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Sächsische Elbzeitung 71. ^slrrgang Nr. 130 Bad Sckanüsu, Oienstsg, den 7. Juni 1927 Tageblatt für die Enthält die amtlichen Bekanntmachungen für den Stadlrat, da, Amtsgericht, da» Hauptzollamt Bad Schandau und das Finanzamt Sebnitz. — Bankkonten: Stadtvank — Stadtgirokasse Nr. 12 — Ostsächsische Genossenschaft,bank Zweignieder, lassung Bad Schandau — Postscheckkonto: Dresden SSS27 Fernsprecher: Bad Schandau Nr. 22 — Drahtanschrift: Elbzeitung Bad Schandau Erscheint täglich nachm. 5 Uhr mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage. — Bezugs. Preis <i»RM.) halbmonatlich In, Haus gebracht 00 Pfg., für Selbstabholer 80 Pfg. Einzelnummer 10 bzw. 16 Dfg. — Bei Produktionsverteuerungen, Erhöhungen der Löhne und Matcrialienpreise behalten wir uns das Recht der Nachforverung vor ätsndiae Wockrenbeilaaen' »Unterhaltung und Wissen". „Unterhaltungsbeilage", Dgg Leben im Bild" tzer der Frau». Illustrierte Sonntagsbeilage " . Nichterscheinen einzelner Nummern infolge höherer Gewalt, Streik, Aussperrung, Betriebsstörung usw. berechtigt nicht zur Kürzung des Bezugspreises oder zum Anspruch auf Lieferung der Zeitung Sächsische Schweiz Tageszeitung für die Landgemeinden Altendorf, Kleingießhübel. Klcinhcnners- dort, Krippe», Lichtcnhain, Mittelndorf, Ostrau, Porschdorf. Postelwitz, Prossen, Rathmannsdorf, Rcinbardtsdorf, Schmilka, Schöna. Waltersdorf, Wcndischfähre. sowie für das Gesamlgcbict der Sächsischen Schweiz Druck und Verlag: Sächsische Elbzeitung, Alma Hieke, Inh. Walter Hieke Verantwortlich: K. Rohrlapper Anzeigenpreis (in RM.): Die "gespaltene 35 mm breite Pctilzeilc 20 Pfg., für aus- wärtigc Auftraggeber 25 Pfg., 85 mm breite Ncklamezeile 80 Pfg. Tabellarischer Sah nach besonderem Tarif. — Bei Wiederholungen wird entsprechender Rabatt gewährt. Anzeigenannahme für alle in- und ausländischen Zeitungen Für eilige Leser. * Nach einer Rcuicrincldung aus Moskau Hal das dortige Komitee der kommunistischen Parteiorganisation sich mit aller Entschiedenheit für den Ausschluß von Sinowjew und Trohky aus dem Zentralcxckutivkomitcc der Partei ausgesprochen. * Nach Meldungen aus Moskau soll der Kriegs- und Revo- lulionsral die Verstärkung der russischen Truppen an der polni schen Grenze beschlossen haben. Eine Bestätigung dieser Nachricht aus russischer Quelle liegt nicht vor. * Wie aus Ncwyork berichtet wird, ist der Landsih des Vize präsidenten der Chase Nationalbank, Schmidlapp in Millncck aus Long-Island beraubt worden. Dem Räuber fielen Juwelen im Werte von 800 000 Mark in die Hände, darunter ein Pcrlcu- kollicr, dessen Wert auf 560 000 Mark angegeben wird. Ausfuhr DaweSpIan Von A. W. Silgradt. Die Sorgen um die deutsche Währung wollen trotz relativ hoher Deckung lüg v. H.l nicht verstummen. Der schwarze Tag an der Börse, die Gerüchte über neue Verpfändung von bcdeu- lenden Goldbeständen an England und die im April erhöhte Passivität des deutschen Ausfuhrhandels, alle diese Erscheinun gen tragen dazu bei, datz die Besorgnis einer neuen Währungs- erschütterung nicht geringer wird. Mit Mißtrauen erwartet man den Ausweis der Reichsbank, und Mitztraucn wird zu seinem Kritiker. Hinzu kommt, daß die Handclsvertragsverhandlungen mit Bolen und Frankreich sich seit Monaten Hinschleppen, das Provisorium mit Frankreich der deutschen Wirtschaft äusserst un günstig ist und die politische Entwicklung, wie sie in der Atmo sphäre der Londoner Konferenz, in den Greueln in Obcrschlesien rind der ernsten engllsch-russischen Spannung ihre wesentlichen Merkmale findet, keine Stütze für die Erwartung naher und vernünftiger Handelsoertragsahschlüsse und wirtscl-astlicher Ent lastungen durch nennenswerte Verminderung der Besatzung oder Räumung am Rhein bietet. Das Misstrauen in die reale Basis der Währung und der zunehmende Zusammenbruch der ideellen Wertung der Festmark in den breitesten Volksschichten sind aus diese Erscheinungen mehr noch zurückzuführen, als auf die alle Währungsbedenken grundierenden Schwierigkeiten, die sich aus dem Dawes-Vertrag ergeben haben, Schwierigkeiten, deren Tragweite mit den hö heren Neparationsansprüchcn an Deutschland sich steigert und deren währungsgesährdcnder Charakter dadurch nicht entgiftet wird, datz der Generalagent der Rcparationsgläubiger in Berlin gleichzeitig eine Art Schutzpolizist für die deutsche Währung ist. Der Transfer, d. i. die Uebertragung der aus der deutschen Wirtschaft geholten Reparationsleistungen in die Wirtschaft der Gläubigerstaaten, wird mit der Steigerung der deutschen Lei stungen immer schwieriger und für die Eigenwirtschaft der Frcmdstaatcn bedrohlicher. Vergegenwärtigt man sich, das; im zweiten Dawes-Jahr 565,7 Millionen Reichsmark in bar und Sachwerten allein a» Frankreich geliefert wurden, das vom fünften Dawes-Jahr an jährlich allein Frankreich 1l4 Milliar den Mark übernehmen soll, so wird niemand daran zweifeln, datz von diesen Summen nur ein sehr geringer Teil in bar ge leistet und transferiert werden kann, die Reparationsschulden also in Sach- und Dienstleistungen getilgt werden müssen. Der Uebersührung von Fertigfabrikatc» setzen die Wirt schaftler der Gläubigerstaaten selbstverständlich große Wider stände entgegen. Den Dienstleistungen steht die Arbeitslosigkeit in fast allen Staaten gegenüber. In Frankreich kommt zu die sen Hemmnissen noch die erschütterte Währung und die vor der Türe stehende Dcflationskrisc. Der Sachtransser ist also für die Gläubigerstaaten nicht weniger gefährlich als für das Deutsche Reich. Die Sachlicscrungen ohne Gegenleistungen werden, wenn sie auf die Dauer den faktischen Uebcrfluh der deutschen Pro duktion über den Verbrauch übersteigen, die Währung in der gleiche» Weise untergraben, wie das zur Devisenbeschaffung steigende Markangebot auf den Wcltbörsen den Kurs der Mark entwertet, die Währung inflationiert. Wollen die Gläubiger stante» aber die Dawes-Leistungen im Umfange des Vertrages weiter erhalten, so müssen sie ihre eigenen Grenze» für die deutsche Neparatiouscinsuhr in viel weiteren, Matze össue» als bisher und neben den Sachleistungen auch die freie Einfuhr aus Deutschland zulasscn. Barleistungen könne» auf die Dauer nicht aufgebracht werde», weim nicht aus dem freie» .Export Nüttel zur Wirtschastsuahruug uud damit zur Sickerung der Steuer- guelle» kommen, aus denen die Bar-Reparationen geschöpft wer den. Die Zollmauern, mit denen sich unsere Gläubigerstaaten umgeben, müßten also falle», wen» ma» aus de» Dawes-The orien faktisch die Praxis werden lassen will, daß Deutschland aus lauge Zeit in, Nahmen des Planes ohne Festsetzung seiner Gesamtschuld und für alle Wirtschafte» erträglicher Annuitäten Tribute leistet. Aus diese» Schwierigkeiten der Transferierung ohne Re vision des Dawes-Vertrages herauszukommen, suchen die Wirt schaftler und Finanziers der Entente seit langer Zeit »ach neuen Wegen. Mau hat versucht, den notwendigen deutschen Export auf andere Staaten abzuwälzen, den Kaufpreis französische» Stelle» als Kredit zuzuführen. Diese Pläne scheiterte». Ge mischte deutsch-französische Gesellschaften sollte» ins Lebe» ge rufen werden, Kolouial-Kouzessionen erhalten und mit deutschen Sachliefcrungen auf Neparationskonto englische und französische Kolonisation treiben. Der praktische Wert dieses Gedankens ist gering, weil er nur geringe lMterbringungsmöglichkeiten für- deutsche Ware» schaffen würde. Gegen die geplante Abwälzung des deutschen Exports auf ueutraie, schwach industrialisierte Staaten steht die selbstverständliche Ablehnung dieser Länder. All diese» versuchten und in nächster Zeit wohl noch mit be sonderem Nachdruck einsetzende» Experimenten zur Ueberwin- dung der Transfer-, der Dawes-Schwierigkeiten, ist das eine nemcin. daß sie Verträge zwischen Besteller und Lieferer auf lange Zelt Vorschein La der Ncparalious-Agcut aber sur die Sicherung der Währung zu sorgen hat, so könnte der Fall ein- tretcn, daß er de» deutschen Lieferanten nicht mehr bezahlt. Nia» sucht darum »ach andere» Garanten für diese» Fall, denkt an deutsche Banken und deren Rückversicherung bei deutsche» amtliche» Stelle», also a» eine Umwandlung der rcvidicrbaren Staatsschuld in unrcvidlcrbare Privatbindungc», eine Erwcitc- rung und Verschärfung der Dawes-Pflichten über die an sich unerfüllbare» Bestimmungen des Vertrages. Ist ma» sich klar darüber geworden, daß die Tribute nach dem Dawesplan eine dauernde Gefahr für dlc Wirtschaft und dle Währung sind, so ist cs selbstverständlich, daß von deutscher Seite alles unterbleibt, was die Transfer-Verlegenheiten der Gläubigerstaaten auch nur vorübergehend zu mildern vermag. Eine Beseitigung dieser ist überhaupt nicht ohne wesentliche Einschränkung des Vertrage, ohne seine vernünftige Revision möglich. Man mag für den Transfer Modalitäten aller Art finden, an der dauernden Erschütterung der Produktion der csinaic» ourcy oic imgciundc Ausbeutung des Deutsche» Reiches kommt man nie vorbei. Gerade die Schwierigkeiten des Sach- Transfers gebe» die einzig reale Aussicht aus die Revision des Vertrages und die Dämmerung der Ver- »unst jenseits der deutsche» Grenze», den» der Vertrag sicht „die Herabsetzung der Haushaitsleistungcn, d. h. der deut schen Leistungen überhaupt auf die transferierbare S u m »r c vor, wen» das Konto des General-Agenten infolge Transfer-Unmöglichkeit die Summe von fünf Milliarde» Reichsmark erreicht hat." An der Er reichung dieses Knscnpmuncs pave» wir grogiev ^»rseepe. Sachverständige errechnen de» Eintritt dieses Zeitpunktes in drei sogenannten Normaljahren. Zusätzliche Verpflichtungen, privat'wirtfctsastliche Bindungen über den Dawcs-Vcrtraa hinaus cinzugehen, den Sach-Trausscr zu erleichtern und die Sach- lelstungcn besonders zu steigen,, widerspricht den deutschen Le- bensintercssen, der Währungs-Sicherheit und dem deutsche,, In teresse an der Rcvidicrbarlicit dieses Wirtschastswohnsinns. Chamberlins Flug nach Deutschland Abflug Shamberlins von Aewyork. Nachdem ungekühlte Meldungen bald über den Ver- zicht, bald wieder über die feste Absicht des amerikanischen Fliegers Chamberlin für den Flug nach Europa br- richtet hatten, wurde dem Hin und Her ein Ende gemacht mit dem Einlaufen der Nachricht vom Abflug. Aus Ncwvork wurde Sonnabend. -1. 5kuni. ackabelt: Der amerikanische Flieger Chamberlin. Clarence Chamberlin startete Sonnabend früh 6.U4 Uhr Newhorker Zeit <11.04 Uhr mitteleuropäische Zeit) zum Fluge nach Europa von Curtis? Field bei Newhork mit dem Flugzeug „Columbia". Levine, der General direktor der Gesellschaft, die die „Colnmbia" gebaut hat, begleitet Chamberlin auf seiucm Fluge uach Europa. Le vine trägt die Finanzierung und die geschäftliche Verant wortung für daS Unternehmen. Beim zweiten Anlauf gelang der Start. Wie erinnerlich, sollte die „Columbia" seinerzeit für den Flug Newyork—Paris starten, ehe Lindbergh ihr zu vorkam. Die Mannschaft der „Columbia" hat auf ihrem Flugzeug auf einer geschlossenen Nundstreckc als Vorbe reitung für den Transozeanflug im Mai einen Danerflug unternommen, bei der sie mit einer Flugdaner von 51 Stunden 12 Minuten einen neuen Rekord aufgestellt hatte. Die Wettcraussichten waren beim Abflua nickt un günstig. Uber der Neufnudlandbank lag allerdings in der Nacht noch eine schwere Ncbelschicht, deren Verschwinden aber für heute nachmittag erwartet wird. Uber dem öst lichen Atlantik, also dem letzten Fluadrittcl. war das Wetter gut. Der Pilot machte einen äußerst zuversiau- lichen Eindruck. Wiederholt scherzte er mit seiner Gattin, als sie das Flugzeug besichtigten. Chamberlin stieg vor dem Abflug in die Maschine, um noch einmal selbst alles zu überprüfen. Dann aab er das Zeichen zur Abfahrt. Ausrüstung Chamberlins und seines Klugzeuges. DaS Flugzeug „Columbia" enthielt beim Aufstieg einen grossen Tank mit 390 Gallonen Benzin, ausserdem sind auf den Tragflächen fünf kleinere Behälter montiert, die weitere 65 Gallonen fassen. Um den Haupttank herum wurde ein zusammenlegbares Gummiboot mit Ruder«, Leuchtpistolen und Signallichtern, die automatisch bren nen, wenn sie auf das Wasser falle«, angebracht, auster- dcm Blitzlicht mit zwei Ersatzbattcricn, Sichcrheitszünd- Hölzer «nd drei eiserne Rationen sowie zwei Behälter mit Wasser und eine Funksendcstation. Aus kleineren Orten Long FölandS kamen im Laufe deS Sonnabcndmorgcnö Nachrichten, dass Chamber lins Flugzeug in mittlerer Höhe schnell fliegend bei schönem Wetter gesichtet wurde. Das Zwar wurde allgemein angenommen, das, Chamberlin in Berlin landen werde, doch hat er selbst wie seine Vertreter vor der Abreise keinerlei feste Angaben in dieser Beziehung gemacht. Chamberlin antwortete ans eine direkte Frage nach dem Ziel seine« Fluges «ur, das, er einen Rckordflug nach Europa zu untcruLhmcu beabsich tige. Doch hat Chamberlins Vater erklärt, das, sein Sohn ihn, als Ziel deS Fluges Berlin genannt habe. Es wurde berechnet, das, Chamberlin Montag früh 3 Uhr Berliner Zeit auf den, Tempelhofer Feld iu Berlin landen könnte. Nach einer anderen Mitteilung sagte Chamberlin, er würde sich bemühen, mit der „Columbia" die Küste von Irland zu erreichen und, wenn möglich, nach Berlin wcitcnuflicgcn, nm dadurch den Flug Lindberghs nach Paris zn überbieten. Wie die „Evening World" meldete, soll der deutsche Botschafter in Washington, Freiherr von Maltzan, in einer Erklärung Chamberlin guten Erfolg für seinen Deutschlandflug gewünscht haben. Chamberlin könne versichert sein, daß er in Berlin genau so ausgenommen werde wie seinerzeit Eckener in Amerika. Chamberlin trug eine Botschaft der National Acronautic Association of thc USA. an den Deutschen Aeroklub mit sich. Der Text der Botschaft lautete: „Acronautic Association of thc USA. sendet Grüße an den Aeroklub Deutschlands. Möge diese Bot schaft durch Clarence Chamberlin weiter der Welt die Brauchbarkeit und Nützlichkeit des modernen Lnftwcsens vor Augen führen, das dazu bestimmt ist, den Wünschen des Welthandels auf Zeitersparnis zu begegnen." Notlandungen Chamberlins. Bei Eisleben und Kottbus. Am Morgen des zweiten Pfingsttages lief in. Berlin, das vor Erwartung fieberte, die Nachricht ein, daß der Ozcanfliegcr Chamberlin nm 5 Uhr morgens bei den, Dorfe Helfta bei Eisleben, Provinz Sachsen, eine Not landung vvrgenommcn habe. Ein bald cingetrvffeneö Flugzeug der Deutschen Lufthansa kam ihm zn Hilse nnd flog nach Halle, um neuen Betriebsstoff für Chamberlin, dessen Maschine unbeschädigt war, zn holen. Nach Auf füllung des hcrbcigcholten Benzins sollte sofort die Wcitcr- sahrt nach Berlin angetrcten werden. Wie die Eisleber Zeitnng alsbald berichten konnte, erfolgte die Notlandnng morgens ungefähr um 6 Uhr bei Biscbofsrode in der Räbe von Eisleben, und zwar weacn