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Wochenblatt für für ««scheint Wöchentlich 2 Mal < Dienstag und Freitai.) AbonncmenlSprei» vierteljährlich.1 Mark. Eine einzelne Nummer kostetet) Pf. Jnseratenannahm« Montags u. DoanerStagS bis Mittag IS vbr Erscheint wöchentlich 2 Mal Dienstag und Freitag.) Abonnementspreiö vierteljährlich l Mark. Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. Jnseratenannahme Montags u. Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. für die Königl. Allltshcmptmmmschaft zu Meißen^ das König!. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff. Dreiundvierzigsser Bahrgang. Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden Nr. 42. Freitag, den 25. Mai 1883. —" Bekanntmachung. Herr Rittergutsbesitzer Kayser auf Neukirchen hat die zeither durch eiueu Stellvertreter ausgeübten Gutsvorstehergeschäfte in den Rittergutsbezirken Neukirchen und Steinbach selbst wieder übernommen. Meißen, am 16. Mai 1883. Königliche Amtshanptmmmschaft. v. Bosse. Bekanntmachung, die Hauptübung der städtischen und freiwilligen Feuerwehr betr. Sonntag, den 27. Mai dss. Js., Vormittags 11 Uhr, soll auf der hiesigen Schießwiese eine Hauptübung der hiesigen Feuerwehren abgehalten werden, und haben sich hierzu sämmtliche Mitglieder derselben, Abtheilungsführer und Mannschaften, unter Anlegen ihrer Dienstabzeichen pp. bei Vermeidung der in Z 52 des Feuerlöschregulativs für hiesigen Ort vom 23. Februar 1870 angedrohten Ordnungsstrafe pünktlich einzufinden. Versammlungsort an der Kirche ^11 Uhr. Wilsdruff, am 21. Mai 1883. Der Stadtgemeinderath. Ficker, Brgmstr. Tagesgeschichte. Berlin, 21. Mai. Se Maj. der Kaiser folgte heute einer Ein ladung des französischen Botschafters zum Diner. Se. Maj. der Kaiser betrat damit zum ersten Male, seit Coureel Botschafter hier ist, die Räumlichkeiten der Botschaft. Außer mehreren Hoswürdenträgern und Adjutanten wohnte auch die Fürstin Bismarck, Graf Wilhelm Bismarck dem Diner bei. Se. Maj. der Kaiser wurde am Eingang von dem Botschafter und dem gesammteu Botschaftsperfonal empfangen, mit dem Eintritt des Kaisers wurde die kaiserliche Flagge auf dem Palais hochgezogen. Die Botschafterin erwartete den Kaiser auf dem Treppen absatz; der Kaiser bot der Baronin Coureel den Arm und beim Diner faß der Kaiser zwischen der Fürstin Bismarck und der Baronin Coureel, gegenüber hatte der Botschafter Platz genommen. Dem Ereigniß wird hier auch eine gewisse politische Bedeutung beigelegt. Die Fraktionsvorstände des Reichstages haben Anstrengungen gemacht, ihre Genossen zu möglichst zahlreichem Erscheinen nach dem Wiederbeginn der Arbeiten anzuhalten, und man giebt sich nach den eingetroffenen Antworten der Hoffnung hin, nicht wieder mit Beschluß unfähigkeit kämpfen zu müssen. Vielfache Verhinderungen entstehen freilich durch die Badereisen, welche in zahlreichen Fällen unvermeid lich waren; man hofft jedoch namentlich bei Berathung der Gewerbe ordnungsnovelle auf vollzähligeres Erscheinen der Abgeordneten. Nach Ansicht erfahrener Parlamentsmitglieder würden, falls nicht Störungen durch Beschlußunfähigkeit rc. eintreten, der Reichstag in etwa einem Monat im Stande sein, die dringendsten Geschäfte zu erledigen. Die Frage, ob Vertagung oder Schluß der Session erfolgen soll, ist, wie man versichert, seitens der Regierung noch gar nicht erörtert worden. Der allgemeine deutsche Handwerkertag in Hannover wurde im Festsaale des alten Rathhauses mit einem dreifachen Hoch auf den Kaiser eröffnet. Etwa 250 Delegirte aus allen Theilen Deutschlands sind anwesend, welche circa 320 Mandate vertreten. Den Vorsitz führt der Obermeister Mayer (Berlin); außerdem war anwesend der Frhr. v. Fechenbach, die Reichstagsabgeordneten vr. Windthorst und Metzner rc. Der Handwerkertag faßte folgende Resolution: „Die Handwerkerfrage ist von der gewerblichen Arbeiterfrage untrennbar. Nur durch die Löfung der Handwerkerfrage kann dem gewerblichen Arbeiter die ihm gebührende sociale Stellung zu Theil werden." Der Oberpräsideut von Hannover versicherte dem deutschen Hand werkertag, die Staatsregierung nehme an den Bestrebungen der Ver handlungen der Handwerker das größte Interesse. Wenn auch die Regierung nicht allen Zielen der Versammlung zustimme, halte er sich doch für ermächtigt, namens der Regierung den Wunsch auszusprechen, daß die Bestrebungen der Verhandlungen des Handwerkertages dem Wohle des Handwerks und dem Heile des Vaterlandes förderlich sein und eine Befriedigung der berechtigten Forderungen der Handwerker herbeiführen möchten. Der Handwerkertag stellte heute nach langer heftiger Debatte das Statut für den allgemeinen deutschen Hanwerker bund fest. Darin wird als Hauptziel des Bundes bezeichnet: Die Ein führung obligatorischer Innungen, die Revision der Gewerbeordnung die Einführung von Arbeitsbüchern für alle Arbeiter, die Beseitigung der Konsumvereine, das Verbot der Wanderauktionen und selbständiges Vorgehen bei politischen Wahlen. Durch die That eines kaum 14jährigen Knaben ist das blühende Neuenkirchen (bei Melle) in einen rauchenden Schutt- und Trüm merhaufen verwandelt. Der Sohn des Küfers Redeker zündete mit einem Streichholze Stroh bei dem Wohngebäude seines Vaters an, Die Flammen theilten sich bald diesem und einem Nebenhause mit und binnen einer Stunde brannte, begünstigt durch den herrschenden West wind, das ganze Dorf nieder. Die Szenen, die sich hierbei abspielten, spotten aller Beschreibung. Das Feuer griff mit einer solchen Schnellig keit um sich, daß an ein Retten der Habe fast gar nicht zu denken war. Nicht allein die Kirche, das Posthaus, die Apotheke und fast alle anderen Gebände fielen dem verheerenden Elemente zum Opfer, selbst die Obstbäume in den Gärten, die Hecken, Telegraphenstangen, ja — die hölzernen Grabkreuze ans dem Friedhöfe brannten lichterloh. Von dem Wenigen, was die Einwohner in der Angst zusammengerafft und auf den Friedhof, zum Theil in die Kirche geschleppt hatten, ist das meiste noch später ein Raub der Flammen geworden. Von den 90 Gebäuden des Dorfes sind nur 6 vom Brand verschont geblieben. Außerdem ereignete sich eine herzzerreißende Szene auf dem mit Trüm mern übersäeten Friedhöfe. In der Nähe des noch rauchenden Kirch- thurmes war eine Mutter von zehn Kindern damit beschäftigt, noch Wäsche für ihre kleinen Lieblinge umer der halbverkohlten Habe zu suchen, als ein schwerer Stein sich vom Kirchthurme löste und der Suchenden mit solcher Heftigkeit auf das Haupt fiel, daß ihr Gehirn umherspritzte. Der Urheber all dieses Elends hat seine That bereits eingestanden; er ist ins Amtsgerichtsgefängniß zu Melle geführt wor den. Es sind 120 bis 150 Familien obdachlos geworden. Mitten im Felde war, in dichte Kissen gehüllt, ein schwer Kranker gebettet, einige Schritte weiter in einem Sessel mit verschiedenen Kleidungsstücken gegen Wind und Wetter nothdürftig geschützt ein schwindsüchtig aus- sehender ungefähr 20jähriger junger Mann. Eine lahme Frau wurde in einem Lehnstuhl von 4 Männern fortgetragen. Neuenkirchen, ein geschlossenes Dörfchen von 1300 Seelen, liegt ziemlich hoch und war eng gebaut. Die in der Mitte stehende Kirche ist vor 7 Jahren neu erbaut worden, nachdem das alte Gotteshaus durch Blitzschlag erheb lichen Schaden gelitten hatte. August Grosch, der vielbesungene Trompeter von Mars-la- Tour, ruht nun auch im Grabe. Stabstrompeter bei den 11erHu saren folgte er bei einem der heißen Reiter-Angriffe am 16. August seinem Oberst mitten in die Feinde, sich immer an seiner Seite hal tend. Da sieht er, wie im dichten Gewühl ein französischer Gardist seinen Oberst, der sich zu stark ausgesetzt hatte, hinterrücks nieder- schießen will, ist im Nu mit seinem Gaule neben ihm und läßt seine Trompete mit solcher Wucht auf den Kopf des Franzosen niedersausen, daß dieser wie todt zusammenbricht. Der Oberst war gerettet und nach der Schlacht wird dem braven Trompeter vor der Front das eiserne Kreuz auf die Brust geheftet. In den letzten Jahren war er nervenleidend und ist vor einigen Tagen in seinem Heimathsdörfchen Gohlsdorf bei Berlin zur Ruhe eingegangen. Rumänien. Ein mehrtägiger Regen hat die vielenorts kaum begonnene Frühjahrs-Anssaat neuerdings unterbrochen, in vielen Distrik ten herrscht Ueberschwemmungsgefahr. Zur Sicherung der bedrohten Alntn-Brücke der Eisenbahn Bukarest—Verciorowa wurde Militärhilfe requirirt. Fast sämmtliche Flüsse Bessarabiens sind aus den Ufern getreten. Die halbe Stadt Orchen befindet sich nnter Wasser, 78 Häuser sind zerstört, die eisernen Brücken der Ungheni-Kischenew-Bahn sind beschädigt. Aus Paris wird der TodAbd-el-Kaders gemeldet. Noch vor Kurzem hat Prinz Friedrich Karl von Preußen auf seiner Orient reise den muthigen Vertheidiger der arabischen Nationalität in Da maskus, wo er seit zwei Jahrzehnten seinen Wohnsitz genommen hatte, einen Besuch abgestattet. Als Vertheidiger der Unabhängigkeit seines Volkes, als einer derjenigen Freiheitskämpfer, die im Kampfe gegen eine überlegene Nation unterlegen sind, wird fein Name gefeiert wer den und man wird darüber die dunklen Thaten vergessen, zu denen Fanatismus und Haß gegen die Unterdrücker und Eroberer ihn ver^ leitet haben. Die Eroberung Algeriens durch die Franzosen ist eine blutige Geschichte; blutiger gestaltet durch den jahrelangen Widerstand Abd-el-Kaders. Als dieser Heilige, Gelehrte und Krieger, dem an Intelligenz und Wissen, wie au Tapferkeit und Kriegsgewandtheit keiner seiner Landsleute gleichkam, von mehreren arabischen Stämmen