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Aukchal -Zeitung. Lokalblatt für Aue, Auerhammer, Zelle Klösterlein, Nieder- u. Oberpfannenftiel, Lauter, Bockau, Bernsbach nnd die umliegenden Ortschaften. Erscheint Mittwoch«, Freitag« u. Sonntag«. Avonnement«preiö incl. der 3 wertbvollen Beilagen vierteljLhrlich mit Bringerlohn 1 Mk. 20 Pf. durch die Post 1 M. 28 Pf. Mt 3 issukrirten ZZeiölättern: Deutsches Aamitienökatt, Kute Krister, Jeitspieget. Verantwortlicher Redakteur: Emil Hegemeister in Aue (Erzgebirge). Redaktion u. Expedition: Aue, Marktstraße. Inserate die einspaltige EorpnSzeileEl* Pf., die volle Seite 30, >/, S. 20, >/« St. 4 Mk. bei Wiederholungen hoher Rabatt. Alle Postanstalten und Landbriesträger nehmen Bestellungen an. No. 85. Freitag, den 21. Juli 1893. 6. Jahrgang. Dienstpflichtige Feuerwehr Aue. Montag, den 24. Juli dss. Js. allgemeine Uebung. Sammeln: Punkt k Uhr am Spritzenhaus. Unentschuldigtes Bersäumniß, sowie verspätetes Eintreffen am Sammelplatz wird unnachsichtlich bestraft. Aue, am 18. Juli 1893. Der städt. Branddirector. Bekanntmachung. Nachdem wahrgci vmmen worden, daß Erwachsene und Kinder beiderlei Ge» jchlechts in fitteuverleiender Weise sich IM Schioarzw rsser und in der Mulde in der Nähe von belebte« Straßen und bewohnten Orten gebadet haben, wird hierdurch unter Androhung einer Geldstrafe bis zu 50 Mk. eventuell entsprechender Haft das Pade» im Schwarzwasser und der Mulde im Bereiche der Stadt Aue strengstens Verbote». Aue, am 14. Juli 1893. Der Wcltb der Stadt. I. V.: Bachmann. Khn. Deutschlands neuestes Geschützmaterial. Die Militärvorlage, in weicher die deutschen Regierun gen vorerst nur die Bewilligung von Mannschaften, deren Ausrüstung und Verpflegung verlangen, wird, da sie an genommen, auch bald eine Vermehrung unseres Geschütz parks zur Folge zu haben und die Vermehrung dessel ben wird nicht unbedeutende Opfer an Geld erfordern. Zn den letzten 20 Jahren Hal die moderne Technik die Geschützherstrllung mit so großem Eifer betrieben, daß kaum ein Monat verging, an welchem nicht ein neues Geschütz erfunden wurve. Neben deutschen Erzeugnissen war man in Oesterreich auf die UchatiuS-Kauvne, in Frankreich Hinterlader-Ka nonen (aus Bronze) gekommen. In England behielt man hartnäckig das System der Vorderlader fest. Besonders fruchtbar war die neueste Zeit in Erfindung von Schnellladern, trotzten! im 70er Kriege die franzö sische Mitrailleuse keine Lorbeeren errungen hatte. Die hervorragendste Erfindung unv Neuerung war die Ver bindung veS Geschosses mit dem Pulver zu einem Ge schosse, wodurch selbstverständlich das schnelle Laden bedeu tend erleichtert wurde. Die heutige deutsche Feldartillerie besteht zur Zeit aus dem schweren Felo-Kanonenrvhr 0/73, dem Feld-Kano- nen O/73,H8 — etwas leichter als da« Erstere. Die Be dienung kann neben dem Rohr und auf dem Protzkasten auffitzen. Es wird aus diesen Geschützen mit Granaten, Sprenggranaten und Shrapnels geschossen. In die Ka nonen zur Beschießung von Festungen, noch schwereren Kaliber» als die vorgenannten, werden sogar Schießbaum wolle, Pilrinstvffe, Nodurit, Melinit in die Granaten ge- (Nachdruck verboten). JeuMeLon. Die Erbschaft der Tante. Novelle von Max Ning. (Fortsetzung.) Länger konnte sie nicht an seiner Untreue zweifeln, daß er sie hintergangen und nur ein Spiel mit ihr getrieben. Bei diesem Anblick zog sich ihr Herz krampfhaft zusammen, nur mit Mühe vermochte sie sich aufrecht zu halten und ihre gerechte Empörung zu beherrschen. Am liebsten hätte sie sogleich die Gesellschaft verlassen, aber sie konnte nicht svrtgeheu, ohne Aufsehen zu erregen. Sie mußte sich zusammennehmen, ihren Schmerz bezwingen, rin heiteres Gesicht machen und sogar lächeln, da jetzt der Fabrikbesitzer Holzstamm auf sie zulam, um sie zu enga- giren. „Darf ich bitten, mein gnädiges Fräulein !" „Mit vielem Vergnügen." „Schätze mich glücklich, daß ich einmal wieder die Ehre habe." „Sie sind zu gütig.' Nach und nach beruhigte sich auch Else und unterhielt sich so gut mit ihrem Tischnachbar, al» es unter solchen Verhältnissen möglich war. Nur um dem ihr gegenüber fitzenden Assessor ihre Gleichgiltigkeit zu zeigen, heuchelte sie «ine hinreißende Heiterkeit, die anfänglich erkünstel», bald aber natürlich erschien. Mit wirklicher, keine-wegen gemachter Fröhlichkeit scherzte und lachte st, mit dem H«rn Hvlzstamm, den st« durch laden, die das Festungdmauerwerk, sogar Eisen- unv Stahl platten von meyrzölliger Stärke durchschlagen. I Die von der Firma Krupp in Chicago ausgestellte Rie-, seukanone, ein Geschütz zur Beschießung von Kriegsschiff! fen vom Strande au«, ist riesigen Umtanges und am besten geeignet, den Fortschritt in der Verbesserung des Geschützmaterials zu beweisen. Wohin wir freilich mit den immer mehr überhand nehmenden Verbesserungen ge rade auf diesem Gebiete gelangen werden, liegt noch im Schönste d.r Zukunfl, aber alle an oiesem Wettkampfe sich betheiligen den Völker werden die Kosten zu tragen haben. Politische Nachrichten. Deutschland. Berlin, den 19. Juli. — Kaiser Wilhelm ist bereits auf der Rundfahrt durch die Ostsee begriffen. Schon am Sonntag früh schiffte er sich in Kiel auf der „Hohenzollern" ein. — ES ist noch nie ver Fall gewesen, daß der deutsche Kaiser den Reichstag besucht hat. Der Vorfall vom Sonnabend steht also einzig da. Kaiser Wichelm be nutzte den Besuch des Reichstags dazu, dem Frhrn. von Stumm das Komthurkreuz des Hausordens der Hvhenzol- lern zu überreichen. Stumms letzte Rede wandte sich sehr scharf gegen die Sozialdemokratie. — Herbert Bismarcks Reichölagsrede brachte eine inte ressante Enthüllung, welche wahrscheinlich dem amtlichen Wissen des Grafen entnommen war. Die Sozialdemo kraten sollen danach ihren jungen Genoffen empfehlen, im Heere sich der besten Führung zu befleißigen, damit sie ihre Liebenswürdigkeit entzückte, während der Assessor sich bei seiner beschränkten Nachbarin zu Tode langweilte und Else, wie diese mit Vergnügen bemerkte, mit seinen halb verlangenden, halb vorwurfsvollen Blicken unablässig ver folgte. „Dars ich Sie bitten," sagte der Fabrikant, indem er sein Glas erhob, „mit mir auzustoßen. Auf Ihr Wohl mein Fräulein I" „Auf das Ihrige, Herr Holzstamm!" „Was wir lieben I Der General Knusemin soll leben!" „Den kenn' ich nicht und ich will auch von ihm nichts wissen." „Aber weshalb nicht, mein Fräulein?" „Weil er," versetzte sie so laut über den Tisch, daß der Assessor jedes Wort hören mußte, „ein wortbrüchiger Schuft, ein meineidiger Verräther sein soll, der, wie man sagt, die armen Mädchen betrügt und nur dem Geld nach- läust." „So schlimm ist es doch nicht. ES giebt noch wahre, treue und uneigennützige Liebe in der Welt; oaS können Sie mir auf Ehre glauben." »Ihnen glaub ich es gern," erwiderte sie, ihn mit ihren glänzenden Augen freundlich ansehend, „Sir sind ein ehr licher Mann." „Das freut mich. Also wir stoßen an: die treue, wahre, uneigennützige Liebe soll leben I" „Sie lebe hoch!" Während dieser Unterhaltung saß der Assessor wie auf Nadeln, roth vor Aerger und Scham, wüthend auf sich, und seinen Vater uud auf seine unschuldig« Nachbarin, neidisch aus den augenscheinlich begünstigten Fabrikanten, verliebter al» je in die schön« Else, welche ihm noch nie so reizend und verlockend erschienen «ar al» in diesem Augenblick.* , Unteroffiziere werden und als solche ün sozialistischen Sinne auf ihre Untergebenen einwirten können. Das ist eine sehr kluge Taktik und man versieht jetzt manches Vor kommnis ver letzten Zeit, bei dem es sich um Verrat ge heimer militärischer Schriftstücke usw. handelte. Die Mit teilung des Grafen wirft auch ein Helles Schlaglicht auf das durch sozialdemokratische Blätter veröffentlichte Urteil des Königsberger Kriegsgerichts durch welches ein Reserve- Unteroffizier wegen Verbreitung sozialdemokratischer Schrif ten unter seinen Untergeoenen zu einer längeren Hast strafe verurteilt wurde. — Eine interessante Nachwahl zum Reichstag steht in Neustettin bevor, wo Ahlwardt gewählt war, das Mandat aber abgelehnt hat, um dasjenige von ArnSwalde anzu nehmen. Es stehen sich jetzt dort Stöcker und der An tisemit Böckelscher Richtung Prof. Förster gegenüber, also eigentlich zwei Antisemiten. Der Wahlkreis war bis da hin eine unbestrittene Hochburg der Konservativen, die jetzt Stöcker unterstützen werden. — Prinz Earolaty, der „rote Prinz", ist der natio nalliberalen Partei beigetreten. — In Berlin sitzt der freisinnige Parteitag beisammen. Der erste Beschluß, der gefaßt wurde, war, den Namen „freisinnige Vvlkspartei" beizubehalten. Der Vorschlag, den Namen „Fortschrittspartei" zu behalten fiel, und zwar seltsamerweise aus Rücksicht auf Sachsen. Schmidt aus BreSlau erklärte nämlich, >n Sachsen habe man mit dem Namen Volkspartei beim letzten Wahlkampfe günstige Er folge erzielt. Der Name „Fortschrittspartei" sei in Sach sen durch die Haltung des „KammersortschritlS", auch „Jammerfortschritt" genannt, arg verrufen. Als „Volk»- partei" aber werde man in Sachsen Großes erringen. Seine sichtliche Verstimmung und Verlegenheit steigerte nur noch ihre gute Laune und verscheuchte die letzten trüben Gedanken. Je heiterer sie eben war, desto trauriger wusde er, desto mehr bedauerte er seine unmännliche Schwäche und sein unverzeihlicher Benehmen. Leichtherzig und gutmüthig war Else doch auch verstän dig und klug genug, um nach solchen Erfahrungen ihre Täuschung einzufehen und die Wahrheit zu erkennen. Wenn auch Herr Holzstamm ihrem Ideale nicht ganz ent sprach und an eleganten Aeußeren und Reichthum dem Assessor nachstehen mußte, so erschien er ihr unter solchen Verhältnissen weit achlungSwerther, zuverlässiger und in jeder Beziehung männlicher als jener. Wie sie wußte, galt er zwar für keine glänzende, aber für eine gute Partie und genoß in besseren Kreisen einen ausgezeichneten Rus wegen seiner allgemein bekannten Tüch tigkeit und ehrenwerthen Gesinnung. Gerade in diesem Augenblick war auch sie geneigter, seine guten Eigenschaften anzuerkennen und seinen Bewer bungen Gehör zu schenken, da die Erfahrung ihr die Augen geöffnet und sie jetzt besser den Werth eine- ehr lichen Mannes schätzen gelernt hatte. Zwar dachte sie vorläufig nicht an ein ernste- Verhält« niß mit dem Fabrikanten, aber seine Huldiguügen in Ge genwart des Assessors schmeichelten ihrer Eitelkeit, erhöhten ihren Triumph und boten ihr einen gewünschten Ersatz für die Zukunst, weshalb sie sich dieselben gern gefallen ließ. Al» Else vom Souper sich erhob, war sie bereit» so ge tröstet, daß sie mit Herrn Holzstamm den ersten Walzer tanzte, sich mit ihm vorzüglich amüsirte, vollends sein Herz eroberte und erst spät nach Mitternacht mit ihren Ange hörigen höchst vergnügt die Gesellschaft verließ, ohne den ungetreuen Assessor eine» Worte» oder eine- Blicke« zu würdigen.