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»«. Jahrgang. 414 Dienalag, S. September 1922 «ra»«anl»rV> »echrtcht«, E»nlnr«d»r-aamm«iinimm»r: 20 2.1 «nr Mr «achtgetprilche: S0S11. Gegrün-et 185« 0re4«^g. lXakao, LedokolaSe. ^)(onfsi4k'en. Luekerv^i'en. fd»> 1«. . Am»i Psiunii,^., SchrttNeitung und chauptgeichStt,»«»«: »«rti«I»r»d» S»/.O. «erlag »,n viegtch » »etch.r»! in Dresden. V«Mch«t>-K»nIo 1O«S Dr»d«u »»> >»,»«" llulragun, In Dreaden °d»r durch dt. Poti m.naliich I Yln,osa«»N-<Nri'ikl> L 3«il. >2,-. »«drrh. Sach,n>. ^ »«nll>enan»l,en. Anzeigen unter Slellen. -. Wohnung». :OLAUA5*L)6l)Ul)r ><»,—. vtinzemuinmer u» ö,-, tzonnlageau.gave l>,—. I »tslgklZLlt ^ttetsc. markt, llpalt. An- u. Derkckule 2>/, Mvchlah. Dorzugspldtze i«ul Larts. Auswärtige Austrdg. gegen Voiauskezahlung. 41-chdru« nur mii dnNIicher auelUnong.de «.Dr^dner Aachr.', «uNiMg. - Unoerlangi» SchriNHiich« «erden nicht «i<de»»du. IV>u8lSr-/Vu88le>luns für ZsmtSi-s ^Im-ickiungZ-SsgökisiLncls k. »»Milli »III, »MilN-t., MMI« M I^erniprecker: IlZdl und «Udl Schloßstraße 19 Erst«» Eageo-Laf- mit feinen Konsttorel-Spezialitäten Am Bombend der Berliner Garantie-Konferenz Die vermuilichen Garaniieforderungen -er belgischen Regierung. VrLssel, 4. Sept. sAgenee Beige.) Die Minister THenniS «»- Jaspar empfingen heute di« Delegierten Dela- er»ir «nd Bemelmans, sowie de» Bankier Philipps»«, der der belgischen Delegation sür Berlin beigegeven werden wird. Znr Beratung standen die Garantien, die von Deutschland für die Wechsel verlangt werde« solle«, die Bel gien gegeben werden. TheuniS brückte den Wunsch ans, bah die Verhandlungen mit möglichsterSile geführt wür de« und dab die belgischen Delegierte», abgesehen von Golb- depatS, nur solche Garantien annchmeu sollen, die et«« tatsächliche Bezahlung ermögliche» werben. (W. T. V.) Leicht diskontierbare Schahscheine als Sicherheiten? stvra-tmrltung unsrer Berliner Schrtstlcitung.i Paris, 4. Sept. Nach einer Brüsseler Meldung des „TempS" werden die belgischen Delegierte«, die für die Ver handlungen in Berlin bestimmt sind, von der dentschc» Regierung leicht diskontierbare Schatischeine als Garantie »erlangen. Sollte die deutsche Regierung die Hinterlegung nun Golddepots in ausländischen Baukeu verweigern, so «Nicke Belgien daraus bestehen, dost die Angelegenheit «»chmals an die Reparationskommissiou »«rückver« lesen werde. Brüssel, 4. Sept. In hiesigen offiziösen Kreisen und in sonst gut informierten politischen Kreisen herrscht über den AnSgana der kommenden Verhandlungen in Berlin beste Zuversicht. Äian glaubt vielfach, dab Belgien nicht die Garantie engltsOcr, sondern amerikanischer Banken für die Schatzscheine verlangen werbe. Vor der Ankunft der belgischen Unterhändler. Berlin, 4. Sept. Die Vertreter der belgische« Negie- r««g Delacroix und Bemelmans. bi« mit der Neichsregke- nnng über die Garantien für die von Deutschland verlangten Schastwechscl verhandeln wollen, treffe« Dicnbtag nach mittag in Berlin ein. Die erste Besprcchnng findet Mittwoch vormittag 11 Uhr statt. Von der Neichsrcgierung sind die Staatssekretäre Schröder und Bergmann für die Verhandlungen mit den belgischen Delegierten auS- ersehen. Man hofft, dast es gelingen wird, in einer ruhigen und sachlichen Diskussion zu einem befriedigenden Ergebnis für beide Teile »« gelangen. Stinnes' Lieferungs-Abkommen mit Frankreich. Paris, 4. Sept. Der französische Senator Lubersac erklärt im «Echo de Parts" über seine Verhandlungen mit StiNnrs, über deren Abschluß einem Teil der Leser bereits berichtet wurde. Am 80. August fand eine Zusammenkunft in der Nähe von Mainz statt, der Lubersac als Vertreter der französischen Wiederaufbaugenossenschaften und Stiunes als Lieferant von Materialien für den Wiederaufbau bei wohnten. Es handelte sich hauptsächlich um Ziegeln, Zement. Kalk usw. Lubersac hatte von Stinnes den besten Eindruck. Er verteidigte die Interessen seines Landes sehr gut, wofür er nicht getadelt werden könnte. Seine Offenheit sei manchmal direkt brutal. Er wisse ja oder nein zu sagen. Wenn Stinues einen Vertrag Unterzeichnete, so geschah dies nur deshalb, weil er glaubte, damit Deutschland zn dienen. Die Einleitung zu dem Vertrag lautet: In einer Zusammenkunft zwischen den Herren Lubersac und Stinnes legte orsterrr die besonders kritische Lage dar. in der sich heute nochKme sranzüstscheu Geschädigten im zerstörten Ge- biet befinde«. die ohne Obdach sind. Er erklärte, daß es ans die bentsch-französischen Beziehungen einen beruhigenden Einfluß haben könne, wenn Dcntschland an dem Wiederauf bau der zerftörieu Gebiete wirksam mitarbeitet. Stinnes schloß sich den Ausführungen LubersacS an und wollte auch seinen Wunsch beknnden. zu diesem Aufban beizntrageu, wes halb mit Lubersac Abmachungen getrosscn wurden. Die Ab machungen selbst werben in den Mitteilungen Lubcrsacs nicht angeführt. ES handelt sich um einen Vertrag, der. wenn er von beiden Seiten loyal durchgeführt wird, den Wiederauf bau außerordentlich beschleunigen kann. DaS erste Ergebnis der Unterzeichnung des Vertrages besteht in der Einrichtung einer BerteilungSstelle der kooperativen Genojscnschasten und der Schaffung eines Bureaus für Naturalliefernngcn. Die Eröffnung der Meier Herbst-Woche. Reichspräsident Eberls Ausfor-erung zur Einigkeit. Kiel, 4. Sept. Unter reger Beteiligung vvn nah und fern hat am Sonntag die dritte Kieler Herbst- Woche für Kunst und Wissenschaft ihren Anfang genommen. Sie soll dem Bestreben dienen, -um deutschen Wiederaufbau auch Stein« aus dem Schatze unserer reichen Kultur zu sammenzutragen. Allen künstlerischen Darbietungen, sei eS auf dem Gebiete des Theaters, der Musik oder des Vor trags, itegt diesmal ein gemeinsamer Gedanke, nämlich der der Romantik, zugrunde. Namhafte deutsche Künstler und Künstlerinnen wirken bei den Festspielen und den Weihekonzertrn mit. Gelehrte von Ruf werden ln einer Reihe von Vorträgen zu Worte kommen und sehenswerte Ausstellungen der Malerei und dcS heimatlichen Kuust- gowerbes vervollständigen das erlesene Programm. Kleists .Säthchen von Hellbraun" eröffnete die Reihe von Fest vorstellungen im Stadttheater, während in der Nikolaikirche n. a. BrahmS' geivaltigcs Chorwerk „Deutsches Requiem" zur Aufführung gelangte. Am Montag früh traf Reichspräsident Ebort in Be gleitung der Reichsmtnister Dr. Köster und Radbruch, des preußischen Ministers Bölitz und des Staatssekretärs Schulz in Kiel rin. Anschließend an den Empfang auf dem Bahnhöfe fand eine Begrüßung im Rathanse durch den Ober, bürgermeister und den Oberpräsiüentcn der Provinz DchlcS- rotg-Holstetn statt. Der Reichspräsident erwiderte auf die Begrüßungsansprachen u. a.: Die Stadt und der Hafen von Siel, der Mittelpunkt der Reich-marin« und mit ihr eng verwachsen, sei durch de« grausamen Frieden-Vertrag besonders schwer und hart betrofseu worden. Di« Bcrwaltnng und alle schaffenden Kräfte der Stadt seien aber bestrebt, den Niedergang aufzuhalte«. das wtrtschastliche Lebe« wieder aufznbancn und in neue Bahne» z« leiten. Sie »erbe hierbei verständnisvolle Mithilfe deS Reiches und des Staates sind««. Bei ihren wirtschaft lichen Bestrebungen habe die Stadt aber auch nicht die geistigen Interessen wrgessen, und sei bestrebt gewesen, aus dem reichen Schatze der Kultur Steine zum dentschen Ausbau -nsammenzutragen und alle Schichten der Bevölkerung z« diesem dem ganzen Volle gemeinsamen geistigen Besitz« hin- »«führen. Diesem schönen Gebauten diene die Kteler Herbst woche für Kunst und Wissenschaft. Sie habe», fuhr der Reichspräsident fort, Ihre künstlerischen und theatralischen Darbietungen diesmal vorwiegend in den Dienst' der Romantik gestellt und damit unsere Zeit der Maschinen, der äußerlichen Leistung, des materiellen Lebens und einer harten Wirklichkeit die Kunst eines Zeitalters der zarten Innerlichkeit, des subjektiven Gemüts und der schwärme rischen Phantasie gegenübergestellt. Ein starker Gegensatz und doch so berechtigt: Wir bedürfen gerade heute nach der harten Arbeit des Tages der ruhigen Stimmung des Abends, des Sichselbstbesinnens. des Innenlebens. Wir müssen uns gerade in der Not der Zeit mehr anss Gemüt und aus das reiche Leben unserer Kunst, auf die unermeß lichen Schätze unserer Knltur besinnen. Das Bewußtsein des Mitbesitzes dieser Knltur der Nation, der Teilhastigkeit au den geistige« Schätzen Dentschlands, ist eine der dauer haftesten Grundlagen des Ge m c i n s cha f t sge I steö u n d der Einigkeit, die wir mehr als alles brauchen. Der Reichspräsident schloß mit den Worten des Dankes und wünschte der Kieler Hcrbst-Wvchc für Kunst und Wissen schaft den besten Erfolg. * Im Laufe des Nachmittags besichtigte der Reichspräsident die -Hafen, und Industrieanlagen der Stadt Kiel. Im wette ren Verlaufe seines Besuches wohnte er der Ausführung des «HirtenliedeS" von Gerhart .Hauptmann im Schauspielhause bet. Auf dem Wege zum Schauspielhaus durchfuhr der Reichspräsident mit seinem Wagen ein Spalier von Fackelzügen, das sich bis zum Rathause erstreckte. Hier hatten sich wiederum Tausende eingcsunden, um den Reichs präsidenten nochmals zu begrüßen. Der Reichspräsident nahm Gelegenheit, einige Worte an die Menge zu richten. Er sagte: In ihrer Kundgebung zum Reiche und seiner Politik liegt das Bekenntnis zu den Bestrebungen der Demokratie, und der Will«, die Republik zn festigen und zu sichern, ein Bekenntnis zu den Bestrebungen, unser unterdrücktes Vater land wirtschaftlich und sozial wieder aufzurlchten, aber auch ein Bekenntnis zu der Abwehr der VcrnichtnngSpolttik un- versöhnlicher Machtpolttik, ein Bekenntnis endlich zu dem Kampfe um unser staatliches und wirtschaftliches Dasein, um unser Dasein als Volk und als Staat. In diesem Kampfe um unsere Selbstbehauptung werben wir die Mitwirkung aller unserer Volksgenossen brauchen. Deshalb mnß der Gedanke einer festgefügten Volksgemeinschaft uns mehr und «ehr in Fleisch und Blnt übergehen. In diesem Sinne bitte ich Sie. mit mir zu rufen: Die deutsche Rcpnblik, das dentsche Vaterland, bas deutsche Volk, sie lebe» hoch! Mit dem stürmisch aufgenommenen Hoch fand die Kundgebung ihren Abschluß. Im Laufe der Nacht begibt sich der Reichs präsident mit dem RctchSwehrministcr an Bord deS Kreuzer- „Rraunschweig" zur Teilnahme an den Martneübungen in der Nordsee. iW. T. B.) Das De«1schlan»lie- als SaUsnalhymne. Der Reichspräsident hat iu einer Bcrfiigung bestimmt, daß entsprechend seiner Kundgebung vom 11. August 1SSS die ReichSroehr das „Deutschlandlied" als Nationalhymne »« führe« hat. j vollsr </Vm1»ek): 1460 I Der nationale Lichl-lick in Oberschlesten. Die Volksabstimmung in Oberschiesien, durch deren Er gebnis das Verbleiben der Provinz im preußischen Staats- vcrbande besiegelt worden ist, hat vom nationalen Stand punkte aus etwas sehr Erhebendes und Erfreuliches, weil es einen gesunden politischen und wirtschaftlichen Sinn der Bevölkerung offenbart, der ganz dazu geeignet ist, überall im Reiche die Hofsnng auf ein fortschreitendes Erstarken der Einsicht, daß nur eine festgeschlossenc Volksgemeinschaft uns das Heil bringen kann, neu zu beleben- Es gab eine noch gar nicht weit zurückliegende Periode in der vberschlesischcn Frage, als die Bewegung zur Lostrcnnung von Preußen und zur Bildung eines selbständigen Bundesstaates so groben Umfang angenommen hatte, daß die Gefahr eines für Deutschland ungünstigen Ausfalles der Volksabstim mung über die Zugehörigkeit zum Reiche oder zu Polen un mittelbar drohend am politischen Horizont sich abzeichncte, um so mehr, als die polnische Regierung in ihrer Presse nicht mit bombastischen Versprechungen geizte, daß im Falle der Entscheidung sür Polen die Provinz die Stellung einer unabhängigen Woiwodschaft erhalten würde. Die preußische sowohl wie die Reichsregiernng batten ans diese Agitation ein wachsames Ange gerichtet und grisscn rechtzeitig ein. Es wurde mit preußischer Zustimmung ein Reichsgeieb erlaßen, das im voraus die verfassungsmäßig erforderliche Genehmi gung des Reichstags erteilte, falls nach einem im deutschen Sinne erfolgten Ausgang der Volksabstimmung die Provinz sich entschließen sollte, Oberschlcsien in einen Bundesstaat nmzuwandeln. Dieses lonale Vorgehen der beteiligten gesetzgeberischen Eindruck machte in Oberschlosien den denkbar beruhigendsten Eindruck und klärte die Lage völlig, so daß der Ausfall der Abstimmung nicht mehr zweifelhaft sein konnte. Nachdem dann trotz des unzweideutig ausgesproche nen Volkswillcns ein willkürlicher Machtiprnch der Entente das kulturell und wirtschaftlich organisch zusammenhängende Gebiet zerrissen hatte, ergab sich die verfassungsmäßige Streitfrage, ob die in dem genannten Reichsgesetz gemachte Zusage auch für ein geteiltes Oberschlesten noch als ver bindlich angesehen werden könne. In diesem Anslegungs streit siegte die Richtung, die sich auf den Standpunkt stellte, daß das einmal verpfändete Mort der höchsten NesthSinstanzcn auch für den verstümmelten deutsch gebliebenen Rest, der Provinz Bestand haben müsse, und das Ergebnis der jetzigen Abstimmung hat bewiesen, wie gut es war. daß nicht durch mehr ober minder gekünstelte snristtschc AnslegnnqS- finessen den Anhängern der bnndeSstaatlichen Gruppe Ge legenheit gegeben wurde, sich über eine Rechtsverletzung zu beklagen und dadurch frisches Master ans ihre eingetrocknetcu Mühlen zu schütten Die geradezu überwältigende Kundgebung für die Bei behaltung des EharaktcrS Oberschlesiens als preußische Provinz hat mit allen gegnerischen Triebkräften so gründlich aufgeräumt, daß selbst .Kreise, die von der Entscheidung sür Preußen von vornherein überzeugt waren, dadurch in ge wissem Sinne überrascht morden sind, da sic einen io kraftvollen Ausdruck der Volksmcinnng nicht erwartet hatten. Noch knr- vor der Abstimmung waren in einem Teile der preußischen Preste sogar Bedenken geäußert worden, ob der Termin nicht am Ende zn früh angcsctzt sei, ob man nicht lieber noch eine Weile hätte warten sollen, nm ganz reine Bahn zu schasse« und durch die Abstimmung allen AbsplitternngSbestrebungen ein für allemal den Garaus zu machen. DaS ist nunmehr bereits in so gründlicher Weise besorgt worden, daß die Anhänger der Lostrennung von Preußen ans ein ganz kleines Häufchen znsammengeschmolzen sind, das keinerlei Anspruch auf politische Beachtung mehr erheben kan». Es ist sin glatter Sieg der nationalen und politischen ebenso wie der wirtschaftlichen Vernunft, der setzt In Oberschlcsien errungen worden ist, und der In diesen Zeiten allgemeiner Verwirrung der Geister als ein ruhender Pol in der Er scheinungen Flucht bewertet werden kann, weil er zeigt, daß der schwere Druck, den die Not der Gegenwart ans bas dentsche Volk auSübt, doch wenigsten? daS eine Gute hat, daß er da? Gefühl der nationalen Einheit und Zusammen- gehörtgkclt stärkt. Besonders bemerkenswert ist die Tat sache, daß die obcrschlcstsche Arbeiterschaft sich ebenfalls un verhohlen auf den Boden der Zusammengehörigkeit mit Preußen gestellt hat. Auch die Arbeiter haben klar erkannt, daß ein von Preußen losgelöstes Oberschlesten seiner besten Lebensadern auf wirtschaftlichem Gebiet beraubt fein würde und nur ein kümmerliches, fortwährend mit dem völligen Zusammenbruch ringendes Dasein führen könnte. Nur im StaatSverbande mit Preußen ist der deutsch verbliebene Rest der Provinz loeitcr lebensfähig, nur so kann er als ein geordnetes Glied des Ganzen die Aufgaben erfüllen, die ihm bet der Mitarbeit an dem Wiederaufbau des Reiches er wachsen. Man würde die Brbentnng der oberschlcstschen Abstim- mung zu eng ausfasscn und begrenzen, wenn man sic ledig, lich im preußischen Sinne luwcrten wollte. Sic geht weit