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Nr. ISS Mittwoch, äen 13. Juni 1S23 IS. Jahrgang uer Tageblatt MW Anzeiger für Sas Erzgebirge MM »r» <s»am«i, LagiStatt Eüthallsüß öl» «mkllHik Hekaüütmachovgmt ö«O k^atr- 6er Stabt Uäö bea ^mtAgerit^tO sto», P,stgh«r-K,m,, ftmt Eaipzig a». Ises lich er,Abbruch de» passiven MderstchrdeS,. wie ihn Frank- Tie Ordre Mr Bietzen Kampf .komme von der Bevölle-- Liebe zur Freiheit und zur Einheit. Vorschläge und Borwürfe Ge- Französisch« Enttäuschung. Bon den Regierungsblättern ist KS vielleicht „GauloiS", der die Stimmung in französischen amte und andere Perlvnen mit Strafe bedrohen., die! dem Ersuchen der französischen Behörden.um Unterstützung nachgekommen sind. Volle Amnestie würde für der artige Personen verlangt werden, sowie die Garantie dahin Zukunft die örtlichen deutschen Behörden mit den zivilen und militärischen Besatzungsbehörden zusam menwirken. Pariser Vorwürfe gegen England an- Selgiea. HaväS hat über den englischen Kabinettsrat Mer den wir gestern berichteten — erste Drahtnachricht! — d. Red.) einen amtlichen Bericht veröffentlicht, der da» grüßte Aufsehen erregt und der geeignet sein soll, di« Oeffentltchkeit in höchst alarmierender, Form darauf vor zubereiten, .wie unrecht England daran tue, .einen von Frankreich verschiedenen Weg gehen M wollen. Der Bericht bezeichnet eS als geradezu unfaßbar,, daß Eng land mit Deutschland verhandeln wolle,.ohne es vorher zur Aufhebung des passiven Widerstandes gezwungen zu haben.' Gegen derartige Absichten schlägt man mög lichst großen Lärm, um dadurch über die eigene Schwäche hinwegzutäuschen. Tenn di« diplomatische Lage Frank reichs wird fast.von Stunde zu Stunde schwieriger und drängt rasch der Entscheidung Mr Vernunft oder walt! Differenzen unä Schwierigkeiten. Niemand in Deutschland und wohl auch in England hüt angenommen, Hatz M/gelingen werde, .mit Frank reich Zu einer gemeinsamen erträglichen Antwort auf da« .deutsche Memorandum zu kommen. Die Gegen wirkungen Poincare» setzten auch diesmal schon so früh ein, daß man eines heftigsten Widerstandes sicher sein konnte. Und nun haben sich die pessimistischen Erwar tungen schnell erfüllt, Die ersten ernsthaften Versuche de« .englischen Regierung, eine Verständigung zwischen den Alliierten Herbeizuführ.en, sind gescheitert. Tas. englische Kabinett will die Vorbedingung nieder ,von Frankreich zugestandenen interalliierten Verhandlung, bi« Einstellung des passiven Widerstandes im Ruhrge biet, nicht anerkennen Und daN -deutsche Memorandum zur Grundlage von Besprechungen unter den Alliierten Machen.' ES kommt dem französischen Standpunkt nur dariü entgegen, dass eS die im deutschen Memorandum enthaltenen Ziffern für zu niedrig ansieht und verspricht Deutschland dahin zu beeinflussen, daß es die Ziffern auS dem Plane Bonar Laws annehme. Sollte die fran zösische Regierung unnachgiebig! bleiben, so schlägt das englische Kabinett die von Deutschland bereits ange botene Konferenz alliierter Sachverständiger vor, die ihrerseits nach Untersuchung der allgemeinen Lage Deutschlands die Höhe der Reparationen zu bestimmen haben würde Erst wenn das geschehen sei, erklärt sich die englische Regierung bereit, ihrerseits Vorstellungen zur Beendigung pes passiven Widerstandes im Ruhr aebiet M machen, AuS diesem Schluß des englischen KabtnettsrateS geht zweierlei mit Deutlichkeit hervor: England will alle- nur mögliche Entgegenkommen «egen Poincare bezeugen, um die. Entente nicht zum Bruch kommen zu lassen, .ober es will auch Deutschland gegenüber kein« Forderung unterstützen, die erfolgreiche Verhandlungen von vornherein unmöglich machen würde. Man Muß abwarten, ob es dem hartnäckigen Widerstreben Poin- careS gegenüber gelingt, beide Richtlinien innezuhalten. Kür Deutschland ergibt sich aüS diesem Hin und Her, patz .es nicht die mindeste Ursache hat, .die Entwick- lun« der nächsten Tage und Wochen mit Optimismus SU verfolgen. Man steht -r erst Lei Vorverhandlungen. Me Hauptschwierigkeiten würden zweifellos beginnen, wenn die Alliierten unter Hinzuziehung Deutschlands versuchten, die ineinander Verflochtenen und verfilzten Probleme der Reparationslösung und der wirtschaftlichen und politischen Sicherheiten zu entwirren. La würden so zahllose Gelegenheiten des Widerspruches ga!nz von selbst entstehen, .daß Poincare die Verhandlungen un endlich verzögern, wenn nicht «ar zu seder ihm geneh men Zett abbrechen könnte, Es heißt sicht also mit Ge duld wappnen und den passiven Widerstand vorläufig nicht im mindesten erlahmten lassen, Gerade darauf aber haben eS dis Franzosen seht abgesehen. Unermüdlich! wiederholen sie in ihrer Presse und in den Verhandlungen mit England, daß sie dies mal zu weitgehendem Entgegenkommen unter Umstän den bereit seien, wenn nur vorher der passiv« Mi--' verstand Mr de« Ruhr aufhöro. Zn einschmeicheln den Worten betont die französische Propaganda, daß natürlich nicht Unmögliches! verlangt, sondern nur die deutsche Regierung nufgefordert werden solle, .ihrerseits all« Verfügungen und Strafandrohungen zurückzuziehen, die dem passiven Widerstand Va» Rückgrat stärkten. Man gibt sich damit den Anschein, als. ob man glaube, eS bedürfe nur dieser Geste der ReichSteigierunL, um die Bevölkerung an Ruhr und Mein zur willigen Zusam menarbeit mit den Eindringlingen zu veranlassen. Ge flissentlich werden all« Kundgebung der Bevölkerung, Schreckensszenen in Dortmund. In der Rächt zum Montag haben sich in Dortmund entsetzliche Szenen abgespielt. Ti« , Bekanntmachung über den Belagerungszustand ist gm Sonntag morgen 10 Uhr herausgekommen. Infolgedessen.wußten viele Reisende, Sonntagsausflügler usw-, .die nach S Uhr nach Dortmund kamen, noch nichts von den Vorgängen der vergangenen Nacht, und daß alle von diesen einen Geleitschein erhielten, war unmöglich. Auf Pies« - Leute machten die französischen Patrouillen unter lautem Ge brüll förmlich Jagd. Sechs Dortmunder, im Alter von 20 bis 28 Jahren, wurden von den Patrouillen erschos sen. Bei zweien steht auf Grund eidlicher Aussagen deutscher Zeugen fest, daß §ie ohne jeden Anruf.nieder geknallt worden sind. Einer der Erschossenen soll üb rigen» schweizer Staatsangehöriger sein, der bei Hörde eine Färberei besitzt. Nach Papieren wurde, wa» eben falls unter Eid bezeugt werden kann, keiner -«fragt. Die Soldaten schleppten die Leichen, die furchtbar« Kopf verletzungen haben, nach der Stell«, wo die beiden Off- zlersstellvertreter ermordet worden sind und schichteten st« dort auf. Die Erschossenen Hatten weder Ringe, noch Uhren. Die Tasch«n waren nach außen gekehrt. ES gelang« die Leichen zu Photographieren. Ferner Vaden di« Patrouillen in her Nacht 60 Einwohner verhaftet. Mer auch denen. Vie «inen Gekftschein hatten, .wurde übel mttgespieli. Man trieb viele von Men in d« Näh« de« Körner-Platze» zusammen,, untersucht, ft» un ter MiMnvlun«n nach- Waffen und ohrfeiEw iedsn, die ein Aufgeben des passiven Widerstände» unter ket-1 von dem ftanMischen Botschafter in London, Graf St. non Umständen vor Erlangung gerechter Bedingungen > -«gestehen wollen, unterdrückt oder überhört. Und doch könnte die einfachste. psychologische Ueberlegung den Franzosen lagen, daß es garnicht ander» sein kann, als daß dis bis auf» Blut gepeinigte und mit immer neuen Gewalttätigkeiten erschreckte Bevölkerung ihren Wider stand von Tod Zu Lag verstärkt. Nicht nur «die am meisten geschundenen u!nd geauälten Eisenbahner haben soeben wieder eine entsprechend« Erklärung, gegen «ine vorherige Einstellung pes Widerstande» veröffentlicht, sondern selbst Hie kommunistisch« „Rote Fahne- droht der deutschen Regierung, daß die Ruhr- und Rheinbe- völkerung «nicht dulde» werd«, .daß die Regierung ein seitig von sich au» den passiven Widerstand vor. Beginn von Verhandlungen aiufaeb«. Da» englische Kabinett beurteilt die Lag« an Ruhr und Rhein richtige», Lvenn e« mitteilen läßt, „daß bei der /gegenwärtigen Geistesverfassung Deutschland» keine Regierung sm Ruder bleiben könne, die die Verord nungen bezüglich de« Widerstand^» gegen die.ftüntzöstsche und belgischs Besetzung wieder aufheb«» wollt». Man Ess« Mir befürchten, daß «ine etwaig« ZurAckziehung Ver belgische plan als vkskusstons- grunülage empfohlen. In Pari» hat eine Brüsseler Meldung große» Auf sehen erregt, nach der die belgische Negierung England und Italien offiziell ersucht hat, die belgischen Vorschläge, die in Parks, in London und in Rom Überreicht wor- den sind, als Grundlage.für die interalliierte Diskussion über die ReparationSregelung anzuerkennen. Am Quai' d'Orsay wurde bestätigt, die französische Regierung sei von der Absicht Belgien» unterrichtet worden. Frank reich sei bestrebt, «inen interalliierten Meinungsaus tausch über die Reparationsfrage zu ermöglichen und werde deshalb gegen die Annahme der belgischen Denk schriften als Diskussionsgrundlage nicht» einwenden. Tie französische Auffassursig decke sich aber glicht in allen Punkten mit den belgischen Vorschlägen. Frankreich werde deshalb im Falle einer Diskussion beantragen, daß Einige Punkte der belgischen Denkschrift geändert werden. Ter französische Botschafter in London ist be auftragt worden, der englischen Regierung -iese Aende- rungen darzulegen. Tie Nachricht, daß Frankreich einen eigenen Plan in London unterbreiten lietz^ wird aufs entschiedenste dementiert. Frankreich besteht nach wie vor darauf, daß zunächst Deutschlands Verzicht auf.den passiven Widerstand erzielt werden müsse, ..und daß dann erst Besprechungen über die ReparationSregelung mit Aussicht auf Erfola .-enkbax" seien. Ter Charak ter der Besetzung des RuhrgMetes würdes natürlich ge ändert werden, .wenn Deutschland sein« Verordnungen für Vie Organisation des Widerstande» zurückzöge. Italiens Meinung. Ter „Secolo" meldet au» Romr Der Optimismus führender Kreise ist durch den Widerstand Frankreichs etwas abgeschwächt. Nur Konzessionen können Frank reich aus dem Ruhrgebiet bringen. Neue Konzessionen könne man aber Kon Deutschland nur verlangen, wenn Deutschland Garantie erhält, daß eS fetzt zum Schluß! komme und, daß Leine Besetzung deutscher Gebiete sich wiederhole.' Bis zu dieser Einigung Lünne noch viel Zett vergehen. Tann heißt es weiter, Poincare sei ge neigt. einen englischen Vorschlag de» 'Ministerrats zur Abstimmung zu unterbreiten, wonach Deutschland neue Anordnungen für den passiven Widerstand nicht gibt, solange die Vorbesprechungen über die deutschen Vor schläge schweben bezw. solange die Verhandlungen an dauern. Di« übrigen Fragen, betreffend den Passiven Widerstand, bleiben vorläufig offen. In diesem Sinne wolle England, wenn Frankreich zustimme, beraten. „Stampa" meldet r Der italienische Botschafter in Berlin ist mit der Ueberrvichunp einer Vorfrage an Deutschland beauftragt worden. Die Ueberreichung an Herrn Rosenberg ist erfolgt. Englische Bestürzung über öle sranzöstschs Unnachgieblgkeit. Neber die Beratungen Curzons mit den Botschaftern Frankreichs, Belgiens und Italien» schreibt der stet» sehr aut unterrichtete diplomatische Korrespondent pes „Daily Telegraph"..PoineareS Standpunkt.,der Anlaire Curzon unterbreitet worden ist,-fote keine Aufsicht daß die Ansichten Englands und Frankreichs fe miteinander versöhnt werden könnten. Auf britischer Geiste sei man bestürzt ge wesen über da« noch nicht dagewesene Matz von UnnachLiebillkeilt. und man habe diese Lat- soch« auch nicht verheimlicht. Der französische Botschafter habe im Namen feiner Regierung nicht nur darauf bestanden, daß die Einstel lung de» passiven Widerstande» durch! Deutschland eine Bedingung Mr jegliche Verhandlungen selbst unter den Alliierten sein müsse, .sondern auch' darauf, daß Groß britannien, -wenn e» nicht mit Frankreich und Belgien bet /der Aufforderung an die deutsche Regierung, all« darauf bezüglichen Verfügungen zurückzunehmen, mit- wirken wolle, von Frankreich «einerlei Zugeständnisse Bedingungen oder Zusagen verlangen könne. Mit an deren Worten, e» könne keinen Ausgleich! geben. Tie französische Regieruna würde außerdem von Berlin, ab- ««sehen von der Zurückziehung der Verfügungen, di« den passiven Widerstand ermutigen oder, dorschretben, hi« ZuMk-IHuru der Verfügungen fordern, welche Bo- „GauloiS", der die Stimm Ung in französischen Re- gierungskreisen am treffendsten kennzeichnet, nämlich die einer bitteren Enttäuschung, üßari» habe noch bi» vor, wenigen Tagen gehofft, daß such Baldwin sich würde von Poincare ins Schlepptau nehmen lassen. Die Hoffnung Frankreichs auf eine Einigkeit unter den Alliierten, um Deutschland zur Aufhebung -es passiven Widerstandes zu zwingen, ist hinfällig geworden. Da her findet der englische Kabinettsbeschluß jn Pari» nur ein Echo: Tie Lage ist.ernst, und «S sind außerordent lich große Schwierigkeiten entstanden. So liest man e» überall sowohl in der Regierungspresse wie auch in den Blättern der Opposition. Ter „MatiN" droht damit, daß, .wenn England wirklich' fortfahren sollte, Deutsch land zur Fortsetzung -es passiven Widerstandes zu ev- mutigen, «s sich> auch nicht über die Folgen beklagen dürfte, die darin bestünden, -aß -ann Frankreich einen Wirt schaf.tö krieg -iS zum äußersten gegen England zu führen entschlossen sei. Die „.Aktion- Francaise" sucht alle Schuld für die augenblickliche Ent wicklung-er Tinge auf Belgien zu schieben. Jaspar hab« ein Doppelspiel getrieben, .indem er gleichzeitig Frank reich und England zufriedenstellen wollte. GS sei nicht zu leugnen, vatz Belgien London eine Note zusesandt habe, von der Frankreich keine Ahnung hatte. der Regierungsverordnungen eine Revolution in Deutsch- licher.Abbruch de» passiven WideryapdeS, wie ihn Fran- land zum Ausbruch bringen würde und eine kommuni- reich dekretieren möchte, nicht in Frage kommen könne, stische Bewegung jm Gefolge hätte," Reichskanzler Tr. Tie Ordre für -diesen Kampf .komme von der Bevölle- Cuno hat denn auch in seinen Reden in Münster und rung, -io mitten im Kampf stehe, sie komme auS der Karlsruhe keinen Zweifel darüber gelassen, daß.etn Plötz- Liebe zur Freiheit und zur Einheit.