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Grzgeb.-Dolkssreunö. Amtsblatt für die königlichen und städtischen Behörden in Aue, Grünhain, Hartenstein, Johanngeorgenstadt, Lößnitz, Neustädtel, Schneeberg, Schwarzenberg und Wildenfels. Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage. — Preis vierteljährlich 1 Mark 80 Pfennige — Insertionögebühren: die gespaltene Zeile 10 Pfennige, die zweispaltige Zeile amtlicher Inserate 25 Pfennige. — Inscrtionsannahmc für die am Abende erscheinende Nummer bis, Vormittags 10 Uhr. Bekanntmachung. Nachdem die in Gemäßheit von 8 9. des Gesetzes vom 14. Septbr. 1868 die Bildung der Geschwornenlisten und der Geschworuenbank betreff, aufgestellte Urliste für ! Wildenfels revidirt und ergänzt worden, wird diese Liste vom 10. October d. I. an ' im ExpeditionSlvcal vierzehn Tage lang zu Jedermanns Einsicht öffentlich ausliegen. ! Einsprüche dagegen sind innerhalb jener 14 Tage anzubringen und haben diejenigen, i welche nach 8 5. jenes Gesetzes von dem Geschwornenamte befreit zu werden wünschen, ! hre Gesuche bei deren Verlust schriftlich in der vierzehntägigen Frist anher einznreichen. > Wildenfels, den 3. October 1878. Dec Stadtgememderath. Jungh änel. Widerr u f. Die auf nächsten Dienstag, den 8. October d. I., ' — , "i anberaumte Auction von Heu u. s. w. in der M«n«sche» SchankWirthschMt ! findet nicht statt, was hiermit bekannt gem.acht wird. Waschleuthe, den 5. Oktober 1878. Bach, Ortsrichter. Bekanntmachung. Mit Nöcksicht auf die bevorstehende Stadtverordnetenwahl wird der hiesigen Bürgerschaft in Erinnerung gebracht, daß nach 8 der revidirten Städteordnun^ Bürger, welche die Äbentrichtung von Staats- oder Gcmeindeabzaben einschließlich der Abgaben zur Schul- und Armenkasse, länger als zwei Jahre, ganz oder thcilweise in Rückstand gelassen haben, vom Stimmrecht und der Wählbnrkeit ausgeschlossen sind und werden die betreffenden Restanten hierdurch aufgcfordert, bei Vermeidung obigen Nachtheileö die rückständigen Abgaben sofort abzuführen. Der Stadtrath zu Neustädtel. S Peck, Brgr. Tagesgeschichte. Oesterreich-Ungarn wird immer unjufrledner, trotzdem seine Armeen in den letzter« Wochen, freilich unter schweren Menschenverlustcn, sehr glücklich operirl und endlich auch die starke Festung Zwornik an der Drina erobert haben. Diese Eroberung Zwornik's beuten die Regierungsblätter nach Möglichkeit aus und suchen daraus Kapital zu schlagen, dadurch, daß sic zu beweisen suchen, nunmehr habe in Bosnien „alle Fehd ein Ende" und Oesterreich könne sich von jetzt an in aller Ruhe ei ner durchgreifenden Verbesserung der Verwaltung (Admi nistration) Bosniens widmen. Allein alle schärfer Blicken den und alle die unparthciisch Urtheilenden in Oesterreich- Ungarn zucken ungläubig die Achseln zu solchen rosig ge färbten Versicherungen und verurthcilen Andrassy's Poli tik täglich härter und schonungsloser. Namentlich ist es die weitverbreitete Wiener „Neue Fr. Presse", eine Zeitung, die bei dem aufgeklärten Theil der Bevölkerung in großem Ansehen steht, mithin von be deutendem Einfluß ist, welche kräftig gegen Andrassh's total verfehlte Politik vorgeht. So schreibt sie in einer ihrer letzten Nnmmern: „Welches ist denn gegenwärtig unsere politische Stellung? Ein Theil unserer Wehrkraft ist auf Jahre hinaus in Bosnien und der Herzegowina festgcbundeu, um dort die Ruhe und den Frieden zu er halten, die wir nur durch einen blutigen, noch nicht be endeten Feldzug herzustcllcu vermochten. Ein anderer nicht minder beträchtlicher Theil mnß stets bereit sein, das Treutino und Triest gegen das moderne europäische Völ kerrecht zu vertheidigen. Wo immer daher in Europa uns ein Gegner ersteht — und wer kann behaupten, daß wir keinen solchen zu fürchten haben? — cö wird nur ein Bruchtheil unserer Armee sein, den wir ihm werden cnt- gegenzustellen haben. Das ist die Frucht des famosen europäischen Mandats, um welches wir in Berlin war ben, das die berühmte „Wahrung der österreichischen In teressen", die man so oft in den Delegationen betonen hörte und heute noch zur Antwort erhält, wenn man fragt, warum man eigentlich in Bosnien einen blutigen Krieg führen. Dazu kommt Unzufriedenheit im Innern und ein Deficit, welches heute schon die mühsam erworbene» Früchte von 12 Fricdcnsjahrcn verschlungen hat und vor dem Volksvertretungen und Negierungen rathlos stehen. Freilich lesen wir alle Tage mehrcrcmal, daß trotz alle dem Gras Andrassh voll Zuversicht in die Zutnnft blicke; aber wenn nicht Alles trügt, ist die Zeit nicht mehr fern, wo man nicht mehr nach der Zuversicht dcö Grafe» An drassh, sondern nach derjenigen des Landes fragen wird, um dessen Geschicke cs sich handelt. Bald werden die De legationen hiezu berufen sein, nnd wir hoffen, daß sie mit Andrassh ein mannhaftes und ernstes Wort sprechen werden." Vor allen Dingen ist cs Ungarn, welches täglich unzufriedener wird mit dem Gang der Dinge, weil der „militärische Spaziergang nach Bosnien" bereits so große Summen verschlungen und dadurch die Finanzpläne Un garns großartig durchkreuzt hat. In Pcsth fand deshalb bereits am 10. Septbr. eine große, von wenigstens 10,000 Personen besuchte Volksversammlung statt, in welcher sich das feurige Blut der Ungarn gehörig geltend machte. Die Redner belegten den ungarn'schen Premierminister Tisza und den Reichskanzler Andrassh mit Titeln, die selbst das in Amerika erlaubte Maß überschritten und ihr Name konnte nie gcnamit werden, ohne daß die Versammlung stürmisch rief: „Fort mit ihnen!" Die Versammlung nahm zum Schluß folgende zwei Anträge an: Die Armee möge aus Bosnien zurückbcrufen werden; der Reichskanzler Graf Andrassh ist in Anklagestand zu versetzen. Der erste An trag ist ganz selbstverständlich für die Reichsrcgierung to tal unannehmbar, denn Oesterreich-Ungarn müßte ja ge- radezn auf seine Großmachtstellung vor aller Welt Ver zicht leisten, wenn es jetzt seine Truppen wieder ans Bos nien zurück ziehen wollte. Diese Schwäche darf sich Oe sterreich nimmermehr zeihen lassen, so viele Opfer auch die Besetzung Bosniens in Zukunft noch fordern mag. Und mit dem zweiten Antrag wird die Volksversammlung sicher auch kein besonderes Glück haben. Daß übrigens das Gesammtministerium von Ungarn beim Kaiser um die Entlassung gebeten hat, ist auch deutlicher Beweis von der gereizten Stimmung, die in Ungarn herrscht. Deutschland. Berlin, 4. Ok. Der Kronprinz empfig heute Nachmittag den Fürsten Bismarck.— Der „Reichs-Anz." meldet: Nach amtlicher Mitthcilung ist von Seiten der Russen dic Dcsarmirung der russischen Häfen des Schwar zen Meeres nach Aufhebung der unterseeischen Minen ungeordnet worden. — In der heutigen Sitzung der Sozialistcnkommission wurde der Text des Sozialistenge setzes nach den Beschlüssen der zweiten Lesung und einem sehr umfangreichen von demAbg. v. Schwartze erstatteten Berichte festgestellt. Der Vorsitzende Bennigsen dankte den Kommissionsmitgliedern für ihre mühevolle Arbeit. — Die nationalliberale Fraktion des Reichstags tritt am Montag Vormittag 11 Uhr zur Bcrathung des Soziali stengesetzes zusammen. Die Bedeutsamkeit der Aufgabe, welche antisozialisti- schcn Vereinen auch nach Vereinbarung. eines einschnei denden Sozialistengesetzes erwächst, muß Jedermann ein- leuchtcn. Der Kamps gegen die Sozialdemokratie darf nicht der Polizei allein überlassen werden, wenn man nicht vorweg auf jeden nachhaltigen Erfolg verzichten will. Das gewaltsame polizeiliche Einschreiten gegen Schrift steller und Redner ist ein leidiger Behelf, nm die akuten Folgen des Ucbcrmaßcö von Aufhetzung zu hindern. Es wirkt zunächst nur äußerlich; eine tiefergehende Einwirkung kann allein von dein gesunden Geiste der Nation ausgchen, wofern er sich in dieser bestimmten Weise lebendig bethä- tigt. Je schwieriger eS werden mag, nach der Unterdrückung der schlimmsten Wühlblätter und Hctzversammlnngen den Kampf mit dem Feinde unseres inneren Friedens noch fortzusctzen, desto verdienstlicher wird cö sein und desto nöthigcr ist es, daß gerade die alten liberalen Strei ter ihn nicht aufgeben. Wie die „N. L. C." weiter ausführt, ist cs an dem deutschen Bürgcrthum selbst, den Löwenantheil des Kampfes zu übernehmen. Diesmal > kann ihm kein anderer, auch die Regierung nicht mit ihren verschiedenen Organen, den schwersten Theil der Mühe nnd Verantwortlichkeit abnchmen. Es hieße daher den Sieg noch vor dem ersten eigent ichen Feldzug preis- ! geben, wollten wir am Tage nach der Annahme des Sozialistengesetzes die antisozialistischcn Vereine schließen. ! Im Gcgcnthcil: wo cs noch keine gicbt, sollten sie sich bilden, um der nothwcndig und geflissentlich verwundenden ' Wirkung des Gesetzes ihre eigene heilende Thätigkcit aus- § gleichend an die Seite zu stellen. Es gicbt neben der dem Gesetz erreichbaren Propaganda auch eine ihm unerreich bare. Einer wohlgeleiteten, energischen und geschickten VcreinSthätigkeit wird es bis ans einen gewissen Grad gelingen können, auch dieser cntgegenzuarbeiten. Was endlich von nicht geringer Bedeutung ist: auch ohne den geschworenen Sozial-Demokraten ihren Wahn zu benehmen, läßt sich außerordentlich viel thun, um dcm Aergsten vor- - zubeugen, namentlich dadurch, daß noch nicht angesteckte Volkskreise gerade gegen diese Art von Trugbildern sicher gestellt werden. Das ist jene wichtige Prophylaxe, welche gar keine gefährlichen Epidemien aufkommen läßt. Die Massen des Volkes sind gegenwärtig in hohem Grade empfänglich für Verständigung und Aufklärung ^über wirthschaftliche Fragen. Soll diese Stimmung unbenutzt bleiben? oder wollen wir ihr entgegenzukommen außer den sozialdemokratischen Propheten blos jenen literarischen NahrungSfälschcrn überlassen, die aus Broschürensetzen . und Zeitungsartikeln vom vorigen Jahre schnellfertige ° Sensationsschriftcn für leichtbesriedigte Verleger zusammen- stücken? Eine verständige VcreinSthätigkeit ist hier durch- ' aus nothwcndig, damit das Rechte geschehe statt des Zu- fälligen. Kein mit Sozialdemokratie behafteter Wahlkreis sollte sich dieser dringenden vaterländischen Pflicht ent ziehen. QeVerreiU. Die „Neue freie Presse" meldet, das österreichische Ministerium habe sich gestern die Entscheidung dcö Kai sers über das am 3. Juli von ihm eingereichte Dcmis- sionsgcsuch erbeten nnd diesen Schritt damit motivirt, daß das Kabinct das Budget für den Reichsrath vorzu bereiten habe, jedoch den Standpunkt des Grafen An- drassy bezüglich der Bedeckung der für die bosnische Ok- kupation erforderlichen Kredite nicht theilen könne. Buda-Pest, 4. Octbr. Da der Fiuanzmiuister Szcll auf seiner Demission beharrte, hat der ungarische Ministcrrath beschlossen, nunmehr in aller Form schrift lich auch die Resignation der übrigen Regierungsmitglie- dcr einznreichen. Der Ministerpräsident TiSza wird heute dem Kaiser das Demissionsgcsuch des ganzen ungarischen Cabinctö überreichen. England. London, 4. Octbr. Infolge des Fallissements der „City of Glasgow Bank" fallirtc das Hans Smith Fleming; die Passiven belaufen sich beinahe aus 3 Mil lionen Pfd. Sterl. Auch die correspondirenden Häuser von Smith Fleming, William Nicol in Bombay nnd Fleming u. Co. in Kuratschi, haben die Zahlungen ein gestellt. Man fürchtet, die Zahlungssuspension werde andere erhebliche Fallissements in London und Glasgow nach sich ziehen. Die Passiva der „City of Glasgow Bank" werden nunmehr auf 14 Millionen Pfd. Sterl, geschätzt. Der Streit zwischen russischer und englischer Presse über Afghanistan spitzt sich immer mehr zn, und auch einzelne russische Blätter stellen einen russisch-englischen Krieg in Aussicht, sobald England sich nicht mit Schir Ali versöhnt. Und das wird England schwerlich. Am Sonnabend soll, einer heutigen Depesche des „W. T. B.". zufolge, ein Ministcrrath in London stattstnden, „zur Bcrathung der afghanischen Frage." Wie diese Bera- thung aber voraussichtlich ausfallen wird, geht aus dem Neste des TelgrammS hervor, welches lautet: „Im Hin blick auf die Möglichkeit eines Winterseldzugeö ist dje Absendung von Bettzeug und warmen Uniformen für die indischen Truppen angeordnct worden. Ferner läßt sich der „P. L." aus London schreiben, daß die englische Re gierung Beweise dafür besitze, daß Rußland mit Afgha nistan konspirirt. England habe sogar den Vertragsent wurf in Händen, in welchem Rußland dein Emir nöthi- genfalls thatkräftige Unterstützung znsagt; ob der Vertrag