste der Tuilerien und die seiner N-tional«ittlkeit schmeichelnden Witzwort« der russischen Diplomaten berauscht ist, nicht eipMäl nach dem augenblicklichen Stande der Börsen- «urse (die übrigens dem FriedensenthusiaSmuS nichts weniger als günstig sind) beurtheilcn. , ES ist klar, daß der jetzt beendigte Krieg für Rap-leW ' neben sei- nem nächsten Zweck (ja vielleicht noch vor diesem), die ÄWÜitmg hatte, die Leidenschaften de- französischen Volks zu beschäftigen lind zu befriedi gen, auf diese Weise sich derselben zu versichern und sie an die neue Ord- nung der Dinge zu kette«. Militärischer Untexnehisiungsgeist und militäri- sche Ruhmsucht haben unter diesen Leidenschaften allezeit eine hervorragende Stelle behauptet. Diesem Drange ist «un bis auf einen gewissen Punkt allerdings Genüg« geschehen — aber nur bis auf einen gewissen Punkt. Die Wqffcnthaten der französischen Armee, an sich rühmlich genug, schrum pfen doch zur Unbedeutendheit zusammen, wenn man sie mit den unge heuer« Anstrengungen, die dafür gemacht wurden, und den durch diese hochgespannten Erwartungen vergleicht, geschweige denn, wenn man an sie jene« gewaltigen Maßstab hält, den unwillkürlich jedem Franzosen die le bendige Erinnerung an die KriegSlhaten und die Triumphe des ersten Kai serreichs an die Hand gibt. Vor allem aber bedenklich für die nachhal tige Befriedigung der Armee durch diesen Krieg ist der Umstand, daß die wenigen wirklichen Glanzpunkte desselben mehr der persönlichen Tapferkeit Und hem Ungestüm der Soldaten als dem strategischen Talent der Führer zu verdanken waren, dagegen die großen Opfer an Menschenleben — durch FejpdeShand, Seuchen, Strapazen und Entbehrungen —, die er gekostet, zu.einem bedeutenden Theil auf Rechnung mangelhafter Leitung und Für- ' sorge kommen. Wenn es den von der englischen Presse begonnenen Ent- , Hüllungen gelingen sollte, auch noch den Feldhcrrnruhm St.-Arnaud's zwei felhaft zu" machen, so möchte in der That kaum ein einziger Feldherrn- nam« übrigbleiben, zu welchem die Helden der Krim mit ungetrübter Be geisterung und Anhänglichkeit cmporblickcn könnten. Denn Canrobert ward de- Befehls enthoben, weil er Sewastopol nicht bezwingen konnte, und l Pöljssier bezwang es zwar; aber die Verfolgung dieses einen Sieges gc- laizg ihm nicht, und seine hochtönenden Verheißungen von alsbaldiger Ver- jagung der Russen aus der ganzen Krim bliebcn unerfüllt. Mag die Schuld davon gewesen sein wessen sie wolle, des Zauderns der Bundesgenossen oder der Unüberwindlichkcit äußerer Hindernisse — der Soldat, der nur auf den Erfolg sieht und dem die raschen Siegesläufe seiner Waffenbrüder unter dem ersten Napoleon wohlbekannt sind, fühlt wenigstens Das her aus., daß der gegenwärtige Kaiser die militärische Erbschaft seines großen Oheims — in dessen Wörterbuch bekanntlich das Wort „unmöglich" nicht ftgnd — nur zu einem geringen Theile überkommen habe. Daß der Kai- ser selbst, trotz mehrmaliger Zusage, sich an die Spitze der Truppen zu stellen, dennoch daheim und den Unternehmungen wie den Gefahren des Kriegs fremdblieb, kann dieses Gefühl natürlich nicht vermindern. Mag es daher immerhin ein bloßes Gerücht sein, daß die vertriebenen Generale den jetzigen Moment benutzt hätten, um Proclamationcn an die Armee und speciefl gn die Truppen in der Krim zu richten, so scheint uns doch dieses Gerücht hie Stimmung der Soldaten, wie man sic als Folge des Frie densschlüsse- vorausscht, richtig zu bezeichnen. Die in Aussicht gestellte . Unkrnehmung gegen Madagaskar wird schwerlich als eine ausreichende Ent- schädigung für die kriegerischen Erfolge, welche der Armee, und für die Vorteile, welche der Nation bei einer längern Fortsetzung des Kriegs ge gen Rußland zu winken schienen, angesehen werden können. Die Erobe rung der Insel dürste — vorausgesetzt, daß England kein Veto einlegt — «ine. ebenso leichte als rühmlose sein, bei welcher die größte Gefahr für die Expeditionstruppen in dem raschen Ucbcrgangc von dem rauhen Klima der Krimhochebene zu dem heißen der afrikanischen Regionen und den davon zu -befürchtenden Krankheiten lieg«» möchte. , ' Was die politischen Früchte des Krieg- mit Rußland betrifft, so wer den diese, bei einer ernüchterten Betrachtung, dem verwöhnten französischen Gaumen nur als sehr wenig schmackhafte erscheinen. Der Ruhm, Rußland - zur Nachgiebigkeit gezwungen zu haben, wird den Verbündeten, trotz ihrer ' gewaltigen Opfer, von Denen streitig gemacht, welche Gewehr beim Fuß Freitag. Di« Zeitung .mfihem« mu NuSvahme de» „Mgatggv täglich «ich wirb Nachmittag» 4 Uhr aus- gegeben.