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Tonnabend den 28. Oktober LVLt «r. 247 — L". Satzr«-"« «Satt» ««»«. mU«u»n°hm. dere°n„.undFe,Ua«e. »r,«-", « « ^nd «IN- v,„,k,Ehrlich —Ä L« -t In'Dreien durch Bot-.' 2.«»^ Wchttind^t H°u« «.«2 L: >n Oe,>err-'ch 4.^^ ... - --.-.SL:»'»»' L" ÄNL«'2tt1. VLKWÜ' «I tn Oesterreich 4,4t» X. M »» ->la«e viertelliUirNch >,80 F». II l» In «an» Deutlchlond krt f L v-L — Ltnzei-Nr. I« 4 Unabhängiges Tageblatt Wahrheit, Recht und Freiheit Noserat« werden dt- ^gespaltene Petitzeile oder der-» Raum mt 15 4, Reklamen mit Stt 4 die Zelle berechnet, bet Wiederholungen entsprechende» Rabati. Vnchdrricherrt. Redaktion nnd GrschaftOstelle, Lre-den, Ptlloi-er Strafte 41t. — gernsprcchcr I»«<» AürRtiltgabe nuv-rlan««.echkls»ftilikekeine Perdindttchkrt , Redaktion«.Sprechstunde: »I dt« »2 Uhr. Für die Monate November u. Dezember abonniert inan ans die „Sächsische Botts- Leitung" mit der täglichen Romanbe. age sowie der wöchenllich eischeinenden Beilage „Feierabend" zum Preise von 1.2V Mk. (ohne Bestellgeld), durch den Boten ins Saus 1.4V Mk. Der Bezugspreis auf die Ausgabe ^ mit der illustrierten Unter. Haltungsbetlage „Die Zeit in Wort nnd Bild" erhöht sich monatlich um 10 Pfennig. irationalliberale llnbeholsenheik. Man schreibt nnS ans Berlin: Das Ende der Marokloverhandlunge» steht vor der Ture; wer es nicht glauben will, der gehe nnr in '» Reichstag, wo er die Brüder Mannesniann jeht ivieder > 's- iänchen sieht: sie stellen sich als Unglücksraben ein. die aller Welt verkünden, wie schlecht wir. d. h. sie abgeschnitten haben. Sonst sieht inan diese Herrschaften nie, wohl aber immer dann, wen» sie ein Abkomme» zu ihren Gunsten fordern. Diesmal scheine» eö die Nationallibcralen zu sein, welche ihnen apportierten. Tie „Tagt. Rnndsrlxni" bringt nämlich folgende Mitteilung: Tie Natioiiallibercrlen hätten im Seniorenkonvent folgenden Antrag gestellt: „Der Reichstag wolle beschließen, den Herrn Reichskanzler »m eine Erklärung zu ersuchen, l. daß das Abkommen über Marokko in allen seinen Teilen nicht zu», Abschluß gebracht werden wird, ehe der Reichstag als der berufene Vertreter des deutschen Volkes darüber gehört worden ist: 2. daß ohne Genehmigung des Reichstages weder deutsches Schutzgebiet abgetreten, noch neues Koloiiiallnnd erworben werden soll." Der Antrag habe eine „durchaus würdige Besprechung" ge sunden, sei aber schließlich zu Boden gefallen, da sich Kon- jcrvative und Zentrum gegen ihn erklärten, während alle anderen Parteien ihr Einverständnis anssprachen. Die Nationalliberalen hätten daraufhin den Antrag zurück gezogen. Ter „Vorwärts" protestiert gegen diese Darstellung mit folgenden Worten: „Von verschiedenen Seilen, speziell den Konservativen und der Zentrumspartei wird dagegen cingewendet, daß ohne Beratung der Fraktionen eine solche Vereinbarung nicht zu schassen sei. Außerdem wurde» Zweifel an dem praktischen Ausgang dieser Sache ausge sprochen. Ta es zu keiner Verständigung über eine gemein same Aktion kommen konnte, blieb die Anregiing auf sich beruhen." Um aber den liberalen VerdrehnngSversnchen ein Ende zn machen, stellen wir folgendes fest: „Anträge" können im Seniorenkonvent überhaupt nicht gestellt werden. Wollten die Nationalliberalen also ernsthaft einen derartigen An trag vorbereiten, so hätten sie ihn den Fraktionen mitteilen müssen, zumal sie wußten, daß es den Vertretern der Fraktionen im Seniorenkonvent gar nicht möglich war, ohne vorherige Befragung der Fraktionen in einer so wichtigen Angelegenheit Stellung zn nehmen, geschweige denn eine irgendwie auch nnr annähernd bindende Erklärung abzu geben. Ferner sind die Verhandlungen des Seniorenkon- vents bekanntlich vertraulich-, es werden nnr Mitteilungen über (Gegenstände gemacht, über die eine Uebereinstimmnng erzielt worden ist. Wäre die Mitteilung der .Täglichen Rundschau" also ricl.tig, so würde sie einen Vertranens- bruch zur Grnndlage haben. Die Mitteilung ist aber nn- -richtig: den» tatsächlich haben schon im Hinblick ans die eingangs erörterte Sachlage Vertreter aller anderen Parteien, wie jeht festgestellt werde» muß. bei der Be sprechung des »ationallibernlen Vorschlages Bedenken ge äußert. Aus der ganzen Darstellung der „Tägl. Rund schau" ergibt sich die offensichtliche Tendenz, auf einer unzu treffenden Sachgrnndlage die .(konservativen und das Zen- trum in mn,jk,k-,-m l-Icu-inm der Nationalliberalen vor dem Lande zu diskreditieren. Es handelt sich nach der „Deutsch. Tagesztg." um weiter nichts als ein p l u m p e S W ahl Manöver, über das, wie uns mitgeteilt wird, in Reichs- tagskreiseu allgemeine Entrüstung herrscht. Materiell konnte man dem Anträge gar nicht zu- stimmen. Der Vorschlag ist erst in einem Zeitpunkte ge macht worden, wo es für eine Aktion, die der Regierung Frankreich gegenüber den Rücke» gestärkt hätte zu spät war, denn seit zwei Tagen ist die Verständigung über die (Grundlinien auch des Kompensationsabkommens schon so weit gediehen, daß eine solclx- parlamentarische Aktion ztvecklos geworden ist: zumal sie auch nach dem national, liberalen Vorschläge allerfrühestens am Freitag hätte niszeniert werden können. Diese Sachlage konnte und kann oen Nationalliberalen unmöglich unbekannt sein. Ter nationalliberale Vorschlag ist aber auch inhaltlich nicht ge eignet, eine „wirksame Kritik" der Marokkopolitik zu er- möglichen, sondern im Gegenteil nnr nnmöglich zu machen. Er verlangt in aller Form, daß die Regierung auch einen Vertrag über etwaige Neuerwerbungen dem Reichstage vorher zur Genehniigimg unterbreite» solle. Ter Abschluß von Staatsverträgen ist bekanntlich Sackst? des Kaisers: der Reichstag hat nur mitznentscheiden über Verträge, die ans Grund des 8 1 der Reichsverfassnng der NeichSgesehgebnng unterliegen: ferner wird sinngemäß seine Mitwirkung bei Verträgen gefordert, die, wie im allgemeine» koloniale Land abtretungen praktisch das Reichsbudget berühren. Danach ist es wahrscheinlich, daß zum .Kompensationsabkommen auch die Zustimmung des Reichstages erforderlich ist, ob wohl rein formell auch schon in bezug aus koloniale Ab- tretnngen untergeordneter Natur die Rechtsfrage strittig erscheinen muß. Ans jeden Fall aber involviert der letzte Punkt des nationalliberalen Antrages einen Anspruch, der verfassungsmäßig nicht begründet werden kann. Der An trag hätte die ganze Situation erschwert nnd war nnr ge- eignet, alles zn verwickeln. Herr Bassermann hat sich mit seiner seit zwei Jahren befolgten Taktik, alles zu ver schandeln, nnr zwischen zwei Stühlen niedergesetzt. Der italienisch-türkische Krieg. Die Verluste der Italiener in dem Gefechte am Mon tag. als sie von Türken und Arabern angegriffen wurden, sollen »ach Meldungen italienischer Blätter doch recht be trächtlich gewesen sein. Tie Verluste der Italiener sollen sogar 300 Tote und viele Verwundete betragen haben, darunter viele Offiziere. Tie schwersten Verluste hatte das 1l. Bcrsaglieri-Negiment. Viele Verwundete wurden ent setzlich verstümmelt. Durch diese Vorfälle hat sich die allge meine Lage völlig verändert. Der .Krieg beginnt erst! Die sofortige Entsendung von Verstärkungen ist unvermeidlich. Von türkischer Seite versichert man, bisher seien 30 000 Eingeborene eingetrossen, ganze Stämme mit zahlreichen .Kamelen und großen Vorräten. Zwei angesehene Scheichs werden noch erwartet. Weitere türkische Stabsoffiziere sind zu den Truppen abgegange». Ten Oberbefehl hat jetzt Hassan Riza-Pascha, ein Schüler der deutschen Offiziere ans Saloniki. Ferner ist es gelungen, große Geldsumme» den Truppen zuznsende». Schon vor Tagen solle» arabische Truppen eine italienische .Kavallerieschwadron überrascht nnd »iedergemacht haben. Die letzte» Vorfälle riefen bei den Europäern Bestürzung hervor. Tie Stimmung ist ge drückt, jeden Augenblick ist eine »ene Panik möglich. Ter Mailänder „Seeolo" meint übrigens: Es ist be zeichnend, daß bis jetzt noch nicht die Verluste des l l. Ber saglieri Regiments ermittelt worden sind, obwohl doch in zwischen genügend Zeit war, solche genau festznstellen. Weitere Rekognoszierungen sind in den folgenden beiden Tagen von italienischer Seite vorgenommen worden, ohne daß es hierbei zn .Kämpft n gekommen ist. Die Lage in Homs, Benghasi, Terna und Tobrnk ist unverändert. Es scheint jetzt die Hanptiorge der Italiener zn sein, sich gegen das arabische Element der Bevölkerung so zu sichern, daß es ihnen nicht gefährlich werden kan». Tripolis, 27. Oktober. Gestern morgen unter nahmen die Türke» nnd Araber zwischen El Mesri und Bumeliana einen heftigen Angriff ans die Italiener, wurden aber mit großen Verlusten znrückgeschlagen. Tie Verluste der Italiener waren gering. Das 82. Regiment ließ den Feind zuerst vorrücken und überschüttete ihn dann mit eine»! mörderische» Feuer, das ihn zwang, sich über einen .Kilometer weit von den Schützengräben nnd Vorposten setten der Italiener znrückzuziehen. Das -10. Regiment schlug den Feind aus einer Entfernung von 20 bis 30 Metern zurück. Politische Rundschau. Dre? den. den 27. Oktober tftlck. Ter Kaiser empsing am 20. d. M. den Vorstand der gegenwärtig in Berlin tageirden brandenburgischen Pro- t'inzialftmode. Er unterhielt sich mit den Herren, indem er ihnen von seinem englischen Freunde, dem 70jährigen Bischof von Ripon erzählte. „Unsere Geistlichen", so sagte der Monarch, „sollten sich nicht um Dogmatik und weniger »m Buße und ähnliche Dinge kümmern, sondern die Person Jesu Ehristi, unseres Heilandes, in den Mittelpunkt des Gottesdienstes und ihrer Predigten stellen. Dem aposto tischen Beispiel des greisen Bischofs von Ripon sollten unsere Geistlichen nackzeifern. Das werde allen zum Frie den nnd Segen dienen." Die Audienz währte eine halbe ^tiindc. — Der vierte Tag der TeueruugSdebatte nahm zunächst einen flauen Verlauf. Nach dem polnischen Grafen MilzinSki hielt der nationalliberale Abg. Wachhorst de Meute eine lange Lobrede auf di- Schutzzollpolitik. Dann kam der freisinnige Abg. Dr. Pachnicke. der die Vertreter der süd- deutschen Staaten gegen die preußischen Vertreter mobil zu zu machen suchte. Der nachfolgende Redner Dc. Arendt ! Rp.) wandte sich in scharfen Wendungen gegen Dr. Pachnicke und die Nationalliberalen. Der LandwirtschaftSmintster v. Schorlemer brachte nochmals statistisches Material und will von einer Suspension de» Mais,olle» nicht» wissen. DcS weiteren beteiligten sich an der Debatte noch die Abg. Werner (D. Rp.). Lehmann (wild) und Korsanttz (Polen Lfttzierer rannte gegen die Preußische Regierung an. auch die anderen Redner konnten nichts Neues mehr sagen — Nächne Sitzung Freitag. — Die Marokkoverhandlungeu werden spätestens am Montag zum Abschluß gelangen. Die Behauptung, daß Deutschland für tue französischen Konzessionsgesellschaften Ablösungssummen bezahlen müsse, ist total unzutreffend. Sicher aber ist, daß Deutschland an den Kongo kommen wird. — Die (Sreuzregulieruug von Togo. Unsere Aus- fassung, daß eS sich, wenn überhaupt eine Grenzregulierung von Logo zugunsten Frankreichs in Frage komme, nur um ein sehr unbedeutendes Objekt handeln könnte, bestätigt sich daraus: Bet der letzte» Grenzregulierung zwischen Togo und Dahomey ist ein kleiner Rest von der Grenzkommission unerledigt geblieben, weil man sich darüber nicht einigen konnte. Es handelte sich dabei nur um eine geringe Anzahl von Quadratkilometern. Es war beabsichtigt, die Frage einem Schiedsgericht zu unterbreiten. Nun soll Deutschland be- reit sein, den sranzösischen Anspruch ohne Schiedsgericht anzuerkennen. ES handelt sich also nicht um die Abtretung deutschen Gebietes, sondern um freiwilligen Verzicht aus ein winziges Stück strittigen Grenzlandes. Wer zahlt die Talonstriier? Das Reichsgericht ent schied dieser Tage i» Uebereinstimmnng mit dem Land gericht und dem Obei landeSgericht zu Rostock in einem Pro zeß der Mecklenburgischen Hypotheken und Wechselbank mit dem Mecklenburgischen ritterschaftlichen Kreditverein, daß der ritterschaslliche .Kreditverein rücksichtlich der von ihm ansgegebenen Pfandbriefe die Talonsteuer selbst zu tragen habe. Damit ist endgültig sestgestellt, daß die Talonsteuer nicht vom Besitzer, sondern vom Aussteller der Wertpapiere getragen werden muß. Das Urteil des Oberlandesgerichtes Rostock, das durch das Reichsgericht soeben bestätigt worden ist, hatte für seine Entscheidung eine ausführliche Be gründung gegeben, in der es ». a. heißt: „Eine direkte Bezeichnung desjenigen, auf dem die Steuerpflicht ruht, findet sich in dem Gesetze nicht. Es er gibt sich aber aus 8 > in Verbindung mit 8 8, auf Grund dessen der 8 23» Ziffer l der Ausführungsbestimmuugen des Bnndesrates erlassen ist. mit völliger Deutlichkeit, daß die Zinsbogensteuer von dem zn entrichte» ist, der die sjinsboge» auSgibt. Dieser ist auch unter „dem Steuer pflichtigen" zu verstehen, der nach tz 25,1 Absatz 2 der Aus- führnngSbestimmnngen den Antrag auf Abstempelung zu stellen hat. Die gesetzlichen Bestimmungen lassen jede An deutung vermisse», daß sie von einem doppelten Träger der Steuerlast ansgehen. Gegen eine solche Annahme spricht vielmehr, daß die Vorschriften über die Zinsbogensteuer eingereiht sind in den bereits vorhandenen ersten Abschnitt, der von der Stempelabgabe ans Aktien, Kure, Renten nnd Schuldverschreibungen handelt, nnd im Tarif die Gewinn- anteilschein- nnd Zinsboge» als Stenerobsekt unter Nr. 3» völlig gleichförmig an diese unter Nr. l bis 3 aufgetührteu Wertpapiere angesügt werden. Daß aber der auf den letzteren ruhende sogenannte EmissionSstempe! den Emittenten und nnr diesen trifft, ist anßer Zweifel. Ander seits hat das Gesetz hinsichtlich and-rer Steuern Tantiemenstener ts 07. Stempelabgabe bei Grnndstücksüber- tragnngen ssts 83 und 80 durch ausdrückliche Bestim mungen Verkehr dafür getroffen, daß Stenern, die materiell einem anderen als dem, an den die Steuerbehörde sich zu nächst hält, zur Last fallen sollen, auch von diesem andereil eingezogen werde» können." Das Oberlandesgericht halte es alsdann ausdrücklich abgelehnl, die in den Beratungen des Reichstages hervor getretenen Anssassnngen der RegiernnaS- nnd Volksver treter für die Auslegung des Gesetzes heranznziehen stn diesen Beratungen sei wohl die Tendenz hervorgetreten, mit der Talonstener das mobile Kapital zu treffen In dessen hätte diese Tendenz der Beratungen nach geltender Rechtsansfassnng nnr dann für die Auslegung des Gesetzes herangezogen werden tonnen, wenn eü sich nin eine mehr facher Deutung fähige Gesetzesbestimmung gehandelt baben würde. Eine solche liege aber nicht vor. Die Reichstags- Verhandlungen könnten nicht herangezogen nvrden, ui» Lücken in einem Gesetze anszusüllen. — Papst Pius und die Kircheiistnatsidrr. Der Elbin- zzer Zeitg." tNr. 235, vom 0. Oktober lOll) wird a»S Rom, wie sie sagt, „von besonderer Seite" geschrieben: „Es ist den Verfechtern der .Kirchc'iistaatSidee sehr un angenehm, daß durch die Indiskretion eines vatikaniscksen Würdenträgers Gedanken Pins X. an die Oesfentlichkeilj kommen, die mit dem politischen Wehklage» so mancherl nltramontanen Volkssührer aus seiten ded Zentrums schlecht zusammenstimmen. Man hat es in PinS X'., wie alle seine bisherigen Erlasse beweisen, eben nicht mit einem Diplo maten und Politiker zn tun, sondern mit einer ehrlichen, rein religiösen Natur, deren katholischen Standpunkt dec Andersgläubige zwar nicht zu teilen vermag, der er abev moraliscl>e Achtung seinerseits nicht versagen wird. Die Aenßernngen des Papstes treffen tatsächlich den Nagel auf den Kopf. „Da gibt cs Leute," äußerte er, „die mir so gertt auch noch ein Reich von dieser Welt aufhalsen möchten. J»1 welchen Schwierigkeiten befinde ich mich armer, alter Man» -s !. - 4- .5 l! R;