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Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des ForstrenLamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Raumzelle 20 Rpfg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs- Pfennig, die 3gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweisungsgebühr 20 Reichspfennige. Vse» geschriebene Erscheinung,- tage und Platzvorschrist« werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen annahme bis vorm.10 Uhr. - - - Für die Richtigkeit d« durch Fernruf übermitteltenAnzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden muß oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, »Wtl.dnlff« la,«blatt' erscheint an allen Werktage» nachmittags s Uhr. Bezugiprei,: Bei Abholung in »« Gstqsfttftellr und »en «u»,»bestellen 2 RM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 RM., bei Poftbeftellung r AM. juzüglich Abtrag. - .. gebühr. Einzelnummern 1««0s,.All-Poftanstalten Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Postboten und unsereAus. trllger und Geschäftsstellen ——! nehmen zu jeder Zeit Be. stell»»,en entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht dein Anspruch aus Lieserung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreise«. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. Nr. 135. — 86. Jahrgang Tel gr-Adr .Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck Dresden 2640 Montag, den 13 Juni 1827 Die Diskonterhöhung. Zu der für die deutsche Wirtschaft wichtigen Erhöhung des Diskontsatzes von 5 auf 6 Prozent wird uns von einem finanzpolitischen Mit arbeiter geschrieben: Der Entschluß des Reichsbankpräsidcnten, dem Zentralausschuß die Heraufsetzung des Diskontsatzes um ein Prozent zu empfehlen, ist für die Öffentlichkeit wohl ziemlich überraschend gekommen; war doch amtlich in den ersten Tagen des Juni verbreitet worden, in maß gebenden Kreisen sehe man die starke Anspannung der Reichsbank zum Monatsschluß noch nicht als entscheidend für die Notwendigkeit einer Heraufsetzung des Diskonts an. Es wurde damals ausfallend scharf betont, daß die Reichsbank nicht geneigt scheine, die Ansätze für einen Konjunlturaufschwung, die sich in der letzten Zeit gezeigt hätten, durch eine Verteuerung des Kredttes zu beeinträchtigen. Die Banken haben allerdings richtiger gerechnet; sie hielten die Heraufsetzung des Neichsbankdiskonts trotz aller Dementis doch für un mittelbar bevorstehend und haben daher in den letzten Tagen des vergangenen Monats einen großen Teil ihres Wechselportefeuilles an die Reichsbank abgestoßen, so daß sie ihr Geld jetzt ohne Verlust wiedererhalten können. Nun wird wohl auch die Bank von England dem deutschen Vorgehen folgen; auch dort sind bereits Ver käufe von Goldguthaben vor sich gegangen und der Lon doner Geldmarkt ist außerordentlich steif geworden. Dr. Schacht begründet die Heraufsetzung des Reichs bankdiskonts mit längeren Ausführungen, in denen er sich auch wieder gegen die übertriebene Börsenspekulation mit Hilfe kurzfristigen auslän dischen Geldes wendet. Diese Auslandsverschuldungen aus Kredit hätten die volkswirtschaftliche Liquidität sehr vermindert und außerdem die Diskontpolitik der Reichsbank ständig durchkreuzt, so sehr, daß die Reichsbank in ihren diskontpolitischen Entschließungen außerordentlich unfrei sei. Krieg und Inflation haben Deutschland von flüssigem Gelde entblößt und die deutsche Wirtschaft sei daher aus die Zufuhr ausländischen Kapi tals angewiesen. Wenn jetzt der Diskont erhöht werde, so werde dadurch zwar diese Zufuhr gesteigert, aber möglicherweise über das volkswirtschaftlich notwendige oder nützliche Maß hinaus. Das täusche dann eine wirt schaftliche Blüte vor, die zu stärkerem Verbrauch von Aus- landswaren anrege. Außerdem werden auch die Barüber- Weisungen des Reparationsagenten auf Grund der Dawes-Lasten viel zu sehr erleichtert, weil eben diese Bar überweisungen nichts anderes sind als Rückgabe der in übermäßiger Weise hereingeströmtcn ausländischen De- Visen, während der Warenexport eine entsprechende För derung nicht erfahre. Unsere Handelsbilanz ist Passtv und diese , Passivität hat im Mai wieder ein starkes Anwachsen ge- I zeigt; der Devisenbestand bei der Reichsbank ist bis auf I einen geringen Rest zusammengeschrumpft. Infolge der j Passivität der Handelsbilanz ist aus eiuen Ersatz der hin gegebenen Devisen nicht zu rechnen; daher ist cs not wendig, durch die Erhöhung des Diskontsatzes wieder eine langfristige Anlage ausländischen Geldes zu begünstigen, aber UUI solchen Gelbes, das zweckmäßige Verwendung innerhalb der deutschen Pro duktion sinden kann. Mau hat ja auch wegen des Devisen- fchwundes der Reichsbank und der von ihr getätigten Goldverkäufe schon gewisse Bedenken hinsichtlich der Stabilität unserer Währung geäußert; Dr. Schacht be nutzte die Gelegenheit, um sehr scharf dagegen Front zu machen. „Die Währungsfrage ist in Deutsch land kein Problem mehr" und wenn sich die Gold- und Devisendeckung der Reichsbank vermindere, so ziehe dies lediglich eine Einschränkung des Notenumlaufes nach sich. Allerdings wird die Wirtschaft dem entgegen halten, daß sie bei ansteigender Konjunktur gerade eine Verstärkung des Notenumlaufes brauche! Einen gewissen Ausgleich für die Erhöhung des Diskantes der Reichsbank hat allerdings der Beschluß der Berliner Bankenvereinigung dadurch Herbeigeführt, daß auch die Habenzinsen um ein Prozent heranf- gesetzt werden sollen, und zwar zunächst für die täglich fälligen Gelder, dann aber auch nach Fühlungnahme mit den auswärtigen Banken für die langfristigeren Ein lagen. Die ansteigende Konjunktur wird aber durch die Heraufsetzung des Diskontsatzes doch kaum gehemmt werden, weil die ungesunde Entwicklung, die die Börsen spekulation durch die Hereinnahme kurzfristiger auslän- dücher Kredite genommen hatte, und die dadurch erfolgte ALmd Lröffnmg der Musikausstellung ; in Frankfurt a. M. Gegen Jazz- und Negerrhythmen. Die Internationale Ausstellung „Musik im Lebe» der Völker", deren Beschickung durch die Regierungen des Auslandes alle Erwartungen übertroffen hat, wurde in Frankfurt a. M. durch einen Festakt in der Frankfurter Over in Anwesenheit zahlreicher in- und ausländischer KuMedr KrirgspropheLriungrn. „In einem oder zwei Jahren." Der Volkskommissar für das Kriegswesen in Sowjet rustland, Woroschilow, führte in einer Rede über die politische Lage aus einer Moskauer Arbeiterversammlung aus, Rußland sei in eine Periode eingctreten, wo sich die Feindseligkeit gegen den Sowjetstaat verstärke. Nicht nur in England, sondern auch in Staaten, mit denen Rußland Handel treibe, betrachte die Bourgeoisie die Sowjetunion nur als eine Episode, die früher oder später liquidiert werden müsse. Die Hauptaktion gegen den Sowjetstaat werde natürlich von England geführt, wie die Spionagc- tätigkeit und die Zwischenfälle in der letzten Zeit deutlich bewiesen hätten. Wenn ein Krieg auch in nächster Zeit nicht wahrscheinlich sei, müsse man ihn doch in einem oder zwei Jahren erwarten. Da mit Bandiienüberfällen, Attentaten und Bomben nichts zu erreichen sei, werde England versuchen, eine „Einheitsfront" gegen Rußland zu schaffen, wenn nicht militärischer, so doch wirtschaftlicher Art, in der alle kapitalistischen Staaten vereinigt seien. In jedem Falle müsse man vorbereitet fein, daß England einen kriegerischen überfall plane, der in zwei oder einem Jahre, aber schließlich auch schon in einigen Monaten kommen könnte. Die Rote Armee, schloß Woroschilow, sei bereit, erfolgreich jeden Feind abzuwehren. Nötig sei aber noch eine energische Vorbereitung des Hinterlandes, damit im Falle eines Krieges der wirtschaftliche Aufbau keine Erschütterungen erleide. Nach Meldungen aus Blagowjeschtschensk sind dort fünf Mitglieder gegenrevolutionärer Organisationen hin gerichtet worden. Die Verurteilten wurden be schuldigt, im Auftrage des Großfürsten Nikolajewitsch monarchistische Agitation unter den Kosaken getrieben und gegen die Sowjetregierung gehetzt zu haben. Auch in Tscheljabinsk wurde ein ehemaliger weißgardischer Offizier erschossen, Desgleichen werden aus Wladiwostok und aus Tiflis Hinrichtungen gemeldet. In Charkow ist eine außerordentliche Kontrollkommission eingetroffen, die den Kamps gegen die oppositionellen und separatistischen Ele mente in der Ukraine leiten soll. Kroni gegen Rußland? Gewalt st immung in Moskau. Die Erregung über die grausame und juristisch kaum begründbare Erschießung von zwanzig politischen Gefan genen in Moskau hat weitgehende Empörung in Europa Wachgerufen. Ein Warschauer Blatt fordert, daß sich die zivilisierten Völker mit Abscheu von den blutigen Henkern abwenden und die antibolschewistische Front Europas und der kulturellen Welt stärken sollten. Diejenigen Staaten, die unter der kommunistischen Propaganda zu leiden haben, wüßten jetzt, daß sie sich vor dem Bolschewismus durch Anwendung aller Mittel schützen müssen, wenn sie nicht elend untergehen wollen. Die englische Regie- runaspresse zieht in ähnlicher Weise aeaen die Mordüerr- Gäste feierlich eröffnet. Staatssekretär Dr. von Schubert, der preußische Kultusminister Dr. Becker, der österreichische Gesandte in Berlin, Dr. Frank, der französische Unter richtsminister Herriot, die belgischen Minister Vandervelde und Huhsmans und die diplomatischen Vertreter einer Reihe weiterer europäischer Länder waren zu der Feier er schienen, die vom Opernorchester unter der Leitung von Professor Krauße mit dem Vorspiel aus den „Meister singern" eingeleitet wurde. In seiner Begrüßungsansprache betonte Oberbürger meister Dr. Landmann, daß durch die ganze Menschheit der Schrei nach der Seele, nach der Innerlichkeit gehe, und diesem Schrei solle die Ausstellung Ausdruck geben. Nach ihm nahm Reichsaußeuminister Dr. Strese mann das Wort, der namens der Reichsregierung der Ausstellung guten Erfolg wünschte. Er feierte den Genius Beethovens und die Allgewalt der Töne, die ein B a n d um alle Völker winde. Er wolle seine und der Reichsregierung Freude darüber zum Ausdruck bringen, daß so hervorragende Staatsmänner und Diplomaten in Frankfurt vereinigt seien. Buch er feierte die Verinner lichung durch die Musik und wandte sich dann, wiederholt von lebhaftem Beifall unterbrochen, gegen die jetzt in der Neuzeit leider eingetretene Verflachung der Mu sik, gegen die Jazz- und Negcrrhythmen. Wir müssen, so schloß Dr. Stresemann, dieses „Trommelfeuer" aus unsere Nerven abwehren und wieder die feier liche Stunde der Seele suchen, aus der das Größte kommt, was geschaffen worden ist. (Lauter Beifall.) Nachdem Kultusminister Dr. Becker den Gruß der preußischen Staatsregierung überbracht hatte, hielt der französische Unterrichtsminister Herriot eine Rede, in der er ausführte, daß Frankreich gern hierher gekom men sei und sich dem friedlichen Wettbewerb angeschlossen habe, nicht als Genießer einer Reihe von Festen, die zu oft den Spitzen der Völker angeboten werden. Sie be- fünden sich hier als Menschen, die festen und entschlossenen Willens seien, die Mittel wiederzufinden, um die große schäft in Moskau zu Felde, während' auf liberaler Seite angedeutet wird, die britische Regierung habe mit ihrem ungesetzlichen Vorgehen gegen die Arcos den Sowjetkom missaren Gelegenheit gegeben, nun auch ihrerseits sich aller zurückhaltenden Bedenken zu entschlagen. Keine Auslieferung von Wojkows Mörder. Nach verschiedenen Meldungen sollte in Moskau die Absicht bestehen, in einer zweiten Note an Polen die Aus lieserung des Mörders des russischen Gesandten in War schau zu verlangen und an die Forderung ein Ultimatum zu knüpfen. Der polnische Minister des Äußern, Zaleski, erklärte dazu, daß der Mörder bestimmt nicht ausgeliefert werde. Die Pariser Sowjetbotschaft versendet ferner eine Note, nach der von einer Mobilisierung der Roten Armee in Rußland nicht die Rede sein könne. InLondon streitet man entschieden ab, daß jemals englische amtliche Stellen sich an Spionage und sonstigen Treibereien auf russischem Bodeu beteiligt hätten. Ferner wird von den britischen Kreisen energisch erklärt, daß bei dem Abbruch der Beziehungen mit der Sowjetregie rung sich die britische Regierung von keinen geheimen Gründen habe leiten lassen, wie es jetzt angedeutet werde. Wie stets gesagt worden sei, habe die britische Regierung nicht die Absicht, den Kriegszustand herbeizuführen. Verschärfend auf die Lage wirkt die seit der Hinrich tung der 20 Gefangenen in Moskau zum Ausbruch gekom mene Gewaltstimmung. Das Blatt „Prawda" fordert Verschärfung des Terrors gegen die bürgerliche Klasse; der alte Geist des Führers der Tscheka, Dsershinski, müsse in Rußland weiter herrschen. Das Blatt fordert die Arbeitermassen in Moskau auf, die englische Ge sandtschaft in Moskau zu stürmen, die doch nur „eine Kaschemme für Mörder und Brandstifter" sei. In den letzten Tagen sollen noch weitere 23 Hinrichtungen erfolgt sein. Beginn -er Völkerbundratsiagung. Die Ministerbegegnungen in Genf. Die 45. Tagung des Völkerbundrates begann i» Gen, am Montag vormittag mit einer Geheimsitzung, in der dir endgültige Tagesordnung der Sitzung sowie gewiss« Budget- und Personalfragen erledigt wurden. Dieser Beratung folgt dann eine öffentlich Sitzung, in der vor allem Danziger Fragen (Fliegerei, Schiedsrichter- ernennung in der Frage des Tabakmonopols, Munitions- transporte) zur Diskussion stehen. Für Sonntag nachmittag war eine Besprechung zwischen Dr. Stresemann, Chamberlain und Briand vor gesehen. Wie es heißt, sollte bei dieser Ministerbegegnung über die Herabsetzung der Zahl der Rhein- landtruppen gesprochen werden, aus die Deutschland auf Grund der Note der Botschafterkonferenz vom 16. No vember 1915 vollgültigen Anspruch hat. Masse der Völker für die musikalische Kultur zu gewinnen und dadurch die Musik als wesentlichen Bestandteil in die Ethik der neuen Zeit eindringen zu lassen. Es scheine ihm, daß diese Kundgebung unter dem Genius des großen Mitbürgers der Stadt Frankfurt, Johann Wolfgang Goethe, stattfinde. Das Hindernis der Sprache, das so viel tue, um die Menschen zu trennen, verschwinde in der Musik. Der Musiker spreche eine Sprache, die jedem zugänglich sei, eine Sprache, über die hin aus nichts mehr vorhanden sei, als das stumme Spiel der Zahlen und das schweigende Schwingen der Sphären. Zum Schlüsse wünschte Herriot, daß das Fest in Frank furt dem Wirken des Friedens dienen möge, an dem heute alle großen Geister der Welt arbeiten. Nie mals könnte es in der Politik gelingen, wenn nicht eine geistige Vorarbeit vorausginge. Möge uns die Musik da zu verhelfen, diese höhere Form der menschlichen Kultur zu verwirklichen, die Friede heißt. Möge sie während und nach diesem Feste neue friedliche Erorberungen er zielen, möge sie über den Geist der Führer hinaus in die Herzen der Völker eindringen, möge er endlich gehört werden, dieser doppelte Ruf Beethovens und Schillers: „Alle Menschen werden Brüder! Seid um schlungen, Millionen, diesen Kutz der ganzen Welt!" Chamberlins Ung nach Men verschoben. Nachprüfung der Motoren. Die Deutsche Lufthansa teilt mit: Zwischen den Ozeanfliegern Chamberlin und Levine und der Deutschen Lufthansa war vereinbart worden, daß die übliche Ab bremsung der Motoren nur in Gegenwart von Ver tretern Chamberlins stattfindcn sollte, um so mehr, als es sich dabei um die Prüfung des neuen Propel lers handelt, der nach den Angaben Chamberlins her gestellt worden ist. Diese Prüfung konnte erst am Sonn abend stattfinden. Dabei ergab sich die Notwendigkeit, il