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Ur. 37 Weißerilj-Zeitung Verantwortlicher Redakteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. 11 Mai 1866 Preis pro Quartal 10 Ngr. Inserat« die. Spalten-Zeile Erscheint Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Post- , . anstalten. ! 8 Psg AM,- »id Aizci,t-MI »n Mi,licht» iSmchl»-Amlkr »°d Sl-dlrdldr z» Mxp,»iW«vr. /raaeoftki, o»d Minder,. darunter und erwecken lebhafte Besorgnisse für die Zu kunft. Unser Land, das umschlossen ist von den beiden feindlichen Großstaaten, müßte leider der erste Schau platz des Bruderkampfes werden. Hoffen wir aber, daß unsere Regierung sich ihrer Pflichten und ihrer Verantwortlichkeit gegen das Land klar bewußt ist. Sie wird und muß vor allen Dingen die Zügel in fester Hand behalten und darf sich nicht durch jeden Wind der Tagesmeinung in entgegengesetzter Richtung hin und her bewegen lassen. Wir können versichert sein, daß unsere Regierung die Rechte, welche das Gesetz zur Behauptung ihrer Stellung ihr in die Hand gelegt hat, erforderlichen Falls auch zu gebrauchen wissen wird, und daß sie vor ihrer Anwendung, wenn eS sein müßte, auch im ausgedehntesten Sinne, nicht zurückschrecken wirb. Hoffen wir darum, auch in der letzten Stunde noch, daß ein Bruderkrieg Deutscher gegen Deutsche, den doch Niemand für möglich hält, vermieden werde, — daß sich Mittel und Wege finden lassen, auf denen zum Frieden zu gelangen ist ohne Blutvergießen! Tagesgeschichte. Dresden. Am Montag Abend sand in Colosseum wieder eine Volksversammlung statt, die von den Herren Försterling, Knöfel und SchrapS veranstaltet war und zu der sich über 200 Personen eingefunden hatten. Die Fragen: „Was hat das Volk zu erwarten?" und „Was hat das Volk zu thuu?" waren die Gegen stände der Tagesordnung. Nach einem Referate wurde einstimmig folgende Resolution angenommen: 1) Wir verdammen jede Politik, welche die Kraft des Volkes lähmt und ihm nicht die Garantien seiner Freiheit und seines Wohlstandes giebt. 2) Wir erklären die Abtretung von nur einem Fuß breit deutschen Landes als Verrath am Vaterland. 3) Wir verlangen, datz Se. Majestät der König und die Regierung ihren Pflichten gegen das Vaterland und das Volk nachkommen, und daß deshalb dicjemaen Männer, welche, diesen Pflichten entgegen, die Energie des Widerstandes lähmen, durch solche ersetzt werden, welche energisch und im volkstbiimlichen Sinne handeln. 4) Wir verlangen, daß die Jnteressenherrschast, deren landes verderbliche Resultate jetzt offen zu Lage treten, durch Wiederher stellung des allgemeinen gleichen und direkten Stimmrechts mit geheimer Abstimmung und unbeschränkter Wählbarkeit ersetzt wird. 5) Wir verlangen, daß die Regierung Sr. Majestät den Entschluß kundgebc,' auf Grund der Bundesbeschliisse vom 30. März und 7. April 1848 das Parlament einznbcrufcn und in die Lösung der deutschen Vcrfassungsfrage im Sinne der im Februar 1849 der deutschen Nationalversammlung ausgesprochenen Geneigtheit einzutreten. 6) Wir verlangen sofortige Wiederherstellung der deutschen Grundrechte und allgemeine Volksbewaffnung. Die Haltung der Versammlung war vollkommen dem Ernst der Zeit entsprechend. Schließlich wurden Die allgemeine Lage ist leider düsterer geworden. Ein Friedenskongreß wird nicht zu Stande kommen, zumal Frankreich seine Betheilignng an derartigen Bestrebungen abgesagt hat. Warum? Weil es, wie Napoleon in einer kürzlich gehaltenen Rede selbst gesagt, „die Verträge von 1815 haßt." (Diese Verträge waren es nämlich, welche Frankreichs Grenren gegen Deutschland und Belgien hin einschränkten!) Mittlerweile nehmen die Rüstungen überall die gewaltigsten Dimensionen an. Auch in Sachsen, wie in Hannover und Würtemberg, ist die volle Kriegs bereitschaft hergestellt; von Darmstadt aus wird bereits der künftige Bundescorpsbefehlshaber bezeichnet, ein Beweis, daß man wenigstens dort ein kriegerisches Vorgehen des Bundes als solchen wünscht und erwartet. Der Antrag Sachsens vom 5. Mai *) ist in der Bun destagssitzung am Mittwoch, 9. Mai, angenommen worden. Preußen, Mecklenburg, Oldenburg, Anhalt, Schwarzburg stimmten dagegen. Bei der Abstimmung erklärte der preußische Gesandte: Oesterreich und Sach sen hätten, statt sich an den Bund zu wenden, Vorbe reitungen zur Selbsthilfe getroffen, ehe Preußen gerüstet; jetzt sei der innere Friede in Deutschland mit schwerster Gefahr bedroht. Preußen könne nicht abrüsten, ehe diese beseitigt sei. Es sei Pflicht der Bundesversamm lung, Oesterreich und Sachsen zur Abrüstung zu ver anlassen. Wenn dies nicht geschehe, könne Preußen nur die Pflicht der Selbsterhaltung für die eigene Stellung als maßgebend erachten. — Nachdem nun der Antrag vom Bundestag angenommen war, bezog sich Preußen auf diese vorstehende Erklärung und sprach die Erwar tung aus, die Bundesversammlung werde ihre Pflicht erfüllen. Es ist nun sehr abzuwarten, ja zu fürchten, daß dieser Beschluß die allgemeine Lage auch nicht bessern werde. Kein Land wird abrüsten trotz der Aufforderung des Bundes; — ein Glück, daß Jeder sich scheut, den ersten Schuß zu thun und in das Glück und die Wohl fahrt ganzer Länder die Brandfackel zu schleudern. Diese sich immer drohender gestaltende Lage der öffentlichen Verhältnisse in Deutschland muß natürlich auch in unserm engern Baterlande die Gemttther mehr und mehr beunruhigen; die volkswirthschaftlichen, in dustriellen und Handelsinteresse» leiden schon gewaltig ... lautet: „Hohe Bundesversammlung wolle un ¬ gesäumt beschließe», die kömgl. preußische Regierung darum an- -ugehen, daß durch geeignete Erklärung dem Bunde mit Rück sicht auf Artikel 11 der Buudesacte volle Beruhigung gewährt werde."