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Abenö-AuSgabe R-topfer m gemilderter Ferm? Meisten macht Abttnderungsversstllige Rotopfer in Höhe von 2'/. Prozent Vrabtwolcknvg vnaoror SorUnor LekrMIsltung Berlin» 17. Juni. Wie angekündigt, wird sich der Retchs- rat morgen erstmalig mit den Deckungsvorlagen des Neichs- sinanzministertums, besonders mit der Notopfervor lage, befassen. Nachdem Demokraten und Bolkspartei ihren Spruch gefällt haben, wird sich auch das Zentrum zu einer Stellungnahme bequemen müssen. Voraussichtlich wird die Zentrumspartci morgen, spätestens Freitag, sich in einer Frakttonssitzung mit der gegebenen Lage befassen Die Sozialdemokraten ver halten sich weiterhin abwartend und geben ihre Stellung nahme noch nicht bekannt. Sie wollen sich offenbar erst dann entschliesien, wenn die anderen Parteien gesprochen haben. Inzwischen sind die Verhandlungen -wischen dem Neichs- sinanzministcrium und Preusten sortgesnhrt worden. Sic haben zu dem Ergebnis geführt, dass die prcustische Negierung mit Ausnahme von einigen Modalitäten der Notopser- vorlage im Retchsrat zu stimmen wird. Sie erteilte den preußischen Vertretern im Neichörat die Instruktion, einen Abänderungsvorschlag einzubringen, der die Höhe des Notopsers ans S/« Pro zent scstsetzt, d. h. also die Halste des 4!4prozentigen Beitrags zur Arbeitslosenversicherung. Sobald dieser Beitrag wieder ans S Prozent herabgesetzt werden kann, soll nach dem preußischen Vorschlag auch das Notopfer gemildert werden oder fallen. Preußen schlägt außerdem eine» weiteren Ausbau der Ledigensteuer vor. Ihr Ertrag soll sich auf 66 Millionen NM. erhöhen. DaS würde bedeuten, daß die Ledigensteuer nicht 1 Prozent, son dern 2 Prozent des Bruttoeinkommens betragen würde. Nach den Berechnungen des Neichssinanzministeriums würde das preußische Projekt etwa 7k> Millionen weniger einbringen als die Vorlage der Neichsregierung. Diese Differenz müßte dann durch weitere Einsparungen am Etat beseitigt werden. Nach einer anderen Version soll das neue Deckungs programm letzt dahin umgestaltct werden, daß für die An gestellten die bisherige Freigrenze bei der Arbeitslosenversicherung von 840« Mark Jahreseinkommen ausgehoben liegt. Bekanntlich gehen zahlreiche preußische Provinzver treter im Reichsrat in der Regel nicht mit der Regierung. o Die Presse der Regierungsparteien hat die gestrige Ent schließung der Deutschen Bolkspartei gegen das Notopfer mit großer Bestürzung ausgenommen. Das geht u. a. auch daraus hervor, daß sich besonders die „Germania", aber auch andere Zeitungen, die der Regierung Gesolgschast leisten, jedes Kommentars enthalten. Die schwierige Frage ist nun, ob es dem Reichssinanzminister Dr. Moldenhauer an gesichts dieser Sachlage möglich sein wird, sein Amt auch weiterhin zu behalten. Unter normalen Umständen müßte ein Minister, dessen Gcsctzesvorlage nicht nur von säst allen übrigen Koalitionsparteicn. sondern auch von seiner eigenen Fraktion selbst abgelchnt wird, daraus die Konse quenz des Rücktritts ziehen. Ob ein Rücktritt Molden- Hauers erfolgt, ist bis jetzt noch nicht abzuschen. Offenbar wird in ttabinettskrcisen der Versuch gemacht. Dr. Molden- Hauer doch noch zu halte«. Die sächsische Regier»»« lehnt die ReichWIse ad Das Gelamtministerium hat in seiner gestrigen Sitzung be schlossen. im ReichSrat dem Entwürfe eines Gesetzes über eine Neichshilfe der Festbesoldetcn nicht zuznftim- men. Außer verfassungsrechtlichen Bedenken war hierbei be stimmend. daß die Neichshilfe der Festbesoldetcn ein Teil eines ans Senkung der Preise, der Produktionskosten und der Löhne gerichteten Programms sein soll, das aber, bevor dessen Durch- sührung nicht irgendwie gewährleistet ist, eine so einseitige und schematische Belastung eines Volkstciles nicht am Platze er scheint. Wahlkampf mit geistigen Waffen! Die sächsische StaatSkanzlei schreibt «ns: Trotz der unerhörten Vorgänge von Eythra will die sächsische Regierung, wenn irgend möglich, während der Dauer des Wahlkampfes von allgemeinen polizeiliche« Verboten absehen. damit jeder Anschein vermieden wird, als ob von seiten der Negierung nicht strengste Neutralität be, obachtct würde. Sie hat aber ihre Polizeikräste an gewiesen. gegen solche Leute, die die Ruhe und Ordnung stören und Gut und Leben anderer angreisen und verletzen, mit rücksichtsloser Strenge vorzugehen, und sie hosst, daß der gesunde Sinn der überwältigenden Mehrheit des sächsi schen Volkes sich alle« Gewalttätigkeiten im Wahlkampfe, der ein Kamps der Geister und Meinungen, nicht aber ein solcher mit Fäusten und Knüppeln sein soll und darf, abgeneigt zeige« und solche ge,valtsamc Methoden richtig zu beurteilen wisse« wird. Sachsens Notruf an das Reich Ministerpräsident Schieck und Finanz- und Wirtschafts minister Dr. Hedrich waren am Sonnabend zur Besprechung schwebender Angelegenheiten in Berlin und hatten hierbei Ge, legenheit, auch dem Reichskanzler dieNötedersächsische« Wirtschaft und besonders ihre Auswirkungen für die Ar beiterschaft eingehend darzulege«. „Swf Zeppelin" zur Schwester Fahrt gestartet Friedrichöhafen, 17. Juni. Das Luftschiff „Graf Zeppe lin" ist heute vormittag 8 Uhr 5 Min. bei schönem Wetter unter Führung von Kapitän Flemming zu seiner Schwei zer Fahrt aufgesticgen. „Graf Zeppelin" hat um 11,85 Uhr Genf bei prächtigstem Wetter überflogen und sein? Fahrt in nördlicher Richtung fortgesetzt. Thüringen Debatte im Reichstag wird. Das würde also bedeuten, daß künftig auch die An gestellten über 8466 Mark Einkommen Beiträge zur Arbeits losenversicherung zu zahlen haben, daß sie dafür aber auch im Falle eintrctcndcr Erwerbslosigkeit deren Schutz ge nießen. In diesem Falle müßten also von den Arbeit gebern der Angestellten künftig 2!-4 v. H. des Bruttoein kommens, von den Angestellten selbst gleichfalls 2!4 v. H. entrichtet werden. Achulich sollen die Leistungen der Be amten bemessen werden, nur daß hier lediglich sie selbst 2!4 v. H. ihres Einkommens zugunsten der Arbeitslosen versicherung anszubringen hätten. Alle diese Mittel sollen, wie gesagt, unmittelbar der Erwcrbsloscnversicherung zu- gcfükjrt werden, die man über den außergewöhnlichen Not stand dieses JahrcS damit hinwegzubringcn können hosst. Wurde damit deren Status endgültig saniert worden sein, so könnte zu einem späteren Zeitpunkt die Einbeziehung der Beamten sowohl als auch die Einbeziehung der höheren An gestellten wieder beseitigt werden. Die Entscheidung Preußens darf aber nicht überschätzt werden, da ja im Ncichsrat die preußischen Staatsrcgierung uur einige Stimmen hat, während das Hauptgewicht bei den Vertretern der preußischen Provinzen Berlin, 17. Juli. In der Dienstagsitzung des Reichstages wird die zweite Beratung des Haushalts des Neichsinncn- ministcriums fortgesetzt. Abg. Frcih. v. ttardorff (DVP.) beschäftigte sich mit dem Problem der Uebcrsüllung der Universitäten. Es sei jetzt so wett, daß im Jahre 1634 mit 324 000 stellungslosen Akademikern zu rechnen sei. Darin liege die Gefahr, daß ein akademisches Proletariat entsteht, das die Reihen der radikalen Gruppen rechts und links verstärken würde. Angesichts dieser Gefahr muß ge prüft werden, ob an sich durch eine Verschärfung der Ab g a n gs pr üsung, oder durch Einführung einer besonderen Aufnahmeprüfung der Zugang zu den Universitäten erschwert werden solle. — Im Konflikt mit Thüringen billigt der Redner das Vorgehen des Rcichsinncnministcrs. Er habe schon früher bedauert, daß er in der thüringischen Re gierung auch seine Parteifreunde in nationalsozialistischer Gesellschaft sehe. (Unruhe bei den Nationalsozialisten.) Nationalsozialisten gehörten nach ihrer ganzen politischen Einstellung nicht in leitende Beamtenposten. <Abg. Stöhr sNal.-Soz.s erhält wegen unparlamentarischer Zurufe zwei Ordnungsrufe.) Keine Ncichsgewalt kann cs sich gefallen lassen, daß in der Weise mit ihr Schtndlndcr gespielt wird, wie es jetzt in Thüringen geschehen ist. Der Fricksche Erlaß Ansteckung eines riesigen Sviemgenetier kr Berlmftung des Mtndener SbermuiilmetsierS Minden i. W., 17. Juni. Zu der bereits gemeldeten Ver haftung des Obermusikmeisters Adam wird »och folgendes bekannt: Dem Zuge, der gegen in Uhr abends aus Richtung Köln hier cintraf, entstieg die Gattin des Obermusik meisters der 2. Abteilung des N. Artiilcriercgiments, Paul Adam. Sie wurde von ihrem Mann am Bahnsteig er wartet, der sie mit den Worten „Hat alles geklappt?" empfing. In diesem Augenblick wurde das Ehepaar Adam verhaftet. Zwei Beamte der Spionageabwehr in Koblenz waren Frau Adam, die aus dem besetzten Gebiet zurückkam, während der ganzen Fahrt unauffällig im Zuge gefolgt. Die hiesige Kri minalpolizei war verständigt worden und schritt infolgedessen u der Verhaftung. Wie mir hören, sollen schwere Ver ehrungen des Obcrmusikmeisters (Landesverrats vorlicgcn, die erst noch in allen Einzelheiten und Zusammen hängen untersucht werde«. Frau Adam ist eine geborene Lothringerin, die offenbar ihre Beziehungen mißbrauchte. Eie soll, als sie ankam, den Lohn sür ihre Tätigkeit in der Handtasche gehabt haben. Im Laufe des Tages wurden Adam und seine Frau inö hiesige GerichtSgesängnts ttbcr- »esührt. Das Motiv -« de» Verfehlungen soll in mißlichen sinanziellen Verhältnissen zu suchen sein. Das Ehepaar, bas vier unmündige Kinder hat, soll über seine Verhält nisse gelebt haben. DaS Rcichswchrministerium gibt naturgemäß nur zurück haltend über den ganzen Kall Auskunft, doch scheint cs so, daß es sich um eine Spionagcangelegenheit größten Ausmaßes handelt und daß es der Spionageabwehr nunmehr ge lungen ist, ein ganzes Netz von Spionage aufzudccken. Die Untersuchung ist zur Zeit im vollen Gange. In Minden befinden sich gegenwärtig Beamte einer preußischen Spio nageabwehrstelle, die aus den Obermusikmcister Adam seit langer Zeit schon Verdacht hatte. Cs war herausgekommen, daß dieser offenbar mit einer Anzahl anderer Personen zusammenarbeitet, die an der Wcstgrenzc des Reiches eine großangelcgte Spio nage treiben. Außer Adam sind noch andere Personen der Spionageabwehr ins Garn gegangen, und ihre Verhaf- tung steht unmittelbar bevor. Die erste Vernehmung Adams hat gestern in Minden stattgefunden- Inzwischen hat der Oberreichsanwalt gegen ihn richterlichen Hastbefehl erlassen, ' über die Schulgebete war eine Blasphemie. (Große Unruhe bei den Nationalsozialisten. — Abg. Stöhr (Nat.-Soz.j wird vom Präsidenten aus dem Saale gewiesen, als er ruft: „Das ist zum Kotzen!") Die Nationalsozialisten sollten die Gebote beherzigen: „Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten!" „Du sollst den Feiertag heiligen!" Dieses Gebot ivird verletzt, wenn jeder Sonntag zu Hakenkreuz. Demonstrationen mißbraucht wird. Der bedauerliche Kon- flikt in Thüringen beweist die Notwendigkeit einer Rcichs- resorm, die Schluß macht mit der Selbständigkeit der Einzel- staaten. Bismarck war gar kein Föderalist. Er hat immer gegen den preußischen Partikulartsmus ge kämpft, leider ohne Erfolg. Wir dürfen uns nicht länger als Preußen, Thüringer, Bayern fühlen, sondern alsDcutsche. — Der Redner wendet sich dann gegen die gestrigen Aus führungen des Abg. Dr. Spahn, ersucht aber gleichfalls um Aushebung des Stahlhelmverbotes im Westen. Tie Uniformverbote seien zu begrüßen, die Durch führung des Wafsenverbotes müsse noch energischer erfolgen als bisher. Bei der Wahlresorm halte die Deutsche Volks partei an der Verhältniswahl fest. Eine Rcichstagsauflösung werde hoffentlich vermieden werden. Sie wäre zu vergleichen mit einem Selbstmord aus Angst vor dem Tode. Der aus den Neuwahlen hervortrctendc Reichstag würde auch nicht arbeitsfähiger sein. DaS Notopser lehne die Deutsche Bolkspartei ab. Sie sei aber bereit, an allen anderen Lösungen positiv mitzuarbeitcn. Abg. Drewitz (Wirtschaftsp.) führte aus, die Anti- pathie weiter Volkskreise gegen den neuen Staat richte sich nicht gegen die republikanische Staatssorm, sondern sie sei ans das Gefühl zurückzuführen, daß die Verfassung nur für bestimmte Kreise n Deutschland in Anwendung ge bracht werde. Die Wirtschastspartei sef immer bestrebt ge wesen, an der Gesetzgebung positiv mitzuarbeitcn. (Die Verhandlung dauert bei Schluß der Redaktion an) » Der Anssprache über den Haushalt des Jnnenministe, rinmS wohnte auch der thüringische Minister Dr. Frick bei. Die deutsch russischen Schlichtungsver- Handlungen eröffnet Moskau, 17. Juni. Hier fand am Montag die erste Sitzung der deutsch-russischen Schlichtungskommiffion statt. Der Bor- sitzende der russischen Abordnung. Stamoniakow. hielt eine Ansprache, in der er die Hoffnung äußerte, das, cs der deutsch russischen Zusammenarbeit gelingen möge, sämtliche Fragen zu regeln und zu einer Einigung zu kommen. Von russischer Seite wurden der deutschen Abordnung dreizehn Be- schwerden überreicht, etwa dte gleiche Anzahl Beschwerden wurden von deutscher Sette unterbreitet. Dte Führung der Verhandlungen liegt vorläufig in den Händen StamoutakowS.