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BautzenerA Nachrichten. Verordnungsblatt der Kreishanptmannschaft Bantzen als Konfistorialbehörde der Oberlaufitz. Amtsötatt der Amtshauptmannschaften Bautzen und Löbau, deS Landgerichts Bautzen und der Amtsgerichte Bautzen, Schirgiswalde, Hermhut und Bernstadt, des Hauptzollamts Bautzen, ingleichen der Stadttätr zu Bautzen und Bernstadt, sowie der Stadtgemeinderäte zu Schirgiswalde und Weißenberg. Orga« der Handels- und Gewerbekammer zu Zittau. Erscheinungsweiser Täglich abmd» mit Ausnahme der Son», und Feinlage. «christleitung und Geschäftsstelle: Bauden, Jonne Laumstraße 4. Fernsprecher: Nr. di. — Drahlnachrichi: AmlSbla», Bautzen. Bezugspreis pro Monat: Bei Abholung In der Geschöftsstelle —.80 .^l bei freier Zustellung ins .OauS 1.— Anzeigenpreis: Die 6qespaltcne PetiizeNe oder deren Raum 15 Pfennige, in geeigneten Fällen Ermäßigung. Schwieriger Satz entsprechend teurer. Reklamen: Die Igcspaltene Petitzcile 50 Pfennige. «r. 2S7. DaS Wichtigste vom Tage. * Auf einer Dresdner Tagung der sächsischen Fleischer- Jnnungsobermeister wurde die Erwartung ausgesprochen, daß die Reichsregierung nun endlich einmal andere Wege zur Hebung der Fleischteuerung einschlagen möge. Ober meister Vogel-Leipzig ermahnte die Kollegen dringend, dem Publikum keine unbilligen Fleischpreise abzusordern. * Heute Mittwoch findet in Hamburg zwischen je zwei Vertretern des Eesamtverbandes der Deutschen Ai etal! indu- striellen und der Arbeiterorganisationen eine Bespre chung statt zur Beilegung der noch schwebenden Disserenzen. In Bremen haben die Hafenarbeiter heute Mittwoch früh die Arbeit wieder ausgenommen. * In Paris beschlossen die Eisenba h n e r aller Linien den E e s a m t a u s st a n d. Die französische Regierung hat zirka 30 000 Beamte der Nordbahn zu den Fahnen einberufen. * In Portugal fährt man mit der Vertreibung der Or densleute fort. Die Güter der Jesuiten wurden für Staats eigentum erklärt. Man schätzt ihren Wert auf 200 Millionen. * Der König von Griechenland beabsichtigt abzu- danken. Das Kabinett Dragumis ist heute Mittwoch zurück getreten. * Bei dem gestrigen Festakte der I a h r h u n d e r t f e i e r der Berliner Universität hat der Kaiser eine bedeut same Rede gehalten. Der internationale Kältekongreß in Wien ist geschlossen worden. * Durch die Waldbründe in Nordamerika sind bereits 13 Ortschaften zerstört und etwa 1000 Personen umgekommen. * Wetteraussicht für Donnerstag: Bewölkt, Tem peratur wenig geändert, kein erheblicher Niederschlag. * Ausführliches siehe an anderer Stelle. Der Generalstreik. ' Der sozialdemokratische Parteitag in Magdeburg hat sich für den politischen Massenstreik im Kampfe um das preußische Wahlrecht ausgesprochen. Eine Minderheit stimmte dagegen, aber nicht aus grundsätzlichen, sondern nur aus taktischen Erwägungen. Sie meinte, das, man von dem Generalstreik besser nicht spreche, bevor man die Macht habe, ihn durchzusetzen. Eine solche revolutionäre Tat dürfe nicht vorher angekündigt werden,' sie müsse die Gegner völlig unvorbereitet treffen, so plötzlich Herein brechen, daß sie gezwungen seien, die Waffen zu strecken. Zm Sinne der Antragsteller soll der Beschluß des Partei tages, der sich für den politischen Massenstreik ausspricht, nicht eine feste Bindung sein; er soll zunächst dazu dienen, die Massen an den Gedanken zu gewöhnen, daß das preu ßische Wahlrecht niemals auf gesetzlichem, parlamentari schen Wege zu beseitigen sei, sondern nur durch Gewalt, und zwar unter Umständen durch das schärfste, äußerste Gewaltmittel des politischen Generalstreiks. In der Tat bedeutet der politische Massenstreik das revolutionärste Verfahren, das es im Kampfe gegen die bestehende Ordnung geben kann. Er wird die morderne Form der Revolution genannt. Durch Hunger, durch Nicht- befliedigung aller leiblichen Bedürfnisse soll das Bürger tum gezwungen werden, sich dem Willen der Sozialdemo kratie bedingungslos zu unterwerfen. In dem Augenblick, wo sie den Generalstreik verkündet, spricht die Sozialdemo kratie alle Arbeiter aller ihrer rechtlichen Verpflichtungen ledig. Alle Arbeitsverträge ohne Ausnahme, welcher Art sie auch sein mögen, sind dann zerrissen. Denn das ge samte Erwerbsleben soll stillstehen, jede Versorgung mit Nahrung, mit Licht, Heizung und sogar mit Wasser soll aufhören. Es soll keinerlei Verkehr mehr geben, weder lokalen noch in die Ferne. Briefe, Telegramme werden nicht mehr befördert, Zeitungen nicht mehr hergestellt. Um das durchzusetzen, ist die Hauptvoraussetzung, daß auch die staatlichen Verkehrsbeamten und Arbeiter an dem Streik teilnehmen und so der Sozialdemokratie Gefolgschaft leisten. Dann ist auch die Zufuhr von Lebensmitteln vom Aus lande her eingestellt. Ein wirklicher Eeneralausstand, der, weil er tatsäch lich allgemein ist, die gesamte Bevölkerung mit Hunger und Not bedrohen und alle Daseinsbedingungen unterbin den müßte, ist seither noch nicht dagewescn. Es fragt sich, ob er überhaupt möglich ist. Ein Sozialdemokrat hat ein mal den Generalstreik Eeneralunsinn genannt. Er hat insofern recht, als ein Generalstreik, der sämtliche Gewerbe und alle Arbeiter umfaßt, also sich insbesondere auch auf die Arbeiter und unteren Beamten der öffentlichen Verkehrs anstalten erstreckt und so den Verkehr zum Stillstand bringt, fast in demselben Augenblicke, in dem er Wirklichkeit würde, auch schon zu Ende sein müßte. Denn die unausbleibliche Folge eines solchen Generalstreiks würde die General- Hungersnot sein. Da aber diese die streikenden Massen zu allererst und am empfindlichsten kosten müßten, so würden sie um der Selbsterhaltung willen den Eeneralunsinn des Mittwoch, de« IS. Oktober abends. Generalstreiks aufgeben und die Arbeit schleunigst wieder aufnehmen. So oft auch in den letzten Jahren von Generalaus- > stünden die Rede gewesen ist, hat es sich immer nur um Massenstreiks gehandelt, die einen mehr oder minder großen Umfang, aber niemals einen allgemeinen Charakter an genommen haben. Auch in Schweden hat sich im vorigen Jahre an dem Generalstreik durchaus nicht die gesamte Arbeiterschaft beteiligt; es fehlten vor allen die Land arbeiter und die Eisenbahner. Deshalb hatten die radi kalsten der schwedischen Umsturzmänner empfohlen, den Er folg des nicht allgemeinen Eeneralausstandes durch so genannte „direkte Aktionen", durch Gewalttaten aller Art, herbeizuführen: Blut müsse in Strömen fließen, Dynamit dürfe nicht gespart werden, alles müsse man zerschlagen, was den besitzenden Klaffen gehöre. Erst dann werde der Eeneralausstand wirken, wenn so das persönliche Dasein der Machthaber bedroht werde. Aehnliche Ansichten haben auch deutsche Sozialdemokraten vertreten. Sie rechnen damit, daß es bei einem Eeneralausstande zu^Straßen- kämpfen kommt. Als zum ersten Male der Gedanke eines Eenernlstreikversuchs auf einem sozialdemokratischen Par teitage erörtert wurde, herrschte darin Uebereinstimmung, daß der politische Massenstreik nichts anderes als die blu tige Revolution sein könne. Vorläufig handelt es sich bei dem Magdeburger Be schluß des politischen Massenstreiks noch um eine Drohung, um eine Einschüchterung und zugleich um ein Schüren des Umsturzgedankens unter den sozialdemokratischen Massen. Aber das Machtbewußtsein der Umsturzpartei ist bereits so gewachsen und kann noch so wachsen, daß der Gedanke eines Tages zur Tat wird. Darum gilt es, das eine festzu- halten, daß politische Massenstreiks seither immer nur dann einen Erfolg gehabt haben, wenn sich die Regierung schwach oder schwankend verhalten hat und ein Teil der bürger lichen Klaffen und Parteien auf die Seite der Streikenden getreten ist. Fehlt aber jede wirksame Unterstützung von bürgerlicher Seite und tut die Regierung von Anfang an ihre Pflicht, indem sie den Gewaltkampf des politischen Massenstreiks als eine Machtfrage behandelt, die unter allen Umständen nur mit dem bedingungslosen Siege ihrer seits beantwortet werden darf, so wird der Generalstreik ein Generalunsinn bleiben, der sich am bittersten an der Sozialdemokratie und den von ihr betörten Massen rächen muß. Politische Nachrichten. Deutsches Reich. Zur Landtagsersatzmahl in Leipzig-Land. Durch den Tod des Vertreters des Landtagswahlkreises Leipzig-Land, Johannes Dürr, macht sich eine Ersatzwahl notwendig. Wie das „Leipziger Tageblatt" meldet, soll von nati onalliberaler Seite ein besonderer Kandidat aufgestellt werden. Das Mandat ist von besonderer Wich tigkeit, denn wenn die Konservativen siegen, würde deren Fraktion im Landtage 30, die nationalliberale Fraktion aber, da Dürr Hospitant der Nationalliberalen war, nur 28 Mitglieder zählen. Der Anspruch auf den ersten Präsidenten würde dann auf die Konservativen übergehen. * * * Wertzuwachssteuer. Aus parlamentarischen Kreisen erfahren wir, daß die R e i ch s t a g s k o m m i s s i o n zur Vorberatung der Wertzuwachssteuer die Regierungs vorlagen wesentlich verändert hat. Vor allem wird in der jetzigen Fassung zweiter Lesung zwischen ver dientem und unverdientem Wertzuwachs streng unterschie den. Getroffen werden soll nur der unverdiente Gewinn aus der Wertsteigerung von Grund und Boden, der in folge natürlicher Ausbreitung der Industrie oder infolge von Spekulationen entsteht. Freigelaffen werden dagegen Wertsteigerungen, die auf eigener Kulturarbeit beruhen, bei Meliorationen, sorgfältiger Wirtschaftsführung usw. Ebenso sollen kurzfristige Bodengeschäfte nicht allzuhoch be lastet und^ils^Aufwendung für den Wertzuwachs in Rech nung gezogen werden. Vor Einbringung der Vorlage in das Plenum wird die Kommission noch eine dritte Lesung abhalten. Doch werden vermutlich keine bedeutenden Ab- änderuiHsoorschläge mehr gestellt. ArveWrkundgebungen in Remscheid. Im Anschluß an fünf P r o t e^t v e r s a m m l u n g e n gegen den vom Arbeitgeberverband eingerichteten Arbeitsnachweis zogen nachts etwa 2000 Arbeiter lärmend und mit den Rufen: „Nieder mit dem Arbeitsnachweis! Nieder mit der bürgerlichen Presse!" über den Markt durch die Alleestraße. 129. Jahrgang. Die Aufforderung der Polizeibeamten, sich zu zerstreuen, wurde von der Menge mit Hohnrufen und Steinwürfen be antwortet. Es gelang zunächst, die Demonstranten ohne Anwendung der Waffe in die Nebenstraßen zu drängen. Als sich jedoch die Menge im Rücken der Wache abermals zusnmmenrottete, und aus ihrer Mitte Steine auf die Be amten geworfen wurden, waren diese gezwungen, blank zu ziehen. Nunmehr wurden die Demonstranten endgültig in die Seitenstraßen zurllckgeworfen und in der Nähe des Bahnhofs zerstreut. Einige Personen erhielten Säbelhiebe, ohne ernstliche Verletzungen davonzutragen. Die Zahl der Verletzten war nicht festzustellen, da sie das Weite suchten. Die Statthalter des Neichslandes. Aus Straß burg erhalten wir folgende politische Zuschrift: Durch die Presse geht eine Straßburger Meldung, daß der in der Verfassungsreform der Reichslande vorgesehene Erb statthalter Fürst Wilhelm von Hohen- zollern, Kgl. Hoheit, werden würde. Wir möchten zu nächst nicht glauben, daß tatsächlich ein Erbstatthaller vor gesehen sei, einmal weil selbstverständlich die Stellung des Kaisers im Reichslande nicht geschmälert werden soll, dann weil ein solcher Erbstatthalter ein staatsrechtlicher Unsinn wäre. Richtig mag sein, daß Graf Wedel, der sein Amt in Straßburg überhaupt nur ungern antrat, sich von seiner an Erfolgen nicht gerade reichen Tätigkeit nicht befriedigt fühlt und b.ei passender Gelegenheit auch gehen würde. Er hat sich aber gerade in der V e r f a s s u n g s f r a g e stark engagiert und wird sie jedenfalls noch durchzuführen suchen. Ein solcher Ersolg wäre ihm zu gönnen, er hat ihn durch zweifellos rege Arbeit und selbsttätiges Eingreifen, das vom besten Willen beseelt war, wohl verdient. Allerdings hat er nicht immer eine glückliche Hand gehabt, die Ver hältnisse im Neichslande waren ihm nicht vertraut genug, als daß ein solches selbsttätiges Eingreifen angebracht ge wesen wäre, und auch der Geschäftsgang der Verwaltung war ihm fremd. Wenn er gehen sollte, wäre das Experi ment, durch das autoritäre Malten eines alten Generals dies in seinen gesellschaftlichen und sozialen Verhältnissen so kompliziert gegliederte Land auch innerlich dem deutschen Leben näher zu bringen, zum zweiten Male mißglückt. Auch der Feldmarschall v. Manteuffel ist daran ge scheitert. Glücklicher waren die beiden Hohenlohe, von denen der erste, der spätere Reichskanzler, der reichsländi schen Politik Ziel und Richtung gab; die Mittel waren un gestörtes Arbeiten der Verwaltung, das der Statthalter nur in seinen Wirkungen kontrollierte. So gab es eine ge wiße Stetigkeit der Entwickelung, mit der sich schließlich alle, auch die Opposition abfinden konnten. Das hatte Manteuffel, das hat Graf Wedel bisher nicht erreicht, sie haben beide nach beiden Seiten hin und vielfach unnütz ver stimmt. Fürst Wilhelm von Hohenzollern ist in seiner Persönlichkeit der deutschen Oeffentlichkeit nicht bekannt. Seine hohe Stellung würde die Gewähr bieten, daß er sich kaum um die Einzelheiten der Verwaltung kümmern dürfte und sie doch übersehen würde. Sie würde ihn auch davor bewahren, in den Streit der Parteien selbst gezogen zu werden. Eine solche Unabhängigkeit der Person ist gerade das, was die Stellung des Statthalters erfordert, Unab hängigkeit von den Kämpfen des Tages, die in Elsaß-Loth- ringen längst den prinzipiellen Charakter des Protestes verloren haben und heute kaum mehr als ein gehässiger Zweck und Einfluß sind. — Im übrigen möchten wir noch feststellen, daß die auch sonst etwas zopfig anmutendc Form „die Neichslande" staatsrechtlich falsch ist. Elsaß-Loth- ringen ist ein Land, das Reichsland, und das soll es bleiben. Koloniales. Die äthiopische Bewegung in Südwest? Ueber die Ursachen der U n b o t m ä ß i g k e i t der Eingeborenen beim Eisen bahn bau unfern Windhuk wird der „Deutschen Kolonial- Zeitung" aus dem Schutzgebiete telegraphiert, daß sich unter den Transkai-Jungen die sogenannte äthiopische Bewegung rege. Es sind dies ähnliche Regungen mit religiösem Einschlag, wie sie in letzter Zeit in verschiedenen Kolonien anderer Völker sich gleich falls bemerkbar machten. Die Besiedelung unserer Kolonien. Von einem alten Afrikaner wird uns geschrieben: Nur dem. der jede Arbeit in einem Lande verrichtet, gehört dies Land! Diese grund legende Wahrheit ist kolonialpolitisch bisher noch in keiner afri kanischen Kolonie betätigt worden. Auch nicht in dem alten Kaplande, in dem man heute mit Schrecken wahrnimmt, wie der Farbige trotz all seines Dilettantismus immer mehr den Boden dem Weißen strittig macht. Ganze Handwerke, die früher unbe stritten im Besitze Weißer waren, werden von Farbigen ausge übt. Und dieser Rückgang drückt sich in den erschreckenden Zahlen der Abwanderung aus. Scheinbar steht das im Widerspruch mit den Ansichten vieler alter, erfahrener Kolonisten, die nicht auf hören, die Entwickelungssähigkeit des Negers zu bezweifeln. Da scheint es doch angezeigt, aus eine Maßnahme der „White Expan sion Society" hinzuweisen, die mehr wie alles andere die Richtig-