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Anzeiger. 'l . . . ' ^ . .... - ..- X -!- Amtsblatt des Sinigl. BeMSgmchtS »ad des Raths der Stadt Leipzig. M 327. Mittwoch dm 23. November. 1859. Holz-Auctio» —- Ein ernstes Wort in ernster Sache. n Seit Niederschrift unsere- erstm „ernsten Worte-" erschien auf der freien Arena der Leipziger Local-Herzen-ergießungen folgende Au-laffung: „Zur Ehrenerklärung der echten und vornehmen Leipziger Patrizier verdient bemerkt zu werden, da- sie jeden Verdacht einer GesinnungSgemeinschafk mit der „ Kreuzzeitung und Consorten mit voller Entrüstung zurück weisen." Nicht besser könnte da- eingeleitet werden, wa- wir jetzt zu sagen haben, indem wir ein wahre-, ein große- Wort gelassen au-sprechen: Der Leipziger Patrizier ist freisinnig innerhalb aller Loyalität und ber Leipziger Mittel stand ist loyal innerhalb aller Freisinnigkeit. Man kann äußerst loyal sein und in praktischen Dingm doch nicht immer die Ansichten von Regierungsbeamten theilen. Mögen diese aber auch nicht ein Abweichen von ihrer Ansicht gleich al- gegen die Urquelle der Monarchie gerichtet ansehen. Unwillkürlich erinnert man sich da an da- Wort unsere- großen Lessing vom „Topf . von Eisen" — rc. ' Over glaubt man, daß Patrizier da- Opposition-Machen nicht verstehen? Die Geschichte der Städte de- Mittelalters und der Neuzeit giebt die Antwort darauf, ohne daß wir noch auf die Niederlande hinzuweisen brauchen. Und ist eine „Reibung der Geister" ein Unglück? Wäre das Fehlen derselben nicht eine Stagnation, die zu ökonomischem wie industriellem Tod führen müßte im städtischen wie im staatlichen Hau-Halr? Oder will eS Jemand versuchen und nachrechnen wie Leipzig jetzt in der Reihe der vorgeschrittenen Städte dastünde, wenn auf den alten Stamm nicht immer und immer sich die ftischtreibende Kraft der Pfropfreiser der Einwandemden gesetzt hätte? Oder glaubt man, e- würde eben viel bequemer sein im Schal ten und Walten, wmn man nur au- einem mgern Kreise wählte, von welchem man behauptet, „ daß unter 10 jüngeren Herren nicht neun die Städteordnung studitt haben?" Man thut sehr unrecht daran, und halten wir auch diese- für Verleumdung. Es herrscht in unseren höhern Schichten viel mehr Intelligenz al- zu Tage tritt und macht sie sich erst geltend, will sie sich erst Raum ver schaffen, dann „wächst der Mensch mit seinen höhern Zwecken!" — Gedeihlich und wohlthuend ist der Sinn de- Mittelstände- für Sparsamkeit im städtischen Hau-Halte und doch ist nicht nachzu weisen, daß irgend eine wesentliche Verbesserung oder Verschönerung in unserer Stadt feit IO Jahren deshalb unterblieben. Daß nicht immer mit der Munificenz der leichtbewilligenden Hand de- glück lichen Reichthum- au- allgemeinem Säckel Bewilligungen erfol gen, wollen wir dem praktischen Sinne unserer lieben Stadt nur lobend nachrühmen. E- wäre eine Ungerechtigkeit ebm so wie eine Undankbarkeit gegen die Männer, welche ihr Geschäft, ihre Derkstätte ohne Dispo nenten oder Prokuristen verlassen und dem Allgemeinen dienen, in tiefnächtlichen Sitzungen in Eollegien und Deputationen sich admühen um die städtische Verwaltung und ihre vielverzweigren Geschäfte, Anstalten,c., während Andere „in de- Vergnügen- freundlicher Umarmung der Schönheit de- Dasein- sich erfreuen," wenn man nicht anerkennen wollte, daß viel und redlich, mit Gründlichkeit und Au-dauer, mit Entsagung und Aufopferung von den bisherigen Stadtverordneten jahrelang gearbeitet wurde. Nicht Viele sind berufen und Wenige au-erkoren sich dem Ge meinwohl hinzugeben mit erforderter Selbstverläugnung und Hin gabe ohne selbstkitzlerischen Egoi-muS. Diese- wird in Wahrheit von Leipzig- Bürgern auch aner kannt und wir wagen die Behauptung: der Angreifende in der „Kreuzzeitung" stammt weder aus einem der hiesigen ange sehenen Patriziergeschlechter noch au- dem Schooße unsere- wohl angesessenen Bürgerstande- überhaupt. Wir wollen nicht bitter werden und durchaus nicht behaupten, solche Artikelschreiber hätten e- nur auf Seldstkitzel und durchaus nicht auf da- Interesse unserer Stadt abgesehen; wir wollen durch aus einen solchen Eifer nicht Liebedienerei nennen, die „päpstlicher als der Papst" sein will, — wir ehren jede Ansicht und auch der Angreifer in der Kreuzzeitung hat ein Recht seine Ansicht geltend zu machen, wie jeder Bürger eine- konstitutionellen Staate-; aber wenn e- ihm um praktische locale Zwecke zu thun war, so braucht er nicht Etwa- in die Ferne hinauf zu schreien, wo unsere Ver hältnisse weniger gekannt sind und, in seinem Sinne, unsere liebe Stadt vor Fremden anzuschwänen. * Wir haben in Sachsen Blätter genug; freilich empfiehlt sich eine Ansicht, die sich mit den Tendenzen der Kreuzzeitung befreun det, beim Leipziger Bürger nicht, denn so wie es sich bei dem Re gierungsantritt de- Prinzregenten klar herausgestellt hat, daß eS der „Kreuzzeitung" durchaus nicht um da- preuß. Königshaus, sondern um da- egoistische Interesse einer kleinen regierenwollenden Partei zu thun ist, eben so unbeliebt ist e- in Leipzig mit so wenig Ehrfurcht sein Königshaus in eine Di-cussion zu ziehen, wo eS sich bloS um städtische Angelegenheiten handelt und vermerkt man eine solche Kühnheit in unseren gut konstitutionellen Kreisen sehr übel. Die Hypotheken-Versicherung. ES ist eine unläugbare Thatsache, daß seit ungefähr einem Decennium die Anlage von Capitallen auf Hypotheken unbeliebter geworden ist und die Capitalisten e- vorziehen, ihre Gelder in Aktien der industriellen Unternehmungen und andern öffentlichen Werthpapieren anzulegen. Die Ursachen diese- UebelstandeS, durch den der Jmmodiliar-Credit so sehr leidet, liegen theilS in dem Begehren, durch den Erwerb industrieller Werthpapiere an Capital zu gewinnen und den Ertrag desselben zu erhöhen, thetts in dem dadurch erlangten Dortheil, daß Jeder durch den Verkauf der Werthpapiere sich jederzeit in Besitz baaren Geldes setzen kann; theilS in dem erschwerten und langsamen Gange der auf da- Jmmobiliar-Eigenthum bezughabenden Recht-verhandlungen, theil- endlich in der mangelhaften und ungenügenden Organisation de- HypothekenwrsenS. Die bestehenden Einrichtungen lassen da- Ein trägen einer Forderung in die öffentlichen Hypothekendücher nur auf bestimmte Namen zu, und e- ist dasselbe, so wie da- Über tragen der Hypotheken nur mit großen Kosten zu bewrrkstelligen, welcher Umstand besonder- hemmend in den ganzen Hypotheken- verkehr eingreist. ' Diese Klippe de- Hypothekenwesens umgehen zwar die Hypothekenbanken (wenigsten- für den Theil de- Grund- eigenthum-, den sie statutenmäßig beleihen dürfen), indem sie Dokumente au-geben, welche nicht allein die Sicherheit von Hypo« l chek-Schuldverschreibungen bieten, sondern auch leicht'Übertragbar