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M und wlter das Nolksdegehren Sugenberg M ScklSning SlntenborgS Karlsruhe, 20. Oktober. In seiner angekündigten Rede ging Dr. Hugenberg zunächst ausführlich aus die Gefahren ein. die dem deutsche» Volke aus der Annahme des Houngplanes drohen. Insbesondere behandelte er die Gefährdung der deut schen Wirtschaft durch die Fortdauer der jährlicl-en Milliardcu- zahlungen an das Ausland unter Fortfall der einst so ge rühmten Transserklausel und damit des Währungsschutzes. Die non den anderen an die Wand gemalte DaweSkrise werde in Wirklichkeit — ähnlich der Stabilisicrungökrisis — eine GesundungSkrtse sein, deren Last nicht so sehr aus das deutsche Volk wie nach dem Wort des englischen Sach verständigen Ivsial, Stamp auf die Garanten der deutschen Währung sielen. Dr. Hugenberg fuhr dann sort: Der Kampf gegen den früher auch von führenden Regie- ruugsmitgliedern als »naunehmbar bezcichneten Voungplan ist ein Notwehrrccht des beutschcn Volkes. Wer die Mitverantwortung für das den ungeborenen Ge schlechtern mit dem Aoungplan zugedachte Schicksal nicht über nehmen wollte, der mußte alle vcrsassungsinäßigen Möglich keiten zur Verhinderung des -loungplancö erschöpfen. Eine solche Möglichkeit war das Volksbegehren. Es war und ist der einzige Weg, um dem Protest eines ausbegehrenden Volkes im Inland und im Ausland Gehör zu schassen. Es ist auch der einzige Weg, um vor der Geschichte die Verantwortlich keiten sestzulegen. Die Millionen, die heute die Volksbewegung gegen den Noungplan tragen, bedienen sich der Verfassung, um ihrem vaterländischen Willen Ausdruck zu geben. Das Volks begehren hat von der Reichsregierung zugelafseu werden müssen. Damit ist es als ein verfassungsmäßiger Akt an erkannt. an dem mitzuwirken das durch die Verfassung von Weimar nicdergelegte Recht eines jeden Deutschen ist. Die jetzige Parteiregierung, die ihre außenpolitische Linie der Unterwerfung, sowie der Marxismus, der seine innen, politische Herrlichkeit bedroht sieht, kämpfen mit allen Mitteln eines schlechten Gewissens gegen diese Volksbewegung. Daß sie auch vor verfassungswidrigen Handlungen und vor brutalem Terror nicht znrückschrecken, deutet auf das Maß der klngst hin. die man empfindet. Entgegen dem klaren Wortlaut der Verfassung soll die Beamtenschaft unter Ausnahmerecht gestellt werden. Angst vor einem Disziplinarverfahren, das doch nie durchqcstihrt werden kann, soll sie von der Ausübung ihrer Rechte zu rückhalten. Wir haben eine einstweilige Verfügung beim Liaatsgerichtshos beantragen müssen, um diesem Unfug ein Ende zu machen. Mit Schmerz haben diejenigen, die einst den General- scldi,larschall von Hindenburg zum Staatsoberhaupt kürten und jetzt die Träger der Volksbewegung gegen den ?>ou»gplan sind, gehört, daß offenbar eine andersgerichtete llmgebung ihn durch ihre Darstellung der rechtlichen und poli tischen Lage zu einem Urteil gegen eine Einzelbestimmung dcS Volks begehrens bestimmt hat. das mit den Tatsachen nicht in Einklang zu bringen ist und auch seinem eigenen Wunsche widerspricht, nicht in den politischen Kamps hincingezogen zu werden. Mit der selbe» Offenheit, mit der in den Zeiten der Monarchie gerade die Rechte sich verpflichtet fühlte, dem Könige die Wahrheit zu sagen, sprechen wir heute in Ehrerbietung zu dem von uns gewählten Reichspräsidenten. Es ist kein unsachlicher und persönlicher politischer Kampf, den wir führen. Es handelt sich vielmehr für uns um die Erfüllung der vaterländischen Pflicht, das deutsche Volk vor den Gefahren des untragbaren, »ucrsüllbarcn und deshalb unannehmbaren Aoungplanes zu schützen. Durch falsche Auslegung des 8 1, die wir denRatgebern des Reichspräsidenten zur Last lege» müsse», non denen eine Weltanschauung ihn trennt, ist er zu diesem Schritt bewogen worden. Der 8 « . bezieht sich nicht aus die Vergangenheit, sondern aus die Zu kunft. Er hat keine rückwirkende Kraft. Er stellt nicht Minister unter Strafe, die vor seinem Inkrafttreten Ver träge abgeschlossen haben, sondern er enthält nur die selbst verständlich mit einem VerbotSgesctzc verbundene Bestimmung, das, Minister strafbar sind, die entgegen dem Volksgesetze nach dessen Inkrafttreten Verträge zeichnen, die aus der Kriegs- schnldlüge beruhen. Er soll vor allem auch verhüten, daß Be vollmächtigte des Reiches künftig durch „Paraphierung" von Verträgen der Entscheidung des Reichstages und des Reichs präsidenten vorgreisen, wie das in Locarno trotz tele graphischen Einspruchs des RcichskabinettS geschehen ist. Am 80. September wurde das Volksbegehren durch das Rcichsmiuistcrium des Innern zugelasscn. Am 1». Oktober hat der Reichspräsident den Brief an den Reichskanzler ge sandt, in dein er schrieb: „Von der einen Seite wird behauptet, daß ich ein Freund des Volksbegehrens wäre und von der andere» Seite betont, daß ich mich für die Annahme dcS ssioungplans festgelegt hätte. Demgegenüber stelle Ich fest, daß ich niemandem die Ermächtigung erteilt oder sonst einen Anlaß dazu gegeben habe, meine persönliche Meinung zu diesem Problem bekanntzugeben. Ich habe im Gegenteil stets betont, daß ich mir meine endgültige Stellungnahme zu dem ?1»»»a- plan bis zu dem Zeitpunkt Vorbehalte, In dem diese hoch, bedenisame Frage zur Erledigung reis ist . . . Und hieran halte ich nach wie vor fest." Die zwei Tage später erfolgte Acußeruug des Reichs präsidenten zu 8 4 des Volksbegehrens wird In weiten Kreisen ais ei» Hcranstreten a»S dieser von ihm selbst gewünschten Neutralität emvsunden werden. Sie bewirkt im Interesse der heutigen Pgrteiregiernng seine Hinetnziehnng in den politische» Tggcskamps. Der NcichSgusschuß hat nach Kenntnis des Briefes vom >9 Oktober sofort einen Film für da« Volksbegehren znrüikgezoge«. »u dem der Reichspräsident durch sein bekanntes Tannen-erg. wort in Beziehung gebracht war. Dagegen lassen die Gegner des Volksbegehrens nach wie vor einen Propagandasilm laufen, in dem man durch Htneinnahme von Hindenburgs Bild den Reichspräsidenten skrupellos für sich in Anspruch nimmt. Die Freiheitsbewegung, deren Träger die im Reichs- auSschub zusammengcschlossenen Organisationen sind, steht nach wie vor fest im Kamps gegen den Nvungplan. Hugenberg in Pforzheim Pforzheim, 21. Oktober. Am Sonntagabend fand im überfüllten städtischen Saalbau eine wettere Kundgebung gegen die Kricgsschuldlügc und den Tributplan statt, die. ebenso wie die Versammlung in Karlsruhe, aus allen Schich ten der Bevölkerung besucht war. Nach der Begrüßungs rede betrat Dr. Hugenberg unter nicht cndenwollendem Bei fall die Rednertribüne. Reichsminister Dr. Curttus sprach am Sonnabend in Mannheim im Rohmen einer Grenzlaudknndgebung. Er widmete dem verstorbenen Reichs außenminister Dr. Strcsemann einen tiefempfundenen Nach- ruf. forderte zum Schutz und zur Fortführung seines Werkes aus, bekämpfte das Volksbegehren und betonte die Notwendigkeit und Gewißheit der Erhaltung und des Wachs tums der Deutschen Volkspartet. Zur Kriegsschuld frage erinnerte Dr. Eurttus daran, daß Dr. Stresemann als Reichskanzler bereits am 25. Oktober 1923 in Hagen erklärt habe: „Wenn man aus klar erkennbaren Gründen immer wieder den Versuch macht. Deutschland allein die Schuld am Weltkriege anfzubttrden. so weise ich die Kriegsschuldlüge mit aller Entschiedenheit zurück," und daß Dr. Stresemann die Erklärung des Herrn Reichspräsidenten bei der Einweihung des Tannenbcrgdenkmals im Reichstage in einer Rede auf nahm. Das Volksbegehren renne, wenn es zum Kampfe gegen die Schuldiüge auffordere, offene Türen ein. Nach weiteren Ausführungen gegen das Volksbegehren betonte der Redner zum Schluß unter anderem: Die NeichStagsfraktion der Deutschen Volkspartei habe sich seit langem mit größter Entschiedenheit für die Sa nie» rung der NetchSfinanzen. ihre Sicherung gegen ver- schiveuderischc Ansgabenwlrtschaft und für durchgreifende Steuerreform eingesetzt. Auf ein solches Programm im Zusammenhang mit der NeparationSreaelung müssen die Regierungsparteien unter Führung der Reichöregierung sich einigen. Trotz aller Versuchungen und Anfechtungen sei cs der Partei immer wieder aelungen. sich zur reinen Staatspartei durchzuringen, die Kräfte und Gegensätze auszugleichen, eine Politikdcr in i t t l e r e n L i n i e zu finden und damit dem wahren Staatswohl rein zu dienen. Ucbcr die Räumung führte Dr. CurttuS folgendes auS: Die RäumnngSvereinbarung vom 39. August 1929 setze fest: „Die Räumung -er dritten Zone durch die französischen Truppen wird unmittelbar nach der Ratifizierung des Noung- planes durch das deutsche und französische Parlament und der Ingangsetzung dieses Planes beginnen . . . Sie wird in jedem Berlin. 29. Okt. Der heutige Sonntag, vom ReichSauSschuß für das Volksbegehren als Hauptwerbetag gedacht, stand durchweg im Zeichen staatlicher und polizeilicher Gegenmaß- hahmen. Die vom Reichsausschuß geplanten Propaganda» umzügc durch sämtliche Stadtteile mußten unterbleiben, weil der Berliner Polizeipräsident schon vor einigen Tagen ein allgemeines Umzugsverbot erlassen hatte. Deshalb blieb nur eine große Kundgebung übrig, die heute nachmittag im L n st g a r t c n stattsand und bei der der Stahlhelmführer vonStephantfür bas Volksbegehren sprach. Trotz dem schlechten Wetter war die Kundgebung stark besucht. Als sich nach der Versammlung die zahlreichen Stahlhelmgruppc» nach Hause begeben wollten, kam es an vielen Stellen der Sladt zu Zusammenstößen. Diese Zusammenstöße waren darauf zurückzusühren, daß sich nach der Auflösung der Kundgebung im Lustgarten ganz natur gemäß kleinere Gruppen von Stahlhelmcrn und Angehörigen anderer Verbünde bildeten, die gemeinsam den Heimweg an- treten wollten. Dies aber wurde von der Polizei als Vor- stoß gegen das Demo» st rationsverbot angesehen, weshalb es an vielen Stellen der Stadt zu lebhaften Ausein andersetzungen kam, wobei die P o l i z e t ä u ß e r st r i g o r o s vorgtng. Nicht nur der Gummiknüppel trat reichlich in Aktion, sondern die Polizei ging auch zu Pferde gegen die einzelnen Gruppen vor, um sie ausetnanderzusprengen. Gleichzeitig nahmen Kommunisten die Gelegenheit wahr, »m auch ihrer seits den nationale» Demonstranten etwas am Zeuge zu flicken. An manchen Stellen der Stadt wurden kleinere Stahlbclm- gruppen von Kommunisten überfallen und zum Teil übel zu- gerichtet. Im ganzen sah man das höchst unerfreuliche Bild, daß die Polizei nicht willens nmr, die Versammlungsteil nehmer vor dem Mob z» schützen. Sie ging niclmcbr mit einer Schärfe, die wobl auf Befehle des Berliner Polizeipräsidenten und des preußischen Innenministers ziirückzuftthren ist, gegen alle loS, die auch nur in dem Verdacht standen, etwas Demonstrationöähnltches veranstalten zu wollen. Bis heute abend waren Insgesamt «7 Ltahlhel«er ,«» der Polizei fest«»»»«««» Fall« spätestens in einem Zeitraum von acht Monaten, der sich jedoch nicht über bas Ende des Monats Juni 1989 hinaus erstrecken darf, beendet werden." Ingangsetzung des ?1uung. planes bedeutet Ratifizierung des Vertrages über den Plan und Erlaß der gleichzeitig vom Reichstage zu beschließenden Gesetze. Mit keinem Worte ist bei den Verhandlungen oou der Kommerzialisierung der bedingungslos zahlbare« Jahres, leistungen als Voraussetzung der Räumung die Rede gewesen. Der Text selbst schlicht eine derartige Interpretation aus. Reichskanzler Müller sprach am Sonnabend in Nürnberg auf dem Gautag der Sozialdemokratie über die politische Lage. Er behandelte in seiner Rede unter anderem auch das Volksbegehren, mit dem seine Urheber nur innerpolitische Ziele verfolgten. Die Frage sei. ob der Avungplan gegenüber dem Dawesplan das kleinere Ucbcl sei. Der Uonngplan bedeute für Deutsch land die schwerste Belastung. Die letzte Entscheidung über den Avungplan könne erst getroffen werden, wenn das Ergebnis der zur Zeit arbeitenden Kommissionen vorliege. Die Ncparationslast sei eine Folge des Kriegsnerlustes und nicht des Kriegsschuldparagraphcn des Versailler Vertrages. Das Volksbegehren könne nie zum Ziel führen, denn 21 Millionen Deutsche würden sich niemals zur Teilnahme verleiten lassen. Das Volksbegehren solle der Anfang eines konsegncntcn Be- rennens der Republik sein. Der Staat sei aber heute gefestigt und bereit, jedem Terror zu begegnen. Am Sonntag sprach im Rundfunk der preußische Minister dcS Innern Grzesinski über das Volksbegehren. Atn-enbrress Morte wee-en plalaltert Berlin» 29. Oktober. Wie der „Vorwärts" wissen will, wird die Stellungnahme des Reichspräsidenten von Hindenburg gegen den 8 1 des Volksbegehrens in der kommenden Woche in ganz Deutschland plakatiert werden. Evangelische Sieche und Volksbegehren Berlin, 29. Oktober. Die „Vofstsche Zeitung" hat sich unter Hinweis auf die Stellungnahme des katholischen Epis- kopats, die insbesondere in einer Erklärung des Fürstbischofs Kardinal Bertram zum Ausdruck kam, an den evangeli schen Oberkirchenrat gewandt und ihn um Aufklärung über seine Stellung zum Volksbegehren gebeten. Der Präsident des evangelischen Obcrkirchcnrats, 11. lir. Kapier, und der geistliche Vizepräsident des Obcrkirchenrats, ll. Burghart, haben einen Mitarbeiter des Blattes empfangen und ihm mit- geteilt, daß der evangelische Oberkirchenrat sich mtt der Frage einer Sicllnngnahme der Kirche zum Volksbegehren eingehend beschäftigt habe. Der Oberkirchenrat sehe die Frage des Volksbegehrens als eine Frage an, deren Besatzung oder Verneinung sich nach der Ncbcrzeugung richte, wie jeder Bürger glaube, seinem Vaterland am besten dienen zn könne«. Das Volksbegehren sei daher eine politische Frage, deren Entscheidung Sic evangelische Ktrchenleitung pslicht- gcmäß dem einzelnen überlasse. Sie könne nur alle lieber« treibnngcn und Maßlosigkeiten beklagen, die sich im Kampf um das Volksbegehren geltend machen und nach dem Polizeipräsidium gebracht worden. Derngegen- über wurden nur 15 Kommuni st en zwangsgestellt. Am Nachmittag fand eine große nationalsozialistisch« Kundgebung für das Volksbegehren im Sportpalast statin dessen riesige Räume vollkommen überfüllt waren. Auch nach dieser Versammlung kam es zu zahlreichen Zusammenstößen mit der Polizei. Der Druck auf den Magen Neue Maßregelungen Berlin, 29. Oktober. Nach einer Meldung Berliner Blätter ist dem staatlichen Lottericeinnehmer Major a. D. Hart« mann i« Mülheim-Ruhr vom Präsidenten der General-Lottericdircktion mit Billigung des preußischen Finanzministers die ihm übertragene Lotterie-Ein nehmer st eil« entzogen worden, da er einen Ausrni zugunsten des Volksbegehrens unterzeichnet hat. Wie das „Berliner Tageblatt" erfährt, ist gegen den Rcgierungs- rat Fabricius vom Landcssinanzamt Brandenburg, der der Nationalsozialistilchen Partei angchöre und in ver« schiedenen Zeitungen die Republik beschimpft habe, das Dienst« strafversahren eröffnet worden. Einreichnungsvkrbvt stir »ie Mm in SM Halle a. S-, 29. Okt. Aus Veranlassung dcS Regierungs präsidenten v. Harnack sMcrscburgs waren die Landräte unk Schulräte des Regierungsbezirks Merseburg beisammen, «m Instruktionen Über das Volksbegehren zu empfangen. Wie die „Hallesche Zeitung" berichtet, sollen sämtliche Lehrer der Stadt Halle auf Betreiben der Rcgieruna von ihre« Schul leiter» daraus verpflichtet worden sein, nicht an Versammlun gen über das Volksbegebren nnd die Äonng-Versklavung teil- znnebmen. Außerdem soll der Halleschen Lehrerschaft aus drücklich »erboten worden sein, sich in die Sinzeich- nungSIifteu einzutragen. Mo dies schon gemacht ist müsse jeder einzelne sosort die Streich»», seine» Namen» »eranlaffe«. Ile Kmtsebims lm Berliner Lustgarten zniannnenslöße zwischen ötalghelniem und tkvimnunislen - RlgvrM Vergehen »er Velhrl iDrahtmelvnng unserer Berliner Schrtftlettnng.)