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sichern halfen: „Petruschka" (1911) und „ L e Sacre du Pri n tem p s “ (Das Frühlingsopfer). Die von Pierre Monteux dirigierte Uraufführung des „Sacre" am 29. Mai 1913 im Pariser Theätre des Champs-Elysees gestaltete sich allerdings zu einem ungeheuren Theaterskandal; es kam zu Raufereien, und der Tumult im Zuschauerraum übertönte zuweilen die Musik derartig, daß die Tänzer auf der Bühne größte Schwierigkeiten hatten, mit dem Orchester in Einklang zu bleiben. Der als „barbarisch" empfundene Rhythmus, aber auch die gehäuften Dissonan zen des Werkes, das zu den typischsten Äußerungen des musikalischen Expressio nismus gehört, wurden vom Pariser Publikum, das sich damals auch Balletten von Debussy und Ravel gegenüber abweisend verhalten hatte, abgelehnt. Erst ein Jahr später gelang es Monteux, mit der ersten Konzertaufführung des „Sacre" im Casino de Paris einen enthusiastischen Erfolg zu erzielen, der sich in der zuneh menden Popularität der 1947 revidierten Orchestersuite dokumentiert hat. Heute gilt die Komposition unbestritten als ein Meilenstein in der Geschichte der Musik, als eine der großartigsten und umwälzendsten musikalischen Schöpfungen unseres Jahrhunderts. „,Sacre du Printemps' ist ein typisches Werk der vorrevolutionären Epoche. Man darf es nicht für zufällig halten, daß es nur ein Jahr später als Skrjabins ,Prome- thee' entstand, zwei Jahre später als Strauss’ .Elektra’, etwa gleichzeitig mit Bar- töks .Herzog Blaubarts Burg', Ravels .Daphnis und Chloe', Rachmaninows Chor sinfonie ,Kolokola' (,Die Glocken'), Mahlers 9. Sinfonie, Schönbergs .Pierrot Lu- naire', kurze Zeit vor Prokofjews .Skythischer Suite'. Obwohl all diese Werke durchaus nicht gleichartig sind, gibt es in ihnen doch etwas Gemeinsames: Züge der Krise, ein Vorgefühl künftiger Katastrophen, Raserei der Gefühle, großartige expressive Höhepunkte. Nicht selten erscheint in ihnen auch die Gestalt des Todes als Symbol bevorstehender unvermeidlicher Opfer, der Furcht vor etwas langsam Näherrückendem, noch Unbekanntem. Es ist verständlich, daß neue Ausdrucks mittel gebraucht wurden, um diese Thematik auszudrücken ... ”, stellte Boris Jarustowski in seiner Strawinsky-Biographie (Berlin 1966) fest. Mit rhythmischer Urgewalt und vulkanischen Klangentladungen gestaltete Strawinsky diese „Bilder aus dem heidnischen Rußland", wie das Werk im Untertitel heißt: „Eines Tages sah ich unerwartet vor mir das Bild eines großen heidnischen Sakralkultes: die alten Priester beobachten, im Kreise sitzend, den Todestanz eines jungen Mäd chens, das sie dem Gott des Frühlings opfern, um ihn günstig zu stimmen. Das war das Thema vom Sacre du Printemps". Es bot ihm Gelegenheit zur Entfesse lung elementarer Kräfte, zur Entfesselung des Triebhaften, des Dionysischen. Rhythmus und Harmonik sind vor allem die Träger dieser Entfesselung. „Die Helden des Strawinskyschen Werkes sind Menschen aus dem heidnischen Rußland, die fest mit der Erde, mit den elementaren Kräften der Natur verbunden sind und von primitiven, aber wohl auch beständigsten und stärksten Kräften der menschlichen Natur bewegt werden: den Instinkten der Lebens- und Gattungs fortpflanzung. Diese Menschen sind noch bar des Intellekts, bar jeder psycholo gischen Feinheit und unterscheiden sich noch kaum von der übrigen belebten Natur. Eben darin ist nach der Meinung des Autors ihre Ursprünglichkeit und Lebenskraft zu sehen. In diesem Stadium war das Leben des Menschen untrenn bar mit dem Jahreskreis der Natur verbunden: Ähnlich der Pfanzenwelt verlöscht es im Winter, um unter der Frühlingssonne wieder zu erstehen und sich zu er neuern. ,lm Sacre du Printemps', schrieb Strawinsky, .wollte ich die leuchtende Auferstehung der Natur schildern, die zu neuem Leben erweckt wird, eine voll ständige, elementare Auferstehung, die Auferstehung der gesamten Welt.’ Daß es dem Komponisten gelang, diesen mächtigen Ausbruch der elementaren Kräfte der Frühlingserneuerung zu zeigen, und daß er ihn vor allem überwiegend mit nationalem russischen Material wiedergab, spricht für den schöpferischen Weit blick Strawinskys, der ein Vorgefühl des revolutionären Aufbruchs empfunden ha ben muß" (B. Jarustowski). Vom Komponisten selbst stammt nachstehende Einführung in das Werk: „In der Introduktion (Lento) habe ich meinem Orchester die Furcht anvertraut, die jeden fein empfindenden Geist vor der Macht der Elemente überkommt. . . Die Melodie entwickelt sich in einer horizontalen Linie, die nur die Masse der Instrumente, die intensive Dynamik des Orchesters, aber nicht die melodische Linie selbst steigert oder abschwächt. Ich habe den panischen Schrecken der Natur vor der Schönheit wiedergeben wollen, eine heilige Furcht vor der Mittagssonne, einen Panschrei, dessen Anschwellen neue musikalische Möglichkeiten erschließt. So muß das ganze Orchester die Geburt dieses Frühlings wiedergeben. Im ersten Teil treten Jünglinge mit einer alten Frau auf . . . Sie kennt die Geheimnisse der Natur und lehrt die Jünglinge deren Mysterien . . . Die Jünglinge, um sie geschart, verkünden den Pulsschlag des Frühlings durch ihren verhaltenen Rhythmus. Nun kommen die Mädchen vom Fluß herauf. Sie bilden einen Kranz, der sich mit dem der Jünglinge vereinigt (Tranquillo) . . . Sie nähern sich den Gespielen, und doch fühlt man im Rhythmus der Musik, daß sie sich trennen werden (Molto allegro) . . . Die Gruppen teilen sich wieder und kämpfen ... So äußert sich ihre Kraft in der Entzweiung und im Spiel. Nun hört man das Herannahen eines Festzuges. Der Heilige, der Weise kommt, der älteste Priester des Bundes. Er segnet die Erde (Lento) . . . Seine Segnung ist wie ein Zeichen für ein neues rhythmisches Sprie ßen. Alle verhüllen sich, bewegen sich dann in Spiralen, unaufhörlich quellend wie die neuen Energien der Natur. Es ist der Tanz der Erde (Prestissimo). Der zweite Teil fängt mit einem schattenhaften Tanz der Mädchen an. Die Introduktion (Largo) ist ein geheimnisvoller Gesang, der diesen Tanz begleitet. Die Mädchen weisen in ihren Reigen (Andante con moto) auf die Stelle, wo die Auserwählte eingekreist wird, die dann nicht mehr entrinnen kann. Die Auserwählte soll dem Frühling die Kräfte wiedergeben, die die Jugend ihm geraubt hat. Sie wird von den jungen Mädchen umtanzt (Vivo) . . .Die Ahnen werden angerufen und um kreisen den beginnenden weihevollen Tanz (Lento). Als die Auserwählte er schöpft niedersinkt, ergreifen sie die Ahnen und heben sie zum Himmel empor. Der Zyklus der Kräfte, die wieder geboren werden, um zu vergehen und sich in der Natur aufzulösen, ist erfüllt und in diesen wesenhaften Rhythmen vollendet." Jean Cocteau äußerte: „Sacre ist und bleibt ein Meisterwerk; eine Sinfonie, er füllt von wilder Trauer und von den Geburtswehen der Erde; Klänge von Hütten und Feldern, kleine Melodien, die aus dem Urgrund der Jahrhunderte herauf tönen, Keuchen der Tiere, tiefe Erschütterungen: eine Georgica der Vorge schichte." VORANKÜNDIGUNGEN: Sonntag, den 17., und Montag, den 18. Mai 1970 (Pfingsten), jeweils 17 Uhr, Schloßpark Pillnitz 1. SERENADE Dirigent: Kurt Masur Solisten: Adele Stolte, Potsdam, Sopran; Günter Neumann, Berlin, Tenor; Hermann Christian Polster, Leipzig, Baß Chor: Philharmonischer Chor Dresden, Einstudierung Wolfgang Berger Joseph Haydn: Die Jahreszeiten Freier Kartenverkauf Freitag, den 5., und Sonnabend, den 6. Juni 1970, jeweils 20 Uhr, Kulturpalast Dresden Einführungsvorträge jeweils 19 Uhr, Dr. Dieter Härtwig 10. PHILHARMONISCHES KONZERT Dirigent: Lothar Seyfarth Solist: Viktor Jeresko, Sowjetunion, Klavier Werke von Mirsojan, Rachmaninow und Smetana Anrecht A Spielzeit 1969/70 - Chefdirigent: Kurt Masui Programmblätter der Dresdner Philharmonie — Redaktion: Dr. Dieter Härtwig Die Einführung in die Schubert-Sinfonie stammt Druck: veb polydruck, Werk 3 Pirna 111-25-12 3,2 von Prof. J. P. Thilman ItG 009-55-70 »Inilhamoomi 9. PHILHARMONISCHES KONZERT 1969/70