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Weißeritz-Zeitung Erscheint Dienstags und Freitag«. Zu beziehen durch alle Postanstal ten. Preis pro Quart. IVNgr. Inserat« werden mit 8 Pf. für die Zeile berechnet 4 u. in allen Ex peditione» an genommen. Ein unterhaltendes Wochenblatt für dm Bürger und Landmann. Berantwortlicher Redacteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Redfchid Pascha, türkischer Minister d. auswärtigen Angelegenheiten. Dieser bedeutsame Staatsmann, der auch in der neuesten Zeit seine Klugheit wie seine kräftige Entschieden heit bewährt hat, verdient e-, daß wir einen kurzen Le bensabriß desselben unfern geehrten Lesern verlegen. Die Geburtsstadt' Redschid'S ist Constantinopel; sein Geburtsjahr 1802. Sein Vater, ein Beamter des Sultans, ward ihm frühzeitig durch den Tod entrissen. Ein Schwager des jungen Redschid, der Statthalter von Morea, Ali Pascha, nahm den Verwaiseten auf und erzog ihn. Ali Pascha machte den jungen Schwager zu seinem Privatsecretair, und an der Seite dieses Mannes, der das ganze wechselvolle Leben eines türkischen Staats mannes führte, fehlte es dem jungen Redschid nicht an vielfältiger Gelegenheit, sich zu bilden. Bei Ali's Tode war er bereits ein allgemein geachteter Mann, so daß er zu hohen Staatsämtern befördert wurde und die besondere Gunst des Sultans Mahmud (de? Vaters des gegen wärtigen Regenten) erlangte, Letzteres besonders wegen seiner ausgezeichneten Sprachkenntnisse. In Redschid, welcher der Theorie nach ein schlechter Türke, aber ein guter Europäer war, fand der reformirende Sultan, der nach der Vertilgung der Janitscharen die alten Sitten .und Gebräuche, von allen Seiten angriff, einen willkom menen Gehülfen. Mit Kunst und List arbeitete sich der junge, glühende Reformator zwischen den beiden Männern im Ministerium empor, welche sich in die Gewalt theil- ken, dem alten kraftlosen Khosrew Pascha und dem gegen alle Neuerungen eikgenommenen Pertew Pascha. Im Jahre 1833 unterhandelte er den Frieden von Ku- tahia, 1834 ging er als Gesandter nach London und Paris. Sein zweijähriger Aufenthalt in Europa bestärkte ihn dermaßen in seiner Vorliebe für europäische Einrich tungen, daß er als Ultrareformer in sein Vaterland zu- rückkehrte. Der inzwischen zum erste» Minister ernannte Pertew Pascha rief Redschid Pascha zurück, damit er das Ministerium des Auswärtigen übernehme. Bevor er die Hauptstadt erreichte, wurde Pertew strangulirt; seine Feinde hatten vom trunken gewordenen Sultan den Be fehl zu seiner Hinrichtung erschlichen. Unter welchen Gefahren also betrat Redschid Pa scha Constantinopel! Doch mit großer Gewandtheit be siegte er dieselben. Er erweckte beim Sultan Gewissens bisse, und in Kurzem bewirkte er es, daß die Mörder des armen Pertew bestraft wurden, während er sich selbst auf diese Weise eine vollständige Macht sicherte. Rasch schritt er nun dazu, alle Verbefferungöpläne seines hohen Herrn in's Werk zu setzen. Die Folge davon war, daß alle Türken aufrührerisch wurden, alle Beamten sich gegen ihn verschworen, während der Kaiser von Rußland diesen Wi derstand ziemlich unverhohlen unterstützte, und Mehr med Ali als der wahre Vertheidiger des Glaubens nach Con stantinopel eingeladen wurde. Da der allerdings zu rasch vorwärts schreitende Red schid Pascha weder im In- noch im Auslande Unter stützung sand, so mußte er fallen. Indessen behandelte man ihn mit Schonung; seine Ungnade erhielt den Schleier, daß ihm eine außerordentliche Sendung an Lord Pal-, mersten aufgetragen ward. Dabei handelte eS sich üb rigens um nichts Geringeres, als ein großes Bünduiß gegen Rußland zu Stande zu bringen. Aus dieser Reise hatte er, was seit dem Bestehen des päpstliche»; Stuhles noch keinem Türken zu Theil geworden war, eine Audienz beim Papste. In Paris fand er in den politischen Krei sen allenthalben die begeistertste Aufnahme. Hier, eS war im Jahre 1839, erreichten ihn die Schreckensnachrichten von dem Tode des Sultans Mahmud und der Ver nichtung der türkischen Armee in der Schlacht von Rifib. Dies war der Wendepunkt, welcher die früher schon er folgreiche Laufbahn Redschid'S zu einer glänzenden machte. Der gestürzte Staatsmann zeigte sich den Um ständen gewachsen; ehe er die Grenzen seines Vaterlandes betrat, war der Vierbund, der die Fortschritte M e he» med Ali's hemmte, geschlossen, und als er in Constan tinopel eintraf, gelang es dem Geschmeidigen und Ge wandten, alle Mitbewerber um die Gunst deS jungen Sultans Abdul Medschid auf die Seite zu schieben. Redschid Pascha war nun der Allmächtige im Divan. Die rettende That- zu welcher er den Sultan überredete, war der Erlaß eines förmlich neuen Grundgesetze-, oder des berühmten Hattischerif von Gülhanie, vom 3. Nov. 1839, in welchem den Unterthanen Leben, Ehre und Ver- mögen gesichert, Regelmäßigkeit und Oeffentlichkeit des Rechts verbürgt, die Auflagen regelmäßig und gleich be stimmt. die Militärdienstzeit festgesetzt, die Verkäuflichkeit und Verpachtung der Aemter aufgehoben und die Gleich heit der Rechte jedes Unterthanen, ohne Unterschied der Religion, gesichert wurde. Trotz wiederholtet Jntriguen behauptete Redschid Pascha seine hervorragende Stellung in der Politik deS Morgenlandes. Sein Hauptgegner in dem Kampfe, den er zu bestehen hatte, um im Innern das neue System gegen das alte zu behaupten und in der äußeren Politik die Türkei dadurch zu befestigen, daß et unter den euro päischen Staatsmännern eine Gleichgewichtspolitik verbrei tete, so daß die Erhaltung des türkischen Reiche? in Eu ropa sm Interesse der.Weltfreiheit pnumgänglich nöthig erscheint, avar der von der Kaiserin-Mutter unterstützte Riza (Risa) Pascha, während Redschid Pascha seineGWe in dem englischen Gesandten, Lord Stratford de Red et isfe fand. Am 6. August 1845 ward jedoch der mäch tige Seraskier und Großmarschall Riza Pascha durch «ine