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Textil-Technischer Teil Aus dem Inhalt: Einheitsverfahren für die einfache Prüfung von Wolle. Vom Ausschuß für wirtschaftliche Fertigung. — Standard-Qualitäten und Bremer Arbitrage für Putzwolle. Von Fabrikdirektor Gebauer. — Über die Erzeugnisse der Deutschen Spinnereimaschinenbau-Aktiengesellschaft Ingolstadt. Von Dr.-Ing. Zwerger. — Garnbefeuchtung. Von einem Spinnereidirektor. — Vom Durchzugsstreckwerk. Von Ing. Fridolin Engelmann. — A. E. Heipt f. — Die Branchen der Weberei. Von. Otto Kuhn. (Fortsetzung.) — Die regelbare Kugelfadenbremse. Von Ing. J. Goretzki. — Eine neue Schußspulmaschine für die Band industrie. Von W. Binder. — Luftbefeuchtung für eine Weberei. Von Ing. E. Ullrich. — Neue Erfindungen auf dem Gebiete der Textil-Technik. — Der Textil-Technische Ratgeber. — Bücherschau. Fctsergeroinnung u.-untersuchung, Roh* u. Hilfsstoffe Einheitsverfahren für die einfache Prüfung von Wolle. (Betriebsprüfung.) Im Interesse der Verbesserung und Verbilligung unserer Produk tion und der Erhöhung des Absatzes im In- und Ausland befaßt sich innerhalb des Ausschusses für wirtschaftliche Fertigung beim Reichs kuratorium für Wirtschaftlichkeit eine besondere Arbeitsgruppe mit der Aufstellung einheitlicher Richtlinien für die Qualitäten aller in der deut schen Wirtschaft hauptsächlich verwendeten Roherzeugnisse und Fertig waren. In einer ganzen Reihe von Fachausschüssen werden auf den verschiedensten Fachgebieten gemeinsam von allen in Betracht kommen den privaten und behördlichen Wirtschaftskreisen, Erzeugern, Händlern und Verbrauchern einheitliche, allgemein gültige technische Lieferbedin gungen vereinbart. Neben der Aufstellung von Lieferbedingungen ist es für eine Reihe von Fällen wichtig, Prüfverfahren auszuarbeiten, damit jeder, der sich mit der betreffenden Ware zu befassen hat, eine Prüfung derselben auch mit einfachen Mitteln vornehmen kann. Das nachfolgend abgedruckte Blatt Nr. 22 „Einheitsverfahren für die einfache Prüfung von Wolle“, zu dem der erste Entwurf bereits im Winter vorigen Jahres aufgestellt wurde, ist vom Fachausschuß „Textilien“, Obmann Direktor T e u f e r, nach eingehender Bearbeitung nunmehr auf der Ausschußsitzung vom 10. Juni 1925 endgültig abgeschlossen worden. Bemerkt sei hierbei, daß selbstredend von Zeit zu Zeit das Blatt’ nach inzwischen aufgetretenen neueren Gesichtspunkten überarbeitet werden wird. In die vorliegende endgültige Fassung wurden die auf das Rund schreiben vom 30. 7. 25 noch eingegangenen Vorschläge eingearbeitet. Unter dem Namen „Wolle“ sei ausschließlich Schafwolle verstanden. 1. A u s ga n g s m a t e r i a 1 für die Fertigwaren. Zur Verarbeitung gelangen: N e u w o 11 e. Das ist Wolle, die noch keinem Verarbeitungsprozeß unterworfen war. a) Schurwolle, vom lebenden Schaf gewonnen. b) Haut- oder Gerber wolle, von der Haut ge wonnen. A11 w o 11 e (K u n s t w o 11 e), das ist Wolle, die bereits verarbei tet gewesen war und durch Reißen nochmals verwendbar gemacht wor den ist. 2. Eigenschaften. a) Wolle zeigt mehr oder weniger ausgeprägte Kräuslung der Haare; b) unter dem Mikroskop zeigt das Wollhaar eine schuppige Außen seite; c) Beim Verbrennen ensteht ebenso wie bei Seide Geruch nach verbranntem Haar; es verbleibt ein aufgeblähter schwarzgrau glänzender, koksartiger Rückstand. Entfernt man das Wollhaar aus der Flamme, so brennt es nicht weiter, sondern verlischt bald; d) Wolle wird ebenso wie Seide in siedend heißer verdünn ter etwa 3%iger Kali- oder Natronlauge vollständig aufgelöst. Versetzt man diese Auflösung mit einer alkalischen Bleisalz lösung (N a t r i u m p 1 u m b a t, B 1 e i z u c k e r gelöst in Natron lauge), so entsteht infolge des Schwefelgehaltes der Wolle eine Braun- bis Schwarzfärbung. Diese Reaktion tritt bei Seide nicht ein und kann somit zur Unterscheidung von W olle gegenüber Seide dienen. 3. Beimengungen. Oft kommen in Wollwaren 1 ) pflanzliche Fasern (Baumwolle, Leinen usw.) vor, die zum Zwecke der Verbilligung beigefügt sind, aber die Waren auch minderwertig machen. Zusatz von Seide und Kunst seide, bisweilen aber auch von Baumwolle und Leinen erfolgt zum Zwecke der Verzierung. Diese pflanzlichen Fasern a) sind nicht oder nur leicht gekräuselt und zeigen daher - ein glatteres Aussehen; 1) Der Ausdruck „Wollwaren“ umfaßt hier Garne, Gewebe, Wirkwaren, Strick waren, Geflechte, Filzwaren usw. aus Wolle oder solche, die als Wolle bezeichnet sind. b) brennen im allgemeinen rascher als Wolle ab und entwickeln Geruch nach verbranntem Papier; c) hinterlassen nur geringe Mengen nicht aufgeblähter und nicht glänzender, weicher Asche von weißer, grauer, grüner oder brauner Farbe; d) werden beim Kochen mit 3%iger Natronlauge nicht zerstört, manche Kunstseiden zerfallen dabei und bilden eine gelatineartige Quellmasse. 4. Verarbeitung. Das Wollhaar wird versponnen a) zu Kammgarn, wozu fast ausschließlich schlichte, lange, wenig ge kräuselte Neuwolle (Schurwolle) Verwendung findet; b) zu Streichgarn, das sowohl aus meist kürzerer Neuwolle, wie aus Altwolle oder Gemischen beider, auch unter Zusatz von Baumwolle bestehen kann. Der Zusatz von Altwolle und Baumwolle vermin dert den Wert des Woll g a r n e s. 5. Prüfverfahren. Um die Waren auf ihre Zusammensetzung zu prüfen, isoliert man jede Art von Fäden, aus denen die Ware besteht, so löst man z. B. die Kettfäden von den Schußfäden, trennt Strick- und Wirkwaren auf usw., stark gefilzte Stoffe werden leicht angefeuchtet, damit die einzelnen Fäden besser zu trennen sind. a) Zur Prüfung der Fäden auf Stärke und Gleichmäßigkeit bringe man genügend lange Stücke davon nebeneinander auf eine glatte Unterlage, und zwar helle Fäden auf eine dunkle und dunkle Fäden auf eine helle Unterlage. Um ihnen eine gewisse gleich mäßige Spannung zu geben, wickle man sie, wenn sie lang genug sind, um die Unterlage oder man streiche sie glatt aus und klebe sie an beiden Enden an. Je feiner und gleichmäßiger die Fäden sind, desto besser ist im allgemeinen das Wollgarn; b) jeden zu prüfenden Faden nehme man zwischen Daumen und Zeigefinger beider Hände und drehe ihn auf zwecks Ermittlung, ob er - ein Einzelfaden ist oder aus mehreren Einzelfäden besteht, deren jeder gesondert zu untersuchen ist. Waren aus gezwirnten Fäden besitzen im allgemeinen höhere Festigkeit als solche aus einfachem Garn; c) den Einzelfaden drehe man ebenfalls auf. Beim Auseinanderziehen erhält man die einzelnen Spinnfasern. Je feiner und länger die Wollhaare sind, um so wertvoller ist das Garn, doch pflegen die feinsten Haare kürzer als grobe und weniger fest zu sein. d) Beim Kammgarn liegen die Haare parallel nebeneinander, sie sind nicht gefilzt, und die Fäden mehr oder weniger gedreht. Bei Streichgarn liegen die stärker gekräuselten Haare wirr durch einander. Kammgarn ist glatter als Streichgarn, bei dem viele abstehende Haarenden sichtbar snd, die eine rauhe Oberfläche ergeben. Altwolle allein oder zum Streichgarn beigemischt ist an den vielfach abgerissenen Haaren von unregelmäßiger Länge und ver schiedener Feinheit unter dem Mikroskop zu erkennen; e) die Prüfung auf die Art des Faserstoffes (Wolle, Baumwolle, Lei nen usw.) erfolgt nach 2 und 3. Beimengungen von pflanzlichen Fasern und Kunstseide sind sicher nachzuweisen, indem man eine Probe 1 lt Stunde lang in 3%iger Natronlauge kocht, spült, und durch ein Sieb abgießt. Wiegt man die Probe und den auf dem Sieb verbliebenen gewasche nen und getrockneten Rückstand, so kann man annähernd bestim men, wieviel pflanzliche Fasern der Wollware beigemengt waren. 6. Gewicht. Man wiege ein möglichst großes rechteckiges Stoffstück, errechne seinen Flächeninhalt aus Länge und Breite und ermittle so das Gewicht eines Quadratmeters.