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1872. Mittwoch, den SS. Deeember Cultur des Familienlebens weiter in die Ferne ge drungen. In Oesterreich hat sie in solchem Sinne erst seit den letzten Dezennien Eingang gefunden und in Frankreich ist der Tannenbamn als sinniger Mittelpunkt häuslicher Weihnachtsfeier mit seinen Lichtern, Früchten und Gaben bekanntlich seit Louis Napoleon's Regierung eingeführt und wahrscheinlich nun auch durch die Occupation von unseren deutschen Soldaten noch mehr zu Ehren gebracht worden. Aber auch im politischen Sinne können wir wohl dies Fest begehen, indem wir unseren Blick nur aus die Früchte richten, die an des Lebens grünem Baume prangen. Indem wir Weihnachten iu der Politik feiern, lassen wir die Sorgen des Tages unberührt und wahrlich können wir uns fetzt wohl in politischer Hinsicht auch als eine geeinigte Familie betrachten, welche sich froh ihres Lebens bewußt sein darf. Nicht mehr wie sonst, daß wir gleich Kindern unseren Wunschzettel den väterlichen Vorsehungen auf Erden einrcichten und mit Ungeduld darauf warteten, ob sie uns durch ein Geschenk ihrer Gnade eine Fest freude bereiten! Jetzt sind wir erwachsenen Söhnen gleich, welche die Gaben, die ihnen zuertheilt werden, auch den Spendern zurückerstatten. War es sonst - ein Spiegelbild unserer kläglichen Zustände, daß wir den politischen Weihnachtstisch mit allerhand Glossen und Carrikaturen versahen, um uns über unsere eigene Misere zu trösten, so ist jetzt eine solche Neigung nicht mehr berechtigt. Sammeln wir uns heute al- politische Männer um den Weihnachtstisch, so wissen wir, daß unser Geschäft im guten Stande sich be- An unsere geehrten Leser! Mit dem Neujahr 1873 beginnt der „sächsische Erzähler" seinen 28. Jahrgang. Wir ersuchen unsere geehrten Leser und Freunde, die Bestellungen auf den „sächs. Erzähler" bei den Postämtern, in der Erpedition dieses Blattes oder bei unseren Zeitungsboten für das 1. Quartal 1873 alsbald zu bewirken und auch ihrerseits diese Gelegenheit zu benutzen, um für die weitere Verbreitung desselben freundlichst thätig zu sein. Die der Unterhaltung gewidmete „belletristische Beilage" wird auch ferner dem Erzähler gratis beigegeben. Der Abonnementspreis beträgt wie bisher 12^ Ngr. pro Quartal. Die Expedition des „sächs. Erzählers". Weihnachten. Die Tage des Weihnachtfestes sind von Alters her dazu bestimmt, den Sinn auf das eigene, traute Heim zu richten. Von Kindheit auf ist dies die Weihe jenes Festes, daß wir es mn unserer selbst willen, zu unserer Freude feiern. Und diese Kind lichkeit vererbt sich fort in deutscher Natur bis in das späte Greisenalter. Ueberall, wo Deutsche wohnen, wird das Weihnachtsfest in demselben Geiste als der Haupttag der Familie begangen; überall, wohin Deutsche gedrungen sind, richten sie an diesem Winterabende den Weihnachtsbaum auf, der nicht ohne Grund ein Tannenbaum ist. Nicht nur, weil schon aus alter deutscher Zeit diese Sitte des grünen Schmuckes zur Feier der Jahreswende herzekommen ist, sondern auch weil die Bibel sagt: „Ich will sein wie eine grünende Tanne, an mir soll man deine Frucht finden." So ist sie, die Tanne, der Baum des grünenden Lebens, der Erkenntuiß und der Freude geworden, um welchen sich in der Weihnachts zeit die deutsche Familie versammelt, wo sich gern versöhnt, was in Widerspruch gerathen, wo sich auch der Sorgenvollste seiner Lebensbürde gern auf kurze Zeit entäußert. Es ist ein schönes Zeichen, daß sich die Weihnachtsfeier in diesem Sinne mehr und mehr verbreitet hat. Während sie in Deutschland kaum älter als zweihundert Jahre sein mag — nämlich als ein Fest der frohen Kinderwelt, zu welchem in Kindesfinn auch die Erwachsenen geladen sind — ist sie erst in diesem Jahrhundert wie eine neue Sirbenundzwanzigster Jahrgang. „ für Bischofswerda, Stolpe« und Umgegend. Amtsblatt -es Königlichen Gerichtsamtes an- des Kta-trathr» zu Dischofswerda. Vies« Zeitschrift erscheint wöchentlich zwei Mal, Mittwoch» und Sonnabends, und kostet emschließlich der Son»» abend« erscheinenden „belletristischen Beilage" vierteljährlich Nge. Inserate werden bi« Dienttag« und Freitag« . früh 8 Uhr angenommen. ' ^Ml02.s