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Bis V-10 Uhr vormittags eingehende Anzeigen finden am gleichen Tage Aufnahme Das Pulsnitzer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft u. des Finanzamtes zu Kamenz des Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz sowie der Gemeinderäte Großnaundorf und Weißbach behördlicherseits bestimmte Blatt Hauptblatt und älteste Zeitung in den Ortschaften der Pulsnitzer AmtSgerichtsbezirkS: Pulsnitz, Pulsnitz M. S., Großröhrsdorf, Bretnig, HauSwaldc, Ohorn, Obersteina, Niedersteina, Weißbach, Ober- und Niederlichtenau, FriederSdorf, Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf, Lichtenberg, Kleindittmannsdorf Geschäftsstelle: Pulsnitz, Albertstraße Nr. » Druck und Verlag von E. L. Förster» Erben (Inh. I. W. Mohr) Schriftleiter: I. W. Mohr in Pulsnitz Nummer 186 Mittwoch, den 12. August 1931 83. Jahrgang „WM M N MMkM MM «IR W«I" Die Berfassungsfeier der Reichsregierung im Reichstag Hindenburg schreitet di« Ehrenkompanie ab. Den Abschluß der Verfassungs- feier der Reichsregierung bil dete das Abschreiten der Front der Ehrenkompanie der Reichs wehr durch den Reichspräsi denten von Hindenburg. Dir Ehrenkompanie war vor den Hauptportal des Reichstags gebäudes ausgestellt. Im Plenarsaal des Reichstages sand Dieirstag mittm die Verfassungsfeier der Reichsregierunc statt, an der Reichspräsident v. Hindenburg teilnahm Es war diesmal wenig Schmuck angebracht. Im Saal wm eine Büste des Freiherrn von und zum Stein aufgestellt, de die Verfassungsfeier im Zeichen des Stein-Jubiläums steher tollte. Nach dem Gesänge der Bachschen Motette „Der Geist Hilst" ergriff Reichsfinanzminister vc. Dietrich das Wort zur Festrede. Die Festrede des ReWMnzmmisters. Der Reichsfinanzminister ging in seiner Rede von der Dcrfassungsfeier im Jahre 1923 aus. Damals wären es schlimme Zeiten gewesen. Er erinnerte an die Inflation und an den Kampf um die Ruhr. Aber dann wäre eine Pe riode des Aufstiegs gefolgt. Or. Dietrich erinnerte daran, daß der wirtschaftliche Wiederaufbau mit dem ersparten Ver mögen fremder Nationen erfolgt sei, das in Milliardensummen als Leihkapital nach Deutsch land hereinfloß. vr. Dietrich streifte die Gefahren der kurz fristigen Verschuldung. Doch sei das Mißtrauen, das die Wirtschaft der Völker zerstöre, auch auf politische Gründe zu rückzuführen. Die Krise sei auch eine Folge der sogenannten Friedcnsverträge. Der Reichsfinanzminister sagte: „Wenn wir hoffen dürfen, daß die Krise ihren Höhe punkt überschritten hat, so bauen wir darauf, daß das Ver ständnis, wie sehr die Wirtschaftsvölker der Erde auf ein ander angewiesen sind, daß des einen Not zugleich die des anderen ist, sich durchzusetzen beginnt rind daß dem auch eines Tages die Politik und die Verträge, die revisionsbedürftig sind, Rechnung tragen werden." Der Reichsfinanzminister kam dann auf die Zeit des Frciherrn vom Stein zu sprechen. Stein habe nach den napoleonischen Kriegen die Vor bedingungen der Erhebung Preußens und damit die Voraussetzung einer neuen deutschen Geschichte geschaffen. Freiherr vom Stein habe seine Gedankengänge auf gebaut auf der Zeit des Mittelalters, auf dem alten deutschen Kaiserreich. Sein Ziel und seine Hoffnung sei gewesen, Deutschland zu einem machtvollen Gemeinwesen zusammen zubringen. Seine Pläne hätten dahin gezielt, wie der Gegensatz Preußen-Oesterreich zu lösen sei. In diesem Sinne seien auch seine Reformen zu verstehen. Heute seien wir über die Steinschen Pläne hinausgeeilt. Wir hätten das freieste Bürgerrecht in der Gemeinde und dem Reich, be fänden uns aber trotzdem in schwerster Krise. Das deutsche Volk habe an die Gemeinden und das Reich Ansprüche er hoben und erhebe sie noch, denm weder die Gemeinden noch das Reich gewachsen seien. Es wäre besser gewesen, das platte Land mehr zu ent wickeln, als die großen Städte ständig anwachsen zu lassen. In der Verbindung mit der Erde und der Natur liege ein solides Fundament menschlicher Entwicklung. Das Ver halten unseres Volkes in den letzten Monaten habe gezeigt, daß cs willens sei, auf dem bisherigen Wirtschaftssystem weiterzubauen. Es müßten aber auch neue Wege betreten werden. Auch in der Verwaltung des Reichs, der Länder und der Gemeinden seien Fehler begangen worden. Man habe die Aufgabe des Staates über steigert und sich einen Apparat geschaffen, den angemessen zu bezahlen eine dauernde Sorge sei. Es komme darauf an, Aufgaben und Zuständigkeiten zwischen Reich, Ländern und Gemeinden richtig zu verteilen und damit die Verwaltungs maschine zu entlasten. Das Fundament, das die Wei marer Verfassung dem deutschen Volk gegeben habe, sei durchaus gesund. Aber eine Neuorganisation der Gemeinden sei notwendig. Ihre Finanzen seien zerrüttet und die Vorwürfe gegen ihre Finanzwirtschaft heftig. Aber wenn wir verantwortungs volle Kommunalverwaltungen wiedergewinnen wollten, sei es nur in der Lust einer selbständigen Verwal tung möglich. Der Reichsfinanzminister schloß seine Festrede mit den Worten: „Wir sind stolz auf unser Volk und feine glänzende Geschichte, und wir verbinden heute mit der Achtung vor der Vergangenheit d-n Glauben an Deutsch lands Zukunft." Ansprache -es Reichskanzlers. Nach einer weiteren musikalischen Darbietung ergriff dann Reichskanzler Ür. Brüning zu einer kurzen An sprache das Wort. Die "Feier des Verfassungstages, so führte er aus, falle in eine Zeit drückender wirt schaftlicher Not. Die deutsche Geschichte sei an Höhen und Tiefen reich. Aber die Bedrängnis der Gegenwart könne man wohl nur mit den Notjahren vergleichen, in denen der große Staatsmann Freiherr vom Stein lebte, der Weg bereiter deutscher Einheit und Freiheit, der Führer zum volkhaften Staat. In der Linie seines Zukunftswollens liege die Reichs- Verfassung vom 11. August 1919 als bedeutsame, wenn auch nicht in allem vollendete Erfüllung. Die in dieser Reichs verfassung gegebene Freiheit und Mündigkeit müsse den lebenden Deutschen ein Appell sein, sich der Bürger pflichten zu erinnern, die diesen Bürgerrechten entsprächen. Verfassungstag, ebenso wie der Gedenktag der im Weltkrieg Gefallenen, sei ein Besitz des ganzen Volkes, an dem die Tageskämpfe schweigen müßten und das Be wußtsein der nationalen Gemeinsamkeiten in sein Recht trete. Dieses Besinnen auf das Einigende müsse auch im Das Wichtigste Das Reichsbankdircktorium hat mit Wirkung vom 12. August be schlossen, den Reichsbankdiskont von 15 aus 10 o. H. und den Lombardsatz von 20 aus 15 v. H. herabzusetzen. Aus Anlaß des Dersaffungstages hat Präsident Hoover an den Reichspräsidenten von Hindenburg ein Glückwunschtelegramm gesandt Gebiet des politischen Handelns zu fruchtbaren Ergebnissen führen. Der Reichskanzler sprach dann Zuversicht auf - eine bessere Zukunft unseres Vaterlandes aus und forderte die Festversammlung auf, in den Ruf einzufallen: „Das in der Republik geeinte Volk, es lebe hoch!" — Das Deutschland lied beschloß die Feier. Hindenburg schreitet die Front der Ehrenkompanie ab. Nach der Feier im Reichstage begab sich der Reichs präsident in Begleitung des Kanzlers und des Reichstags präsidenten vor das Hauptportal des Reichstages, wo er von einer zahlreichen Menge mit Hoch-Rufen begrüßt wurde. Unter den Klängen des Präsenttermarsches schritt der Reichs präsident, begleitet vom Reichswehrminister, General Hasste, und dem-Stadtkommandanten von Berlin,.General S ch r e i b e r, die Front der Ehrenkompanie ab. Der Reichspräsident begab sich hierauf im Kraftwagen in sein Palais zurück. Distontsenkung um S Prozent. Diskontsatz ab 12. August 10 Prozent, Lombard 15 Prozent. Nachdem sich die Wiederaufnahme des normalen Zah lungsverkehrs ohne besondere Beanspruchung der Noten bank glatt vollzogen hat, hat der Z e n t r a l a u s s ch u ß der Reichsbank am Dienstag eine Nachprüfung der Diskontpolitik vollzogen. Das Ergebnis zeigte, daß die Vor aussetzungen, die eine Erhöhung des Diskonts auf 15 Pro zent notwendig machten, nicht mehr gegeben sind. Darauf hin kam der Beschluß der Diskontherabsetzung um 5 Prozent zustande. Der Diskontsatz beträgt nun 10 statt 15 Prozent, der Lvmbardsatz wurde von 20 auf 15 Prozent zurückgeschraubt. Der Beschluß ist mit Wirkung vom 12. August in Kraft gesetzt worden. Er ist als werterer Schritt im Rahmen des Selbsthilfeprogramms anzusehen, und die Reichsbank hat sich mit ihm den Sätzen des offenen Geldmarktes angeschlosseu. * Wieder Rückflüsse an die Reichsbank. Nachdem sich in den letzten beiden Tagen der Vorwoche infolge der Lohnzahlungen und der Freigabe des vollen Auszahlungsverkehrs auch bei den Sparkassen eine leichte Erhöhung des Notenumlaufs ergeben hatte, der allerdings größere Rückflüsse am Beginn der Woche gegen- Uberstanden, sind am Montag bei der Reichsbank wieder Zuflüsse von 28,9 Mill. RM erfolgt. Zur Diskontermäßigung Zu der soeben vom Zentralausschuß der Reichs bank beschlossenen Diskontermäßigung von 15 auf 10 v. tz. erfährt der DHD., daß dieser Beschluß einstimmig und ohne längere Aussprache gefaßt worden ist. Wie in der Begründung des Reichsbankpräsidenten bereits aus- gesührt wird, war man sich darüber klar, daß, nachdem der Notdiskont feine Pflicht erfüllt hat, er nunmehr schnellstens wieder abgebaut werden müsse. Wie der DHD. weiter erfährt, hat man sich im Zentralausschuß auch über die Möglichkeit der Wiedereröffnung der Bhrse ausgesprochen. Es wurde in dieser Aussprache angeregt, den immer no chhohen Lombardsatz von 15 v. H. bis zur Wiedereröffnung der Börse herabzusetzen, da dieser un verhältnismäßig hohe Lombardsatz auf das Börsengeschäft bestimmt lähmend wirken müsse. Beschlüsse in irgend welcher Richtung sind natürlich nicht gefaßt worden.