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Auer Tageblatt Mzeiger für -as Erzgebirge mit -er wöchentlichen Unterhaltungsbeilase: Mer Sonntagsblatt. . s»»i, epntzstua», -« ttt-arttea mtt Msnatzm» »« ««»tage »achsüttz»-» «—H Uh». — rMegramm-siSresse, rageblai» siueeqgeNrge. Ivmftrech« «. »„'»? »K » --Te«. IS» «weiiaagl »tn-rsantw «auusteftw kam» Vmvöhr nicht geleistet wer»««. Nr. 284. Diese Nummer umfaßt S Sette«. Das Wichtigste vom Tage. Etaattsekretär Dr. Delbrück hat im Reichstag auf die Interpellation der Konservativen zu der Dienstboten versicherung erklärt, daß der Einführung»- termtn nicht hin au »geschoben werde« könne. * Dem Statthalter von Elsaß-Lothrtngen find durch kaiserliche Willen»üuß«rung Richt- linien für die Zukunft gegeben worden. * DerKönig von Serbien hat einen UkaS erlassen, nach dem jetzt fürdieneuerworbenenserbtichen Gebtetedie serbische Staat» Verfassung in Kraft treten soll. In der Provinz Kansu im Nordwesten von Lhtna hat eine neu« Erhebung gegen die Zentralregierung ftattgefunden. An der Spitze steht ein mohammedanischer General. * Ein Brand in der Emmagr« be in Oberschlefie« hat sechs, ehnvergle«teal»Opfer gefordert.') « Eine noch unbestätigte Meldung besagt, Leutnant von Forstn er sei au» dem Heerdienst entlassen worden. -> Slährn» steh« au anderer kt«ll«. Gegen äie Äuslanäer in Frankreich Aus Pari» wird uns von unserem Korrespondenten ge schrieben: Die Bewohner unserer Grenzgebiete werden Über die große Anzahl von Ausländern unruhig, die sich seit eini ger IZeit dank unsrer unvorsichtigen Gastfreundschaft dort niedergelassen haben. Frankreich da« früher den Franzosen gehörte, wird international. LaUd. Es bevölkert sich allmäh lich mit Menschen aus aller Herren Länder, die weder un fern Geist noch unsere Sitten, weder unser Gefühl noch unsere Sprache ihr eigen nennen. Gerade in den Gegen den, die am sorgsamsten vor dieser gefährlichen Einwan derung bewahrt werden müßten, befindet sich die größte Anzahl fremder Eindringlinge. So schreibt die LibertS. DieWahrheit klingt frei lich anders. Mit der Einführung ein«» S. Militärdienstjahres Montag, S. S. Jahrgang. wird da» an Menschen arme Sand weiterer 200 00ü Mann beraubt, die alljährlich in Industrie und Gewerbe, vor allem aber auch im Handwerk fehlen. Schon früher waren im Kohlengebiet der Norddepartement» Hunderttausende von Belgiern und Luxemburgern al» Arbeiter »Stig. Die Gin- führung de» Achtstundentage» und die gesetzliche Beschränkung der lleberstunden wird in Verbindung mit dem Mangel an heimischen Arbeitskräften deren Zahl jetzt noch vermehren. And wär« «» der französischen Militärverwaltung möglich gewesen, in wenigen Monaten Kasernen und Baracken für einen vollständigen Jahrgang zu bauen, wenn nicht da» Holz dazu aus Deutschland gekommen und die Unterneh- mer deutsche und italienische Arbeiterkolonnen verwen- det hätten? Was ist natürlicher, als daß einzelne von die sen ausländischen Arbeitern, die in Frankreich lohnenden Unterhalt finden, zumal sie meist genügsamer als der durch di« reichen Naturprodukte seine» Landes verwöhnte Fran- zsse leben, sich dauernd niederlassen und Grund und Boden erwerben. G» ist eine fast unglaubliche Verdächtigung, wenn der Militärschriftsteller Oberstleutnant Housset behauptet, diese größtenteils aus Deutschland stammenden Arbett«r und Ansiedler seien bezahlte Spione, die in Französisch-Lothringen bereit» wie in «inem «ro-erten Lande hausten. Gr macht sich die Ausführungen eine» Gr«nzblatte» zu eigen, worin «» heißt: Ich kenne Leute, die einen Bauernhof besitzen, wo alle» im U«b«rfluß wachsen müßte und doch säen und ernten sie nur zum Schein. Ich kenn« hi«r ansässige Ausländer, die jetzt (wir haben Anfang Dezember) noch nicht einmal mit der Ernte fertig find; sie haben noch nicht das Grummet gehauen und die Rüben ge zogen. Unsere Landleute sind über do» Gebühren ihrer Nachbarn nicht einmal unwillig, denn schon in einem Mo nat werden diese Ausländer kommen und Lei ihnen Heu, Stroh, Gemüse, Schlachtvieh und was sonst alle» für rote» Gold kaufen. Woher aber nehmen sie da» Geld? — Natür lich — so folgert der Herr Oberstleutnant — erhalten sie es von der deutschen Negierung. Ul» angeblichen Be weis für feine Verdächtigung erinnert er daran, daß Lei dem Angriff auf Thionvills am 14. August 1870 die Bri- gade Gneisenau von Reservisten gMhrt wurde, die noch im Jahre vorher als Bauarbeiter an den Befestigung»»«« ken de« Platze» tätig gewesen waren. Die gleiche Gefahr soll i m Süd en drohen. Marseille birgt 100 000 Ausländer, größtenteils italienische Arbeiter, viele Italiener haben sich aber naturalisieren lassen und in den französischen Alpenregtmentern ihrer Dienstpflicht ge nügt. Werden sich diese französischen Italiener im Kriegs fall« mit ihren italienischen Stvmmesgenossen schlagen? von nationalistischer Sette fordert man daher Aus- nahmegesetze zur Beschränkung der Einwanderung deutscher und italienischer Arbeiter und ein Ansiedlung»- verbot. Man wünscht Maßnahmen, wie sie die Vereinigten Staaten von Nordamerika gegen die in die Weststaaten ein gewanderten Japaner erlassen herben. Diese größtenteil» in Paris lebenden Herren übersehen aber, daß fie damit der französischen Industrie den größten Schaden zufügen. Die Industriegebiete liegen nun einmal unweit der Grenze. Würden fie sich im Westen befinden, dann wäre di« natür liche Folge, daß «sich dort ausländische Arbeitskolonien an- fiedeln, ähnlich wie Rheinland-Westfalen polnische Sied lungen erhalten hat. Bergbau und Hüttenindustrie, die elektrische Industrie und da» Bauhandroerk würden ohne die ausländischen Arbeitskräfte überhaupt nicht konkurrenzfähig -leiben können, denn fie wären der ungenügenden Zahl französischer Arbeiter in die Hand gegeben. Das agrarische Element, Kleinbauer und Kleinstädter, überwiegt eben noch die Industriearbeiter. Da die französische Arbeiterschaft ei»en derartigen Zustand zur Durchsetzung ihrer Höchstforde- rungen nicht ungern sehen würde, ist es leicht zu verstehen, daß der von nationalistischer Seite geschürte Haß gegen die AuslSnder gerade zur Zett wirtschaftlicher Krisen in den unteren Schichten »ft fruchtbaren Boden findet. Wer aber weiter al» Li» zum Tage sieht, weiß nur zu gut, daß Aus nahmegesetze Frankreich am meisten schaden müssen. Das Ergebnis äer Donaueschinger Aonferenz. (Don unserem Berliner - Mitarbeiter.) Der Telegraph hat (wie unsere Leser schon wissen. Di« Red.) kurz mitgeteitt, Laß die beiden Bataillone de» In fanterieregiment» Nr. SS au« Jabern auf den Truppen. Übungsplatz Hagenau verlegt und die schwebenden Unter, suchungen mit allem Nachdruck und mit möglichster Be schleunigung durchgeführt werden sollen. Dazu hat der UnterstaatssekretSr der Reichskanzlei, von Wahnschafs«, noch einem Führer der Fortschrittspartei Mitteilungen gemalt, wonach der Kaiser schon vo- den bösen Jitl».p«llatio.> debatten im Reichstag durch Mki wichtige 2SMen«u..d- gebungen eingegriffen habe, di» der Reichskanzler in seiner zweiten Rede «egen des Tumult» nicht so deutlich, wie es wohl erwünscht gewesen wäre, zur allgemeinen Kenntnis gebracht habe. Einmal sei eine Kabinett»ordre an den Kommandierenden General von Deimling ergangen, da für zu sorgen, daß alle Ungesetzlichkeiten bei dem Vorgehen des Militär» auf» strengste vermieden würden. Und sodann sei, ebenfall» schon vor den Inter- pellationedebatten, General Kühne au» dem Generalstab nach Zabern entsandt worden, um noch vor Beendigung der eingeleiteten Untersuchung «in weitere» Einschrei ten de» Oberst Reutker in seitheriger Weise zu »W e Die Langweile unck äie Uriminalistik. Langweile und Müßiggang ist durchau» nicht dasselbe; man kann müßig gehen und sich dabei außerordentlich gut unterhalten. Es gibt Menschen, die sich glücklich fühlen, wenn sie im Freien auf dem Rücken liegen und mit den Augen dem Zug der Wollen folgen können. Da» bietet ih nen so viel Abwechselung, da» erzeugt ein« solche Fülle von Gedanken in ihnen, daß von Langweile gar keine Rede ist. Auch das, was wir im gewöhnlichen Sprachgebrauch al, lang- weilig bezeichnen, ist nicht die Langweile, die wir im Auge haben. Man nennt ein Buch, «in Theaterstück, ein Musik stück langweilig und meint damit uninteressant, trivial. Der Blasierte findet Dinge und Person«« langweilig, di« für andere Menschen hochinteressant sind. Die Langweile, die auch in der Kriminalistik eine Roll« spielt, ist «twa» ande res. Die Langweile ist eine Stimmung, ist ein Seelenzu- stand, in dem man sich unbehaglich fühlt und mit aller Kraft eine Abwechselung haben möchte. Dies« Art der Langweil« ist der Ursprung, die Wurzel vi«ftr Vergehungen, ja ver brechen. Besser al» theoretische Ausrinandersetzungen «er- den praktische Beispiel« «ine Erklärung geben. Der Inhaber eine» kleinen Provinzgeschäste» hat «inen Lehrling, für den zettweis« nicht» zu tun ist. Besonders nachmittag», wenn der Ehef über Gebühr di« Mittag»pause ausdehnt, i« Taft oder in der Konditorei sitzt und s«inen Skat spielt, weiß der Lehrling nicht, was er anfangen soll. Dann kommt die Lang- weile Über ihn, und er sucht nach einer Bchchästigung. Da liegt vor ihm ein Brief mit der Unterschrift seine» Ehef». Ganz mechanisch beginnt der Lehrling die Unterschrift naich zumalen und ist überrascht, wie gut ihm das gelingt. Die Langeweile ist geschwunden, «r hat eine interessante Beschäf- ttgung, auf die er nie gekommen wär«, wenn er sich nicht eben sträflich gelangweilt Hüfte. Er matt nun den Namen immer und immer wieder, und schließlich überzeugt er sich, daß er den Namen seine» Ehef» genau so schreibt, wie di«ser selbst. Wahrscheinlich würde der Ehef gar nicht wissen, ob «in« ihm vorgelegt« Unterschrift von ihm oder von dem Lehr ling stammt. Ist es nicht selbstverständlich, daß nun dem Lehrling der Gedanke kommt, diese Unterschrift zu verwen. den, sie unter ein Schriftstück zu setzen, wenn auch zuerst nur im Scherz? Und wie kurz ist der Schritt dann zur Fälschung von Quittungen, von Wechseln, von Scheck», irgendwelchen Dokumenten, auf welch« «» Geld gibt. Der Lehrling braucht nur «twa» abenteuerlich veranlagt zu sein und seine Phan tasie durch Lektür« erregt zu haben, und er wird eine» Ta- ge» «in« Fälschung begehen, di« ihm eine größere Geldsumme in die Hand -ringt, und wird damit durchbrennen. Gr wird sich auf Lebenszeit schädigen, er wird auch dem Ehef schweren pekuniären Schaden -»fügen -- und La» alle» au« Langweil«. Selbst Kinder, die knapp lausen gelernt haben, wer- den von der Langweile gepackt, wem» man nicht dafür sorgt, daß sie sich beschäftigen können. G» heißt, da» Kind be schäftige sich seGst; aber man vergißt dabei htnzuzusetzen: nicht allzu lange Zeit mit demselben Gegenstände. Di« Phantasie de» Kinde», di« ungemein lebhaft ist, will Nah rung haben, und diese Nahrung wird gewährt dadurch, daß der Phantasie «in n«u»r Gegenstand geboten wird, mit dem si, sich beschäftigen kann. Die Mutter, welche di« Kinder etnschließt und auf Stunden allein läßt, ohne daran zu den- ken, den Kindern «ine Beschäftigung, sei es auch nur durch irgendein Spiel zu bieten, darf sich nicht wundern, wenn fie zurückkommt und findet, daß «in Kind von fünf bi» sech» Jahren Teufeleien verübt hat, di« unerhört und ungeheuer sind. Wie kommt das fünfjährige Kind dazu, da» Schwe- sterschen oder Brüderchen, das in der wiege liegt, zu miß handeln, ihm mit einem Messer die Augen au»zustechen und fürchterliche Verletzungen zuzufügen? Kinder find grausam, sagt man; das ist aber nur teilweise wahr. In diesem Fall« hat da» ältere Kind aus Langweile irgendeine Beschäfti gung gesucht, und da ihm die Ueberzeugung und das Be wußtsein dessen, wa» es tut, mangelt, hat e» sich zu tödlichen Verletzung«» de» Schwesterchen» oder Brüderchen» entschlos sen, nur um irgendeine Beschäftigung..zu haben. — Di« Statistik -«lehrt uns darüber, daß jährlich in Deutschland Lausend« von Echad«nf«uern durch Kinder verursacht wer den, welche mit Streichhölzchen spielen. E» ist den Kindern streng verboten, mit Streichhölzern sich zu befassen, sie wis sen auch, daß sie Strass dafür zu gewärtigen haben; aber die Langweil«, welche die im Zimmer allein gelassenen und «ingeschlossen«» Kinder befällt, drän-t fnrartig nach Be schäftigung, daß sie selbst die Furcht vor Straft überwindet. E» ist grundfalsch, zu behoupten: die Kinder spielen mit Streichhölzern, trotzdem es ihnen verboten ist, weil eben di« verbotene Frucht reizt. Ein Kind darf man nicht mit di«, sein Maßstabe messen, der nicht einmal Lei ErLE «in nrer mit Recht angewendet werden kann. Auch , Grausamkeiten, welche Kinder g?g«n Tiere begehen, find - -ht auf einen besonderen bestialischen Trieb des Kindes, soitt rn in sehr vielen Fällen auf die Langweile zurückzuführen In zahllosen Romanen und Theaterstücken ist un» au«- «tnandergesetzt worden, welch ein Schreckgespenst in einer jungenEhedie Langweile ist, besonder» wenn di« Fra« von ihr befallen wird, die vom Gatten vernachlässigt wird und di« sich langweilt, bereit» auf der schiefen Ebene ist un gewissermaßen den ersten Schritt zur Untreu« tut. Aber diese Langweile zeitigt noch viel schlimmere Uebel al» di« Untreu«. Sie führt zum Giftmord gegen den Mann, der die Frau vernachlässigt, weil fie in ihrer Langweile daran denkt, diesen Mann mit anderen zu vergleichen, besonder» mit sol chen. die ihr jetzt den Hof machen oder ihn früher gemocht haben. In diesen langweiligen Stunden kommt die ssftau dazu, darüber nachzudenken, wie sie so ganz ander» lebe« könnt«, wt« si« sich nicht zu langweilen brauchte, w«n« si« di« Gattin ein,» anderen Manne» wäre. M«hr «Nd m«hr wird ihr klar, daß die Sh«, di« si« augenblicklich führt, «in unwürdige» Joch ist, und ist si« erst so wett, dann wird di« sich langweilend« Frau, schon «msich zu beschäftigen, daran denken, ob «» nicht Mittel und Wege gibt, diese» Joch ab zuschütteln, ohne sich in Ungelegenheiten zu bringen. Dam ist der nächste Schritt wiederum sehr nabe, den Mann irgend- wie zu beseitigen, und da» bequemst« ist ja dann da» Gift, für da» bekanntlich Frauen «ine besonder, Vorliebe haben, wenn «» sich darum handelt, «in Mordmtttel zu finden^ Man forsche einmal nach, wieviel Unheil, da» durch anonym, Briefe hervorgerufen wird, auf Langweil« de, Brief schreiberin oder de» Vriefschrekber» zurückzuführen ist. Na türlich, in vielen Fällen werden di« anonymen Briefe auch geschrieben au» Bosheit und Rachsucht. Aber in zahlreichen anderen Fällen ist der Beginn das Schrsttsns anonym«