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ViwiMrÄiMa« Früher: Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend Fernruf Wilsdruff 6 / Postscheck Dresden 2640 Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts u. Stadtrats zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Nossen. «fftftelnl bl« auf weitere« nur Moniaq«, Mittwoch« »Freitag« nachmittag«; Uhr für den folgenden Tag, Bezugspreis b«> Selbstabboiuna f. die Woche v. 10.1L—1S. 12. soa Milliarden, Lurch unsere Austräger zugetragen in der Stadt 520 Milli arden auf dem Lande zzo Milliarden, durch die Po» monatlich entsprechend. Alle Pollanstalten und Postboten sowie unsere Au-trtig-r und Geschäftsstelle nehmen jederzeit Bestellungen entgegen. 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Deutschlands Wiedergeburt — RisikopräMen — Die aste deutsche Staatsraison — 1000 000 000 000 — eine Mark — Beelzebub und Luzifer, Samiel und Urian — Pessimismus, Optimismus — Die Rentenmark eine junge Greisin? — Der schwanzgezämirte Esel — Theseus, der Führer — Sense und Rodehacke. Deutschland steht im Zeichen der Wiedergeburt. Die Gold mark („Festmark" würde ja die Bezeichnung sein, welche mehr Aussicht darauf hat, der Richtigkeit näher zu kommen!) hat sich spielend leicht des allgemeinen geschäftlichen Verkehrs bemächtigt. Fingen vor Monaten noch die großen Industrie-Unternehmungen erst zaghast an, ihre hinausgehenden Kalkulationen auf Gold mark auszubauen, so folgten sie sich selbst als erste nach, in Gold mark auch ihre Rechnungen auszustellen. Mit der Einführung der Goldmarkrechnung durch die Reichsbahn war das Signal abgegeben, das auch den gesamten Handel, die Industrie, das Handwerk, kurz alles auf den Goldmarkplan rief. Da gab es kein Halten mehr. Das Pfund Butter kostete anfangs drei Goldmark, der Hering 10—15 Goldpfennige. Und wer Gold mark, Goldpfennige, Rentenscheine, Dollarschatzanweisungen nicht auf die Ladentheke zu legen vermochte, nun, der mußte sich eben mit dem erforderlichen Häuflein Papiermarkscheinen beschwert aus den Einkauf begehen Und soundsoviele Prozente als Risiko prämie den Goldmarkpreisen hinzulegen. Besonders begehrte Artikel, von deren Benennung hier aus Höflichkeit abgesehen werden soll, konnten nur in wertbeständigen Zahlungsmitteln erstanden werden, und es hat der teils empfindlichen Bestrafung erst bedurft, um mit solchen Artikeln handelnde oder sie produ zierende Missetäter auf den Weg zur alten deutschen Staats raison zurückzuführen. Mit dem Zwangskurse, der eine Billion (so sieht sie aus: 1000 000000 900!) einer Festmark gleichstellte, ist diesem Uebel ja nun gesteuert worden und auch die Erhebung der Risikoprämie ist nun auf dem Verordnungswege untersagt worben. Da jeder Teufel bekanntlich immer nur seine Stunde raset, so steht zu hoffen, daß: der Papiermark-Teusel, der uns bis an das finstere Höllentor zu locken verstand, nun auch aus- geraset hat, ohne uns über seine Schwelle Hinwegzukriegen. Zeit aber, allerhöchste Zeit auch' war es! Mit Beelzebub aber haben auch die Luzifer, Samiele, Uriane, Satane und Dämonen seiner Gefolgschaft auf ihre weiteren Anrechte an uns ver zichten müssen. Nicht mehr hält uns Luzifer Dollar umkrallt, nicht mehr Samiel, der Valutcnschieber, und sein Genosse Urian, der Börsenjobber auf Papiermarkbaisse. Die aus den in seinem Erwerb ehrlich gebliebenen Deutschen losgelassen gewesenen Satane Betrug sind Arglist haben ihre Krallen ebenso wieder einziehen müssen, wie die sie begleitenden Dämonen Wucher, Lüge und Fälschung. Ein Aufatmen geht durch die deutschen „Untertanen", die ste in ihrer großen Mehrheit trotz November 1918 geblieben sind, an das kaum einer noch zu seinen Lebzeiten zu hoffen ge wagt. Das Hoffen war dem Deutschen in dem langen Leidens tal, das er durchwandert, zurückgeblieben. Zu schwärzesten Pessimisten waren sie allesamt geworden. Zu glücklichen Pessi misten, die — um mit Marie von Edner-Eschenbach zu reden — nur die eine Freude empfinden, so oft sie immer wieder be weisen konnten, daß es keine Freude gibt. Dieser Pessimismus kommt auch angesichts der Tatsache, daß der edelvalutarische Schweizer Franken hinter die Rentenmark treten muß — gilt er doch nur 73 statt 80 Pfennig, freilich unter dem Zwangskurse — nicht zum Schweigen, denn immer wieder treten Gerüchte aus, die der Rentenmark die Dauer ihrer Stärke nicht zu erkennen wollen. Da heißt es denn: abwarten! Und: die Zeit genützt, die endlich einmal eine allgemeine Atempause verstattet. Genützt, um einem so lange entbehrten gesunden Optimismus in uns wieder Raum zu schaffen. Er braucht ja nicht gleich in Enthusiasmus auszuarten, der allzuleicht für Utopisten aller Art einen Nährboden schafft. Ein gemäßigter Optimismus, wie er ja — nach Freiherrn von Feuchtersleben — ohnehin aus einer echten Philosophie des Lebens entspringt, wie er zur Diätetik der Seele gehört, ist uns nicht nur erlaubt nach der bitteren, jahrelangen Leidenszeit, er ist auch erforderlich. Aus ihm allein nur kann der Glaube entstehen, daß es einmal, einmal doch auch uns wieder gelingen wird, das Rasetempv des beim Schwänze angezäumten Esels zu mildern, um diesen selbst um zuschirren. Wo Glaube, da kann auch das grüne Kräutlein Hoffnung wieder eingepflanzt werden und neue Triebe sprießen lassen. Der Selbstbetrug, zu dem uns die Papiermarknullen ver leitet, der uns alle wie eine ansteckende Krankheit befallen, — mit dem Schwinden der Nullen kehren wir ihm langsam den Rücken zu. Rentenmark und Rentenpfennig sind die Vertreiber des unseligen Spuks. Beide zwingen uns, uns wieder auf uns selbst zu besinnen. Beide zeigen uns, nachdem sie den Zerr spiegel jener Nullen uns aus der Hand geschlagen, in voller Deutlichkeit, daß wir arm geworden und wie arm wir ge worden sind. Sie lehren uns, den Ariadnefaden zu suchen, das unseren Händen längst entglittene und nun wiedergefundene Ende an die Jetztzeit anzuknüpfen, um an ihm den Ausweg aus unserem Labyrinth zu finden. Dient uns dabei unsere eigene Kraft, unser ernstes Wollen, unser zu neuem Leben erwachter Fleiß als Führer Theseus, so möge frischer Mut und ein ge sunder Optimismus als heilfpendende Sonnenstrahlen unser Werk günstig beeinflussen. Schon regen sich ringsum Sinne und Hände, neuem Auf- stieg die Wege zu ebnen. Mit Dornen und Gestrüpp sind sie umsäumt, die im Verfall desto üppiger zu wuchern vermochten. Wo aber das Bewußtsein und der Wille zu neuem Tun die Sense, wo Beharrlichkeit zur zurückgewonnenen Arbeitsfreude die Rodehacke, da vermag nichts der kühnen Tat das Gelingen zu wehren. Dann wird auch uns einst wieder kommen die Zeit, aus welcher wir der Vergangenheit mit ihrem Leid und ihrer Zerrissenheit nur in aussöhnender Verklärung gedenken. Möge dann das Wort eines Georg Keil uns für alle Zeiten im Ge dächtnis haften bleiben: Vergangenheit laß deine Lehrerin sein, In die Gegenwart streue den Samen ein. Ob die Zukunft belebe den zarten Keim — Das stelle Gott anheim. Jupiter. Me SWW Wermg zuMMten. Ist Minister Liedmann glaubwürdig? Das Wolffsche Bureau verbreitet folgende halbamtliche Mitteilung des Reichswehrminifteriums: „Der „Vorwärts" vom 12. Dezember gibt unter dem Titel „Reichswehr und völkische Hundertschaft" Auszüge aus einem Bericht der sächsischen Regierung wieder. Hierzu bemerken die „Leipz. N. N.": Aus die Bespitzelung der Reichswehr sind in der Bespre chung in Dresden am 30. Mai vom Reichswehrminister Dr. Geßler und Generalleutnant Müller die sächsischen Minister Aeigner und Liebmann hingewiesen worden. Diese haben auf das entschiedenste bestritten, irgend etwas'in dieser Sache ange- ordnet zu haben oder überhaupt etwas von ihr zu wissen. Durch die neuerdings erfolgten Veröffentlichungen sind diese Behaup tungen des Ministers Liebmann als unwahr erwiesen worden. Die sächsische Regierung hat Nachrichten über Sturmabteilungen der Nationalsozialisten in Zwickau an die Presse gegeben, ohne sie vorher den militärischen' Stellen mitzuteilen. Sowohl beim Reichswehrministerium wie beim Wehrkreiskommando IV ist die Angelegenheit vollständig unbekannt. Es ist unverzüglich eine Untersuchung eingeleitet worden, um sestzustellen, ob tatsächlich irgendwelche Zusammenhänge dieser Verbände mit militärischen Stellen bestanden haben. Das Ergebnis dieser Untersuchung wird noch bekanntgegeben werden." Da» Vertrauen zur sächsischen Regierung.. Die „Leipziger N. N." lassen sich von ihrer Dresdner Schriftleitung folgendes drahten: Wie wir hören, wird die Deutsche Volkspartei im säch sischen Landtag folgenden Antrag einbringen: Das Kabinett Fellisch besitze im Landtag keine Mehrheit. Dies entspricht auch den politischen Verhältnissen im Lande. Das Kabinett Fel lisch hat deswegen, um sich zu halten, bisher nicht gewagt, von dem Landtag die ausdrückliche Vertrauenserklärung zu fordern, deren eine parlamentarische Regierung für ihr weiteres Be stehen bedarf. Die politischen und wirtschaftlichen Zustände Sachsens erfordern gebieterisch den' Rücktritt des Kabinetts. Da die Regierung diese notwendige Klärung herbeizuführen nicht selbst den Mut hat, stellt die Fraktion der Deutschen Volkspartei folgenden Antrag zur Beratung und Abstimmung: »Der Landtag wolle beschließen, der Minister präsident Fellisch besitzt nicht dss Ver trauen des Landtags." Wir halten diesen Antrag für sehr notwendig, um endlich in Sachsen klare Bahn zu schaffen. Der Mißtrauensantrag der Deutschnationalen Volkspartei wird, wie wir hören, nicht die Zustimmung der Kommunisten finden, dagegen sollen die Kom munisten beabsichtigen, ebenfalls ihrerseits einen Mißtrauens antrag gegen die Gesamtregierung einzubringsn. Wenn die So zialdemokraten nicht nach: der demokratischen oder kommunistischen Seite hin außerordentliche Zugeständnisse machen, wird die Re gierung nicht das Vertrauen des Landtages finden und zurück treten müssen. Es ist nicht ausgeschlossen, daß: die Regierung die Behand lung des Antrags gar nicht erst abwartet, sondern zurücktritt, um während der Weihnachts- und Neujahrsferien Verhandlungen über eine Umbildung der Negierung vorzunehmen. Nun doch der Rücktritt! Kurz »or Toresschluß erreicht «ns noch die folgex-e eigene Drahtmeldung: Dresden, 14. Dezember. Da die demokratische Laudtagssraktion durch einen entsprechenden Antrag der sächs. Regierung die Weiterunterstützung ver sagt hat, erklärte in der heutigen Land tagssitzung Ministerpräsident Fellisch den Rücktritt der Regierung. Die Minister werden jedoch bis zur Neubildung der Regierung die Aemter weiterführen. Die zweite Steuer-Notverordnung genehmigt. Berlin, 13. Dez. Das Reichskabinett genehmigte in feiner heutigen Sitzung die zweite SLeuernotvcrordnung und stimmte den Richtlinien über die Schadloshaltung der ausgewiesenen Beamten zu. Generelle Gehaltsaufbesserung der Beamten in Preußen. Berlin, 13. Dez. Wie der amtliche preußische Presse dienst mitteilt, hak sich das preußische Staatsminifterium mit 'den festgesetzten Beamtengehältern befaßt und ist übereinstimmend zu der lleberzeugung gekommen, daß die Gehälter insbesondere in den unteren und mittleren Stufen unzulänglich seien. Es soll die erste Gelegenheit, die sich bei einer Besserung der Lage der Staatsfmanzen bietet, benutzt werden, um eine generelle Auf besserung der Gehälter in die Wege zu leiten. Nur teilweise Gehaltszahlung möglich. Berlin, 13. Dez. Das Reichskabinett mußte sich an gesichts der außerordentlich schwierigen Finanzlage des Reiches zu feinem Bebauern entschließen, anzuordncn, baß die für den 17. Dezember in Aussicht genommenen Gehaltszahlungen an Beamte und Angestellte für die zweite Dezemberhälfte nur zuy Hälfte an diesem Tage geleistet werden. Es ist in Aussicht ge^ nommrn, den Rest am Freitag, den 21. Dezember, auszuzahlen. Die Reichsregierung sah sich zu dieser Anordnung trotz der iHv bekannten Notlage der Beamten- und Angestelltenschaft ge zwungen, da die Mittel zu einer rechtzeitigen vollen Auszahlung nicht vorhanden sind und trotz allen Anstrengungen nicht hev- beigefchafft werden konnten. Droht ein Besmtenstreik? Berlin, 13. Dez. Die westdeutschen Beamtenverbände haben die Annahme der neuen Gehaltsvorschläge der Regierung abgelehnt. Sie richten einen Aufruf an die Beamtenschaft, sich zum Abwchrkamps durch einen eventuellen Beamtenausftand bereit zu halten. Eine Konferenz der deutschen Beamtenver- bänds soll kommende Woche in Berlin stattfinden, um eine letzte Aktion der deutschen Beamtenschaft zu beschließen. Finanzminister Krausneck tritt nicht zurück. M ünchen, 13. Dez. Wie die Korrespondenz Hoffmann meldet, hat Finanzminister Krausneck sein Rücktrittsgesuch zurück gezogen, weil die Abmachungen im heutigen Ministerrat der Auffassung des Finanzmin-isters Rechnung tragen und dadurch das Gesuch gegenstandslos geworden fei. Die „Pfalzregierung" droht mit Sanktionen. Speyer, 13. Dez. Am 5. November waren zwei Se kundaner in Frankenthal auf Airordnung des Amtsgerichts Heidelberg verhaftet worden unter der Beschuldigung, daß sie der Rheinischen Volksvereinigung bcigetreten feien. Die auto nome Regierung der Pfalz hat nunmehr dem Amtsgericht Heidel- derg die Aufforderung zugehen lassen, die inhaftierten Schüler innerhalb fünf Tagen freizulasfen. Sollten sie bis dahin nicht in Frankenthal eintzetroffen fein, so würden Vergeltungsmaß- nahmen gegen rechtsrheinische Personen getroffen werden. Poincarss Stern im Erlösche«. London, 13. Dez. Washington betont, die amerikanische Beteiligung bedeute das Fallenlassen aller Beschränkungen, wo durch Poincarü die frühere Beteiligung verhinderte. Der Leit aussatz der „Times" unterstreicht gleichfalls, Frankreich habe diesmal der Arbeit in den Ausschüssen keinerlei Beschränkung auferlegt, es könnten auch Ruhrfragen behandelt werden. — Jedenfalls wird hier erwartet, daß sich die Ausschüsse im Gegen satz zum Bankierkomitee von Poincarä keinen Maulkorb anlegen lassen werden. Das Organ der Arbeiterpartei erklärt, Washing ton und London hätten private Zusicherungen erhalten. Die Ausschüsse seien bestimmt, das Vorspiel einer allgemeinen Bei legung zu werden, deren Grundlage bereits in Paris und Berlin erörtert würde. Das habe die englische Regierung bestimmt, jede Absicht, die Legalität der Ruhrdesetzung zu bestreiten, auf- zugeben.