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Vchmtz-IeitW Verantwortlicher Redacteur: Psul Ikhnt in Dippoldiswalde. 55. Jahrgang Donnerstag, den 1. August 1889. Nr. 90. Jnjerat«, welche Sei de» bedeutenden Auflage del Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finden, «erden mit 10 Psg. dio Spaltenzeile oder veröl Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen den! Aufschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenjeil, 20 Psg- Amtsblatt für die Königliche Amishauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Mdtrathe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Die , „Weißerih. Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal DienStag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 2b Psg., zweimonatlich 81 Psg., einmonatlich 42 Psg. Einzelne Nummern 10 Psg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Znr Kege des SeriMkWsch». Im nächsten Jahre läuft bekanntlich das Sozialisten gesetz ab und eine der ersten Aufgaben des Reichstages in der kommenden Herbstsession wird es sein, über die schon in seiner letzten Session aufgetauchte, aber damals unerledigt gebliebene Frage, ob das Sozialistengesetz nochmals zu verlängern oder durch andere gesetzgeberische Maßregeln zu ersetzen sei, endgültig Beschluß zu fasten. Während der lebhaften Preßerörterungen über dieses Thema vom vergangenen Frühjahre hat es nun nicht an Stimmen gefehlt, welche sich entschieden dahin aus sprachen, daß das bisherige Ausnahmegesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie auch fernerhin nicht entbehrt werden könne, aber über wiegend ging doch die Meinung dahin, daß dasselbe nicht mehr seinen Zweck erfülle. Und in der Thal muß man letztere Austastung bei unbefangener Prüfung der Sachlage als begründet erachten, denn wenn auch die ursprüngliche Absicht beim Erlöste des Sozialisten gesetzes, die wüste, aufhetzende Agitation der sozial demokratischen Apostel in Wort und Schrift zu unter drücken, so ziemlich erreicht wurde, so ist doch der leicht erkennbare Endzweck des ganzen Gesetzes, die weitere Ausbreitung der sozialistischen Gefahr möglichst zu ver hüten, gescheitert. Im Gegentheil — wenn die sozia listische Propaganva in ihren äußeren Formen be schränkt wurde, so hat sie dafür an innerer Tiefe ge wonnen, die Organisation der sozialdemokratischen Partei nahm mit dem Bestehen des Sozialistengesetzes eine andere, viel schwieriger zu überwachende Gestal tung an und schließlich kann auch die Thatsache, daß die Zahl der bei den Neichstagswahlen abgegebenen sozialdemokratischen Stimmen trotz oder vielleicht auch wegen des Sozialistengesetzes eine fast ununterbrochene Steigerung ausweist, nicht geleugnet werden. Ja, gerade letzterer Umstand spiegelt eine bedenkliche Wir kung der bisherigen Maßnahmen gegen die Sozial demokratie wider, denn es muß auf das politische Empfinden großer Volksschichten nothgedrungen einen aufreizenden Einfluß äußern, wenn ihre Presse beständig der Unterdrückung, ihre Vereine der Auslösung, ihre Führer der Ausweisung ausgesetzt sind, und die aus einer solchen Stimmung der Staatsordnung erwachsen den Gefahren sind ip der Tagespreise ja oft genug dargelegt worden. Indessen, unter dem Eindrücke lediglich dieser Erwägungen nun überhaupt von be sonderen Vorkehrungen gegen das sozialdemokratische Treiben absehen zu wollen, wäre nicht minder gefähr lich, Staat und Gesellschaft bedürfen unstreitig Waffen der Abwehr gegen eine Gefahr von der besonderen Größe und Eigenthümlichkeit der Sozialdemokratie und die auf dem internationalen Pariser Sozialisten-Kon greffe gehaltenen Brandreden haben wiederum deutlich gezeigt, von welchen Plänen die sozialistischen Führer erfüllt sind. Nur ist es eben ungemein schwierig, gegen eine geistig wie politisch und wirthschastlich so mächtige Bewegung die geeignetsten Abwehrmaßregeln zu finden; gewiß befindet sich die Reichsregierung mit der eröffneten sozialpolitischen Gesetzgebung auf dem richtigen Wege, der Sozialdemokratie endlich einmal den Lebensnerv zu unterbinden, aber dabei kann sie anderseits noch lange nicht auf gesetzgeberische Abwehr maßregeln gegen die sozialdemokratischen Agitationen und Ausschreitungen verzichten. Da sich nun die Auf rechterhaltung des bisherigen Ausnahmegesetzes gegen die Sozialdemokratie aus den oben angedeuteten Grün den nicht länger empfiehlt, so handelt es sich darum, einen Ersatz für dasselbe zu schaffen, welches früher oder später die Rückkehr zu den gewöhnlichen Straf bestimmungen ermöglichen könnte. Daß der dem Bundesrathe im letzten Frühjahr vorgelegte Entwurf hierzu nicht geeignet war, erhellte zur Genüge aus dem, was damals über die ungemein scharfen Bestimmungen deS Entwurfes bekannt wurde. Aber sicherlich wird sich bei aufrichtigem Zusammenwirken aller staats erhaltenden Parteien mit der Negierung ein Rechts boden finden lasten, von welchem aus ein kräftiges Vorgehen gegen die sozialdemokratischen Bestrebungen ermöglicht wird, ohne daß man dabei zu drakonischen Ausnahmemaßregeln zu greifen brauchte. -Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 29. Juli. In Nr. 30 der „Deutschen Volksschrift", deutschnationales Fortschritts organ für Nordböhmen, ist vom 27. d. Mts. unter „Bilin" ein Bericht über den Besuch der Biliner Rad fahrer bei uns und über ihre Theilnahme am Sommer fest des Dresdener Nadfahrervereins enthalten, der sich sehr anerkennend über den ihnen auf ihrer Fahrt und besonders hier gewordenen freundlichen Empfang aus spricht. — 30. Juli. Da, wie schon in Nr. 87 dieser Zeitung gedacht, Heuer die Abhaltung einer Jahres feier des hiesigen Zweigvereins der evangel. Gustav- Adolf-Stiftung unthunlich war, hat der Vorstand des ebengenannten Vereins bei seiner letzten Sitzung zuerst die Ablegung der Rechnung auf das Rechnungs jahr 1888/89 entgegengenommen. Dieselbe wies, nach Abzug einiger geringer Ausgaben und einer höchst dankenswerthen Aufbesserung aus der Mitte des Vor standes eine Einnahme, bez. Bestand von 450 M. auf. Von dieser Jahreseinnahme nun bestimmte der Vor stand ein Dritttheil für die evangelische Gemeinde in Semonitz in Böhmen - das langjährige Pflegekind des Vereins —, zur Berücksichtigung bei der Ver fügung über das 2. Dritttheil empfahl er der Jahres versammlung des Dresdner Hauptvereins die evange lischen Schulen in Oesterreich, während er sich, ganz wie die Jahre vorher, in Bezug auf dis Verwendung des 3. Dritttheils für sofortige Verwendung erklärte. Zu Abgeordneten bei der am 20. und 21. August in Wilsdruff bevorstehenden Jahres - Versammlung des Dresdner Hauplvereins wurden die Herren Diakonus Gruner und Privatus Lommatzsch hier gewählt. — Der Ausflug des hiesigen Kirchenchores nach Altenberg wird, da am Montag dienstlich daran ver hindert, voraussichtlich nächsten Freitag stattfinden. f Schmiedeberg. Heute Mittwoch beabsichtigt die jugendliche Violinistin Fräulein Mathilde Spahr- mann im Vereine mit Herrn Louis Göthel, Operetten sänger aus Dresden ein Concert zu geben, welches Abends um 8 Uhr beginnen wird. Die einzelnen Nummern des Programms bestehen aus Klavier- und Biolinvorträgen, Gesängen und Deklamationen. <2 Hennersdorf. Seit Sonnabend (20. d. M.) befindet sich auch im hiesigen Erbgerichtsgasthofe eine aus 24 Mädchen bestehende Ferienkolonie unter der bewährten Leitung der Frau Wilde. Täglich wer den kürzere oder längere Spaziergänge unternommen und befinden sich die Kinder bei der anerkannt vor züglichen Verpflegung seitens des Herrn GastwirthS Walther sehr wohl. Nur wäre den kleinen und großen Sommerfrischlern besseres Hundtagswetter zu wünschen, um noch mehr die gute Gebirgslust genießen zu können. — Bei der hiesigen Tagesverpflegstation für arme Reisende wurden im vergangenen Halbjahre von Januar bis Ende Juni 1889 zusammen 425 Marken ausgegeben und zwar 394 Marken zu 20 Pf. und 31 Marken zu 10 Pf. Auf den Monat Januar entfielen 101 Marken zu 20 und 8 zu 10 Pf., auf Februar 66 zu 20 und 5 zu 10 Pf., auf März 81 zu 20 und und 6 zu 10 Pf., auf April 52 zu 20 und 6 zu 10 Pf., auf Mai 52 zu 20 und 1 zu 10 Pf. und auf Juni 43 zu 20 und 5 zu 10 Pf. -s- Frauenstein, 29. Juli. Bei der gestrigen stattgesunvenen zweiten außerordentlichen, zahlreich be suchten Generalversammlung des Vorschubvereins, eingetr. Genostenschaft, wurde einstimmig beschlossen, denselben freiwillig aufzulösen und zur Abwickelung der hierdurch entstehenden Geschäftsangelegenheiten eine Frist bis zu Ende des Jahres 1890 gestellt. Das bisherige Direktorium nebst Ausschuß soll die Liquida tion besorgen, bez. überwachen. Wegen Gründung eines Aktienvereins wird im Laufe der nächsten Woche eine neue Versammlung einberusen werden. — Mittels besonderen Bahnzuges beabsichtigt die Belegschaft des Kohlenwerkes Union in Dux i. B. unter Führung der Werksbeamten den 3. August d. I. eine Exkursion nach Bienenmühle zu unternehmen. An diesem Ausfluge werden sich voraussichtlich gegen 200 Köpse betheiligen. Dresden. Die diesjährigen sächsischen Manöver, welche sich von Oschatz bis in die Gegend von Lom matzsch ziehen werden, sind die ersten, welche vor Kaiser Wilhelm II. stattfinden. Der verewigte Kaiser Wil helm I. hat deren in Sachsen zweimal durch seine An wesenheit ausgezeichnet, 1876 bei Leipzig mit Kaiser parade bei Pulgar und 1882 bei Riesa mit Kaiser parade hinter Mergendorf. 1876 erschienen wieder zum ersten Male Husaren und schwere Reiter unter den sächsischen Truppen vor dem Kaiser und 1882 sah derselbe zum ersten Male die neuerrichteten sächsischen Jnsanterieregimenter Nr. 133 und 134 mit den neuen, den Namenszug des regierenden Königs Albert zeigen den Fahnen. Ob und welche Neuerungen bei den dies jährigen Kaisermanövern der sächsischen Truppen vor- gesührt werden, darüber ist noch nichts bekannt ge worden; das rauchlose Geschützpulver, das sich bei den Schießübungen auf dem Artillerie-Schießplatz von Zeit hain gut bewährt haben soll, wäre dazu vielleicht eben so gut geeignet, wie die Husarenlanze, deren Ein- sührung ja bevorstehen soll. — Nächsten Sonnabend werden sich die Majestäten zu mehrtägigem Aufenthalt nach Jagdschloß Rehefeld begeben. — Einer neuerlichen Verordnung zufolge darf fernerhin bei Anzeigen von Concerten der Militär kapellen nicht mehr der Name des Dirigenten, sondern nur die Kapelle des betreffenden Truppen- theiles genannt werden. Pirna. In der Rathssitzung am 30. Juli ver abschiedete sich unter herzlichen Worten der bisherige Bürgermeister Oehlschlägel vom Nathskollegium. Von demselben erhielt er als Widmungsgeschenk ein Schreibzeug von Meißner Porzellan nebst einer in Silber getriebenen Feder. Leipzig. Der Streik der Bäckergesellen in hiesiger Stadt ist bereits als beendigt anzusehen. Schon am ersten Tage war der Zuzug auswärtiger Gehilfen ein so großer, daß der Ausfall fast ganz gedeckt war und zur Zeit fehlen in allen 400 Bäckereien nur noch ca. 15 Gehilfen. Reichenbach. Die Pläne für den hier an der Cunsdorser Straße zu erbauenden Schlacht- und Viehhof liegen gegenwärtig Herrn Baurath Osthoff in Berlin zur Prüfung bez. weiteren Ausarbeitung vor. Die für die Gesammtanlage ausgeworfene Bau summe beläuft sich auf 200,000 M. Außer Schlacht raum, Maschinenhausanlage rc. werden in dem Vieh hof angelegt: a) 2 Rinderställe, der eine als Gaststall für 20 Rinder mit Futtervorrichtung, der zweite als Hungerstoll sür 10 Rinder; d) ein Pferdestall mit Raum sür 16 Pferde; o) ein Verkaufsslall für Schweine und Kleinvieh mit Raum sür 200 Schweine und 100 Stück Kleinvieh. Am Eingang zum Schlacht- und Viehhos, an der Straßenfront gelegen, werden zwei Gebäude errichtet werden, von denen das eine als Beamtengebäuoe, das andere als Restaurationsgebäude in Benutzung genommen werden wird. Die neue Anlage verspricht allen Anforderungen der Gegenwart und einer vorwärtsstrebenden Stadt, wie Reichenbach sie ist, gerecht zu werden. Planitz bei Zwickau. Rittergutsbesitzer v. Arnim auf Planitz hat für die etwa 700 Personen betragende Belegschaft seiner Kohlenwerke die von den Arbeitern