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Mittwoch. EeipHig, DI« Zeitung erscheint mit Ausnahme de« Montag« täglich und wird Nachmittags 4 Uhr aus, gegeben. Preis für das Bierteljahr I'/, Thlr.; jede einzelne Nummer 2 Ngr. Nr. 7«. - 26. März 185« Deutsche Mgkminc Zeitung. «Wahrheit und Recht, Freiheit und GM!» Zu beziehen durch alle Postämter des In- und Auslandes, sowie durch die Expedition In Leipzig (Querstraße Nr. 8). JnsertionSgebühr für den Raum einer Zelle 2 Ngr. Die Creditbanken. Unter dieser Ueberschrift enthält die augsburger Allgemeine Zeitung «inen Artikel, den wir nachstehend unsern Lesern mittheilen, weil er viele beherzigenswerthe Wahrheiten enthält. Ausdrücklich bemerken wir dabei nur noch, daß nach unserer festen Ucberzeugung das in dem Artikel gegen die Crcditbanken Gesagte auf die in diesen Tagen in Leipzig zu begründende Allgemeine deutsche Crcditanstalt in keiner Weise Anwendung leidet, da, wenn irgendeine deutsche Stadt, so gerade Leipzig als bedeutender Meß - und Handels platz vorzugsweise zum Sitz eines derartigen Instituts zur Förderung von Handel und Industrie geeignet ist, ganz abgesehen von den sonstigen Ga- rantien für die Zukunft der leipziger Allgemeinen deutschen Creditanstalt. Wie Pilze schießen über Nacht aller Orten und Enden Creditbank- projecte empor, und das enthusiasmirte Publicuni drängt sich, seine Thaler und Groschen, seine Gulden und Kreuzer einstweilen nicht zu zahlen, aber zu zeichnen, und lebt der stolzen Zuversicht, daß cs Hand anlege zur För derung des.Verkehr- und der Industrie, vor allen Dingen aber der sichern Erwartung, daß sein Scherflein, groß oder klein, ihm reiche Zinsen tragen werde. Kann eS noch zweifeln an dem Einen und dem Andern? Sind nicht die Prospecte da, so tönend und verheißend, daß sie den Blinden sehend machen müssen? Zwei, drei, vier Millionen, je nachdem es kommt, wer den verlangt, 200, 300, 400 Millionen sind im Nu gezeichnet — es ist keine gewöhnliche Creditbankkrankheit mehr, eS ist die ausgesprochenste Cre- ditbankrascrei. Meiningen und Dessau haben bereits daS „dringende Be- dürfniß" einer Crrditbank befriedigt. Lippe-Detmold, von demselben Be- dürfniß aufgestachelt, wird nicht lange zurückbleiben, und bald werden wir glücklichen Deutschen voraussichtlich nicht bloS 38 Vaterländer, sondern auch 38 Creditbanken haben, etwas mehr oder weniger. Wenn das ein norma ler Zustand ist, so gibt eS überhaupt keinen anormalen. i ES wäre abgeschmackt, gegen das System der Creditbanken im All gemeinen zu eifern. Die Creditbanken können ein mächtiger Hebel der In dustrie sein, und sie werden eS überall da sein, wo auf der einen Seite vjrle große Capitalien vorhanden und auf der andern Seite ein Bedürfniß zu befriedigen ist, wo zugleich die Natur der Verhältnisse ein weites Feld für ihre Wirksamkeit bietet. Eine Creditbank, wie sie in Paris seit län gerer Zeit besteht, wie sie in Wien soeben ins Leben getreten, wie sie in Berlin in Aussicht genommen, hat Sinn und Zweck, denn dort findet sie einen fruchtbaren und ergiebigen Boden an den zahlreichen und mächtigen Interessen großer und ausgedehnter Staaten; aber was in aller Welt sol len alle jene Creditbänklein in Staaten, die vielleicht nur einige Dutzend Quadratmeilcn zählen und denen nahezu das Object des der Industrie zu gewährenden Credits fehlt, die Industrie! Sage man uns nicht, sie werden sich nicht auf das Inland, das Jnländchen, wenn der Ausdruck gestattet ist, beschränken — das Ausland, jedes der vielen deutschen Ausländer, hat ja ebenfalls seine „nationale" Kreditbank oder wird sie doch in kurzem haben. Es wäre ein Unrecht, die Unternehmer und Begründer der Credit banken in Bausch und Bogen anzuschuldigen, daß die Unterstützung der Industrie ihnen nur Vorwand sei, die Agiotage Zweck. Wir kennen eine Reihe von Ehrenmännern, die mit persönlichen Opfern für die Realisirung einer Idee thätig sind, von welcher sie die segenbringendsten Früchte reifen zu sehen hoffen. Aber im Einzelnen dürfte denn doch der Argwohn ge- rechtfertigt sein, ob nicht die Speculation unter dem Aushängeschilde des Gemeingeistes arbeite, und ob nicht, wenn unter dem Eindruck der ersten Anpreisungen das Agio genügend gestiegen, die glücklichen Betheiligtcn sich beeilen werden, durch LoSschlagen ihrer Actien ihren Gewinn in Sicherheit zu bringen und die Eventualitäten anderer Conjuncturen von Andern tra gen zu lassen. Und was auch die Gründer denken und thun mögen — von allen Denen, welche sich drängen und nvthigcnfallS bücken, aus der Goldgrube mitschöpfen zu dürfen, wird kaum ein Einziger sich von dem Gedanken leiten lassen, daß er mitbaue an der Hebung der Industrie. Wir sehen — wir wissen kein passenderes Wort — wesentlich nicht den Credit der Industrie, wir sehen nur die Industrie des Credits gefördert. Indessen auch diese Krankheit will ihren Lauf haben, und die Krisis wird nicht auSbleiben. DaS Agio wird auf den Grund fabelhafter Hoff nungen sich hinausschrauben, bis die vernünftige Berechnung und die kalte Wirklichkeit in ihr Recht cintritt — die kalte Wirklichkeit vor allen Din gen der Einzahlung der gezeichneten Actien, der ungeheuer« Capitalbcträge so zahlloser Banken, die den Geldmarkt selbst dann drücken müssen, wenn die Sonne des Friedens, deren Morgenröthe wir jetzt begrüßen, dauernd über Europa aufgehen sollte. Schon jetzt zeigen sich die Anfänge einer Enlwerthung des Grundbesitzes in der immer steigenden Schwierigkeit, selbst auf die besten Hypotheken Capitalien sich zu schaffen, beziehungsweise zu erhalten; die Ansprüche der Creditbanken an den Geldmarkt werden den Ausbruch der Krisis beschleunigen, und wenn gar abermals der politische Horizont sich umwölken sollte, würde unfehlbar eine Sündflut hereinbrechen, welche, während in der rettenden Arche Wohlgemuth die „ursprünglichen" Förderer der Industrie das gewonnene Agio zusammenzählen, die Banken sammt den Aktien verschlingt. Das Geschäft will maßvoll sein; ist es maß- los, so wird es Schwindel. Und wir sind in dem Stadium, wo cs an fängt, alles Maß zu überschreiten. Mögen, das hoffen wir, inmitten des allgemeinen Taumels wenigstens die Regierungen eine nüchterne und besonnene Erwägung der cinschlagenden Verhältnisse sich erhalten. In Frankreich hat man den ganzen Ernst der Umstände bereits erkannt, und am 9. März erklärte der Moniteur: «II v8t Uu Uevoir Uu ßouvernvinvnt äs re^ister ü Ues vnUginemvnts vx- gA6rö8 qui pourruiont oompivmsttrv les gCuires UHü ollggA6s8 ot porter ottointv su cr^Uit. I.'Lmpereur u ä6cicl6 quv, quelle quo pui88v ütre I'i88uo cle n6gocii>tion8 pen(l8Ut68, le gouvernement 8v maintienUro cigN8 In re8erve qu'il 8 68t impo8öe, et qu'ouvune «n- trvpri8o Uonnsnt liou ü une 6mi88ion cle voleur8 nouvelle8 ne sorg gutori8üo penclant le evur8 cle eetts onoöe.» DaS verdient wahrlich auch in Deutschland beherzigt zu werden. Wol ist es wahr, daß die in Frage stehenden Unternehmungen meist auch für die augenblicklichen finanziel len Bedürfnisse der Regierungen eine sehr verlockende Seite bieten, aber das kann kein Grund für sie sein, die pflichtmäßige Erwägung aller hier einschlagenden Momente weniger erschöpfend vorzunehmen. Das dicke Ende kommt nach, sagt ein norddeutsches Sprichwort, und wenn, wie nur zu sehr zu besorgen, im gegebenen Falle das dicke Ende nicht außbleibt und früher oder später der nothwendige Rückschlag erfolgt, wird nicht blos der Pri vate, sondern auch, direct oder indirect, der Staat die Consequenzen fühlen und tragen müssen. In jedem Falle aber wird man sich gegenwärtigzu- halten haben, daß der Credit der Industrie, soweit er auf den Creditbanken beruht, da seine Grenzen findet, wo der Credit der Creditbanken selbst aufhört. Deutfchland. Preußen. -^Berlin, 24. März. Es ist gegenwärtig viel von Un terhandlungen die Rede, welche innerhalb der pariser Confercnz auch über die italienischen Angelegenheiten geführt würden. Dem gegenüber ist daran zu erinnern, daß die Conferenz nur zu dem Zweck zusammenge» treten ist, um den Frieden mit Rußland zustande zu bringen, und daß dir Confercnz als solche sich auch thatsächlich mit nichts Anderm beschäftigt. Damit soll freilich nicht gesagt sein, daß nicht außerhalb der Conferenz zwi schen den Diplomaten der zunächst betheiligtcn Staaten Besprechungen über diese Angelegenheiten stattsinden; aber zu bemerken ist, daß mit alledem nichts Neues geschieht, wie denn auch, nach Allem, was man hört, daß Resultat dieser Besprechungen eben auch wieder auf jene charakteristische Resultatlosigkeit hinauslaufcn dürfte, die schon früher bei ähnlichen Bespre chungen über diese Angelegenheiten zutage getreten ist. Das Verhältniß zwi schen Oesterreich und Piemont steht hierbei nur in untergeordneter Linie. Zwar will Graf Buol auf das von dem Grafen Cavour gestellte Begeh ren, daß Oesterreich das auf den Gütern derjenigen Emigranten, welche inzwischen sardinische Unterthancn geworden, liegende iSequester aufhebcn solle, nicht eingehen, weil es sich hier um einen wohlbegründeten Art der innern Landessouveränetät Oesterreichs handle, in welche sich einzumischen ei ner auswärtigen Macht unter keinen Umständen zugestanden werden könne; allein Oesterreich dürfte es gleichwol in seinem Interesse finden, den Weg einzuschlagen, welcher, unter formeller Wahrung des von ihm aufgestellten Princips, geeignet ist, ihm die Allen so lästige als odiöse Angelegenheit in Betreff der Gütersequestrirung vom Halse zu schaffen. Die formellen Schwie rigkeiten, welche der Wiederanknüpfung der diplomatischen Beziehungen zwi schen Oesterreich und Piemont noch entgegcnstehcn, dürften daher ihre Be seitigung finden. Dies Alles ist jedoch, wie gesagt, nur untergeordneter Natur, und zwar umsomehr, als Das, was sich in Oesterreich und Pie mont principiell gegenüberstcht, nach wie vor ja in seiner ganzen Ausdeh nung bestehen bleiben würde. Die Hauptsache bilden die Verhältnisse in Betreff des Kirchenstaats. Man ist darüber durchaus einig, daß es im Interesse des europäischen Rechts und des auf demselben beruhenden nor malen Zustandes der Dinge höchst wünschenswerth sei, wenn die Occupa tio» des Kirchenstaats durch fremde Truppen endlich einmal aufhörte, und cs wäre darum an und für sich auch gar kein Hinderniß vorhanden, daß Oesterreich und Frankreich nicht jeden Augenblick bereit sein sollten, ihre rcsp. Truppen aus dem römischen Gebiet gleichzeitig zurückzuziehen. Man ist aber auch darüber einig, daß der päpstliche Thron, vorläufig we nigstens, nur erhalten werden könne durch militärische Macht, daß, wenn die fremden Truppen zurückgezogen würden, der Ausbruch einer Revolu tion in Nom jeden Augenblick zu besorgen wäre, und baß diejenigen poli-