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Sonnabend Nr. 328. 23. November 1844. tcipsig. D«, s«ilu»g «rscheml lägllck Lbenvi. Zu l-«,i,I>«n durch alle Postämter de« In- und Xutlandei. Deutsche Allgemeine Zeitung. «Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» Prr,S für das Viertel, jaI>r2L»lr.- Insertion «gebühr für de» Raum einer Zeil« 2 Ngr. Ueberblick. tveutfchland. »Von der Elbe. Die Russen in Deutschland und Frank reich. — München. Die Mordthat. — Todesahnung. ^Dresden. Die Arbeiterbewegungen. Kassenbetrug. Die Forstakademic- Die annaberger Sache. ->-Weimar. Der katholische Vetsaal in Eisenach, k Frankfurt a. M. Der evangelische Missionsverein. Gustav-Adolf-Verein. Preußen. (^)Kerlin. Die berl-ner Gesellschaft. «Halle. Erklärung des Prof. Meier. «Aus Ostpreussen- Die Eiscnbahnpapicre. »Posen- Hr. v- Malczcski. Schneidemühl. «Von der WeichsN. Der Wafferstand- «Aus Westpreusscn- Ronge's Sendschreiben. — Die schlesischen Unruhen, ivetzerreich. *Wien. Kirchliche Ungleichheit. Gpanien. «Paris. Die Censur. Der Senat. Das Budget. Die Kirche. Hr. Zsturiz. — Die Bermählungsfrage. Die Cruzada. Grotzbritannien. Die Königin. Die Times über die französischen Er klärungen hinsichtlich der Kanalfrage. — Nachrichten vom Cap. Mankretch. Das Journal des Debats über Spanien. Die Maitreß d'Etu- des- Pairsernennung. Hr- de Bourqueney. Die Militairschulen- Das Grabmal Napoleon'«. Mordthat. s Paris- Die Maitres d'Etudes- Mutzland und Polen. * « Von der polnischen Grenze. Die geheime Verbindung. Griechenland. Die «Presse» über das Ministerium. Türkei, s wien- Rifaat-Pascha. Muktar-Bey- Nordamerika. «Aoston. Die Stellung der Parteien. Personalnachrichten. Wissenschaft und Kuntz. «Dresden. Das Theater. — Do. Lassaulx. Handel und Andutzrie. «Frankfurt a. M. Die französische Anleihe. Börse. ««Leipzig. Actienhandel. —Berlin- Neueste Nachrichten. Ankündigungen. Deutschland. »Von der Elste, >9. Nov. Der pariser politische Russenfrcund, der unS in Nr. 322 über das angebliche Verhalten der Deutschen gegen die Russen den Text liest, macht den Franzosen ein schlechtes Kompliment, gibt den Deutschen einen schlechten Rath und vermischt außerdem scbr verschiedene Verhältnisse. Für die Franzosen ist cs ein schlechtes Kom pliment, wenn er ihnen nachsagt, sic theiltcn zwar dic Gesinnungen und Ansichten in Betreff der Russen, die in so vielen französischen Journalen und Broschüren mindestens eben so stark, nur freilich häufig viel oberfläch licher dargclegt worden als in deutschen, ließen aber diese Gesinnungen und Ansichten nicht hervortreten, weil sie sich sagten, cs könne wol ein mal eine Zeit kommen, wo sic die Russen brauchen würden. Hieße das nicht Verstellung, Falschheit, eine Heuchelei, die einer großen Nation, wie jedes Einzelnen, der sich achtet,'unwürdig? Und was sollte bei sol chem Bündniß hcrauskommen? Nein, so wenig wir Freunde der Fran zosen sind, da denken wir doch viel besser von ihnen, und am wenigsten möchten wir den Deutschen rathcn, cs auch so zu machen. Wenn der Ll-Correspondent uns gesagt hätte: wie immer ihr über die Russen den ken, was ihr für Eigenschaften an ihnen annchmcn möget, die euch nicht behagen, sic gehören dem Staat und dem Volk im Ganzen an, und cs gibt viele Ruffen, die sie nicht theilcn oder durch andcrwcite Vorzüge da für entschädigen; jedenfalls aber sollt ihr den Fremden gegenüber das Gast recht ehren, sollt euch dem Fremden, der in eurer Mitte sich artig und anständig benimmt, ebenso zciaen und nicht deswegen abstoßend, renommi- stisch, wol gar roh gegen ihn sein, weil er ein Russe ist; wenn er so gesagt hätte, so hätte die Sache einen Klang gehabt, und er hätte uns dann vielleicht auch sagen mögen, daß die französische Artigkeit und der Jnstinct des französischen Volks sür Geselligkeit sich leichter darein finden, die Nationalität eines ansprechenden Ausländers zu vergessen. Aber wenn er uns anräth, jedem Russen den Hof zu machen, der unser Vater land mit seiner Gegenwart beglückt, wol auch solche, denen man durch alle gleisenden Formen hindurch recht deutlich ansicht, daß sie gelernt haben, sich für gezwungenes Kriechen gegen oben durch Knechten nach unten zu entschädigen, und dafür den Sinn für Menschenwürde verloren haben, oder solche, deren Bildung nur ein äußerer Firniß über innere Rohheit, nur eine gesellschaftliche Falschheit ist, dic auch moralische Falsch heit verbirgt, oder sojche, die auch diese Maske ihrer Rohheit nicht tragen, oder das vielgeschäftige Geschlecht der Kundschafter und Intriganten, und das Alles blos, damit Rußland nicht etwa auf den Gedanken komme, sich mehr zu Frankreich als zu Deutschland zu neigen, und wenn er dann sagt, die Franzosen machte» cs so, so gibt er, wie gesagt, den Deutschen einen schlechten Rath und macht den Franzosen ein schlechtes Kompliment. Die Verhältnisse verwirrt er aber insoscrn, als er bei Deutschland und als Beweis seines Mangels an Politik gegenüber Rußland haupt sächlich dic Journale ansührt, die doch in Frankreich leicht noch weniger rücksichtsvoll über Rußland sprechen, als sie in Deutschland wol — müs sen. Im klebrigen kommt die russische Aristokratie bei ihren Reisen durch und in Deutschland wol nur mit unserer Aristokratie, der der Geburt, des Staatsdienstes und allenfalls des Geldes zusammen, und wenn sie da wirklich eine größere Kälte bemerkt hat als früher — wie dies nach den von dem Korrespondenten bezeugten Klagen scheinen will —, so müs sen wir ausrichtig gestehen, daß uns das recht erfreulich erschienen ist und einen inniger» Zusammenhang jener deutschen Aristokratien mit den übrigen VolkSkrcisen bekundet, als ihre Gegner ihnen zuzugestehen pfle gen. Unartig sinb die Russen aber in diesen Kreisen gewiß nicht behan delt worden. ---München, 19. Nov. Ich habe meine gestrige Mitthcilung über das Eintreffen des Doppclmörders Eppstein er (das ist der Name deö Bösewichts) der Hauptsache nach zu berichtigen Ob absichtlich, ob zu fällig, mag dahingestellt sein, genug, cs war gestern früh das Gerücht von der bereits in der vorausgcgangencn Nacht erfolgten Einbringung des Flücht lings und von den angeblichen Resultaten seines ersten Verhörs so ganz allgemein verbreitet, daß ich keinen Anstand nehmen zu dürfen glaubte, dasselbe für begründet zu halten. Gleichwol war es dies nicht; vielmehr erfuhr man, daß Eppsteiner erst um drei Uhr mit seiner Gcndarmerie- escorte hier eintreffcn werde, und zugleich wurde bekannt, daß der Zug durch die Ludwigsstraße über den großen Maximiliansplatz nach dem Gottes acker gehen werde, weil der Befehl vorlicge, zuerst mit der Recognition der Lei chen zu beginnen. Eine ungeheure Menschenmenge versammelte sich nun in der kürzesten Zeit thcils auf dem Gottesacker selbst, der jedoch bald durch starke Militairabtheilungen gesperrt wurde, thcils auf dem langen Wege von dort bis zur Ludwigsstraße, dann in unabsehbarer Masse in der Ludwigsstraße selbst, und endlich zu vielen Tausenden auch noch außerhalb der Stadt, ja in Wagen und zu Pferde bis mehre Stunden weit. Man hat Achnliches hier noch nie erlebt. Das entschliche, ängsterregende Durcheinander, wel ches sich gestern den Bewohnern der bezeichneten Straßen in dem Augen blicke darbot, als der Wagen, in welchem der Verbrecher mit einem Po- lizeicommissar und einem Gendarmen saß, und der von fünf Gendarmen begleitet wurde, im schnellsten Trabe vorüberfuhr, ist nicht zu beschreiben. Der Raubmörder schien entsetzlich angegriffen und muthlos zu sein, wie er denn auch beim Äusstcigcn vor dem Lcichenhause mehr getragen als ge führt werden mußte, und am Sarge der Magd, deren Leichnam zuerst vor ihm aufgcdcckt wurde, sogleich um Gnade flehend auf die Knie stürzte. Die Geständnisse des Mörders lassen nur einzig und allein ihn als Schuldigen erscheinen. Nachträglich ist zu berichtigen, daß die Angabe von der Schwangerschaft der ermordeten Frau trotz ihrer allgemeinen Ver breitung ebenfalls eine unbegründete gewesen ist. — Die Mordthat in München liefert einen merkwürdigen Beitrag zur Geschichte der Todesahnungen. Der Gatte der Ermordeten, Haupt mann v. Neumayer, befand sich zur Stunde des Mordes auf einer der hiesigen Kneasbibliothcken und foderte ein Buch; wie er cs öffnet, schlägt er zwei blutbefleckte Blätter auf. Er macht den Bibliothekar daraus auf merksam, der anfangs, ehe er selbst cs sah, nicht daran glauben wollte, da sich in der ganzen Büchersammlung kein blutbeflecktes Buch finde. (A.Z.) -sVresdm, 20. Nov. Die Arbeiterbewegungen, welche jetzt schon mehrmals auf der in Angriff genommenen Strecke der Sächsisch- Schlesischen Eisenbahn stattgcfundcn und hin und wieder ein ernstliches Einschreiten der Behörden zur Folge gehabt haben, deuten — obwol ir gendwelcher innere, thatsächlichc Zusammenhang sich nirgend Nachweisen läßt — zusammengehalten mit den im Laufe dieses Sommers an andern Orten stattgehabten klar daraufhin, daß man dieselben nicht als gänzlich isolirte Erscheinungen zu fassen habe, sondern sie von einem allgemeinen Standpunkte aus würdigen müsse: sie offenbaren sich mit Einem Worte als Symptome einer gefährlichen Krankheit der Gegenwart; gefährlicher um so mehr, als noch kein Heilmittel gegen sie in den Ossicincn der Staatswirthschaftslaboratorien entdeckt ist, des Pauperismus nämlich, der überall erschreckend weiter um sich greift und in seinen weitern Folgen dem gesummten Gemeinwesen große Gefahr droht. Allerdings sind die hier in Rede stehenden Reibungen, bei denen es bcmerkcnswcrth erscheint, daß sic vorzugsweise von hiesigen Arbeitern ausgegangcn, während die frem den, z. B. d,c schlesischen, sich im Ganzen unbctheiligt dabei erhalten haben, bisher zu wirklichen bedeutenden. Cxccssen noch nicht Veranlassung gewor den. Daraus folgt aber keineswegs, daß sic nicht zu solchen führen könn ten, und es ist jedenfalls unabweislichc Pflicht aller Regierungen, mit Aufmerksamkeit diesen Erscheinungen zu folgen, auf ihre tiefsten und ge heimsten Ursachen cinzugchcn und mit der Anwendung von energischen Präservalivmaßregeln wenigstens nicht zu zögern, bis endlich daü ersehnte Nadicalheilmittel gcgen dieses Uebel gefunden sein wird, wozu wenigstens nach einer Seite hin durch den im Äerfolg der letzten berliner Industrie-