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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.03.1900
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-03-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000315023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900031502
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900031502
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-03
- Tag 1900-03-15
-
Monat
1900-03
-
Jahr
1900
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Re-action und Lrpe-Mou: 2»hanui»»afie 8. rie Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi» Abend» 7 Uhr. Filialen: Alfred Hahn vorm. O. Klemm'» Sortim. Universitätsstraß« 3 (Paultnum„ Lnni» Lösche, Latharinenstr. la. pari, und König-Platz 7. Abend-Ausgabe. ApMer. TllgMati Anzeiger. Äuüsölatt -es Königlichen Land- und ÄmLsgerichtes Leipzig, des Nathes nnd Nolizei-Ämtes der Stadt Leipzig. Nnzeigea-Preis die 6 gespaltene Prtitzeile SO Pf>. Reclamen unter demRedactionSstrich hsu»- spalten) SO/»z, vor den Familiennachrkchkr» (6gespalten) 40^. Größere Schriften laut unfereui Preis- verzrichniß. Tabellarischer und Ziffrrnsatz nach höherem Tarif. »tetra«Beilagen (gefalzt), nur mtt d«, Morgen-Ausgabe, ohne Poftbeförderuns, >t 60.—, mit Postbeförderuag 70.-. Annahmrschtnß fiir Anzeigen: Abeud-Au-gab«: Vormittag» 10 Uhr. Margeu-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei de» Filialen und Annahmestelle» je ei» halbe Stunde fruher. Anzeigen sind stet» an die Gxpkditia» zu richten. Druck und Verlag von E. Polz l» Leipzig Z 135 Donnerstag den 15. März 190k 94. Jahrgang Politische Tagesschau. * Leipzig, 15. März. Die Isr Heinze ist so gut wie fertig. Die drille ent scheidende Lesung im Reichstage ist allerdings gestern noch nickt zu Ende gegangen, aber man ist im Hause der Ueber- zeugung, baß die gestern gefaßten Beschlüsse die Zustimmung res BundeSratbS finden werden und die heute zu erwartenden auch. Zwar hat in der GeneraldiScussion vom Dienstag ter Staatssekretär Nieberding daS Vorhandensein eines CompromiffeS zwischen der Regierung und den MehrbeitS- parteien im Allgemeinen und in Bezug aus zwei Para graphen insbesondere in Abrede gestellt, aber auf das Wort kommt e» nicht an. Herr vr. Nieberding batte die der xrvsanen Welt bis unmittelbar vor Beginn der dritten Be- rathunz vorenthaltenen Compromißanträge der MehrheitS- xarteiea gekannt und das von ihm Zurückgewiesene wurde entweder fallen gelassen oder geändert. Daß der Staatssekretär bei diese» Verhandlungen von dem, sagen wir: Vertrauendes Reichskanzler» getragen war, geht mit Sicherheit daraus hervor, daß Fürst Hohenlohe bei dem Empfang einer Ge lehrten-, Künstler- und Schriftstellerabordnung theilweise sich tcS Herrn Nieberding al» Dolmetschers bediente. Dieser Empfang fand nach der Beendigung der „Thätigkeit" statt, ron der der Staatssekretär gestern sprach. Herr Nieberding erklärte übrigens selbst, auf Grund eingeholter Infor mationen verhandelt zu haben. Ein Punkt, in dem hie verhandelnden Parlamentarier nicht ganz nachgeben wollten, das Vermiethen an Dirnen, war in zweiter Lesung im Sinne der Regierung entschieden worden. Herr Nieberding hat aber erklärt, daß eine Aenderung der Bestimmung in dritter Lesung nicht zum Scheitern des Ge setzes führen werde. Der gestrige endgiltige Beschluß fiel auch zczcn die Regierung auS; eS bleibt also beim Alten, was wir bedauern, da rin beinahe widersinniger Zustand fort- destehen wird. Hier sei gleich bemerkt, daß die neuen Gesetzesbestimmungen, die sich unzweifelhaft und eigentlich gegen die im Proceß Heinze beobachteten Schändlichkeiten richten (Verschärfung der Strafen für Kuppelei und Be strafung deS ZubälterthumS), gestern angenommen wurden und zwar zum Theil ohne Debatte. Die lex Heinze, die diesen Namen verdient, ist also erledigt. Auch hinsichtlich der Anhängsel darf, wie gesagt, dem Beitritte deS BundesratbeS ;» Len Beschlüssen der dritten Lesung entgegengesehen wer den. Bei der Gelegenheit sei bemerkt, daß der Kaiser das ihm mehrfach zugeschriebene Recht, die Publikation des Ge setzes, wenn ihm der Bundesrath zugestimint, zu unterlassen, nicht besitzt. Wenn dies ein österreichischer Staatsanwalt nicht weiß, so ist daS unerheblich, aber deutsche Schriftsteller, die sich in dieser Angelegenheit öffentlich vernehmen lassen, sollten einen einschlägigen Funvamcntalsatz der Reiwsverfassung leimen. Also an der Publikation des Gesetzes wird es ebenso wenig fehlen, wie au der Zustimmung des Bundesrathes. So endet ein Kampf, der nie hätte beginnen müssen und sollen. Der Heinzeproceß, der ihn veranlaßte, hatte keineswegs Er scheinungen zu Tage gefördert, die in irgend einer Großstadt irgend eines Landes, und sei eS selbst das stockklerikal regierte und deshalb so überaus tugendhafte Belgien, unerhört ge wesen wäre». Ganz mit Recht wurde dieser Tage wiederholt, was schon während und nach dem Processe, namentlich von erstaunten Juristen, gesagt worden war: daß nämlich in jener häßlichen Gerichtsverhandlung daS einzige Außerordentliche die Thatsache gewesen sei, daß man sie vor der Oeffentlichkeit sich abspielen ließ. DaS Beste an dem nicht erfreulichen Ende der fast zehnjährigen Gesetz- gebungScampazne ist, daß überhaupt em Ende kommt. Die DiScussion war ihrer Natur nach eine überaus peinliche und konnte leider auch in der Tagespresse nicht ganz vermieden werden. Ein großer Theil der Zeitungen hat aber mit uns jederzeit ein Eingehen in die Einzelheiten vermieden, eine Zurückhaltung, die auch bei der noch folgenden Erwäh nung einiger Punkte, in denen die Reichstagsbeschlüsse von der Regierungsvorlage abweichen, geübt werden soll. Wie man sich erinnert, wollte der BundesrathS- entwurf nur den unleugbaren, freilich durch Gesetz schwer oder gar nicht zu fassenden Uebelständen, wie sie in dem vielge nannten Berliner Proceß hervorgetreten waren, entgegentreten. Die Frommen im Lande gedachten aber das Ucbel „an der Wurzel" zu fassen und entdeckten an dieser Wurzel auch Er scheinungen des Ku> stiebens, um die sich gerade Menschen wie die Helden des HeinzeprocefseS nicht im mindesten kümmern. Da die Frommen angefangen, so kamen auch Andere, um an dem Feuer der Empörung über das Treiben jener Helden eine Suppe zu kochen. Eines dieser mit bürger licher Unterstützung halbfertiH gewordenen, von der Social demokratie ausgetischten Gebräue haben die Compromißverträge bis auf die Neige weagegossen: der sogenannte Arbeitgeber paragraph, dem die Regierung unter keinen Umständen zu stimmen zu können erklärt hatte, ist gestrichen. Gestrichen wurde außer diesem und dem VermiethungSparagrapben die in zweiter Lesung beschlossene,die aber von derRegieruug für unannehmbar erklärte und deshalb aus dem Compronußantrage verschwundene Erweiterung der Grenze, bis zu welcher die Verführung strafbar ist. Weiter kam man gestern nicht. Morgen wird nach dem Compromißanträge die Verschärfung des K 184, wonach der Verkauf und das Anerbieten gegen Entgelt von unzüchtigen Schriften an jugendliche Personen unter 18 Jahren strafbar sein soll, dahin abgeändert werden, daß 16 Zähre gesetzt werden. Die eigentlichen „Kunstparagrapheu werden mit nur wenigen wesentlichen Aenderungen stehen bleiben. Der vage, kautschukartige Begriff von Schriften, Abbildungen und Darstellungen, „welche, ohne unzilchtig zu sein, das Schamgefühl verletzen", wird in das Strafgesetzbuch kommen und, da der Begriff der „Oeffentlichkeit" gleichfalls ein dehnbarer ist, möglicher Weise auch die Kunstwerke in den öffentlichen Museen gefährden. Der Abg. Bassermann hat vorgestern eindringlich auf diese Gefahr hiugewiesen, aber vergebens. Eine unseres Erachtens nichts bedeutende Aende- rung der Compromißanträge ist der Verzicht auf einen kaum verständlichen Passus im tz 184a. Greifbarer ist die Herab setzung des Alters von Leuten, an die Schriften rc. die, „ohne un züchtig zu sein, das Schamgefühl gröblich verletzen", nicht verkauft werden dürfen, von 18 auf 16 Zahre. Zm klebrigen bleibt die vielfach dehnbare Bestimmung beslehehen, daß strafbar ist, wer Schriften, Abbildungen und Dar stellungen, die „ohne unzüchtig zu sein, u. s. w.", zu „geschäft lichen Zwecken an öffentlichen Straßen, Plätzen oder anderen Orten, di« dem öffentlichen Verkehre Lienen, in Aergerniß erregender Weise aussteUl oder anjchlägt". Dieser tz 184a entspricht übrigens jetzt wieder der Regierungsvorlage, nur das Verbot des Verkaufs an Personen unter 16 Jahren ist von der Commission eingefügt. Als Strafe auf die Zuwider handlung gegen den tz 184» ist Gefängnißstrafe bis zu sechs Monaten oder Geldstrafe bis zu 600 gesetzt. Im Theaterparagraphen, den Or. Nieberding mit Recht für unnöthig erklärt hat, sind die Compromißparteien inso weit vor der Regierung zurückgewichen, als die Veranstal tung von Vorstellungen, Vorträgen u. s. w. ans dem Spiele bleibt und nur (mit Gefängniß bis zu einem Jahre oder mit Geldstrafe bis zu 1000 Mark) bestraft werden soll, wer in öffentlichen Vorträgen von Gesangs- oder sonstigen theatra lischen Vorstellungen, Singspielen, Unterhaltungsstücken oder innerhalb öffentlicher Schaustellungen oder Aufführungen öffentlich ein Aergerniß giebt durch eine Handlung, „welche ohne unzüchtig zu sein, daS Schamgefühl gröblich verletzt." Außer der Strafbarkeit deS Veranstalters ist der frühere Begleiter deS Schamgefühls, das Sittlichkeitsgefühl, ver schwunden. Es bleibt aber noch genug Spielraum für die behördliche Bethätigung von Prüderie, Banausenthum u. s. w. Man glaubt, daß die Beratbung morgen zu Ende gehen werde. WaS die bisherigen Erörterungen im Reichstag anlangt, so war die GeneraldiScussion vom Dienstag ziemlich annnirt, aber von geringer praktischer Bedeutung, denn man wußte vorher, daß nichts Rechtes mehr gegen die Compromitz- anträge „zu machen sei", und Herrn Nieberding's Rede bestätigte diese Auffassung. Im Üebrigen wandte sich der Staatssekretär gegen den Abg. Bassermann, der vor einer Geringschätzung der Künstler- und Schriflstellerproteste gewarnt hatte, blos weil dabei gelegentlich über die Schnur gehauen worden sei. Herr Nieberding befliß sich dabei, wie natürlich, eines vornehmen ToneS, während der Abgeordnete Roer en vom Centrum, als er auf manche Uebertreibungen bei Entrüstungskundgebungen zu sprechen kam und — er blieb lange bei dem Thema — auf einen Schelm anderthalb setzte. Soweit die Rede deS Herrn Roeren die Sache betraf, so war sie nicht geneigt, die Besorgnisse vor zu weit gehender richterlicher Auslegung des Gesetzes zu verscheuchen. Denn Herr Roeren ist Richter. DaS Gleiche gilt von den erregten Darlegungen deS Abg. Gröber, der gleichfalls Richter und Centrumsmann ist. Eine eingehende Erörterung der Specialberathung vom Mittwoch verbietet die Natur deS Stoffes. Nur sei hervorgehoben, daß Herrn Bebel wieder einmal unrichtige Angaben — „Tucker briefgeschichten", wie man ihm zurief — nachgewiesen wurden. Sic betrafen die ländlichen SittlichkeitSzustände. Die Debatte sank mehrfach auf ein ticfeS Niveau, nicht nur durch Herrn Bebel's Schuld, auch durch die eines konservativen Wilden auS Württemberg, der in einer Kapuzinade mit Hartnäckig keit einen Ausdruck gebrauchte, der sich in den Briefen des Apostels Paulus entschieden besser ausuimmt als kruuo 1900 im deutschen Reichstage. So weit die telegraphische Mittheilung aus dem eng lischen Blaubuch über die Beschlagnahme deutscher PojtSampfcr ein Unheil gestattet, kann man in Deutschland zufrieden damit sein, daß das britische Cabinet den Schrift wechsel zwischen Berlin und London anläßlich jener Zwischen fälle veröffentlicht hat. Mit Genngthuung wird in Deutsch land der urkundliche Beweis dafür begrüßt werden, daß das Berliner Auswärtige Amt eine entschiedene Sprache geführt hat und durch den deutschen Botschafter in London hat führen lassen. Wenn Lord Salisbury diese Sprache als „schroff" empfand, so läßt uns die Empfindlichkeit des eng lischen Premierministers ebenso kübl, wie die bösartigen Commentare, welche die „Times" und der „Standard" dem i Blaubuche widmen. Es ist unS vollkommen gteickgiltig, ob I der „Standard" die Sprache des Berliner Auswärtigen I Amtes „gebieterisch" oder sonst wie nennt und ob er von „ReichSwohlthaten" faselt, die England bei der Er ledigung der Streitfrage geübt habe. Die Berliner Noten und die Eröffnungen des Botschafters Grafen Hatzfeldt mögen so scharf ausgefallen sein, wie sie wollen: sie entsprachen lediglich der Schroffheit jener Maßregeln, die eng lische Capitäne gegen deutsche Schiffe zur Anwendung brachten. Wenn die „Times" im Anschluß an daS Blaubucb sich zu der Behauptung versteigt, daß deutsche Minister durch Mißachtung der gewöhnlichen Höflichkeiten deS öffentlichen Lebens gewisse Ausschreitungen des Pöbel» gehen etliche in Dresden wohnende Engländer ermuntert hatten, so ist dieses sinnlose Gerede nur mit dem Aerger über die Ent schiedenheit zu erklären, mit der Deutschland in London sein gutes Recht gewahrt hat. Gerade in Dresden halten sich die Engländer bis in die allerneueste Zeit beson derer Sympathien zu erfreuen und nicht am wenigsten in hohen und einflußreichen Kreisen. Wenn irgendwo, so sind gerade in diesen die Rohheiten beklagt und getadelt worden, auf welche das Cityblatt anspielt, ohne sie recht zu kennen und auf ihre Ursachen zu prüfen. Schiebt das Blatt vie Schuld an diesen Vorkommnissen Staatsmännern in die Schuhe, so darf eS sich nicht wundern, wenn ihm und den sehr weiten und hohen Kreisen, für die e» da» Wort führt, in ganz Sachsen, in der Hütte wie im Palaste, rin Ende deS südafrikanischen Kriege» gegönnt wird, da» sich von dem Ende der Beschlagnahme-Affäre in keiner Weise unterscheidet. Ueber französisch-japanische Gegensätze in China meldet der ständige Mitarbeiter der „Welt-Corresponvenz" au» Shanghai unterm 10. Februar: In der Provinz Fuhkien stehen sich japanische und französische Interessen seit Jahr und Tag gegenüber. Die Dinge Haden sich dort neuerdings in einer Weise zugespitzt, daß eine Entscheidung nach der einen oder anderen Seite in der allernächsten Zeit erfolgen muß. Vor zwei Jahren wurde zwischen der Proviazialregierung und den Franzosen ein Vertrag geschloffen, nach welchem die Verwaltung deS Arsenals und der StaatSwerft in der Hauptstadt Fuhkiens, inFoochow, Franzosen übertragen wurde. Seitdem ist die Provinz Fuhkien al» japanisches Interessengebiet anerkannt worden, eS sind außerdem in Peking au-drücklich den Ver tretern de» Mikado Zusicherungen gemacht worden, daß die Leitung des Arsenals und der Werft in japanische Hände übergehen sollte, sobald der Vertrag mit Frankreich erloschen sei. DaS ist nun dieser Tage der Fall gewesen. Die Franzosen aber weigern sich ganz offen, ihre Post en aufzugeben und sie haben insofern auch einen RechtSgrund sür sich, al- der Generalgouverneur mit ihnen einen neuen Contract abgeschlossen bat. Provinzial- und Reich»- regierung verfolgen augenscheinlich sehr verschiedene politische Ziele. Ohne Weiteres wird Frankreich den Rückzug nicht antreten. Foochow ist für die Franzosen in der letzten Zeit nicht ohne Bedeutung gewesen; die dortigen chinesischen Wersten sind von dem französischen Geschwader sehr häufig für Re- paraturarbeiten in Anspruch genommen worden und dieser Tage ist daS dortige französische Biceconsulat in ein Eonsulat umgcwandelt worden. DaS sieht keineswegs danach aus, al» ob Frankreich sich mit dem Gedanken bereits au-gesöhnt hätte, daß in Zukunft Japan allein in der Provinz Fuhkien zu befehlen Haden wird. Andererseits läßt sich nicht verkennen, daß gerade Foochow für die Japaner von der allergrößten Bedeutung ist, wenn sie auf dem asiatischen Continent festen Fuß fassen wollen, wa» im Interesse ihrer politischen und wirthschaftlichen Zukunft allerding» geboten erscheint. Foochow ist al» der A«»gang»- ss Feuilleton Hans LickfteLt. Roman in zwei Bänden voo Anna Maul (M. Gerhardt). Nachtiuck »llkolcn. Der Geheimrach liebt« sein« junge Frau innig, war aber zu feinfühlig und geschmackvoll, ihr mit Liebkosungen lästig zu fallen, besonders in Gesellschaft. Sein ganzes Verhalten gegen sic hatte etwas Väterliches, «ber es behagte ihm wohl, wenn sie ihrerseits das Verlangen fühlte, sich töchterlich an ihn zu drängen, seine Hände zu küssen, sein« grauen Haare zu streicheln und tosend zu ordnen. Zuweilen Abends, wenn sie müde war, kauert« sie neben ihm auf ein Kissrn und lehnte den Kopf an sein Knie. Das gab ihr eine hinreißend«, mädchenhafte Anmuth. Vielleicht wußte sie, daß Jemand in der Nähr war, den es bei solch' kleiner zärtlicher Scene von Kopf bi» zu Fuß durchrieselte. Aber der Eindruck blieb d«r gleiche. Zuweilen, wenn Han» dcm Ehepaar bei Spazierfahrten gcgeniibersaß, wurde der Geheimrath von der weichen, abend lichen FriihlingLluft in leisen Schlummer gelullt. Dann zog Arra sorglich die buntgestreifte seidene Decke an ihm herauf, schmiegte sich an seine Schulter und blickte unter der schwarzen spitzenhülle, di« ihr in die Stirn siel, mit räthselhaftem, traum- vcilorenem Ausdruck auf ihr Gegenüber. Er beugte sich vor, flüsterte ihr abgerissene Sätze, sinnentrunkene Strophen zu, Im provisationen des Augenblicks manchmal, denen sie mit unmerk lichem Lächeln lauschte, zuweilen erröthend, zmveilm mit dem Zacher sich gegen seine allzu kühnen Blicke schützend. Manchmal war sie es auch, die, sich vorneigend, dem blaffen, in sich ver sunkenen Mann mit vorsichtig tastenden Fragen di« Geheimnisse seines Innern zu entlocken suchte. Hans Eickstedt merkte, daß er mit dem Feuer spiele. Aber das Feuer ist ein aufregendes, verführerisches Element, und da» Spiel gefiel ihm. Ein paar Mal macht« er Anstalt, e» ckbzu- brech«n, Rom zu verlassen — aber er blieb. — Und daß Dera kein fromme», hingehende» Frauengemüth, sondern eine ihrer Un widerstehlichkeit bewußte Erobrrernatur war, da» gab dem Spiel jene unbefangen« Rücksichtslosigkeit, wie sie zwischen zwei einander vollkommen gewachsenen Gegnern stattfindet. Vier» nd zwanzigstes Tapitel. Carneval und Osterfest waren vorüber, e» begann heiß zu werden. Dera wünschte dringend, nach Neapel zu gehen, der Ge ¬ heimrath war bereit, ihr zu willfahren, der Ausbruch war für den folgenden Tag festgesetzt, da überfiel ihn in Folge von Er kältung und Uebermüdung ein Unwohlsein, das sich verschlim merte und das der herbeigerufene Arzt für «inen leichten Schlag anfall erklärte. Martiny hatte einige Tage das Bett zu hüten, einige weitere das Zimmer. Die Abreise verzögerte sich, und es wurde zweifelhaft, ob es für Neapel der zunehmenden Wärme wegen nicht bereits zu spqt wurde. Es verstand sich von selbst, daß Hans sich feinen Freunden in dieser Verlegenheit hilfbereit zur Verfügung stellte, daß er Vera am Krankenlager ihres Gatten ablöste, diesem stundenlang Ge sellschaft leistete, den Verkehr mit Arzt und Apotheker, sowie dem Hotelpersonal vermittelte und, vergessend, was ihn sonst nach Rom gesührt, sich in jeder Weise unentbehrlich machte. Das kleine, schmucke Hotelzimmer im dritten Stock, das sich in rin Krankenzimmer verwandelt hatte, stand Eickstedt zu jeder Tageszeit offen. Im leichten, weißen Morgengewand, das sie der Hitze wegen nur zur Mittagstafel ablegte, das dunkle Haar im losen Knoten kunstlos im Nacken aufgesteckt, so empfing Vera ihn, so war si« mit ihm um den Kranken beschäftigt, in ihrer Unruhe, ihrer Unerfahrenheit und Rathlosigkeit eine neue Er scheinung, einfach weiblich und natürlich und von neuem, be strickendem Liebreiz. Der Kranke drang in Eickstedt, seinem ursprünglichen Reise plan gemäß nach Neapel aufzubrechen, bevor e» auch für ihn zu spät wurde. Er selbst hoffte von Tag zu Tag, reisen zu können, aber der Arzt wollte cs noch nicht zugeben, und es schien rath- samer, auf Neapel zu verzichten, in kurzen Tagereisen nord wärts zu ziehen, zunächst nach «den oberitalienischen Seen oder der Riviera, später in die Alpen. Wenn der Geheimrath auf Eickstedt «inredet«, ihm für Neapel und Capri Alles zurecht legte, ihm fast für Tag und Stunde das Programm ausarbeitete und Hans sich, nickend und mit aufmerksamer Miene, Notizen machte, dann fühlte er Vera'» dunkles Auge in angstvoller Spannung auf seinem Antlitz haften. Er lieh sie ein wenig sich darüber aufregen, daß er sie im Stich lassen, mit dem kranken Mann der Gnade und Ungnade der unzu verlässigen Hotelbedienung, des italienischen ArzteS, den er selber für einen Charlatan erklärte, allen Zufällen der Reise im fremden Lande überliefern würde. Endlich, nach reiflichem Ueberlegen, erklärt« er, Neapel habe er bereit» auf das Programm seiner nächsten Jtalienreise gesetzt, di« gnädige Frau sei viel zu un praktisch, als daß er riskiren könne, st« mit dem Reconvalescenten allein zu lassen. Das Hotel leerte sich, der Mittagstisch verödete. Zuletzt traf Vera dort mit Eickstedt allein zusammen. Das dänische Ge- schwisterpaar hatte seine eigene Wohnung bezogen, erwies aber dem Kranken fortdauernd freundschaftliche Aufmerksamkeit. Eines Nachmittags, als Vera sich 'hatte bewegen lassen, die Beiden auf einem Ausflug nach Fraskati zu begleiten, brachte der Geheim rath gegen Eickstedt die Rede auf seine persönlichen Verhältnisse. „Ich glaube, ich habe diesen Shock überstanden", sagte er mit ernstem Gesicht. „Und ich hoffe, mich wieder ganz zu erholen. Ich lebe gern und wär's zufrieden, wenn mir noch ein Dutzend Jahre oder mehr beschieden wären. Das Leben hat mir in den letzten Jahren ein gar freundliches Gesicht gemacht — und ich bin noch nicht sechzig. Aber auch auf «inen schlimmen Ausgang dieses Anfalles war ich vorbereitet. Meine letzten Verfügungen sind getroffen. Meine beiden Kinder erster Ehe starben jung, sür die Neffen meiner ersten Frau ist gesorgt, die anderen Ver wandten besinden sich in guten Verhältnissen. Ich durfte keine Bedenken tragen, mein« Vera zur Erbin einzusetzen. „Sie kannten Ihre Frau Gemahlin schon als Kind?" fragt« Han». „Ja, und ich habe ihre Mutter gekannt — als sie noch jung war", erwidert« Martiny mit bedeutungsvoller Miene. „Ich kann'» Ihnen heut« bekennen", fuhr er sinnend fort, der Cigarre, die der Arzt schon erlaubt hatte, langsam leichte Rauch wölkchen entlockend. „Ich habe Bera'» Mutter geliebt. Es war der Roman meiner Jugend, sie eine gefeierte Sängerin, ich ein junger Doctor der Philosophie. Don meiner Philosophie machte ich bei meinem Verkehr mit ihr wenig Gebrauch. Ach, es waren schön« Zeiten!" „Ich entsinne mich nicht, ihren Namen gehört zu haben", sagte Hans, nachdem Martiny ihm denselben genannt hatte. „Er mag nicht bis in Ihre Provinz gedrungen sein. Es zog sie immer mehr noch Süddeutschland, woher sie stammte. Uebrigens stand ihre künstlerische Laufbahn damals bereit- im Zenith und sollte bald chr Ende erreichen. Sie heirathete einen bulgarischen Fürsten, den sie in San Carlo kennen lernt«. DaS war schon ein verhängnißvollcr Anfang. Ein roher Schuft, der sie mißhandelte und die goldenen Ernten, die sie gesammelt, am grünen Tisch vergeudete. Wie so manchen ihre Berufs genossinnen, ging es auch ihr. Früh gealtert von Sorgen und Kränkungen, sah sie sich gezwungen, wieder vor das Publicum zu treten, das fernen einstigen Liebling enthusiastisch empfing — aber bald nicht mehr hören wollte. „Ein Zufall führte un», nachdem da» Leben Gebirge und Ab gründe zwischen un» gelegt, wieder zusammen. Ltelka hatte mir das alte Vertrauen, die alte Freundschaft bewahrt und durfte aus gleiche Gesinnung bei mir rechnen." „Sie hatte «in Kind, eben mein« Vera. Diese vertraut« sie mir an. Ich war damals längst verheirathet, in geordneten, guten Verhältnissen. Sie übergab mir, was sie an Geld vor den Krallen ihres Peinigers gerettet, außerdem «inen werthvollen Brillantschmuck, den sie für ihr Kind versteckt und gehütet hatte. Davon sollte Vera's Erziehung bestritten werden. Arme Eielka! — Sie hat dies Vermächtmß nicht lange über lebt. Mein« gute, liehe Frau, die ihre eigenen Kinder verloren, nahm sich der fremden Waise liebevoll an. Ich that mein Bestes. Wir hatten di« Absicht, das junge Mädchen, nachdem es dem Pensionat entwachsen, zu uns ins Haus zu nchmrn. Allein meine Frau kränkelte und starb, bevor wir unsere wohlgemeinte Absicht hatten ausführen können. Dann ergab sich, >was gekommen ist, überraschend für uns Beide, glaube ich. Dera hatte das Pension sieben satt, und die Bewerber, die sich bis'dahin eingestellt, konnten nicht in Betracht gezogen werden. Ihr kleines Vermögen war zusammen geschmolzen, das Talent ihrer Mutter hatte mein« Kleine nicht geerbt, dagegen von beiden Eltern die gefährliche Gabe einer un gewöhnlichen Schönheit. — Vera sshnte sich nach der Welt, uns meine Stellung gestattete mir, sie sinzufiihren — unt«r dem besten Schutz, wenn si« sich entschloß, meine Frau zu werden. Sie kam zu dem Entschluß. Und -wir haben'» Beide nicht zu bereuen gehabt." — Einige Tage später gestattete der Arzt die Abreise. In Florenz wollte man eine Woche Aufenthalt nehmen. Der Geheimrath wünscht« seiner Gattin, di« ihn so treu ge pflegt, vorher ein« Freude zu bereiten. Sie sollte ein Andenken an diese römischen Tage «rhalten. Die Juwelierläden mit ihren kunstvoll geschnittenen Steinen und Muscheln, ihren Mosaiken und feinen Goldarbeiten hatten immer das Entzücken Vera's er regt. Der Geheimmch bat Eickstedt, ihm einen Schmuck für seine Frau zu schaffen. Da aber dieser zu wenig Sachverständniß für einen so delioaten Auftrag zu haben behauptete, so ward be schlossen, daß er Dera begleiten und daß sie selber eine Wahl treffen solle. Ein schiveres Gewitter hatte sich in der Nacht entladen und der Morgen brach köstlich frisch an. Den kurzen Weg bi» zum Corso legten die Beiden zu Fuß zurück, und da sie in dem ersten Juwel-iergeschäft nichts fanden, >da» ihnen ausnehmend gefiel, so gingen sie weiter den Corso hinauf und traten in ein anderes ein. Der Orrsice stellte ihnen seine siimmtlichen Schätze zur Ver fügung, und Dera setzte sich und musterte mit Wohlbehagen dir
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