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Mörser Grenzbote > B!att eMStt die amtliche Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Oetsnitz, des mtsgerichts, der Amtsan. wc^nchLst und des Stadtrates zu Adorf. Fernsprecher Nr. 14. VerantrvmMcher Schriftleiter, Drucker und Verleger Otto Meyer in Adorf Tel>Adr.r Grenzbote. H. 10« Donnerstag, den 10. Mai 1888 Die Söchs. landwirtschaftliche Berufsgenossenschast hat beschlossen, einen Vorschuß auf den Beitrag des Jahres ISN in Höhe des zehnfachen Betrags der Heberolle für dos Jahr 1922 zu erheben. Die Mitglieder der Verufsgenchsenschast haben die Bei träge an die mit der Einsammlung der Gelder beauftragten Polizeibeamten zu bezahlen. Im übrigen wird auf den Anschlag im Rathaus hin gewiesen. Adorf i. V., den 6. Mai 1923. Der StoLtrüt. Was gibt es AeueS? 1 — Im Krupp-Prozeß beantragte der Vertreter der D'klagc gegen Krupp 1ü Jahre Gefängnis und 50 Mil- neuen Mark Geldstrafe, gegen die anderen Angeklagten ähnliche ungeheuerlich« Strafen. — Im Preußischen Landtage mußten wieder mehrere kommunistische Abgeordnete durch die Polizei gewaltsam ou» dem Saal entfernt werden. i — Der Rechtsausschuß des Reichstages beschloß gegen die Stimmen der Deutschnationalen und der Deutschen «ollspartei, den 11. August als Nationalfeiertag zu be- mmmen. ! — Zm Zuchthaus zu Brandenburg ist neuerdings ein« «evolte ausgebröchen. — Die Gemeindevertretung von Helgoland hat die Er Dichtung einer Spielbank beschlossen. Der 10. Bai. Auf den 10. Mai, den Jahrestag des Fraul- Arter Friedens von 1871, fällt in diesem Frühling das shimmelfahrtSfest. Tiefe Tatsache läßt die Erinne rung stärker als sonst in der Vergangenheit haften. Dir haben heute noch keinen wirklichen Frieden, und be Unterzeichnung des Waffenstillstandes, der dem Weltkriege ein Ende machte, fand am 11. November ^918 statt. Seitdem sind also vier und ein halbes Mhr vergangen. 1871 fiel der letzte Schuß auf dem mdöstlichen Kriegsschauplatz Mitte Februar, für Pa- Er» war die Einstellung der Feindseligkeiten schon «nde Januar proklamiert worden. Die Differenz zwi lchen Frieden und Kriegsschluß betrug also rund ein Vierteljahr. Tie Deutschen rückten nach kaum drei wahren aus Frankreich ab, wir können bei dem bösen Aulen in Paris den Schluß der Besetzung nicht voraus- fehen. Das ist der Unterschied zwischen deutsch und fran zösisch, wir waren vor 52 Jahren bemüht, alle Schwie rigkeiten so schnell wie möglich aus der Welt zu schaffen, ein erträgliches Verhältnis zwischen beiden Staa- ien wiederherzustellen. Heute sucht Poincare unaus gesetzt neue Hemmnisse, durch die er einen ewigen Riß Rhein und Ruhr ziehen möchte. Nach dem Frie- dünsvertrage stellt er uns unter nichtigen Vorwänden ^ue und immer wieder verschärfte Bedingungen, die peinlicher sind fast als der Inhalt der Versailler Ab machungen, ^nn sie werden schonungslos von einem gewissenlosen „Sieger", unbekümmert um das Völker recht, einseitig aufgestellt. Im Gasthof zum Schwan zu Frankfurt a. M. senden in den Maientagen von 1871 Bismarck und vules Favre, der französische Bttnister des Auswärti gen, einander gegenüber. Es handelte sich eigent lich nur noch um die Frage, ob die Festung Belfort Autsch werden oder französisch bleiben sollte, und diesem Punkte gab Bismarck nach. Wann hätte poincare uns irgendwelches Entgegenkommen bswie- stU? Er hat im Gegenteil das verhältnismäßig kärg- "Ao Defizit an Telegraphenstaugen und Kohlen benutzt, uw die Ruhrarmee aufzustellen und in deutsches Land >u schicken. , Frankreich hatte 1870-71 keine Hilfe, aber Teutsch- Md fühlte sich dadurch nicht Von der Verpflichtung be- ^tt, die Zuknnft von Europa im Auge zu behalten die Grenzen zu wahren, die uns die Friedensliebe "°r>chrieb. Tie Annektion von Elsaß-Lothringen er- lAgte im Interesse der militärischen deutschen Sicher- L"- Es hieß später, die Franzosen würden von .'nen Revencheplänen äbgekmnmen sein, wenn wir auf Reichsland verzichtet hätten. Heute sehen wir, es mit diesem Optimismus steht. Al? es unseren ^Snern im Kriege schlecht erging, wiederholten sie -."über das andere Mal, daß sie durch den Weltkrieg anderes erzielen wollten, als die Rückgewinnung Elsaß-Lothringen. Seit vier »nd einhalb Jahren ist »im« Ee deutsche Land wieder französisch, aber das xmugt seinen Herren noch lange nicht, sie kommen mit neuen Forderungen. Ist es nach diesen Erfah- § Men glaubhaft, daß uns 1871 ein Verzicht auf El- w^othringen etwas genützt und die dauernde Freund- Frankreichs eingetragen haben würde? Das ist anzuuehmen, denn die Pariser Schreie galten schon 1840 dem -Hein, und sie würden erst recht ! der Erlangung der Rheingrenze gegolten haben, wenn wir 1871 so schwach gewesen wären, auf das Reichs land zu verzichten. Die militärische Sicherung Deutschlands, die wir 1871 durch Elsah-Lochringen erlangt hatten, war das Geringste, um daS wir uns bemühen konnten. Und wir haben niemals die benachbarte Grenze bedroht, wäh rend die Franzosen zu wiederholten Malen drauf und dran waren, vom Leder zu zieben. Zur Zeit Bou langers und des an sich unbedeutenden Schnäbele- Falles hing der Frieden an einem seidenen Faden. Wir taten alles, was in unseren Kräften stand, um Ruhe zu schaffen: Frankreich tat alles, was es konnte, die - Sicherung eines neuen Friedens zu verhindern. Des var deutsch, und das ist heute französisch! Vie Girafaniräge im Krupp-Prozeß. s Jahr« Gefängnis und 50 Milliane« Mark gegen Krupp. Ter französische Ankläger in dem Kriegsgerichts- verfahren gegen Krupp von Bohlen und die vier Krupp- Direktoren beantragte nach längerem Plaidoyer fol- ' gende Strafen: Tr. Krupp v. Bohlen und Halba-ch iS Jahre Ge fängnis und SS Millionen Mark Geldstrafe, gegen die Direktoren Brüh«, Hartwig, Desterlen, Baur, Scheff- ! ter, Kunz nn» Schraepler je 10 Jahre Gefängnis und IS Millionen Mark Geldstrafe, gegen den Leiter der Lehrlings-Abteilung Gvoß 20 Jahre Gefängnis und 10 Millionen Mark Geldstrafe. Das Strafmaß gegen den Angeklagten Betriebs- ! ratsmitglied Nluller überläßt der Staatsanwalt dem - Gerichtshof, ebenso die Festsetzung der Strafe gegen , die drei wegen Diebstahls und Beihilfe zum Diebstahl Angeklagten. Ein« Erklärung Krupps. Aus der Zeugenvernehmung, die am Montag zu Ende geführt wurde, ist noch nachzutragen, daß der ! Anklagevertreter an Herrn Krupp von Bohlen ver- j schiedene Fragen über seine Beziehungen zu deu Ber- § liner Regierungsstellen richtete. Krupp von Bohlen antwortete, er oder die Firma hätten keine Weisungen über ihr Verhalten gegenüber der französischen Be satzung von Berlin erhalten. Bei seiner früheren Ver- nehmnng habe er auch lediglich von Richtlinien gespro chen, Lie für das ganze deutsche Lol? von Berlin aus ergangen seien. Wenn er mit führenden Berliner Per sönlichkeiten zusammenkam., daun wollten diese seine Ansicht über allgemeine wirtschaftliche Fragen hören, aber rüemals habe inan ihm Weisungen geben wollen. Auf eine weitcr«u Vorhaltung des Anklagever treters, wonach Krupp gesagt haben sollte, er wäre be reit sofort nach Essen zu kommen, weil er sich seiner i Verantwortlichkeit als Vorsitzender des Aufsichtsrats bewußt sei und weil er sich mit der Direktion solidarisch erklären wollte, erklärt Krupp von Bohlen: „Tas ist nicht ganz richtig. Ich bin m Berlin gewarnt worden, wieder nach Essen zurückzukehren, weil meine Verhaftung bevorstSude. Ich habe gesagt, ich will nach Essen zurückkehren, nm zugunsten der ver hafteten Herren Zeugnis abzulegen und um nicht den Eindruck zu erwecken, (mit erhobener Stimme), als »nenn ich glaubte, daß die Herren schuldig sind, und ferner, damit es nicht so aussehen könnte, als ob ich selbst ein schlechtes Gewissen hätte." j Anklagevertreter: „Warum haben Sie dann nicht auch die irr Berlin weilenden anderen beschuldigten Direktoren veranlaßt, nach Essen zurückzukehren?" Krupp v. Bohlen und Halbach (wieder mit erho bener Stimme-: „Ich kann mir selbst zumuten, auch unschuldig ins Gefängnis zu gehen, von anderen Her ren verlange ich Las nicht. (Große Bewegung/) Das Plnldoyrr des Anklägers. In seinem Plaidvher schilderte der Vertreter der Anklage, Kapitän Tuvert, zuerst Lie Vorgänge, die sich mu 31. März in den Kruppschen Werken abgespielt haben Es handelt sich dabei nach seiner Ueberzeugung »m eine Machination zum Zwecke der Sabotage fran zösischer Befehle. Sirenengeheul hat die Arbeiter aufgefordert, aus den Fabriken zu gehen und sich gegen die Truppen zu wenden. Tas Sirenengeheul zu be stellen, lag allein in den Händen Ler Direktion. Es ist notwendig, daran zu dentpn, daß diese Tat sich gegen die Okkupationsarmee gewandt hat. Krupp ist der Li- Mktor. Er ist verantwortlich. Nacktem diL Beictzung der Lalle vollzogen war ; Hahrg. 88. sagt der Staatsanwalt weiter, wollte man verhandeln. Aber nur für den Abzug. Krupp hat nicht telephoniert. Er blieb sehr ruhig. Tausende von Menschen haben sich gegen ein Paar Franzosen gerichtet. Wie ft:ied- lich (!) die Franzosen waren, beweist, daß man nur 12 Soldaten geschickt hat. Bian warf Flugblätter auf die Menge aus dem Direktionsgebäude, wo man den ganzen Auflauf der Menge beobachten konnte. Tiefe Flugblätter entstammen dem Propagandabüro. Wir wissen, daß in der Feuerwehr eine Reihe von ehema ligen Schupobeamten angestellt war (?). Ter komman dierende (französische) General von Tiisseldors weiß, daß einzelne Angestellte zu Zwecken der Spionage u-iL Sabotage benutzt worden seien. Krupp als Chef der Werke, der seine Leute zum passiven Widerstand auf gefordert habe, nach den „Weisungen, die er aus Berlin erhalten hat", trage die meiste Verantwortung, un neben ihm die übrigen Direktoren. Meister Groß habe offen zum Widerstand aufgefordert. Tie Angeklagten! Gerlitz, Sorgenicht und Smuda haben infolge der Er-,' regung gehandelt. Rechtsanwalt T«. Grimm-Essen. spricht als erster Verteidiger zunächst für die Angeklag ten Gerlitz, Smuda und Sorgenicht. Diese Sache Hai mit den eigentlichen Vorgängen nur indirekt zu tu: . Tie Angeklagten haben das Motorrad eines belgischen Soldaten, das diesem von der Menge abgenommen worden war, an sich gerissen. Nach der Aussage des deutschen Polizeikommissars steht fest, daß die An geklagten ihm das Motorrad zur Rückgabe übergeben haben. Sie haben also nicht die Absicht gehabt, sich das Motorrad anzueignen, sondern es wieder abzuliefern. Rechtsanwalt Wolff-Berlin führte als Verteidiger des Hauptangeklagten u. a. an?: Es sei vollkommen widersinnig, ein Interesse der Di rektion an der Herbeiführung von Zwischenfällen zu konstruieren. Tas Ziehen der Sirenen war nach dem Beispiel anderer Werke, wo es unbeanstandet blieb, beschlossen gewesen. Aber eben um das Zusammen strömen großer Menschenmassen zu verhindern, war die Fabrik in drei Bezirke eingeteilt worden, um im Falle der Besetzung nur die Arbeiter des beteilig ten Bezirks zu verständigen. Aus der Verordnung Nr. 22 könne kein Verstoß konstruiert werden, weil ein „Komplott" und „Ma chinationen" Heimlichkeiten Voraussetzs, von denen hier ebenso wenig die Rede sein könne, wie von einem durch die Verordnung geforderten „Attentat" auf die fran zösischen Truppen. Aus der Verordnung Nr. 1 (Stö rung der öffentlichen Ordnung) könne noch weniger geurteilt werden. Tenn das Ziehen der Sirenen war bei Besetzungen allgemein gebräuchlich, ohne je bean standet zu werden, ein Verbot auch bis heute nicht er lassen. Schließlich sei die Verantwortlichkeit von den Anklage falsch gewürdigt. Herr Krupp von Bohlen set überdies nur Vorsitzender des Aufsichtsrats, könne also für Verwaltungshandlungen nicht verantwortlich gemacht werden, ebenso wenig das Betriebsratsmit glied Müller, dem die französischen Aussagen auf reizende Reden zur Last legen. „Ter durch das ver gossene Blut erzeugte Haß," so schloß der Verteidiger, „darf nicht durch neuen Haß vergrößert werden, Len eine Verurteilung erzeugen würde." ' DeMrs Reich. — Berlin, den 9. Mai 1923 ° Strasvers- Hrcn gtgen kommunistische Abgeord nete. Wegen der, Beschimpfungen der Polizei beamten, die sich verschiedene kommunistische Abgeord nete bei ihrer zwangsweisen Entfernung aus dem Land tag zuschulden kommen ließen, ist gegen die betreffenden auf frischer Tat ergriffenen Abgeordneten Scholem, So botka und Frau Wolffstein sofort ein Strafverfahren wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt und öf fentlicher Beleidigung eingcleitet. Tie verfassungs mäßig gewährleistete Immunität steht der Einleitung des Strafverfahrens nicht im Wege, da es sich um eine Ergreifung auf frischer Tat handelt. Von einev Verhaftung der Abgeordneten wurde Abstand genom men. Nach kurzer polizeilicher Vernehmung uud An hörung der Zeugen wurden die Abgeordneten Schvism- ,Sobotka und Frau Wolffstein wieder entlassen. « Diätrnrrhöhttng. Der Vorsitzende des Reichs wirtschaftsrats hat auf Grund einer Ermächtigung de» Reichsfinanzministers die Diäten der Mitglieder d«S Reichswirtschaftsrates erhöht. Vom 1. Mai ab be trägt die tägliche Aufwandsentschädigung an SitzungS- tagen für auswärtige Mitglieder 27 500 M., für in Berlin ansässige Mitglieder 9200 M. — Auch die bayerischen Landtagsabgeordneten haben sich einen drei-, Lehnten Diätenmonat mit 500 000 M. bewilligt. DaL