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Dresdner Journal : 05.12.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-12-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188712054
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18871205
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18871205
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1887
-
Monat
1887-12
- Tag 1887-12-05
-
Monat
1887-12
-
Jahr
1887
- Titel
- Dresdner Journal : 05.12.1887
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V28I I« L»iek«! ^LürUoü:. ... 18 »«»rk. L SO kk. Lu»vlQ« lianullvr»: 10 ?t. La»»»rL»1d仫 <t»ot»«y«Q L«ioi»«« tritt ko«t- m»ä 8tsmp«I«a,ot»1»^ tun»«. TLktt»<ttriu>x»^«dltdr«» r t^tic äso k»un> sio«r ^«sp»Itsoso 2«il4 Llemor Setuitt «0 kf. Ovtor „Lu>s««u»ät" äi» 2«U« SO kk. 8« 1»b«U«Q- «LÜ 2iüorll»»t- «»t»pr. AuksolN»^. LrieN»ti»v»r I^xUetl mit ^aumtuos äsr 8om»- m»ä ksisrt»^» f'srosprsod-Aiuivicka»»: Ur. IlSb. Montag, den 5. Dezember, abends. DresdnerImmml. ^ür di« Gesamtleitung verantwortlich: Gtto Banck, Professor der Litteratur- und Kunstgeschichte. 188-. K-o»I»« r»> L»»E»6lWM^« »melrs»« Lrl—rütstt«', OommimioaLr li« Orvxtoor ^oanutt»; SiotmrU-IsrU» Vt« LstpilK >»—l-vr»«l«, ». » : L ^OAi«r,' >«rl1» Vt«» -S»md«rU- vr»z-l^lx,tz rmsttart ». ». »toed«. Lko«««/ k»rt, I<»oäo» IsrUo »nmke«rr » ». IMNUVl: /)«»-« it Co.,' KsrU»: 7 -»vatSdrUt«: v. A»<A/o^«', S»L»or»r: (7. Le^a«i«e, u»u« ». I.r /. S«^d F 0» N»r»u»U«d»r« LSuixt. kipväitiov äs« Vrsxillvr ^oaniiü», Orssävv, 2^ills?sr»tr»«v SO. ksrL»pr»«l»-^oivNIa», Xr. Hvü. Ankündigungen für die Weihnachtszeit finden im „Dresdner Zournat" die geeignetste Verbreitung. Hierbei versäumen wir nicht, darauf aufmerksam zu machen, daß aus Anlaß des Weihnachtsfestes Handel- »ad Geverb- treibende» bei Ankündigungen mit mehrmaliger Wiederholung außerordentliche Vergünstigungen gewährt werden. Amtlicher Teil. Dresden, 5. Dezember. Se. Hoheit der Herzog von Sachsen-Altenburg ist heute Vormittag von Berlin hier eingetroffen und in der Königlichen Villa zu Strehlen abgetreten. Se. Majestät der König haben dem Musikdirek tor in der Königlich musikalischen Kapelle, Carl Riccius, den Titel „Kapellmeister" Allergnädigst zu verleihen geruht. Nichtamtlicher Teil. Ketegraphische Wactzrictzten. Paris, 5. Dezember. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Sadi Carnot beabsichtigt erst nach Anhörung der Präsidenten deS Senats und der Kammer, sowie der Führer der einzelnen republikanischen Gruppen die Bildung eines neuen Kabinetts vorzunehmen. — DaS „Journal deS D^bats" wünscht die Bei behaltung des jetzigen Kabinetts. Die republika nischen Blätter fordern einstimmig eine Politik der Beruhigung. — Die gestrigen Wahlmänner- wählen zur Ergänzung eines Drittels deS Senats sind vorwiegend republikanisch ausgefallen. Rom, 4. Dezember. (W. T. B.) Der König empfing heute nachmittag die Deputationen der Kammern, welche die Adresse auf die Thronrede überreichten. Dem Empfange, welcher 2 Stunden dauerte, wohnten die Minister bei. Der König gab hierbei seinem lebhaften Schmerze über den Verlust DepretiS Ausdruck, welcher der Krone noch einen letzten hervorragenden Dienst geleistet habe, indem - — er auf den so patriotisch gesinnten CriSpi, den gegenwärtigen KabinettSckrf, hingewiesen habe. Ler Deputation der Leputiertenkammer gegenüber hob der König insbesondere die Notwendigkeit einer starken Organisation im Inneren hervor, damit die Regierung das notwendige Ansehen habe, um eine nutzbringende auswärtige Politik zu befolgen. Schließlich versicherte der König, daß alles sowohl im Innern wie nach außen guten Fortgang nehme. Rom, 5 September. (Tel. d. DreSdn. Journ) Ueber da« Erdbeben in der Provinz Cosenza wird gemeldet. Bisher find 25 Leichen unter den Trüm mern berausgesÄafft worden, an 4ttW Personen find obdachlos; darunter sechs schwer und viele leicht Verwundete. Die Opferzahl wäre viel größer, wenn nicht die durch den ersten leichteren Erdstoß aufgeschreckte Bevölkerung beim Eintritt deS zweiten Stoßes bereits größtenteils außerhalb der Häuser sich befunden hätte. Erst der zweite Erdstoß hatte verheerende Folgen. Die Ortschaften Bisignano, Paola, Sanmarro, Argentano, Rogiano und Gravina find fast ganz zerstört. Die Behörden find eifrigst bemüht, die Not zu lindern. Stockholm, 4. Dezember. (W.T. B.) Zn der hiesigen deutschen Kircke sind von heute ab Für bitten für den Deutschen Kronprinzen dem Kir chengebete eingefügt worden. Dresden, 5 Dezember Der neue Präsident der französischen Republik. -s- Frankreich hat wiederum ein Staatsoberhaupt: mit einer Mehrheit von nahezu drei Vierteilen des Kongresses ist Sadi Carnot zum Präsidenten gewählt worden. Am Vormittag des 3. Dezember hatten die repub likanischen Parteien den Versuch einer gegenseitigen Verständigung gemacht, aber dieses Bemühen hatte nichts als eine unselige Meinungsverschiedenheit zu Tage gefördert, denn in vier Wahlgängen zersplitter ten sich die Stimmen zwischen Ferry, Freycinet und Sadi Carnot. Diese Zerfahrenheit drückte auch der ersten Abstimmung des Kongresses ihren Stempel auf, die Wage der Entscheidung schwankte wiederum zwi schen den genannten drei Kandidaten. Da gewann die Vaterlandsliebe über den Parteigeist die Oberhand, Jules Ferry, der vielgehaßte „Tonkinese", trat mit hochherziger Entschlossenheit zu CarnotS Gunsten zu rück, und Freycinet, der sich durch dieses Vorgehen nicht beschämen lassen durfte, folgte dem gegebenen Beispiel. Aus dem zweiten Wahlgang ging Sadi Carnot als Sieger hervor, als Sieger über Saussier, den Kandidaten der Monarchisten, die demnach mit sicherem Bewußtsein eine glänzende Niederlage ver zeichnen können. Dieses Ergebnis kam überraschend; unerwartet so wohl für unsere Nachbarn, als auch in erhöhtem Grade für den außerhalb Frankreichs stehenden Be obachter. Wer ist Sadi Carnot? Blättert man in der französischen Geschichte der letzten Jahre zurück, so wird man hier und da einem Träger dieses Namen» begegnen: er war unter Ferry Minister der öffent lichen Arbeiten und unter Freycinet hatte er das Portefeuille der Finanzen inne. Sieht man nun noch genauer zu, fo wird man unschwer die erfreuliche Entdeckung machen, daß Sadi Carnot eine sehr vertrauenswürdige Erscheinung ist. Er tritt uns entgegen als ein Mann von liebenswürdiger Bescheiden- heit, von fachlicher Bildung und von ehrenhafter Ge sinnung Mit großer Sachkenntnis, mit Ernst und Würde hat er die ihm übertragenen öffentlichen Ämter bekleidet; er ist rednerisch nicht ost und nicht glänzend hervorgetreten, was er gesprochen, bewegte sich stets in den Grenzen seines Ressort- und bewies eine voll kommene Beherrschung de- Gegenstände«. Al- Ab geordneter gehörte er gemäß der Überlieferung seiner Familie der „republikanischen Union" an, aber nie hat er sich al- starrer Parteimann gezeigt, der allen anderen Rücksichten, und mochte sie der gesunde Menschenverstand gebieten, die sogenannte Partei- diSziplin voransetzte; er war ein ausgesprochener Re publikaner. Das war sein berühmter Großvater, sein Vater — und an der von diesen beiden vertretenen Überzeugung hat der Enkel bis heute festgehalten. Die Familie der Carnot ist in Frankreich eine der bekanntesten, ihr Name ein glänzender. Lazare Marguerite Cai not war der bekannte Kriegsnunister der ersten Republik, der gegen das lebenslängliche Konsulat des Korsen und gegen die Errichtung des Kaisertums sich auflehnte und der, folange die RuhmeS- sonne des ersten Empire leuchtete, bescheiden im Privat leben verweilte, indes der Empereur auf deutschen und österreichischen Schlachtfeldern die Früchte seiner mini steriellen Thätigkeit einheimste. Er hat die Siege der französischen Armee organisiert. Sein Sohn war Lazare Hippolyte, der nach dem Sturz de- Julikönigtums unter der zweiten Republik den Vorsitz im Ackerbau Ministerium führte. Er verweigerte Napoleon III. noch dem Staatsstreiche den Hnldigungseid, auch er sah den Despoten fallen, wie sein Vater den Sturz des großen Bonoparte erlebte. Nun ist der Enkel zur höchsten Würde der dritten Republik empor gestiegen. Der Tröger nneS würdigen Namens wird also heute oder morgen in das Elysee einziehen, aus dem in aller Stille und unbehelligt JuleS Grevy geschieden ist. Unwillkürlich drängt sich hier die Frage auf, ob Carnot feinen Vorgänger wird ersetzen können. Wie Grevy kann er aus einen fleckenlosen Lebenswandel zurckblicken: Wer erinnert sich nicht jener Kammer icene während der jüngsten Krisis, in der Rouvier die Thalsache zur Kenntnis brachte, daß Sadi Carnot als Finanzminister die Rückzahlung von lSOOMFrcs. Stempelsteuer an die Bankiers Dreifuß verweigerte, welche sein Nachfolger Douphin gewährte? Stür mischer Verfall lohnte damals den Ehrenmann. Gleich Grevy darf er sich einer steten republikanischen Ge sinnung rühmen und allgemein gilt er als ein Freund der Freiheit. Was Grevy vor rhm voraus hat, ist das Alter und die Erfahrung. Ob er seines Vor gängers Mäßigung besitzt, wird die Zukunft lehren. Noch ist fein politisches Glaubensbekenntnis ein weißes Blatt, und erst die Zusammenstellung eines Kabinetts wird uns auch hierüber Auskunft geben. Faßt man das gesagte zusammen, so darf man die Präsidentenwahl Sadi Carnots als eine recht glück liche bezeichnen. Sein persönliches Ansehen, begründet in tadelloser Ehrenhaftigkeit und in einer sicheren Ge fchäftskenntnis und Fachbildung, wird dem Enkel des berühmten Konventsmannes bald die Sympathie der Bevölkerung gewinnen, die Tradition feiner Familie und feine bisherige Stellung werden ihn stets vor dem Verdacht bewahren, daß er mit der orleanistifchen Restauration gemeinsame Sache machen werde; der Name seiner Familie ist in die Erinnerung aller Republikaner eingegraben, eS kann ihm gelingen, dauernde Eintracht unter die republikanischen Gruppen zu pflanzen. Welche Stellung der neue Präsident zu den Fragen dec äußeren Politik nehmen wird, bleibt, wie sclon gesagt, der Folgezeit Vorbehalten. Da man ihm Rn he und Leidenschaftslosigkeit nachfagt, ist zu hoffen, daß er jede Überstürzung und Wag halsigkeit selbst vermeiden und andere davon zurück halten wird. Fast alle deutschen Zeitungen haben sich in ebenso wohlwollender Weise über die Person des jetzigen Präsidenten ausgesprochen, wie nur es oben gethan Hasen; indes prophezeien sie mit ausfallender Einstim migkeit dem neuen Präsidenten keine lange Amtsdauer. Wir erachten es für angemessen, diese bemerkenswerte Thatsache zur Kenntnis zu bringen und lassen hier die wichtigsten Auslassungen der deutschen Presse folgen: Die „Post" schreibt: Hr. Sadi Tarnst, der ein achtbarer Charakter wie Gr-vy sein soll, wird nicht lange im Stande sein, die Schaukel, in welche Rechte und Radicaille seinen Präsidentenstuhl verwandeln, besetzt zu halten. Zum Frühjahr, wenn nicht schon eher, wird die Radicaille und ebenso die Rechte jede ihren Staatsstreich versuchen, um den Krieg zu leiten und durch die ersolgreiche Leitung den Besitz der Gewalt zu erringen Dazu waren die Dinge jetzt noch mcht reis. Deshalb gaben die beiden Staats streichparteien den Opportunisten nach und wählten nicht Frey- cinrt. Dieser sollte den Radikalen den Krieq in die Hand spie len , den Monarchisten sollte er durch den Ekel vor Boulanger und dem Radikalismus die Gelegenheit zu einem ersolgreiche» Staatsstreich geben. Man will sich auf beiden Seiten noch ge dulden. Das ist gut für alle Länder, wo man das Weihnachts- sest in Ruhe begehen möchte. In ähnlichem Sinne äußert sich die „Nat.-Zig.": Über die Zukunft des neuen Präsidenten zu prophezeien, ist ein aussichtsloses Unternehmen. Nur so viel ist sicher, daß die republikanische Einstimmigkeit, die ihn auf den Präsidenten stuhl erhebt, an dem Tage zu schwinden beginnen wird, wo er zwischen den hadernden Fraktionen ein Ministerium zu bilden unternimmt. Nur eine Politik kann Frankreich den inneren Frieden, der Republik Stetigkeit, der niederliegenden Volks wirtschaft einen Aufschwung geben. Es wäre das eine offene und entschlossene Friedenspolitik. Da aber hieraus nicht zu hoffen ist, so wird in kurzer Zeit voraussichtlich das bisherige Spiel der Fraktionen aus- neue beginnen und die Republik den Kampf mit den Monarchisten aufs neue aufnehmen müßen. Die „Vosf. Ztg." läßt in ihren Betrachtungen noch einen Strahl des Mitleids auf Grevy fallen und schließt dann besorgt und beruhigt zugleich ihre Aus führungen: Jetzt ist Gr-Vy dahingegangen, verlästert, verhöhnt, im besten Falle unbeachtet. Wie ein armer Sünder hat er den Palast verlassen, in welchem er doch, wie er sich nicht ohne Grund rühmt, redlich beigctragen, der Republik die Freiheit und den Frieden zu sichern, ihre Macht und ihr Ansehen zu festigen. Von niemandem gerechtfertigt, von wenigen entschuldigt, ist Grevy nicht, wie er selbst glauben möchte, einem Scherben gerichte, der ehrenvollen Verbannung verfallen, sondern dem Spruche der öffentlichen Meinung, welcher um so vernichtender ist, wenn er schweigt und auS Schonung die Wahrheit nicht in die Gaffe zieht. Wie Sadi Carnot seines neuen Amtes walten wird, muß die Zukunft lehren; von seinem Geiste wird zunächst die Zu sammenstellung des neuen Ministeriums Zeugnih ablegen. Dem Anscheine nach wird die Ruhe weder in Pari« noch in Frank reich gestört werden. Was aber auch die nächste Zeit bringe, wir erinnern uns der Worte der jüngsten Thronrede, daß Deutschland nur den Frieden wolle, aber auch jeder Gefahr ge wachsen sei, und wir entsinnen uns zugleich, daß Kaiser Wil helm schon bei der Eröffnung des deutschen Reichstages am 2>. März 187l sprach: „Der Geist, welcher in dem deutschen Volke lebt und seine Bildung und Gesittung durchdringt, nicht minder die Verfassung des Reiches und seine HeereSeinrichtungen bewahren Deutschland inmitten seiner Erfolge vor jeder Versuch ung zum Mißbrauche seiner durch seine Einigung gewonnenen Kraft. Die Achtung, welche D.utschland für seine eigene Selb ständigkeit in Anspruch nimmt, zollt es bereitwillig der Un abhängigkeit aller anderen Staaten und Völker .... Deutschland wird ein zuverlässiger Bürge des europäischen Friedens sein, weil es stark und selbstbewußt genug ist. um sich die Ordnung seiner eigenen Angelegenheiten als sein ausschließliches, aber auch ausreichender und zufriedenstellendes Erbteil zu bewahreu ...." Auch die Betrachtungen der „Franks Ztg." stellen Sadi Carnot nicht geringe Schwierigkeiten in Aussicht: Die Hauptsache ist, daß Sadi Carnot als Mensch, als Poli tiker, als ehrenhafter und unbestechlicher Charakter die allge meine Achtung genießt. Davon giebt seine Wahl ein sprechen des Zeugnis. Ünter ihm werben Leute, wie die Limousin und die Ratazzi keine Rolle in der Geschichte spielen Wenn er kein Genie ist, so ist das kein Unglück, weder für ihn, noch für die Republik. Wenn es ihm nur gelingt, den Frieden zu erhalten, die demokratische Entwickelung zu pflegen und die allgemeine Wohlfahrt zu fördern, so weit er dies als Präsident zu thun vcrmag, so ist dies schon genug. Sowohl Frankreich, wie die Republik können ohne geniale Thaten leben und gedeihen, und auch das übrige Europa ist auf solche nicht sehr begierig — Dre Republikaner sind jetzt wieder einmal konzentriert Wie lange? Morgen muß Hr Sadi Carnot eine Regierung bilden und da werden die Schwierigkeiten beginnen. Wir wollen hoffen, daß diejenigen, die ihn gewählt haben, ihn nicht so bald wieder verlassen, sondern die republikanische Konzentration auch über den Tag des Kongresses hinaus aufrecht erhalten. Lagesgejchlchte. * Dresden, 5 Dezember. Bei Ihren Königl. Majestäten sand gestern nachmittag in der Königl. Villa zu Streh'eu eine Familientafel statt, an welcher Se. Königl. Hoheit der Kronprinz von Grie chenland, Se. Hoheit der Prinz und Ihre Königl. Hoheit die Frau Prinzessin Albert von Sachsen-Alten burg, Se. Durchlaucht der reg. Fürst Reuß j. L, Se. Großherzogl. Hoheit der Prinz Max von Baden, Ihre Hoheiten die Herwgc Friedrich Wilhelm und Adolf Friedrich von Mecklenburg-Schwerin, Se. Durchlaucht Fürst Albert von Thurn und Taxis, sowie Se. Königl. Hoheit der Prinz Georg nebst hoher Familie und Ihre Königl Hoheit die Prinzessin Amalie von Bayern teilnahmen. * Dresden, 5. Dezember. Einer soeben anher gelangten Nachricht zufolge ist der Landtagsabgeord- mte Heinrich Steyer, Mühlengutsbesitzer in Nain- dorf bei Freiberg, heute früh 8 Uhr verstorben. * Berlin, 4. Dezember. Se. Majestät der Kaiser nahm heute einige Vorträge entgegen, arbeitete mit dem Chef des Militärkabinetts und empfing den Ge neralmajor v. Winterfeld. Vor dem Diner unter nahm der Monarch eine Ausfahrt. Mittags erschien das Kaiserpaar beim Aufziehen der neuen Wache am FtiiiUtlo». Frieda. Erzählung von B. Mercator. (Fortsetzung.) Mit einem gewaltigen RäuSpern betrat Doktor Hömmelken dann zwei Schritte hinter feiner Gönnerin da- stille Mädchenheiligtum. Kopfschüttelnd prüfte er Frieda- Pul-, „ES ist gastrisch, Herr Doktor." „Hm, hm, — jawohl, jawohl." „Sehen Sie nur mal ihre Augen an!" „Ach Selma, sorge Dich doch nicht fo, wenn Du wüßtest, wie wohl ich mich fühle, ich muß nur herunter und heraus, ich muß —" „Fühlen Sie sich wirklich " „Aber hören Sie denn nicht, Herr Doktor, da phantasiert sie schon wieder, gleich fängt das Toben an." Doktor Hömmelken rieb sich die kleinen fetten Hände. „Ja, ja, die Nerven, die Nerven." „Gewiß, da haben Sie ganz recht, gasttig-nervöseS Fieber ist eS, und Ruhe und —" „Ach ich will mich ja auch ganz stille halten, laß mich nur herunter kommen, Selma, bitte, bitte!" „St! St! Du wirst doch thun, wa- Herr Doktor verordnet, Frieda! Und bedenkst Du denn die An steckung gar nicht- Für so gefühllos hätte ich Dich wirklich nicht gehalten! Genug, daß ich mich auf- opfere, meine Kinder sollen —" „Ja, gastrisches Fieber ist sehr ansteckend," unter brach Doktor Hömmelken die besorgte Dame. „Was ich sage, sehr ansteckend ist es! und es ist Gewissenssache, daß Du Dich von der Familie fern hältst, Frieda! Gewissenssache, nicht wahr Herr Doktor?" „Was wollen Sie ihr heute verschreiben? Doch wohl e^e stärkere Dosi» Chinin, nicht wahr? Die gestrige war entschieden noch zu schwach." „Allerdings, allerdings, versuchen wir mal eine stärkere Dosi«; hm, hm, e« ist ein abnormer Zu stand," meinte der Doktor, auf seinem Stuhle hin- und herrutschend. „Gasttisch ist e»!" wiederholte Frau Selma tri umphierend. Und so war eS denn gastrisch. Und so reiste Bürgermeister v. Alten recht schweren Herzens mit dem MittagSzuge zur unaufschiebbaren Regelung einer Erbschaft, die das Vermögen seiner Frau vermehren sollte. Und so verging der ganze Tag, der folgende und wieder ein Tag, ohne daß Walter Schmidt in Friedas Augen fah. In Wallys Augen sah er aber immer öfter und — immer lieber! Denn eS wurde ihm immer klarer, daß er das fchöne Mädchen doch falsch beurteilt hatte. Wie warm sprach sie immer von der kleinen Kranken! Wie freundlich wußte sie ihn zu trösten, ja, zu trösten! Denn ein unausgesprochene« Vertrauen verband ihn mit Wally Sie mußte ja wissen, wa« Frieda ihm war, und täglich nahm Wally einige Veilchen oder Schneeglöckchen mit Walters Gruß und Wünschen hinauf. Sie brachte Friedchen auch Geibel« Gedichte, in welche Walter da« Zeichen zu dem wunderbar schönen .Minnelied" gelegt hatte. (Fortjepmg folgt.) Residenztheater. Ihre Majestäten der König und die Königin beehrten die Sonntagsvorstellung der Gesellschaft des Meiningenschen HoflheaterS: „Der Kaufmann von Venedig" mit Allerhöchstihrem Besuch und wohnten der Vorstellung bi« Schluß bei. — Vielfachen Wünschen nachzukommen, wird Hofrat Chronegk außer am Montag auch noch Dienstag und Mittwoch (zum letzten Male) den Kaufmann von Ve nedig zur Aufführung gelangen lassen. Das hoch dramatische Trauerspiel von Richard Voß geht dann am Donnerstag in glänzendster Ausstattung in Scene. Refidenztbeater. Am 3. Dezember wurde im Gastspiel des Herzog!. Meiningenschen Hof- theaterS zum ersten Male „Der Kaufmann von Venedig", Schauspiel in fünf Akten von Shake speare, nach Schlegel» Übersetzung gegeben. Der Erfolg war ein ungewöhnlich großer und geistig durch greifender DaS Stück wurde durch das alte Zauber mittel lebenswahren, vollkommen reifen Einstudierens von neuem lebendig. Dieses Leben behauptete sich so allseitig, berührte so zwanglos und natürlich, daß es, getragen und erhöht durch da« mächtig mitwirkent«, künstlerisch sinnbcrückende Beiwerk von Dekoration und Kostüm al» ein genrebildliches und doch in sei nem seelischen Eindruck so poetisch wirkendes Zeit- aemälde der Vergangenheit ganz wundersam zur Ent- ftltung kam. Wir empfangen statt der Episoden effekte einen vollen Gesammteindruck und dessen Schön heit drängt da» seltsam Abenteuerliche und Grasse der Shylockfabel in die richtigen Grenzen zurück Dieser Gewinn wird noch gefestigt durch die entsprechende Mäßigung, welche an dieser Bühne dem Shylock- darsteller auserlegt wird, der, wie er nun auch gerade heißen mag, nicht mehr im Stande ist, nach üblicher Gewohnheit mit Virtuosenwut alles um^ sich her nieder und das ganze Stück auseinander zu spielen. Hr. Grube hatte sich als Shylock mck außerordent licher Tüchtigkeit in diese Auffassung hineingelebt: er prägte die Charakterzüge der Rolle stark und einfach aus, er betonte die gekränkten Menschenrechte und er füllte jene wichtigste Forderung, am Ende der Rolle soviel Mitleid zu erwecken, als vorher in derselben Abscheu und Haß erregt worden ist. Die weibliche Hauptrolle, der eigentliche ideale Mittelpunkt des Drama», den der Dichter so blendend sonnig, so jugendhell gehalten hat, wurde von Frl. Amanda Liudner gegeben. Sie war ganz und gar eine Porzia, ihr Anblick wie das Bild eine- alten venetianischen Meisters. Das ist Balsam auf die Wunden der Erfahrung, denn die Theatcrkenner sind es gewohnt, nur über dre Mitte des Lebens vor- geschrittene Damen in der blühenden Jugendmaske der Porzia zu sehen. Hier dagegen empfangen sie den Ausdruck der vornehmen Schönheit, die Grazie de» Übermuts ohne Täuschung in wahrhafter Gestalt. Und damit harmomeren vollkommen Ton und Stimme und die liebenswürdige Klugheit des Ausdrucks; sie lassen keine noch mehr vertiefte Sprache zu wünschen übrig, denn gerade Reife ist hier furchtbar, ist das Scheide wasser für jenen Schmelz, auf den eS dem Dichter ankam. Er läßt ja Porzia selbst sagen, wie er sie gedacht hat. Die Ausführung hat neben dem unvergleichlichen Zusammenspiel noch außerdem vortreffliche Stützen im Personal. Dahin gehört Hr. Alex. Otto, der Yen
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