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Dor. gescbrieden-Lrscheinungs« . tage und Platzpnrschristen werden nach Möglich»-,t PN sv VV M Lk: AlN» Wilsdruff Nv. 6 berücksichtigt. Anzeigen, annadmedis orm.lvUbr. — 2die Richtigkeit der Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie, -seder Rabat,ansprn ch erlischt, wenn dcrBetrag durch Klage eingezo^en werden mutz oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts- gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstren amts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nr. 100 — 88. Jahrgang Telegr.-Adr.. „Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Dievsrag, den 30 April 1929 Lusterschütterungen. Zum zehntenmal jährt sich die Zeit, als man Deutsch land jene unerhört harten Bedingungen überreichte, die dann zum „Frieden" von Versailles wurden. Und da stand auch vor den zahlreichen Artikeln, die von der Ent waffnung Deutschlands handelten, der wunder schöne Satz, daß diese „Abrüstung" nur der Anfang sein sollte für die allgemeine Weltabrüstung. Was daraus ge worden ist, wissen wir alle, die neuentstandenen Staaten schufen sich Heere und die bestehenden Mächte verstärkten ihre Wehr zu Lande, zu Wasser und in der Luft. Das einzige, was mit der Abrüstung wirklich etwas zu tun hatte, war eine Kommission in Genf, die aber noch nie über das Stadium der Verhandlungen hinausgekommen ist und dann, wenn sie auf besondere Schwierigkeiten stieß, schnell eine Unterkommission einsetzte. Lohnt sich's überhaupt, daß Deutschland dort ver treten ist? Die Reden, die Graf Bernstorff als deutscher Delegierter hält, sind doch nur Lufterschütterungen. Und die Anträge, die gestellt werden, um auch nur den Anfang einer Abrüstung zu machen, lohnen kaum das Papier, auf dem sie gedruckt werden. Eben wieder hat man zwar den „Bakterien"-Krieg verboten, den es bisher überhaupt nicht gegeben hat und dessen Anwendung tech nisch vorläufig noch kaum als möglich erscheint, hat aber dann die Abschaffung des Giftgasgebrauches im Kriegs fall an einen ausdrücklichen gegenseitigen Verzicht der be teiligten Mächte geknüpft. Hat es auch für nicht völker rechtswidrig betrachtet, wenn Bombengeschwader das Hinterland des Gegners aufsuchen und dort auf die Zivil bevölkerung losgelassen werden. Dafür hat man sich aber schon jahrelang um die zahlenmäßige Größe der Heere herum- gestritten. Frankreich stellte sich auf den Standpunkt, daß seine Kolonialarmee dabei ebensowenig Berücksichtigung finden dürfte wie die Massen der Revervisten, also der militärisch Ausgebildeten. Eine Zeitlang widersprach auch England, nicht bloß die ehemaligen Mittelmächte; ließ auch Amerika immer wieder erklären, daß die Gesamt zahl der waffenfähigen und im Militärdienst aus gebildeten Mannschaften maßgebend sei. Erst ist England umgefallen in der französisch-englischen Flottenverein barung, deren Veröffentlichung im Sommer des vergan genen Jahres so großes und besonders in Amerika sehr unliebsames Aufsehen erregte. Und jetzt ist der Vertreter der Washingtoner Regierung gleichfalls umgefallen, hat sich dem französischen Standpunkt zugesellt. Man will zwischen Paris, London und Washington offenbar zu einer Vereinbarung über die Seerüstung kommen. Von der französisch-englischen Marinekonvention redet man nicht mehr; sie ist m der Versenkung verschwun den und nur Frankreich rettete für sich ohne jegliches Gegen zugeständnis die englische Einwilligung dazu, die franzö sische Erklärung, daß in eine „Abrüstung" die Massen der Heeresverstärkung durch die ausgebildeten Reserven nicht rinbezogen werden sollen, nicht bloß zu billigen, sondern auch zu unterstützen. Jetzt wird auLzur See ein Ausgleich geschaffen. 5:5:3, also gleich stckrke Seerüstung Ame rikas und Englands, eine verhältnismäßig geringere für Frankreich — und wahrscheinlich auch Japan — soll die Höchstgrenze abgeben. Daß angesichts der Entwicklung der modernen Kriegsmittel alle diese Dinge nur auf dem Papier stehen, es außerdem auch nicht einmal eine prak tische Garantie für die Durchführung selbst dieser „Be- schränkungen" gibt, ist so selbstverständlich, daß man sich eigentlich die ganze Beratung in Genf sparen sollte. Be zeichnend ist ja die Erklärung des englischen Vertreters, er sei zwar früher für die Einbeziehung der Reserven gewesen, sei jetzt aber dagegen, damit die Kommission überhaupt etwas zustande bringe. Auf das Endresultat wird die Welt wohl kaum sehr gespannt sein! Der deutsche Vertreter, Graf Bernstorfs, hat darauf hin zu verstehen gegeben, die Reichsregierung müssesichihre Stellungnahme noch Vorbehalten der Tatsache gegenüber, daß hinsichtlich der Waffenrüstung zu Lande alles beim alten bleibe. Frankreich, das nicht an Abrüstung, ge schweige denn an eine Ausführung der diesbezüglichen Versicherung des Versailler Friedens denkt, hat eben einen doll ständigen Sieg errungen. * Oer Kampf um die Reservisten. Der Vorbereitende Abrüstungsausschuß lehnte heute den Antrag der deutschen Delegation gegen die Stimmen oon Deutschland, Sowjetrußland und China ab, demzu folge in den ersten Artikel des Konventionsentwurfes, der Sie Beschränkung der effektiven Truppenbestände und der militärischen Organisation behandelt, auch die Beschrän kung der militärisch ausgebildeten Reserven ausgenommen werden soll. Damit hat der Ausschuß fast einstimmig sich auf den Standpunkt der französischen Negierung gestellt, die die gesamten militärisch ausgebildeten und am Tage der Mobilmachung unter die Waffen tretenden Reserven oon der Beschränkung auszuschließen wünschte. Der Abrüstungsausschuß hat damit einen der Hauptgrundsätze der gesamten Abrüstungsfrage fallen ge lassen und beschlossen, die Begrenzung der Rüstungen lediglich auf die aktiven Truppenbestände zu beschränken. Ferner lehnte der Ausschuß einen sowjetrussischen Antrag ab, in dem ersten Vertragsartikel ausdrücklich nicht nur von einer Beschränkung, sondern von einer Herabsetzung Schachts berliner Konkerenren Besprechungen des Reichsbank- präsidenten. Offensive gegen die Mark gescheitert. Reichsbankprästdent Dr. Schacht, der aus Paris zu einem mehrtägigen Aufenthalt in Berlin eingetroffen ist, hatte im Verlaufe des Montags zwei Besprechungen. Die eine fand mit Mitgliedern des Reichsbankdirektoriums statt, die sich auf die Lage am Devisenmarkt und mit den Vorbereitungen zu der am Dienstag und Mittwoch tagenden Generalratssitzung der Reichsbank befaßte. Die zweite Unterredung hatte der Reichsbankpräsident mit dem sogenannten Reparationsausschuß des Reichs kabinetts, dem die an den Reparationsfragen unmittelbar beteiligten Mitglieder der Reichsregierüng angehören. Diese Konferenz, die im Arbeitszimmer des Reichs kanzlers tagte, dauerte etwa zwei Stunden. In diesem Zusammenhang kann übrigens darauf hin- gewicscn werden, daß sich die Lage am Devisen markt vollkommen beruhigt hat Die Dollar nachfrage war am Montag erheblich geringer als an den Bortagen, so daß man sagen kann, daß der Vorstoß der internationalen Devisenspekulation, der besonders von Frankreich ausging, schon jetzt als abgeschlagen gilt. Diese französischen Angriffe auf die Mark gingen be sonders über Amsterdam, wo zahlreiche Bureaus eine nicht immer gerade einwandfreie Vermittlertätigkeit aus- geübt zu haben scheinen. Pariser und Londoner Blätter wissen von neuen Vor schlägen des Konferenzvorsitzenden Owen Young und von Gegenvorschlägen Dr. Schachts zu berichten. Das angeb liche neue deutsche Angebot soll eine Bestimmung ent halten, wonach die Zahlungen nach fünfzehn Jahren ver mindert oder aufgeschoben werden könnten, wenn die Wirtschaftslage der Welt es rechtfertige Alle diese Kom binationen sind natürlich mit großer Vorsicht zu genießen. Festzustehen scheint, daß man in Paris gegenwärtig be müht ist, den Schlußbericht so zu gestalten, daß eine Fort setzung der Verhandlungen auf diplomatischem Wege möglich ist. Wie verlautet, wird die Abfassung des Schlußberichtes noch etwa vierzehn Tage dauern. Dr. Schacht wird am Donnerstag in Paris zurückerwartet. Oie Sitzung des Redaktionsausschuffes der Reparationskonferenz. In der Montagssitzung des Redaktionsausschusses der Reparationskonferenz, an der deutscherseits in Ver tretung des Reichsbankpräsidenten Dr. Schacht Geheimrat der Rüstungen zu sprechen. Aus Antrag Lord Cushenduns wurde ferner aus dem Vertragstext eine Bestimmung ge strichen, nach der die ohne Mobilisierung sofort verwend baren Truppenbestände gleichfalls von der Beschränkung der Rüstungen ausgeschlossen bleiben sollen. Die neue dänische Negierung. Ein Linkskabinett. Da bei den Wahlen zum Folkething eine erhebliche Neigung der Wähler nach links zutage getreten ist und die Zusammensetzung des Parlaments sich demgemäß ver ändert hat, ist die bisherige Regierung zurückgetreten. Der König hat der neuen Ministerliste, unter der Präsi- ventschaft des Sozialdemokraten Stauning, seine Zu stimmung erteilt. Die Liste setzt sich aus neun Sozial- oemokraten und drei Mitgliedern der radikalen Linken zusammen. Ministerpräsident Stauning übernimmt auch das Ministerium für Seeschiffahrt und Fischerei. Die Ministerien des Äußeren, der Justiz und des Innern sind mit den Radikalen Munch, Zahle (früher Gesandter in Berlin) und Dahlgaard besetzt. Das neue Ministerium hat im neuen Folkething eine sichere Mehrheit, nämlich 77 oon 149 Mandaten. Die Ministerien für Finanzen, Ver teidigung, Handel und Industrie, Soziales, Unterricht, Kirche, Verkehr und Landwirtschaft werden durch Sozial demokraten verwaltet. Zuspitzung im Nuhrbergbau. Wird der Schiedsspruch für verbindlich erklärt? Der Gewerkverein Christlicher Bergarbeiter and der Bergbauindustrieverband (Alter Vergarbeiterverband) lehnten in Essen den Dortmunder Lohnschiedsspruch als ungenügend und unbefriedigend ab. Die Verbände erwarten vom Reichsarbeitsminister, vaß er den Schiedsspruch nickt für verbindlick erklären, sondern für eine bessere Lohnregelung sorgen werde. Ebenso hat der Christliche Metall- rrbeiterverband in seiner Bezirkskonferenz der Zechenhandwerker, Heizer und Maschinisten den Schieds spruch für den Nuhrbergbau einstimmig abge- lebnt mit der Bearünduna. daß dieser den teueren Kastl teilnahm, hat der englische Delegierte Sir Jostay Stamp den ersten Entwurf eines Berichtes vorgelegt und ihn verlesen. Es wurden von einigen Mitgliedern des Ausschußes Bemerkungen gemacht. Dieser Bericht setzt sich aus zahlreichen Teilen zusammen und ist vorläufig nur in englischer Sprache abgefaßt. Auch sind die ein zelnen Teile noch nicht geordnet. Er enthält einen über blick über das Zustandekommen der Konferenz, deren Auf trag und die Aussichten betreffend die Lösung. BnbessckW der Mark am Lovdaner and Pariser Seviseamardt Londo« gegen die französische Hetze London, 29. April. Die Montagsvorgänge am Londoner Devisenmarkt sind trotz der verhältnismäßig geringen Schwankun gen gegenüber den letzten amtlichen Notierungen für die Einstellung des Londoner Finanzmarktes bezeichnend. Die Mark erholte sich auf 20,48'/», während der belgische Belga auf 124,16 bzw. 92,58 und 34,94"/» zurückgingen. Tatsächlich ist, wie sich immer deutlicher zeigt, der Londoner Geldmarkt nicht nur nicht gewillt, der französi schen Hetze gegen die deutsche Währung nachzugeben, sondern es läßt sich im Gegenteil mehr und mehr ein für Deutschland günstiger Einfluß der grotesken Uebertreibungen der französischen Beschuldi gungen seststellen. In Londoner Finanz- und politischen Kreisen yält man selbstverständlich nach wie vor eine Endregelung der Kriegsentschädigungssrage sür sehr erwünscht. Anerkannt werden die bedauerlichen Folgen einer Nichteinigung, aber es ist im höch sten Grade unwahrscheinlich, daß sich die Londoner City auch bei einem Scheitern der Pariser Besprechungen zu irgendwelchen Maßnahmen hergeben wird, die allein die Schädigung Deutsch lands zum Ziele haben. Die Politik der Reichsbank in den letzten Krisenlagen Hal in London keineswegs den Eindruck gemacht, den die Pariser Presse der Welt gern suggerieren möchte. Im Gegen teil sind alle bisherigen Schritte und die bestimmte Haltung der Reichsbank, wie auch der führenden Berliner Großbanken durch weg günstig ausgenommen worden. In der Kriegsentschädigungs frage selbst ist am Montag auch in London wieder eine optimi stischere Note festzustellen. Die Schwankungen erreichen hier aller dings weder nach der negativen, noch nach der positiven Seile hin irgendwelche extreme Ausmaße. Paris, 29. April. Der Reichsmarkkurs, der bei den Pa riser Notierungen vom Freitag und Sonnabend um zwei Punkte nachgelassen hatte, wurde am Montag an der offiziellen Börse mit 606,25 notiert, also zum früheren Kursstand. ?ebensverhältmssen wie such' der verantwortungsvollen urd gesundheitsschädlichen Arbeit in keiner Weise Rech- rung trägt. Der Zechenverband dagegen hat beschlossen, den Schiedsspruch anzunehmen. Es bleibt nun abzu- r^rten, ob die zuständigen Instanzen jetzt zu einer Ver- nndlichkeitserklärung des von Arbeitgeberseite ange- rommenen, von den Gewerkschastsverbänden aber abge- ehnten Schiedsspruches schreiten werden. Wirtschaft und Arbeiter. Reparationen und Sozialpolitik. Bei den vom Gesamtverband der Christlichen Gewerk- ckaften am Sonntag in Essen veranstalteten Kundgebungen lerbreitete sich Reichstagsabgeordneter Fahrenbrach- Oüsseldors über „Arbeiterschaft und deutsche Wirtschaftsnot". Lr führte u. a. aus: Die Krise der Demokratie und des Parla mentarismus' habe ihre tiefsten Ursachen in der neuzeitlichen Wirtschastsentwicklung. An Reparationen, Kriegspeusionen >md so weiter müsse die deutsche Wirtschaft heute jährlich 5,6 Milliarden aufbringen, während vor dem Kriege der ganze Reichshanshalt nur etwa vier Milliarden betragen habe, hieraus ergebe sich der scharfe Konkurrenzkampf unserer Wirt schaft und die soziale Spannung. j Oie Arbeiter hätten deshalb das größte Interesse an der Herabsetzung der Reparationszahlungen wie auch an einer er heblichen Senkung der Verwaltungskosten in Reich, Ländern and Gemeinden Gehe die Steigerung der Lebenshaltungs kosten infolge dieser Belastungen werter, so vierve lern anderer Weg, als durch eine aktive Lohnpolitik einen Ausgleich zu finden. Der Führer des Gewerkvereins christlicher Bergarbeiter, Reichstagsobgeordneter I m b u s ch - Essen, kam dann auf das Verhältnis zwischen Staat und Wirtschaft zu sprechen Heute sollen, bemerkte Jmbusch, die breiten Massen die Kosten des Wiederausbaues der Wirtschaft und die Repa rationslasten tragen. Zu diesem Zweck suche man die Hilfe der Regierung und der öffentlichen Meinung zu gewinnen Des halb auch der zunehmende Kampf gegen die Verfassung und ven sozialen Volksstaat. Es sei ein bedenkliches Rezept, wirt schaftliche Schwierigkeiten durch Verlängerung der Arbeitszeit und Herabsetzung der Löhne zu beheben. Schars wandte sich Jmbusch gegen die Bestrebungen zum Abbau der Sozialver sicherung. Auch das Schlichtungswesen dürfe nicht beseitigt werden.