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^L36I 1870. Mittwoch, den 4. Mai Der Abgeordnete Günther aus Sachsen fragte im c Zollparlamente an, ob das eine gerechte Steuer wäre, die Arm und Reich über einen Kamm scheere und durch die Verschiedenheit des Caffeeverbrauchs in den verschiedenen . Provinzen Deutschlands ganz ungleich mäßig wirke und also die Länder, wo man am mästen ' Caffee trinkt, weit stärker trifft, wie die, wo wenig getrunken wird. In den östlichen preußischen trinkt man Schnaps statt Caffee und in den süddeutschen Staaten Wein und Bier. Trotzdem hat die Caffee- zollerhöhung viel Aussicht auf Annahme. Die Frei händlerpartei will nämlich Caffee bewilligen, wenn nm 800,000 Thlr. Steuerermäßigungen an anderen Artikeln vorgenommen werden, sie verlangen also die Herabsetzung des Eingangszolls auf Reis von 1 Thlr. auf 4 Thlr., sowie die Abschaffung der Zölle von Roheisen. Mit dem ersteren könnte man sich schon einverstanden erklären und auch das zweite würde, wenn wir dadurch billiges Eisen erhielten, ein passen- - des Aequivalent sein. Nun stehl aber die Sache so, daß auch die Schutzzöllner geneigt sind, den Caffeezoll zu bewilligen, aber nur unter der Bedingung, daß die Eisenzölle nicht weiter abgemindert werden. Sie fürchten davon eine schwere Schädigung der jetzt so blühenden Eisenindustrie. Je nachdem nun die Mehr heit des Zollparlaments die Eisenzölle noch weiter herabsetzt oder auf ihrer bisherigen Höhe beläßt, stimmt nun die eine Partei für die Caffeezollerhöhung oder umgekehrt. Nach unserer Meinung ist dieser Handel: Caffee um Eisen, ein unwürdiger. Caffee darf unter allen Umständen nicht dem FZolke theuer gemacht werden, und wenn wir diesen Satz fest aus sprechen, hoffen wir nicht bloS das freundliche Kopf nicken unserer schönen Leserinnen zu verdienen, sondern sind auch der Zustimmung erfahrener Volkswirthe und praktischer Männer sicher; will und soll man den Tarif vereinfachen, so fürchtet man sich vor dem Zollausfall von 600,000 Thlr. nicht. 38 Millionen Menschen, die im Zollverein wohnen, können disse Mindereinnahme schon tragen, und wäre sie un erträglich, so schaffe man für 600,000 Thlr. Sol daten ab. Lieber weniger Soldaten und billigen Caffee, als theuerii Caffee, aber recht viel Soldaten Uedrigens steht die Sache gar nicht so schlimm. Dä- letzte Zollparlament hat eine Besteuerung des Zucker- beschlossen, die jede- Jähr reichlichere Erträgnisse i, SwttA u-ti str ° ' Bischofswerda, Stolpen und Umgegekd. ' Amtsblatt des Königlichen Verichtsamteo und des StaLtraihe» zu Kifchsfslverba: Diese Zeitschrift erscheint wöchentlich zwei Mal, Mittwoch» mW Sonnabends, und koket einschließlich der Sonn abends erscheinenden „belletristischen Beilage» viertcljädrlich 12'!, Ra«. Inserate werden bi« vienttaq« und Freitag« früh 8 Uhr angenommen und kostet die gespaltene Eorputzeile oder deren Raum 8 Pfennige. - j Rundschau. Das Zollparlament ist nunmehr an seine Haupt aufgabe, die Bcrathung eines revidirten Zolltarifs, herangetreten. Der Zollbundesrath will 50 Artikel, die bisher zollpflichtig waren, in Zukunft zollfrei machen, darunter ist namentlich lebendes Vieh be griffen, er will eine große Masse anderer Artikel im Zoll ermäßigen. Beide- Maßregeln würden einen Ausfall von circa 600,000 Thlr. in den Einnahmen des Zollvereins bewirken. Hierfür verlangt er die Erhöhung des CaffeezollS von 5 Thlr. pro Centner auf 5 Thlr. 25 Ngr., was nach dem oberflächlichsten Berechnungen gegen 1H Millionen Thaler Mehr- Einnahme bringt; er verlangt ferner die Besteuerung deS Stärkezuckers und Stärkesirups, was wiederum 200,000 Thlr. Mehr-Einnahme bewirkt. Es liegt zwar im Interesse des Publikums, wie der schnellen Expedition auf dem Zollabfertigungsstellen, daß der Tarif dadurch vereinfacht wird, daß eine große Anzahl von Artikeln, die im Ganzen nicht viel Zoll ein bringen, aus dem Tarif herausgenommen und zollfrei gemacht, resp. im Zoll ermäßigt werden. Es ist namentlich für alle^-Industrielle von der höchsten Bedeutung, daß endlich einmal der Zolltarif zum Abschluß kommt, damit nicht ewig die Jndustriecn beunruhigt werden, weil sie fürchten müssen, durch Tarisermäßigungen, die fortwährend in Aussicht stehen und doch nicht eintreten, in ihrer Entwicklung ge schädigt zu werden. Aber, um den Preis von über 1 Million diese Tarifreform zu erkaufen, das ist doch zu viel gefordert I Und noch dazu soll eins der nothwendigsten Lebensmittel des Volkes das Opfer lamm sein — der Caffee! Man mag es beklagen, aber Thatsache ist es, daß in vielen Distrikten der Industrie Und des Ackerbaues der Caffeetopf an die Stelle des Fleischtopfes getreten ist; dem Volke den Caffee vcrtheuern, heißt ihm sein Brod theuer machen. 25 Ngr. auf den Centner macht netto einen preuß. Dreier aus's Pfund und dabei werden die besten Cäffeesorten, wie Mocca, Java, Portorico u. s. w. g«wz ebenso gleichmäßig besteuert, wie der schlechter« Brasil-Caffee, dessen Verbrauch besonder- in den sächsischen Fakrikgegcnden «in sehr bedeutender ist. -stafim^wonzigft« Jahrgang. Mi- - K- - L '. ^7