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Rr. S86 Sonnabend, den IS. Juli 1S1« Schrlstleltung und DtschSftls!«»«: 2»hanni1gass« Nr. 8 Isernlurech Anschluh 7!r. I<6!>2 KW1 und N>i!>< Neue Were NnO im Mes - Mld Der deutsche Heeresbericht Dat Molffsche Bureau meldet amtlich: Großes Hauptquartier, 15. Juli. Westlicher Kriegsschauplatz Die nach der ersten blutigen Abweisung fortgesetzten ««gNfchen Angriffe nördlich der Somme haben zu schweren Kämpfen geführt. Zwischen Pozldres und Longueval gelang es dem Gegner, mit hier massierten Kräften trotz stärkster Verlust» in unsere Linie elnzudringen und zunächst Dode» z« gewinnen, sowie sich im TrSnes-Wäldchen fest- zusehen. Der Stotz ist aufgefangen. Der Kampf wird heute fortgesetzt. Südkch der Somme kein« Infanteriekätigkeit. Bon der ädrige« Front find, abgesehen von ergebnis losen Unternehnmvgen kleinerer englischer Abteilungen süd östlich von ArmentidreS in der Gegend von Angres, Renvllle und nordöstlich von Arras keine Ereignisse von Bedeutung zu beuchten. Oestttcher Kriegsschauplatz HdereDgruppe des Generalfeldmarschalls uo» Hindenburg Russische Abteilungen, die bei Lennewaden (nord- westlich von Friedrichstadt) die Düna zu überschreiten ver suchten, wurde« abgewieseu. Auf dl« mit starkem Verkehr belegten Bahnhöfe an -er Strecke Smorgon —Molodeczno wurden zahlreiche Bomben abgeworfen. Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls Nrinren Leopold vonBayern 2« Gegend von Skrobowa wurden Teile der vom Gegner seit seinem ersten Anlauf am Morgen des 3. Juli noch gehaltenen Stellen der ersten Verteidigungslinie im An griff zurückgewonnen und hierbei 11 Offiziere, über 1500 Mann gefangengenommen. Heeresgruppe des Generals von Linsingen Die Lage ist unverändert. Gegen Truppentransport verkehr auf dem Bahnhof Kiwercy (nordöstlich von Luzk) erzielten unsere Flugzeuggeschwader gute Treffergebnisse. Armee des Generals Grasen von Bothmer Keine wesentlichen Ereignisse. Dalkankrlegsschauplatz Eine feindlich« Abteilung, die einen vorgeschobenen bulgarischen Posten südwestlich von Gjevgseli angriff, wurde abgewiesen. Durch Feuer auf Gülemenli (nord östlich des Dolran-Sees) wurden sieben griechische Einwohner, darunter vier Kinder, getötet. Oberste Heeresleitung. Der Fortgang der Offensive an der Somme Don unserem zur Mefiarmee entsandten Kriegs berichterstatter. - (r.) Deutsches Drostes Hauptquartier, 14. Juli. Wie vorauSzusehen, haben die Engländer ihrem vorgestrigen Trommelfeuer neuerdings einen grohen Angriff gegen die Wäld chen von Main eh und TrüneS folgen lassen, welcher engbegrenzie Frontraum von knapp fünf Kilometer Breite schon seit Tagen den Brennpunkt -er rein englischen Offensive bildet. Auch diesmal ist der so oft und mit furchtbaren Opfern erstrebte Durchbruch nicht einmal bis in sein frühestes Anfangsstadiom gediehen; der Massenangriss brach schon vor der deutschen Linie zusammen. Ein ,welter Angriff gegen die Parzelle TröneSwald ist eben im Gange. llebrigenS find dl« englischen vnd französischen Funksprüche über den gestrigen Tag sehr bescheiden und verschweigen die groste Kampfhand lung fast ganz. Bei -en Franzosen ist an der Somme zwischen Barleux und EstrSeS an Stelle der erschöpften Infanterie wieder die Artillerie in Tätigkeit mit ausgedehnten BergasnngSversuchen, die aber erfolglos verliefen. Mit einer gewissen Eintönigkeit der Führung wiederholen lich nun seit zehn Tagen die Versuche der Engländer nach Norden, die der Franzosen nach Osten und Südost Luft zu schaffen, um -em flan kierenden deutschen Fener in ihre Keilflellung zu entgehen. Von einem Nachlassen der Kämpfe kann aber trotz mancher Pausen nicht gesprochen werden; verringert haben sich nur die Aussichten der Alliierten auf den Erfolg der großen Vorbereitung. Kurt Freiherr von Neben, Kriegsberichterstatter. Des „Avanti" Hohn über die Bundesgenossen fr.) Nom, 14. Juli. (Drahtbericht.) Auf verschiedene Prcststimmen der Ententemächte, die sich in Phantasien über den paradiesischen Zustand nach dem Kriege ergehen, antwortet der .Avanti" mit bitterer Ironie: Die Niederzwingnng Deutschlands, die Vernichtung des MsttariSmuS, der natürlich nur eine deutsche Einrichtung ist, geben eine kerrlich« Aussicht »uf die Zukunft. Frankreich wird sich dann zu 'einer bevorzugt«« Beschäftigung als Pionier der Zivilisation zu rückwenden. England wird sich zweifellos mit doppelter Menschen freundlichkeit dem Glück und Wohlstand seiner indischen und afri kanischen Untertanen widmen. Rußland wird nur daS eine Ziel kennen: die Verbreitung der demokratischen Idee unter seinen Völkern. Eingeständnis der Ruffengreuel i in Wolhynien (r.) Stockholm, 15. Juli. (Drahtbericht unseres s-Son-erberichterstatterS.) Ich erhalte Kenntnis von einer Denkschrift des russischen Kriegsministers an den Minister des Innern, die sich mit den im zurückeroberten Wolhynien von -en russischen Truppen ungerichteten Verwüstungen beschäf tigt. Die Denkschrift besagt: Bei Bewegung großer HeereSmassen wären Zerstöruygen unvermeidlich (!). Erfahrungsgemäß lockere sowohl das Vorrücken wie das Zurückweichen der Truppen ihre Disziplin. Nur da mit wäre der außerordentlich große Schaden zu erklären, den Wolhynien erlitten habe. Da jedoch zugegeben werden müße, daß die Zerstörungen fast ausschließlich von russischen Truppen hervor gerufen worden seien, sei die russische Regierung verpflichtet, für eine schnelle Entschädigung zu sorgen. In Wolhynien wären in den letzten vier Wochen 18 Ortschaften vollständig zer stört und insgesamt 11 vüv Häuser vernichtet worden. 11 Dörfer wären nach der Wiedereroberung von den russischen Truppen in Brand gesteckt worden. Nicht weniger als 17 800 Frauen hätten sich gemeldet, die infolge von Vergewaltigung schwer an ihrer Gesundheit geschädigt worden seien. 3000 Familienernährer der Zivilbevölkerung sin- seit der Besetzung .verschwunden" oder erwerbsunfähig geworden. Die gesamte Bevölkerung leidet schwere Not. Da die Militärbehörden sich in der Notwendigkeit befänden, olle vorgefundenen Vorräte für das Heer zu requirieren, wäre eS, so schließt die Denkschrift, eine heilige Pflicht, dafür zu sorgen, daß die befreiten Gebiete nicht dem Dalcrlande fluchten, das sie ins Anglück stürzle. Ministerpräsident Stürmer hat sich scheinbar die heilige Pflicht sehr zu Herzen genommen. Er überwies zur Linderung von Kriegsschäden 18 OVO Rubel, das heißt also, andert halb Rubel für jedes abgebrannte Haus. Die Schlacht bei Baranowitschi ( .) Stockholm, 15. Juli. (Drahtbericht unseres s.-Sonderberichterstatters.) .Ruskoje Slowo" schreibt: In der Gegend von Baronowitschi dauern die Kämpfe mit unver- mindeler Kraft fort. Die Deutschen halten mit ganz beispielloser Energie ihre alten Stellungen. Die russische Heeresleitung nimmt an, daß bei dem Feinde frische Reserven cingetrosfen sind, da Gegen angriffe täglich unternommen werden. Die Deutschen wären anscheinend entschlossen, hier die Osfcnsivwelle zurückzudrängen. Die zehntägige Schlacht sei noch unentschieden. (r.) Berlin, 15. Juli. (Drahtbericht.) Der Kriegsbericht erstatter des .Berl. Tagebl." meldet unterm 14. Juli: Das Schwergewicht der Kämpfe liegt jetzt nicht in den Kar pathen, noch in dem unmittelbaren Vorgelände, sondern in d e r Ebene jenseits des Dnjestr. Die Russen suchten am Donnerstag wieder die Linien der k. u. k. Truppen zwischen Koropice und der Strypa zu stürmen. Der dritte russische Angriff am Abend hatte einigen Erfolg. Bei Olosza, nordöstlich von Buczacz, drangen sie in unsere Gräben ein; aber in der Nacht stürmten plötzlich österreichisch-ungarische und deutsche Truppen wieder vor, und es begann ein grauenhaftes Nacht gefecht. Die Russen mußten wieder abziehen. Ihre Verluste sind, wie amtlich bestätigt wird, wieder ungeheuer groß, nachdem sie tagszuvor so bedeutend waren, daß vor einem Regiments abschnitt 1200 russische Leichen gezählt wurden. Neuer Neutralitätsbruch durch russische Li-Boote (r.) Stockholm, 15. Juli. (Drahtbericht unseres ».-Sonderberichterstatters.) Gestern hat ein erneuter Neutralitätsbruch in den schwedischen Gewässern durch die Ruffen staltgefundsn. Zwei russische Unterseeboote drangen bei der Verfolgung eines deutschen Dampfers bis unmittelbar an die schwedische Küste bei HudikSval vor. Der deutsche Dampfer entkam» doch setzten die U-Boote ihre Jagd auf ihn noch eine Zeitlang fort. Eine wohlinformierte Persönlichkeit berichtet mir, daß die schwe disch« Regierung gegenüber den systematischen russischen Uebergriffen zu größter Energie entschlossen sei. Sie beruft sich auf Artikel 13 der Haager Konferenz, der die Herausgabe von in neutralen Gewässern weggenommenen Schiffen und ihrer Mannschaften vorschreibt. Schweden soll gleichzeitig Rußland zu verstehen gegeben haben, daß bei einer Fort setzung der bisherigen Seekrteaführung von Schweden Gegenmaß- regeln zu erwarten seien. In der schwedischen Bevölkerung besteht allgemeine Verstimmung über die freche Mißachtung der Neutralität deS Landes. Aus Petersburg wird gemeldet, daß dort dem schwedischen Protest wegen der Kaperung der deutschen Schiffe die größte Bedeutung beigemessen werde, weil eS sich zum ersten Male um keinen rein formellen Prolest handelt. Die Pest in Rußland (2.) Stockholm, 14. Juli. l'Drahtbericht.) Infolge der unzureichenden sanitären und hygienischen Einrichtungen hat die Pest in Rußland in den letzten Monaten einen derartigen Umfang angenommen, daß der Reichsrat einen Fonds von drei Millionen Rubel zur Be- kämpfung der Seuche bewilligt hat. Die russische Presse zeigt sich angesichts der von der Regierung getroffenen Maßnahmen sehr beunruhigt und zieht daraus den Schluß, daß sich die Pest in beäng stigender Weise verbreitet. So schreibt die .Rjelsch': ES würde eine der größten Katastrophen für Rußland bedeuten, wenn sich die Seuche in d«m mit Verwundeten und Kranken überfüllten Lande weiter auS- breiten und gar in die Städte d«S Zentrums übergreifen sollte. Schweden S Es wird sich empfehlen, von Zeit zu Zeit die Blicke auch auf Schweden zu lenken. In Zeitläuften, wie wir sie jetzt durch leben, tut es überhaupt not, ab und an eine Art Inventur aufzu nehmen über unsere auswärtigen Beziehungen. Der Kreis der Mächte, zu denen wir noch .in Beziehungen stehen", hat sich ja arg verengt. Das erleichtert das Geschäft, aber es macht es nicht iberflüssig. Denn die Verhältnisse in diesen Ländern sind nicht labil. Manchmal folgen sie der Kriegslage und werden ausschlieh- ich von ihr beeinflußt; mitunter ringen sich auch andere Einflüsse durch, und darum wird es zur Pflicht, in gewissen Abständen immer wieder Umschau zu halten in der neutralen Welt. Man lernt so wenigstens klarer sehen. Und auch das schon ist Gewinn. Nichts nann in so ungemein kritischen Stunden so schädlich werden wie Illusionen. Im allgemeinen herrscht bei uns in Deutschland ja die Meinung vor: nirgends in Neutralien lebten uns so starke Sympathien wie gerade in Schweden. Das ist in dieser Form doch nicht ganz richtig. Es ist wahr: unsere Austauschgefangenen sind durch ganz Schweden, von Haparanda bis Malmö, immer wieder von der selben menschlichschönen Freundlichkeit geleitet worden. Namhafte Forscher sind für uns eingelreten, und die ganze Richtung, die man die aktivistische heißt, zuzeiten sogar alle rechtsstehenden Elemente haben eine tatkräftige Politik mehr oder weniger an Deutschlands Seite gefordert. Bisweilen schienen diese Strö mungen so stark, daß man schon auf ihren Sieg rechnen konnte; aber andere haben zwischendurch sie abgelöst, und heute steht es wohl so, daß die unS abträglichen obenauf sind. Herr Wallen- berg, den starke finanzielle Interessen mit den Westmächten ver knüpfen, ist mehr denn je der eigentliche Leiter der schwedischen Gc schicke, und nach ihm ist es der Sozialistenführer Branting, für den und dessen «Nya Banken" das Licht der Freiheit nach wie vor im russischen Osten aufgeht. Die uns günstig gestimmten Elemente aber haben resigniert oder sich gar zur Nachgiebigkeit ent schlossen. Zu solchem Ende hat mancherlei zusamincngewirkk. Großes und Kleines. Eine Weile tobte durch die linksgerichtete Presse gewal tiger Lärm über angebliche Subsidien, die die aktivistischen Blätter von Deutschland empfangen haben sollten. Man hat trotz gewiß eifrigen Spürens für die gewagte Behauptung — doppelt gewagt, weil die hier »Haltet den Dieb" riefen, selbst der Sünde bloß waren — auch nicht den Schatten eines Beweises erbringen können. Aber darum blieb das Unternehmen doch nicht ganz ohne Wirkung. Die Aktivisten wurden eingeschüchtert, wurden zu sehends vorsichtiger und zurückhaltender, und das war am Ende der Zweck der Uebung gewesen. Auch die etwas unglückliche Art unserer offiziellen Berichterstattung über die Seeschlacht am Skagerrak hinterließ ihren Niederschlag in den schwedischen Stim mungen. Es war unserem Ansehen, das an sich durch den Aus gang der Seeschlacht am Skagerrak ungemein gesteigert worden war, nicht recht zuträglich, daß wir uns überhaupt korrigieren mußten. So kam ein Mißtrauen gegen unsere amtliche Bericht erstattung auf, das bisher selbst in der der Entente dienstbaren Presse sich nicht hervorgewagt hatte. Das Wichtigste aber zu diesem leisen Umschwung der Mei nungen taten wohl die wirtschaftlichen Zu stände. Das ehedem kapitalarme, vorwiegend landwirtschaftliche Schweden ist an dem Transitverkehr des Krieges mehr noch a!s andere neutrale Länder finanziell erstarkt. Seine Kassen strotzen vor Gold, und es ist drauf und dran, eine Art Weltbanüier zu werden. Französische und englische Bankinstitute haben bei schwedischen Privatbanken Millionenanleihen ausgenommen, man hat den russischen Export großartig finanziert, ja, Geldleute, die der schwedischen Arbeiter gruppe nahestehen, vermittelten sogar russische Anleihen in Amerika. Und da bekanntlich mit dem Essen allemal der Appetit kommt, taucht jetzt die Losung auf: Schweden muß in Zukunft wirt schaftlich vollkommen selbständig werden. Ziemlich vernehmlick aber klingt durch die eine Losung bereits die andere Losung: Los von Deutschland! Von den bisherigen Handelsbeziehungen mit Deutschland nämlich. Die wären äußerst ungünstig für Schwe den, da Deutschland aus Schweden Rohstoffe einführe und fertige Erzeugnisse zurückliefere, wodurch Schweden nur in Abhängigkeit gerate. Schweden müsse daher seine eigene Feinindustrle ent wickeln und durch Schutzzölle schützen. Insbesondere auf dem Ge biete der Eisenwaren und der Zelluloseverarbcitung sei es so Schwe dens Aufgabe, die eigene Erzeugung zu fördern. DaS alles ist dann nicht ohne Rückwirkung auf die politischen Dinge geblieben. Die Rüstungskredite sind arg zerzaust aus dem Reichstage herausgekommcn. Von 53 Millionen, die die Regierung verlangt hatte, sind nur 8 bewilligt worden, lieber die übrigen Teile der Rüstungsvorlagen wird man sich in einem Prüfungsausschuß des weiteren unterhalten; zu deutsch also: man wird sie einstweilen auf die lange Bank schieben. Nach solcher Leistung ist der Reichstag auSeinandergegangen; wieder wie ehedem — vor dem Erstarken der königlichen Gewalt im Jahre 1914 — der eigentlich beherrschende Faktor im Lande. So stellt sich — nach zuverlässigen Berichten — im Augenblick die Lage in Schweden dar. Besondere Schlüffe aus ihr zu ziehen, ist wohl nicht nölig. Wie gesagt: es kommt vornehmlich darauf an, daß man klar sieht. Wie wir denn überhaupt meinen: ein großer Teil des unerquicklichen Haders, der zurzeit an unS frißt, würde als gegenstandslos in der Versenkung verschwinden, wenn wir uns alle miteinander gewöhnen könnten, einmal für ein paar Momente die Welt nüchtern anzuschauen. Die Welt, wie sie ist. Richt? «le wir oder andere unS einreden, daß sie sein könnte.