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KiNnKrAMa« Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft/ Do, .Wilsdruffer Tageblatt' erschein! an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in der Geschäfisstellc und den Ausgabestellen 2RW. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,3U RM„ bei Postbestellung 2 RM. zuzüglich Ab» ge . gebühr. Einzelnummern Epsg.AllcBoliaustaücn 4l50menblatt für Wilsdruff u. Umgeoend Postboteuunduns.reAus. trägerundGeschüflsstellen st! st nehmen zu jeder Aeit Be ft«llnngen entgegen. ImFalle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriedsstörungeu besteht dein Anspruch aus Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung ringesandter Schriftstücke crsolgt nur, wenn Porto beiliegt. für LürgertvM/ Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die «gespaltene Naum,eile 2Ü Rpsg„ die «gespaltene Zeil- der amtlichen Bekanntmachungen 4V Reichs. Ps-nnig, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile I Reichsmark. Nachweisungsgebühr 20 Reichspsennige. Bor. gcsckrledeueErschcinungs» —. , tage und Platzvorschriften werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen, annahmebis uorm.lOUbr. ' —. > , Für die Richtigkeit der durch FernrufübermitteltenAnzrigenüdernehmenwir keine Garantie. I-derRabatlanspruch erlischt, wenn der Betrag durch , Klage eingezogen werden mutz oderdcrAusttaggeberin Konkurs gerüt. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts- gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nr. 117 — 88. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Amtsblatt' Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Donnerstag, den 23. Mai 192S MIG« MM!! l! Vüs sssM I>ü IIIssllsWlst Ih ! ss,W « W I^IIIMIII!!!«!»»«!! !ls Mi'IWsilMUMWU, ^MNMsWIW, j „ s I IW« II1117' » III»« »Iffff «I!!W» IW» Dreieckige Wahlen. Der wettlustige Engländer hat einen ungeheuren Spas; daran, auch über das Resultat der unmittelbar vor der Tür stehenden Wahlen zu wetten. Die „Odds" werden sozusagen offiziös verkündet und schon viele Wochen, ehe es zu den Wahlen selbst kommt, beginnt dieses Wettfieber eine immer höher steigende Kurve anzunehmen. Der Austenstehende schüttelt den Kops, aber man muß be denken, daß es sich bei den englischen Wahlen gar nicht um sogenannte grundsätzliche, also Weltanschauungs- fragcn handelt wie in Deutschland, sondern auf der einen Seite umeindeutlichcsUrteilüberdenWert oder Unwert der vom letzten Kabinett betriebenen Politik bzw. des Verhaltens jener Partei, die hinter dem Kabinett steht; andererseits muß sich der Engländer mittels seiner Stimme dafür entscheiden, ob er die von den einzelnen Parteien ausgestellten, also erst versproche nen Haßnahmen politischer Art billigt oder nicht. Sehr aufregend ist das nicht und der Engländer regt sich auch nicht auf, betrachtet die Anstrengungen der Parteiredner mehr als ein Schauspiel, und man hat es in London sogar fertigbekommen, je einen prominenten Führer der Konservativen und der Arbeiterpartei in gleichberechtigten Ausführungen als Redner gegeneinanderzuführen. Alles verlief in größter Eintracht; in Deutschland freilich Wäre so etwas undenkbar. Aber das das „ehr ¬ liche Spiel", gilt im englischen Wahlkampf immer und überall und wohl selten nur wird es dort zu einer Sprengung der Versammlung kommen, wie sie leider bei uns des Landes übler Brauch geworden ist. Die jetzt fast absolut regierenden Konservativen — sie verfügten über die Mehrheit in dem jetzt aufgelösten Parlament — gingen von tiefem Pessimismus umhüllt in den Wahlkanzpf hinein; die „Odds" lagen für die Arbeiter partei sehr viel besser und auch die Liberalen schienen gute Aussichten zu haben. Das hat sich aber ziemlich geändert — der konservativen Regierung Baldwins ist in der Zwischenzeit doch allerhand geglückt und die Chancen für seine Partei stiegen bedeutend, wahrend die der Arbeiter partei sanken, namentlich, da diese sich einige politische Un geschicklichkeiten leistete. Freilich wäre es dem jetzigen englischen Kabinett sehr angenehm gewesen, wenn es auch noch einen günstigen Ausgang der Pariser Konferenz aus der politischen Haben-Seite hätte verbuchen können, und der englische Widerstand gegen eine Herabsetzung des Anteils an den deutschen Reparationen hat seine Er klärung einfach darin, daß sich die regierende Partei durch Nachgiebigkeit eine von den Gegnern ausnutzbare Blöße nicht leisten konnte und wollte. Jetzt wettet man für die Konservativen und für die Arbeiterpartei mit „gleich auf", um einen Sportausdruck zu gebrauchen. Das aber würde in dem neugewählten Parlament eine schwierige Lage ergeben: keine der beiden Parteien hätte dann eine sichere Mehrheit, stände fortdauernd unter dem Druck eines plötzlichen Sturzes durch die Opposition und müßte daher eine überaus vorsichtige, nirgends anstoßende Politik treiben. Das Zünglein an der Wage wären dann doch die Liberalen, die unter der Führung Lloyd Georges stehen. Allerdings hat dieser Mann es ängstlich ver mieden, auch nur die geringste Andeutung darüber zu machen, ob er sich etwa bei einem derartigen Wahlaus gang mit der Arbeiterpartei koalieren würde; denn das würde sofort seinen Chancen ganz erheblichen Abbruch tun. Sind doch die Übergänge zwischen den Liberalen irüd den Konservativen überaus fließend, Teile der Libe ralen Partei sind schon oft zu den Konservativen über getreten und umgekehrt, und in den außenpolitischen Fragen unterscheidet man sich überhaupt nicht. Die Ungewißheit des Wahlausganges und damit die Freude am Wetten über ihn wird noch dadurch gesteigert, daß sich jetzt drei Parteien gegenüberstehen, die Zeiten des Zweiparteiensystems längst vorbei sind; auch des weite ren dadurch, daß inzwischen auch noch großen Teilen des englischen Volkes das Wahlrecht ver liehen worden ist und man nicht weiß, wie diese klimmen werden. Jetzt genügt dis Vollendung des 21. Le bensjahres für beide Geschlechter, um zur Wähl gehen zu können. Formale Demokratie in der Vollendung! Spuren des alten Zweiparteiensystems gibt es übrigens immer noch: dort nämlich, wo sich in einem Wahlkreise nur zwei Bewerber gegenüberstehen — und das ist in 137 Wahl kreisen von 615 der Fall — entscheidet die einfache Mehr heit; eine einzige Stimme genügt also, um zu bestimmen, wer von den beiden Kandidaten ins Unterhaus kommt. Die gegnerischen Stimmen fallen dann völlig aus. In folgedessen wird am Abend des Wahltages selbst das Re sultat noch ein keineswegs eindeutiges sein, sondern zahl reiche Stichwahlen erst noch notwendig machen. Ungewißheit steht also über den kommenden Wahlen in England — und das wissen die Parteiführer recht ge nau, haben sich darum auch sehr zurückhaltend über das ausgesprochen, was sie als politische Aufgaben der Zu kunft betrachten. Der Engländer wird nämlich stutzig, wenn man ihm mit faustdick aufgetragenen Wahlver sprechungen kommt. Das zieht dort nicht wie leider etwa in Deutschland. Daran glaubt er nicht, fängt an zu mitz- flauen und — der Schritt zur anderen Partei hinüber ist ja schnell und leicht getan. Parteiwechsel gehört nicht zu dem fast Ehrcnrichrigeu, das man rhm in Deutschland an- hyngt. Aker schließlich sieht England eben auf eine mehx 205« Mims OK MWhlW als 700 Jähre alte parlamentarische Vergangenheit zurW, hat die Kinderkrankheiten des Parlamen tarismus längst überwunden. üebergabe d-spariferMmoraOlW! Was die Gläubiger staa len fordern Wie die Agentur Havas mitteilt, sind der von Sir Josuah Stamp ausgearbeitete, für die Regierungen be stimmte Bericht und das Memorandum der Gläubiger- delegationen am Mittwoch mittag Reichsbankpräsident Tr Schacht übergeben worden. Aus der Grundlage dieses Memorc-rdums, das sowohl die alliierten Vorbehalte ent hält wie auch die Formeln, die diese Dr Schacht zwecks Abfassung seiner Reserven Vorschlägen, so heißt es in der Havasauslassung weiter, erklären sich die Gläubigermächle bereit, anzunehmen: l. die Durchschnittsannuität von 2050 Millionen Mark, wie sie Young für Lw Reparatio nen und für die Schulden während der 37 ersten Jahre vorgeschlagen habe; 2. die Bezahlung der Kriegsschulden »nährend der letzten 22 Jahre; 3. außerdem würde den Belgiern hinsichtlich der während der deutschen Besetzung ausgegcbenen Mark- bau knoten Genugtuung gewährt werden; 4. schließlich würden, unabhängig von der Kapital beschaffung zur Errichtung der Bank für in 1 er nationale Zahlungen, diejenigen Staaten, denen dieses Institut Dienste leisten soll, namentlich Deutschland, Einzahlungen machen, und zivar als Beitrag für deren Funktionieren. Man sehe, so beißt es in der Havasmeldung weiter, daß das von den Alliierten vorgeschlagene System hin sichtlich des bestimmten Wertes das gleiche sei wie das in dem Memorandum Noung enthaltene, da es zwar innerhalb des Rahmens einer Durchschnittsannuität von 2050 Millionen Mark bleibe, aber genau die Schulden decke und einen beständigen Restbetrag für die Repara tionen erübrige. Das Dokument der Gläubiger sehe jedoch vor, daß die Annuitäten nicht in einer regelmäßigen Folge von jährlich 25 Millionen Mark ansteigen, wie in den» Youngschen System vorgesehen, sondern, daß praktisch gesehen die eine Annuität über, die andere unter der Typ annuität liegen würde. Die rückständigen Schulden wür den dabei nicht tn beständiger Weise steigen. Nun müsse aber der Teil der Annuität, der den zu mobilisierenden Restbetrag darstelle, ein beständiger sein, damit auf diese Weise die Mobilisierung erleichtert werde. Deshalb, also um einen Ausgleich herzustellen, sehe das Memorandum der Gläubiger vor, daß im ersten Jahr (für das die Schulden bereits bezahlt seien) und für das dritte Jahr sowie für die 17 letzten Jahre die Annuitäten niedriger sein würden als die Durchschnittsannuität von 2050. Die Annuitäten würden jedoch höher sein in den andern Jahren. Außerdem sehe das alliierte Dokument vor, daß der Plan Young vom 1. April 1929 bis zum 31. Marz I9tw Geltung habe, und zwar hinsichtlich der Reparationen uno der Schulden, während hinsichtlich der Schulden allem Deutschland erst nach diesem letztgenannten Zeitpunkte Zahlungen zu leisten haben würde. * Gerüchie um Or. Vogler Tritt er zurLick? . Von angeblich unterrichteter Seite 'v"d mttgetc^ Dr. Vö gler, der zweite deutsche Hauptdcleglertc auf der Pariser Konferenz, zurücktrctcn »volle oder bereite zuruck getreten sei. Nach der einen Version soll er aus Gesundhettsgrunden auf eine weitere Mitwirkung als Sachverständiger Ver zichtet und sich in ein Sanatorium begeben haben, nach einer anderen soll er der Reichsregierung vor mehreren Tagen schriftlich mitgeteilt haben, daß er es a b l e h n e n müßte, seine Unterschrift unter einen Schluß berich t zu s e tz e n , der das Deutsche Reich bei der end gültigen Reparationsregelung zn Zahlungen über eine Frist von 37 Jahren hinaus verpflichtete. Vorn amtlicher Seite wird dem gegenüber erklärt, das; Generaldirektor Dr. Bögler nicht zurückgctretcn sei. Zu den Gerüchten über den Rücktritt Dr. Voglers Essen, 22. Mai. Zu den Gerüchten über einen Rücktritt Dr. Voglers als Sachverständiger in Paris, ersährt die Dr. Vog ler nahestehende „Rheinisch - Westsälische Zeitung" ergänzend: Zweifellos hat Dr. Vogler sich in den letzten Tagen sehr ernstast mit dem Gedanken getragen, den von der Reichsregierung erhal tenen Auftrag zur Teilnahme an der Sachverständigenkonferenz wieder zurückzugeben. Die Erwägungen Dr. Voglers haben in der allerletzten Zeit eine so positive Richtung eingeschlagen, daß er bis heute entschlossen gewesen sei, seinen Rücktritt zu vollzichen. Man mußte für den heutigen Tag mit der amtlichen Bekannt machung seines Rücktritts rechnen. Wenn dieser nun doch im letz ten Augenblick nicht ersolgt sein sollte, so wäre ein solcher Ent schluß Dr. Böglers zweifelsohne nur auf ganz besondere dringliche Einwirkung der Berliner Regierung zurückzusühren. Es ist auch bezeichnend, daß eine cmtliche Dementierung des Gerüchtes von dem Rücktritt nicht erfocht ist. Ob der Rücktritt formell ersolgt ist, war bis zum Redakticnsschluß noch nicht festzustellen, da alle in Betracht temmendrn Stellen sich in undurchdringliches Schwei gen darüber Höllen. Aus jeden Fall muß aber daran festgehalten werden, daß Dr. Vogler bis zum Mittwoch entschlossen war, den Rücktritt zu vollziehen. * Reue MMMnMsprechWgen i« Berlin? Berlin, 23. Mai. Dr. Vogler ist gestern abend in Ber lin eingetrofsen. In politischen Kreisen rechnet man damit, daß Dr. Vögler sofort Gelegenheit nehmen wird, die Frage seines Ausscheidens aus der Sachverstündigendelegation mit den in Be tracht kommenden Stellen der Neichsregierung zu klären. Durch die Nachrichten aus Paris, wonach die Gläubiger aus die Zah lung der diesjährigen Jahresrate bestehen, und somit Deutschland nicht zu der erwarteten augenblicklichen Entlastung seiner Reichs- siMnzen kommen würbe, ist auch sür Berlin eine veränderte Sach lache eingetreten, die den Gedanken, die Pariser Verhandlungen bis zum Herbst zu unterbrechen, wieder in den Vordergrund tre ten läßt. Man scheint in Regierungskreisen damit zu rechnen, daß Dr. Vögler unter diesen Umständen bereit sein wird, von seinem Rücktritt Abstand zu nehme»-, und sich einem entsprechenden Schritt der deutschen Rumpsdelegation in Paris noch anzu- schließen. Deutschland Kan« nicht zahlen Senator Borah über die Pariser Ver handlungen Neuyork, 23. Mai Senator Borah erklärte zu den Pa riser Verhandlungen, falls Deutschland annehme, könne das Ab kommen nur einige Jahre bestehen bleiben. Deutschland könne nicht zahlen. Er sei der Ansicht, daß Deutschland neue Hilfsquel len und Märkte brauche. Er glaube nicht, daß Deutschland die in den neuen Abmachungen vorgesehenen Summen aufbrmgen könne. Es sei die Sache Deutschlands das auszusprechen. Die Nachrichten vom Rücktritt Voglers und die Absicht Dr. Schachts, abzulehnen, waren die Ereignisse des Tages. Weite Regierungs- und Kongreßkreise verstehen Deutschlands Standpunkt vollkommen. Amerika will nicht warten. Londoner „Times" erfahren aus Washington, Schatzsekretär Mellon habe den frarr- zosiicyen Botschafter Claudel ersucht, Poincarö mitzuteilen, oatz die amerikanische Regierung so bald wie möglich über ore Aussichten der Anerkennung der französischen Schul, denvereinbarung mtt Amerika verständigt werden möchte. Es verlautet, daß.Mellon dem Bolschafter erklärte, wen« binnen angeinessener Zeit eine Zusicherung nicht gegeben werden könnte, dann würde die Regierung bereit sein, der gegenwärtig stattfindenden Sondersession des Kon gresses die Annahme eines Gesetzes anzuempfchlen, da« die Frist für die Zahlung der rund 400 Millionen Dollar, für die Frankreich nach dem Krieg das in Europa zurück- getassene amerikanische Heercsgm lauste, verlängert. Eine solche Vertagung sei aber nur möglich, wenn die Antwon PoincarSs die Annahme rechtserttgt, daß die Einbringung der Schuldenanerkennnna im Parlament noch in diesem Jahr ersolgt und Aussichten aus Annahme bietet. Reue Anklage in -er Dokumentenfalscherasfäre Orlow. Betrügereien gegenüber einem Reichslommissariat. Bei dem Haftprüfungsterinin in der Dokumenten fälscheraffäre Orlow-Pawlonowski ist den An geschuldigten, deren Haftentlassung abgelehnt wurde, eine Zusatzanklage zugestellt worden. Es soll sich um Betrüge reien handeln, die die Dokumentenfälscher gegenüber dem Reichskommissariat für die öffentliche Ordnung begangen haben sollen. Im Jahre 1926 fand man bei einem verhafteten Russen, der der Spionage zugunsten Sowjetrußlands ver dächtig war, ein aus d em^R eichsMinisterium des Innern stammendes Schriftstück, von dem man annahm, daß es nur durch die Unredlichkeit eines Beamten dieser Behörde in die Hände des Sowjetagenten gelangt sei. Es wurde eine strenge Untersuchung eingeleitet. Von dieser Tatsache mutz der letzt in die Fälschungsaffäre Per-