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WnlniM Tageblatt Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. und Waldenburger Anzeiger. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. 50 Pf. Alle Postanstaltsn, die Expedition ünd die Colportsure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. 1«. 1880. Mittwoch, den 21. Januar ^Waldenburg, 20. Januar 1880. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Ani 18. Januar ist in Berlin das Krönungs- und Ordensfest in herkömmlicher Weise gefeiert worden. Der ganze Verlauf und jede einzelne Scene dieses Festes ist nach bestimmten, streng fest gehaltenen Regeln, welche auf einer siebenzigjäyrigen Tradition beruhen — am 18. Januar 1810 feierte König Friedlich Wilhelm III. das erste Ordensfest — geordnet. Zu dem bevorstehenden 83. Geburtstage des Kaisers erläßt ein Comito in Beilin Aufforderungen zu Zeichnungen für ein Geschenk für die Armee. Dieses Armeegeschenk besteht in einer von höheren Offizieren bearbeiteten und von Sr. Majestät wieder holt revidirten Denkschrift, enthaltend die authentische militärische Biographie Sr. Majestät mit einem vorzüglichen photographischen Porträt Allerhöchst derselben. Die Idee des Armeegeschenkes ist die, möglichst viele Soldaten der Armee, ehemalige Sol daten, Vereine, Schüler u. s. w. durch Zeichnungen aus privaten Kreisen in den Besitz dieser Denk schrift zu fetzen, deren Preis incl. der Photographie nur 80 Pf. beträgt. Nachdem Se. Majestät der Kaiser die Idee dieses Armeegeschenkes gebilligt, gelang es im Jahre 1877 in kurzer Zeit 61,000 Exemplare, im Jahre 1878 42,000 und 1879 57,000 Exemplare der Denkschrift in der Armee rc. zu verbreiten. Mit dem Abschluß eines Concordates in Berlin, den die „Liberta" prophezeit, scheint es doch etwas windig auszusehen; denn bis jetzt hat nichts mehr darüber verlautet. Im Gegentheil ist das Centrum durch den Artikel der „Provinzial- Correspondenz" in hohem Grade sowohl gegen den Fürsten Bismarck wie auch gegen Hrn. v. Puttkamer aufgebracht. Der Artikel erscheint ihm als Grab geläute der Verhandlungen mit Rom und als schlechtester Lohn für all die Opfer, welche die Ultramontanen feit Monaten dem Kanzler gebracht. Der Kulturkampf dürfte deshalb demnächst in ein neues Stadium treten. Die Conservativen werden sich von den Klerikalen völlig ab- und mehr den Liberalen zuwenden. Bei der bevorstehenden Be- rathung des Cultusetats im preußischen Abgeordneten hause werden die Wogen des Culturkampfes jeden falls wieder hoch gehen. In Berlin sind in der Nacht zum Mittwoch 12 Socialdemokraten in der Wohnung eines social demokratischen Agitators in der Heinersdorferstraße verhaftet worven. Die Polizeibehörde hatte Kenntniß davon erhalten, daß daselbst die Ver sammlung eines Wahlcomitos stattfand, und es ge lang ihr dasselbe mitten in seinen Berathungen zu überraschen. Die Mitglieder des Wahlcomitos, 12 an der Zahl, also 2 für jeden Wahlkreis, wur den verhaftet und sämmtliche vorgefundenen Papiere mit Beschlag belegt. Vermuthltck handelte es sich uni das Eintreten der socialdemokratischen Partei in den Wahlkampf im 2. Berliner Wahlkreise, wo der bisherige Vertreter vr. Hofmann sein Mandat niedergelegt hat. Das preußische Abgeordnetenhaus beschäf tigt sich meist mit Gesetzesvorlagen über Eisenbahn ankäufe für dem Staat. Der Entwurf, betreffend den Erwerb der Rheinischen und der Berlin-Pots- dam-Magdeburger Eisenbahn wurde der Eisen bahn-Commission überwiesen. Die Verhandlungen über den Anktuf der Berlin-Anhalter Bahn sind durch Ablehnung der Offerte seitens der Direction der letzteren abgebrochen wor den. Bezüglich cerGründung der deutschen See handelsgesellschaft bemerkt der Finanzminister Bitter, wie das Publicum über bas Unternehmen denke, zeige die Ueberzeichnung mit 3 Millionen Mark. Gerade auf den Samoainseln müßten die deut schen Interessen durch deutsche Kräfte und deutsche Mittel gehalten werden. Bei der Reichstagsstichwahl im 5. Wahlkreise von Mittelfranken (Dinkelsbühl) wurde Or. Philipp Schreiner (uationalliberal) mit 5751 Stimmen ge wählt. Der Gegencandidat Regierungsrath August Luthardt (konservativ) erhielt 5534 Stimmen. Ungarn. Die in Aussicht gestellten Arbeiterdemon strationen in Pest sind unterblieben. Die Ar beiterblätter dementirten, daß solche beabsichtigt waren. Uebrigens herrscht 10 Grad Kälte, was wohl zur Abkühlung der erhitzten Gemüther beige tragen haben mag. Auch ernste Proclamationen mögen zur Aufrechterhaltung der Ruhe beigetragen haben. Holland. Die Engländer und Amerikaner machen sich auf der Insel Borneo immer breiter. Der holländische Colonialminister hat deshalb das Panzerschiff „Salak" nach Borneo geschickt, um dort die nieder ländische Flagge auf den Grenzen des Colonialge biets aufzupflanzen. Die englische Presse von Singapur and Hongkong ist darüber sehr aufgeregt und bestreitet der niederländischen Regierung das Recht, auf Borneo und Neu-Guinea sich als Herr scherin zu benehmen. Der niederländische General- Consul in Singapur, Reed, hat dagegen darauf hingewiesen, daß die Ansiedelungen von Sambos, Putianak, Brnjermassin und Koetoi rechtmäßige Besitzungen Hollands seien. England. Gerüchtweise verlautet, daß im nächsten Frühjahr 45,000 Mann nach Aghanistan geschickt werden sollen. Also immer noch kein Ende des Kriegs. Lord Beaconsfield hat seinen Pächtern mit Rücksicht auf die schlechte Lage der Landwirthschaft 20 Prozent ihres halbjährigen Pachtzinses erlassen, nachdem er ihnen bereits für die letzten beiden Halb jahre die gleiche Vergünstigung gewährt hatte. Rußland. Die Russen haben kein Glück im Kriegführen. Persische Nachrichten melden eine abermalige russische Niederlage durch die Turkmenen; die Russen mußten infolge derselben Tschikischljar aufgeben und sich auf ihre Schiffe flüchten; vermuthlich gingen auch große Vorrälhe für die nächste Campagne verloren. Nach unserer Zeitrechnung am 18. Januar fand in Petersburg im Beisein des Czaren das sich jährlich am Dreiksnigstag wiederholende Fest der Wasser weihe in einem besonders erbauten offenen Ufer pavillon an der Newa vor dem Winterpalais durch den Metropoliten statt. Der Czar erschien, umgeben von den Großfürsten, den höchsten Re präsentanten der Militär- und Zivilbehörden. Die jährliche Weihe der Fahnen sümmtlichec Peters burger Truppentheile schloß sich unmittelbar an. Kaiser Alexander erschien während der Feierlichkeit ca. 20 Minuten trotz 10 Grad Kälte ohne Mantel und unbedeckten Hauptes. Die Wafferweihe ist eine Feierlichkeit, welche in der griechischen Kirche jähr lich am 6. Januar zum Andenken an Jesu Taufe im Jordan begangen wird und darin besteht, daß die Geistlichkeit in Procession an die in der Nähe be findlichen Gewässer zieht, nach abgehaltenen Gebeten Flüsse oder Seen durch Eintauchen vonKrucifixen weiht und die Umstehenden mit dem Wasser besprengt, welchem das Volk nun wunderthätige Kräfte zuschreibt. Amerika. Die Mormonen fühlen sich nicht mehr recht be haglich unter den Gesetzen der Vereinigten Staaten. Sie haben den Gedanken gefaßt, abermals den Wan derstab in die Hand zu nehmen; einer ihrer Prophe- te i „Elder Thalchar", ist jetzt auf einer Mission nach Mexiko, um mit der dortigen Regierung die Bedingungen zu vereinbaren, unter denen sich die Mormonen dort niederlassen können. Erfolgt die Niederlassung der Mormonen auf mexikanischem Ge biete, so kann für Mexiko eine neue und wichtige Kulturepoche anbrechen; denn ungeachtet ihrer wider sinnigen religiösen Vorstellungen haben sich die Mor monen unter Brigham Dornig als eminente Pion niere der modernen Cultur bewährt, wie ihre An siedelungen am Salzsee beweisen. Australien. Telegraphischer Meldung des Generalconsuls Ka pitän Zembsch aus Apia vom 29. December zufolge ist nach freundschaftlicher Vermittelung König Malie- ioa von ganz Samoa anerkannt; damit Hal der Streit zwischen den beiden Regierungsparteien seine Endschaf: erreicht. Das inmittelst zwischen Deutsch land, England und der amerikanischen Union erfolgte Uebereinkommen, den König Malietoa amtlich an zuerkennen und durch ihre Vertreter seine Regierung bei Herstellung eines geordneten Staatswesens zu i nterstützen, wird wesentlich dazu beitragen, den Wie derausbruch von Ruhestörungen in dem Jnselstaate z i verhüten. Aus dem Mttldenthale. *Wüldeuburg, 20. Januar. (Zur Reichstags wahl.) Man könnte glauben, daß durch das So- cialistengesetz den Socialisten die Möglichkeit benom men wäre, in der jetzigen Mahlzeit Versammlungen abzuhalten. Dies ist jedoch nicht der Fall. In H 28 des Gesetzes gegen die gemeingefährlichen Bestre bungen der Socialdemokratie ist ausdrücklich bemerkt, daß Versammlungen zum Zweck einer ausgeschriebe nen Wahl zum Reichstag oder zur Landesvertretung nicht beschränkt werden dürfen. Wir können also trotz des Socialistengesetzes dis Schauspiel socialde- mokratischer Versammlungen erleben. *— (Gewerbevereinliches.) Das dritte Stif tungsfest des hiesigen Gewerbevereins, welcher sich am 27. Januar 1877 constituirt hat, gedenkt der genannte Verein künftigen 27. dies. Mon. wieder, wie zcither, im Saale des Schönburger Hofs in com- mersartiger Form abzuhalten. Die bisher bekannt gewordenen Vorbereitungen für theatralische und musikalische Aufführungen lassen hoffen, daß die Ausführung dieses Jahresfestes der vorjährigen nicht zurückstehen werde. An andern lukullischen Genüs sen wird es jedenfalls auch der Wirth nicht fehlen lassen. Zutritt zu dieser Festlichkeit haben außer den Mitgliedern Frauen und erwachsene Kinder. — Dem Stadtrothe Röhr in Glauchau ist das Ritterkreuz II. Classe des Verdienstordens verliehen worden. — Kürzlich schwebten die Bewohner der Katharinen straße in Zwickau in der Gefahr, durch eine Dyna mitexplosion geschädigt zu werden. Der Bergarbeiter August Oskar Günther, welcher in gedachter Straße wohnt, war mit seiner Ehefrau in Streit gerathen, und drohte, Alles um sich in die Lust zu sprengen, indem er eine mit Zündschnur versehene Dynamit patrone in die Nähe seiner brennenden Gruben lampe brachte. Durch rechtzeitiges Einschreiten dritter Personen wurde jedoch das drohende Unglück